Figuren, die sie schilderte, find heute vielfach veraltet und verftaubt. Mit dem tiefen Wohllaut der Liebe und Güte, mit der unbeirrbaren Festigkeit des sicheren Gefühls dringt aber noch der Klang dieser Frauenstimme zu uns, die nichts als Frau sein wollte und die damit Die erste Klassikerin der neueren Literatur wurde.

Das Leben der George Sand war ein Roman, der schönste, den fie geschaffen; sie hat ihn uns in ihren besten Büchern erzählt, mit der unnachahmlichen Wärme, Herzlichkeit und Anschaulichkeit ihres reifen Stils: in der„ Geschichte meines Lebens", in den Briefen eines Reisenden", den Geschichten einer Großmutter", in jenen Ro­manen, wie„ Consuelo"," Jeanne"," Lucretia Floriani", die heute noch am lesbarsten sind. Aus Fürsten - und Plebejerblut stammt sie. als Urenkelin des unehelichen Sohnes August des Starken, Morig non Sachsen , mit den französischen Königen verwandt, mütterlicher feits im Volte wurzelnd, von einem Geschlecht von Vogelhändlern herkommend, die ihr die gesunde Sinnlichkeit, die stete Fröhlichkeit des Herzens und die Liebe zu allem was freucht und fleucht, ver­erbten. Kultur und Natur stehen sich in der Großmutter und Mutter feindlich gegenüber, die um fie ringen. Das frühreife Mädchen ver­sinkt in der Klostererziehung in poetische und religiöse Schwärme­reien, um in einer fonventionellen Ehe mit einem unbedeutenden Landedelmann jäh und schmerzlich zu erwachen. Diese unglückliche Ehe der jungen Aurora Dupin mit Herrn Dudevant , die nach langen peinvollen Jahren mit Trennung und einem sensationellen Schei dungsprozeß endet, ist das entscheidende Erlebnis, das sie zur Dichterin machte. Aus der unbefriedigten Aurora Dudevant , die für ihre Freiheit und ihre Kinder gegen einen brutalen Gatten fämpft, wird die rasch berühmte George Sand , die unter diesem Männer­namen den Ehemännern überhaupt den Krieg erklärt und die Frau zur Abschüttelung ihrer„ Slavenketten" aufruft.

George Sand , im hellen Licht der Deffentlichkeit stehend, wie Damals faum eine andere Frau, hat sich die abscheulichste Berun­glimpfung ihres Privatlebens gefallen lassen müssen, nicht weil sie ausschweifender lebte als andere, sondern weil sie mit dem leiden­schaftlichen Bekennermut der großen Seele ihre Gefühle schrankenlos enthüllte und mit dem Recht der freien Persönlichkeit die Reinheit und Echtheit ihrer Leidenschaft als höchstes Gesez erkannte. Die Ideen, die sie in ihren ersten, vulkanisch herausgeschleuderten, die Festen der landläufigen Moral erschütternden Romanen aussprach, übertreffen an Kühnheit feineswegs die Forderungen der deutschen Romantit. Ich glaube," hat fie einmal geschrieben ,, daß die Liebe,

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die uns durch schöne Gefühle und Gebanten erhebt, eine ebie Leiden­aber die Liebe, die uns selbstsüchtig und feige macht, uns schaft ist der Niedrigkeit aller schlechten Instinkte preisgibt, eine schlechte Leidenschaft ist." Eine Ehe ohne Liebe ist ihr die Sünde wider den heiligen Geift des wahren Menschentums, während echte Liebe jebe Tat heiligen fann. Sie greift nicht die Ehe an, die ihr in der voll­fommenen Harmonie von Mann und Frau als Ideal erscheint; aber indem sie die Lüge und Hohlheit der gewöhnlichen Heiraten aufdecki, erschüttert sie das Ansehen der Institution, und der qualvolle Ge­danke, daß unter den von der Gesellschaft geschaffenen sozialen Be­dingungen die Menschen mit einander in der Ehe nicht glücklich werden können, macht sie auch zur politischen Revolutionärin, ver­leiht ihren Dichtungen eine anklagende, aufrührerische Note.

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Während andere Dichterinnen und selbst die größten nach ihr sind diesem Streben nicht entgangen männliche Eigenschaften annehmen wollen, ist George Sand in ihrer Art der Darstellung und ihrer Weltansicht stets Frau und nichts als Frau. Dem widerspricht nur scheinbar die Tatsache, daß sie in ihren Ideen durchaus von Männern beeinflußt ist, daß man an ihren Werken gleichsam die geistige Geschichte ihrer zahlreichen Liebesabenteuer ablesen tann. Sie lebte mur der Liebe und wußte mit ihrer Anpassungsfähigkeit ganz in die Gedankenwelt derer aufzugehen, denen sie ihr Herz schenkte. Nach Sandeau, mit dem sie ihren ersten Roman schrieb und der ihr ihren Schriftstellernamen hinterließ, wird sie von ihrem Werteidige Michel de Bourges für die republikanischen Ideen ge. wonnen. Durch ihren berühmten Liebesroman mit Musset, bei dem fich zwei geniale Künstlernaturen zu kurzer Leidenschaft und tra­gischem Konflikt zusammenfanden, lernt sie die Schönheit der Form erkennen, die Feinheit des schriftstellerischen Handwerks. Lammer­nais begeisterte sie für die Ideen des Christentums, Pierre Leroux für die des Sozialismus. Delacroig verdankt sie ihre Auffassung der bildenden Kunst, Liszt und Chopin ihr musikalisches Verständnis. So findet man Spuren der Männer in all ihren Büchern, aber in ihrer Gestaltung dieses aufgenommenen Stoffes nichts Männ liches. Ueberschwänglich- schwärmerisch, phantastisch- untlar ist die junge George Sand , die aus den schlechten Erfahrungen ihrer Ehe heraus die Männer als Schwächlinge und Verbrecher an den Pranger stellt und die Frauen verhimmelt. Je mehr sie geistig mächst durch die Beziehung zu bedeutenden Männern, je reifer sie fich durch ihre seelischen Erlebnisse entfaltet, desto ruhiger wird sie, maßvoller. An Stelle des Ausschweifenden, Grenzenlofen, des Schwulstigen und

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Rhetorischen tritt eine flare Führung der Handlung, schärfere Um reißung der Charattere, eine einfachere Erzählungsform, die ihre behagliche, epische Breite fich voll ausleben läßt.

George Sand ist eine scharfe Beobachterin und beredte Schil derin menschlicher Leidenschaften, tragischer Konflikte. Bei aller Romantit und Phantastik hat sie doch einen starten Wirklichkeits sinn, einen Instinkt für das Gute, Wahre und Schöne. Ihr inniges Naturgefühl, dieses Mitleben mit allen Dingen macht die Dorf­geschichten ihrer Reisezeit zu so liebenswerten, unvergänglichen Kunst werfen. Nun war sie nach dem Sturm und Drang ihrer von Lei­denschaft und Kampf erfüllten Wanderjahre die gute Frau von Nohant " geworden, die„ Bertraute der Natur", verwachsen mit Baum und Stein, mit Blumen und Vögeln; wie Isis und Cybele, eine Frau, die der Welt der Seele und des Geistes alles wieder­gibt, was sie aus der finnlichen und sichtbaren Welt empfangen". Als solche höchste Steigerung weiblicher Art wird sie fortleben: die erste Frau unter den großen Dichtern!

Was ist Glas? Durch zahlreiche Röntgenuntersuchungen hat man den inneren Aufbau des Glases eingehend studiert und nach gewiesen, daß die Struktur des starren Glases durchweg der einer Flüssigkeit entspricht. Es bestätigt sich damit die schon früher aus. gesprochene Ansicht, daß feftes Glas eine unterkühlte Flüssigkeit dar­stellt, also etwas Regelwidriges, da fast alle anderen Stoffe beim Abkühlen in der Weise erstarren, daß die in der Flüssigkeit regellos verteilten Moleküle sich unvermittelt ordnen und zu wohlgestalteten: festen Kristallen zusammentreten. Nun ist allerdings durch lang anhaltendes Erhihen bei höheren Temperaturen auch beim Glaje ein gewisses Kristallisationsbestreben zu bemerken, aber im allge­meinen geht flüssiges Glas doch beim Abkühlen ganz allmählich in einen teigigen fnetbaren und schließlich in den starren unterfühlten Bustand über, wobei sich anscheinend alle Eigenschaften fortdauernd und ohne Sprung ändern. Durch neuere Forschungen, über die in den Naturwissenschaften" berichtet wird, ist aber jetzt durch ein­gehende Untersuchungen nachgewiesen, daß sich beim llebergang des Glases vom flüssigen in den festen Zustand drei deutliche Zustände unterscheiden lassen, die von der Natur abhängig und in ihrem Durch diese Sonderung molekularen Aufbau verschieden sind. flüssiger, zäher und fester Glaszustände und ihr verschiedenes Ver­halten wird die Art der Arbeitsverfahren bei der Glasherstellung maßgebend beeinflußt.

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