erschüttert die Traditionen der Festigkeit, Ruhe und vbjetti» vität in der Leitung d«r Reichsgeschäste, die Friedrich E b« r t seinem Nachfolger als Erbe hinterlassen hat. Weil diese Erschütterung des Verfassungsstaates Tatsache geworden ist, darum mögen die Intriganten von rechts Triumph aus vollen Backen blasen. Das haben sie ja gewollt! Den Kommunisten aber sei doch geraten, den Mund etwas weniger voll zu nehmen: denn siesindesja,diecherrn v. Hindenburg zum Reichspräsidenten ge- macht haben. Sie haben durch ihre idiotische Taktik bei der Reichspräsidentenwahl, durch die Aufstellung einer ganz sinnlosen, zwecklosen Zersplitterungskandidatur die Wahl Hindenburgs herbeigeführt. Die Sozialdemokratie hat die Wahl des cherrn v. chinden- bürg zum Reichspräsidenten auf das entschiedenste bekämpft. Diese Tatsache verdient festgehalten zu werden. Denn sie ist bei der Entwicklung, die die Dinge neuerdings nehmen, durch- aus geeignet, der Sozialdemolratie im Volke neue S y m- p a t h i e n zuzuführen. m Das Reichskabinett hat gestern nachmittag sich mit der politischen Lage beschäftigt und auf Grund der Veröffent- lichung des„Vorwärts" eifrig beraten, wie die Veröffent» lichung des Hindenburg -Briefes zu verhindern sei. Da kam die Meldung, daß von L o e b e l l die Veröffentlichung bereits vorgenommen hatte, um jedes Eingreifen der Reichs- regierung unmöglich zu machen. Loebell, zu feige, die W a h r h e i t z u f a g e n, hat die Stirn gehabt, zu behaupten, nur die Veröffentlichung des„Vorwärts" habe ihn ge- zwungen, den Brief bekanntzugeben. Loebell hat damit in der unverschämtesten Weise gelogen. Der Brief des Reichspräsidenten war nicht nur als Flugblatt bereits gedruckt, er ist auch in einem Riesenplakat bereits für die Kampagne um den Volksentscheid hergestellt und geht in diesen Tagen ins ganze Land hinaus. Loebell hat von vorn» herein die Absicht gehabt, diesen Brief zu publizieren. Kein MitglieddesReichskabinettsist von diesem Briefwechsel unterrichtet gewesen und kein Mitglied des Reichs- kabinetts hat infolgedessen auch eine Ahnung davon gehabt, daß solch ein Briefwechsel in der Propaganda um den Volks- «ntscheid benutzt werden sollte. Der Tatbestand ist danach so klar und so einfach wie mög- lich. Es bleibt nur noch eine Erklärung des Reichspräsidenten abzuwarten, ob e r an eine Veröffntlichung des Briefes gedacht hat. Gestern noch haben ausgesprochene Rechtsblätter aus- einandergesetzt, daß eine Erklärung des Reichspräsidenten in einer solchen Frag«„selbstverständlich" der Gegenzeich- n u n g des Reichskanzlers bedürfe. Heute erklärt die Scherl- Hugenberg-Presse und die„Deutsche Zeitung" unisono, Hinden- bürg habe selbstverständlich das Recht, sich in dieser Weise zum Volksentscheid zu äußern. Die„Tägliche Rundschau" ist darin vorsichtiger. Sie meint: „So sehr wir den Ausführungen Hindenburgs vollinhaltlich zustimmen und seine Mahnung als voll berechtigt anerkennen, scheint doch auch uns Zurückhaltung in der Beurteilung der Veröffentlichung so lange geboten, bis festzustellen ist, ob dieVeröffentlichung mit Wissen und Zustin, mung Hindenburgs erfolgt ist." Im übrigen versucht die Rechtspresse Unschuld zu mar- kieren. Peinliche Erörterungen über Loebells Intrigen werden tunlichst vermeiden. Durch das Schweigen geben die Herr- schaften aber selber zu, daß ihr Gewissen nicht rein ist. Hindenburg wird von ihnen rücksichtslos als ihr Partei- mann reklamiert. Auf dem Locbellfchen Plakat prangt er nach wohlbekanntem Muster als„Retter". Man weiß nicht, wer gerettct werden soll: Jutta oder die Deutsch - nationalen? Wahrscheinlich beide, denn sie sind einer des anderen wert. Die Hugenberg-Blätter parieren, der Leit- ortikel im„Tag" erscheint prompt mit der Ueberschrift:„Der Retter". Man sieht, die Regie klappt. Sie war durch die Veröffentlichungen des„Vorwärts" gestört, jetzt tut man bereits wieder so, als ob gar nichts passiert wäre.
Damst wird der Reichspräsident als solcher in den Kampf und die Auseinandersetzung der Parteien hineingezogen. In den Debatten über Jutta-Militze und die Mätressen abgedankter deutscher Landesfürsten werden jetzt auch die höchst subjektiven Urteile des Reichspräsidenten er- örtert werden. Die Antwort, die aus dem Volke auf diesen Brief erschallen wird, wird deutlich sein. Loebell mit seinen Intrigen hat dadurch nur erreicht, daß Hindenburg d a s V e r- trauen verliert, das er sich eine Zeitlang durch sein loyales Verhalten erworben hatte. Bei Loebell mag sich der Reichspräsident für den Verlust an Ansehen bedanken, den er in dieser Kampagne unweigerlich erleiden wird. wie lloebell lügt und fälscht. Das Hindenburg -Plakat. Das auf der ersten Seite wiedergegebene in Schwarz und Rot ausgeführte Plakat widerlegt die Lüge des Herrn v. Loebell, daß er sich die Veröffentlichung des Hindenburg- Briefes„noch vorbehalten" und erst durch die Enthüllungen des„Vorwärts" vom Sonntag zu ihr gezwungen worden sei. Das Plakat muß schon lange vor diesen Enthüllungen in Auftrag gegeben worden sein. Der letzte Satz des Plakats„Parole am 20. Juni Stimm- enthaltung!" steht im Hindenburgbrief nicht. Er bildet einen verfälsche ndenZusatz. Ueber die Frag«, ob die Gegner des Volksentscheids mit Rein stimmen oder zu Hause bleiben sollen, sagt der Hindenburgbrief nichts. Herr v. Loebell aber legt Hindenburg die Terrorparole der Enthaltung in den Mund, die von den Rechtsparteien ausgegeben worden ist, um die verfassungsmäßig gewährleistete Stimmfreiheit praktisch vernichten zu können. Ist Hindenburg auch mit dieser Veröffentlichung ein- verstanden? Und die Reichsregierung? Um Antwort wird gebeten!_ Der Pfarrer tzell. Zurücknahme der Beleidigungsklage gegen die Wittve Keil Zusammen mit„Lachen links" hatte der bekannte Pfarrer Hell, gegen den der Vorwurf der moralischen Mitschuld an der Ermordung der 12 sozialdemokratischen Ar- beiter von Perlach im Mai 1919 erhoben worden ist, auch die Witwe eines Erschossenen, Frau Anna Keil, ver- klagt, weil sie die betreffende Nummer des„Lachen links" in Perlach vertrieben hatte. Nachdem in der Verhandlung vom 27. April dieses Jahres vor dem Münchener Strafgericht ein umfangreicher Beweisantrag für die erwähnte Schuld des Pfarrers gestellt worden war, der zu einer Vertagung der Verhandlung führte, hat nunmehr der Pfarrer Hell die Klage gegen Frau Keil zurückgenommen. Kostbar ist die Begründung:„In der Hauptoerhandlung hat die An- geklagte den Eindruck einer geistig beschränkten Frau gemacht, die sich der Tragweite ihrer Handlung nicht oder nicht voll bewußt war und offenbar auch unter der Einwirkung von Hetzereien stand. Mit Rücksicht hierauf besteht kein Interesse an der Strafverfolgung der Angeklagten." Auf alle Teilnehmer an der Münchener Verhandlung hatte die Frau Keil den Eindruck einer geistig völlig normalen Per- s ö n l i ch k e i t gemacht. Ihre Aussagen waren klar, logisch und präzis. Sie erklärte, daß sie„Lachen links" verkauft habe, um sich— sie war arbeitslos— ein paar Groschen Nebenverdienst zu machen: sie erklärte, daß sie die mimosenhafte Empfindlichkeit des Pfarrers Hell nicht recht verstehen könne, da Herr Pfarrer Hell ja auch nicht geklagt habe, als er in Perlach wegen seiner Haltung in der Mordaffäre verschiedentlich auf öffentlicher Straße angespuckt worden sei! Die Zurücknahme der Klage gegen Frau Keil hat natürlich keinen Einfluß auf die weitere Entwicklung des Verfahrens, dessen Zweck ist, die Rolle des Pfarrers Hell in der Perlacher Mordaffäre gründlichst klarzustellen und den Kons«- quenzen dieser Klarstellung zum Siege zu verhelfen.
Draun in örüssel. Es geht nicht ohne Verleumdungen. Durch die ganze Rechtspresse geht eine von der Telegraphen- Union verbreitete Falschmeldung, wonach auf dem Parteitag der belgischen Sozialisten der preußische Ministerpräsident Otto Braun über den Volksentscheid gesprochen haben soll. Mit Wonne stürzt sich z. B. die„Tägliche Rundschau" aus diese Nach- richt. In ihrem Haß gegen die preußische Regierung kennt sie keine Grenzen. Der preußische Ministerpräsident im Ausland! Der Skandal ist fertig. Wie schade nur, daß es sich gar nicht um den preußischen Ministerpräsidenten Otto Braun , sondern um den sozialdemokratischen Reichstagsabgeordneten Dr. Adolf Braun handelt, der als Vertreter des Parteivorstandes die deutsche Sozialdemokratie aus dem Parteitag der belgischen Bruderpartci offiziell vertritt. Selbstverständlich hätte das die„Tägliche Rund- schau" auch wissen oder mindestens durch Rückfrage feststellen könne». Aber wozu soll sie das tun? Eine Hetzgelegenheit darf man sich n i e entgehen lassen, wenn es gegen die preußische Regie r'ung geht._ Ein Abkommen gegen üie Zalschmü'nzerei. Bölkerbundsaktion als Folge der Frankenfäljchung. Gens. 8. Juni. (Eigener Drahtbericht.) Der französische Mi- nisterpräsident Briand hat im Namen der französischen Regierung am Montag beim Völkerbundsrat den Antrag gestellt, einen Sach- v e rst ä n d i g e n a us s ch u ß mit der Aufgabe zu betrauen, ein internationales Abkommen gegen Falschmünzerei und Herstellung falscher Banknoten vorzubereiten. Der Antrag geht serner dahin, diese Frage noch auf der jetzigen Tagung des Völkerbundsrats zu behandeln. In einem Schreiben vom 5. Juni, in dem Briand dem Völkerbundssekretariat seinen Schritt ankündigte, wird Ungarn zwar nicht offiziell genannt, aber der Wortlaut des Schreibens richtet sich doch in ungewöhnlicher Schärfe gegen die ungarische Regierung unter weitgehender politischer Schonung des ungari- schen Volkes selbst. In der Begründung des Antrages selbst wird ausgeführt, daß der französischen Regierung durch die näheren Umstände der Falsch- münzerei zum Schaden verschiedener Länder der Beweis erbracht worden fei, daß dieser Falschmünzerei nicht nur der einzelne Staat zum Opfer fällt, sondern daß die Folgen auch angesichts der finanziellen und wirtschaftlichen Solidarität auf mehrere Staaten übergreifen können. Die Pflicht aller Staaten sei es daher, auf Mittel zur gegenseitigen Hilfe bedacht zu sein. Das Schreiben Briands regt dann an, ein internationales Abkommen zustande zu bringen, das die Möglichkeit bietet, international gegen die Attentate auf die Währung der einzelnen Länder vorzugehen. Der ungarische Ministerpräsident B e t h l e n soll, als er von der Veröffentlichung des Briefes Briands Kenntnis erhielt, erklärt haben, daß er sich dazu noch nicht äußern könne, doch fühle sich Ungarn , das nicht genannt sei, auch nicht getroffen.(!)
tzungerzölle unü prieftergehälter. Protestreik in Prag . Prag . 7. Juni. (Vom Vertreter des WTB.) Die tschechisch- sozialistischen Parteien und die Kommunisten begannen heute die für diese Woche vorgesehenen Protestaktionen gegen die Agrarzölle. Um 11 Uhr vormittags wurde in allen Fabriken der Maschinen- und Metallindustrie die Arbeit für eine Stunde eingestellt. um Pretestversammlungen abzuhalten. Bon tschechisch-nationalsozia- listischer Seite wird schärfster parlamentarischer Kamps gegen das Gesetz betreffend die Regelung der Priestergehälter angekündigt. Die parlamentarische Situation wird durch die Forderung der Tschechoslowakischen Volkspartei, das Priestcrgesetz noch vor dem Staatsbeamtengehaltsgesetz zu erledigen, insofern erschwert, als da- durch das Zustandekommen der ursprünglich für das Staats- beamtengehaltsgesetz vorgesehenen tchechischen bürgerlich-sozialistifchen Koalition gefährdet erscheint. Die Zollmehrheit aus den tschechischen und den deutschen Agrariern und der tschechsslowakischen Volkspartei hofft, die Agrarzcll- und die Priestergehaltsvorlage noch im Laufe des Monats Juni erledigen zu können.
Sinö Sie intelligent! Von Hans Bauer. Liebhabereien sind Privatsache. Sofern einer mit ihnen nicht in die Rechte seiner Mitmenschen eindringt, geht es niemanden etwas an, wie er seine Mußestunden verbringt. Es wäre also noch schöner, wenn der Kakteenzüchter, der Briefmarkensammler, der Kaninchen- freund der Oeffentlichkeit Rechenschaft über sein« Neigungen ablegen sollte. Auch der Rätselenthusiast hat selbstverständlich seine Existenz- berechtigung und darf sich vielleicht sogar rühmen, seine freie Zeit mit einer besonders anregenden Beschäftigung auszufüllen. Aber wenn man feststellt, daß all die Kreuzwort -, Zusammensetz- und Denkaufgaben, die da in allen möglichen Zeitungen gestellt und über- eifrig verschlungen werden, ein einwandfreies Spiel bedeuten, so muß doch auch betont werden, daß sie keinesfalls mehr als ein Spiel sind, daß sie nimmermehr in den Rang eines Intelligenzprüffteines erhoben werden dürfen. Di« Fähigkeit, schnell Rätsel und Scharfsinnsaufgaben lösen zu können, ist kein Mittel, seinen Geist unter Deweis zu stellen, sie ist eine Fertigkeit, die zu erkennen gibt, daß jemand über gewisse geographische und literaturgeschichtliche, also ganz formale Kennt- nisse verfügt, oder daß er Talent für eine ganz bestimmte und scharf abgegrenzt« Seite des Denkens hat: für die mathematisch«, analy- sierende. Ueber die Gesamterscheinung seiner Geistigkeit ist damit so gut wie nichts gesagt. Wenn da nun also gleich, unter dem Eindruck der unbestreitbaren Ta.sache, daß beispielsweise das Kreuzworträtsel sich viel« Freunde erworben hat, in Hamburg ein Deutscher Denksport- verband gegründet wird, der eine Deutsche Denksport-Zeitung herausgibt und wenn die„Ufa" daran geht, Denksportfilme zu drehen, so winken wir freundlich ab. Es ist wahrlich besser, darüber nachzu- denken, wie alt Hanni ist, wenn Fanni 17 Jahre zählte, als Ranni dreimal so alt als Hanni war, und sich den Kops über den Namen einer Sagengestalt aus der Edda zu zerbrechen---, es ist dies besser, mein« ich, als seine Abende beim Kartenspiel oder beim Soznaps zuzubringen, aber wir wollen doch nicht so tun, als bewirke der Denksport eine geistig« Auslese und als ließe sich dos geistige Niveau unseres Volkes durch ihn wesentlich bei,. Im Gegenteil, im Uebermaß betrieben, verdummt er, weil- rer unsinnigen Ueberschätzung des angelesenen und mechanisch..ssens ucrd eines spitzfindigen, spintisierenden Denlens verleitet, mehr noch, weil er ein Mittel werden kann, vom Durchdenken realer und aktueller geistiger Zusammenhänge und lebensfrischer politischer Probleine ab- und auf«ine tote, grüblerische und konstruierte Problematik hin- zulenken. Das Denken um seiner selbst willen ist eine amüsante Gehirn- akrobatik. Erkenntnisse verschafft es so wenig wie die Metaphysik der Akten oder die Scholastik des Mittelalters. Es ist das Sahnen-
bonbon des Geistes, das sich nur gelegentlich der zusetzen sollte, der dauernd durch die kräftige Nahrung eines auf die Veränderung der Welt und die Durchschouung ihrer Umwandlungsbedürftigkeit gerichteten Denkens genießt. Sind Sie intelligent? Dann lösen Sie nicht zuviel Intelligenz- aufgaben!
Ebert unü Geser. Es war am bewölkten Nachmittag eines Herbsttages, wenige Monate vor Eberls Tode, als das Gespräch auf Oeser kam. Heuie darf die kleine, ach so lehrhafte und bittere Geschichte erzählt werden. Ebert saß am Schreibtisch, in seinem geräumigen Arbeitszimmer, dessen Fenster sich nach dem großen Park öffnen. Später ging er zu dem Tisch, der nahe der Rückwand, im Halbschatten steht. Dort blieb er, verstimmt und überraschend abgespannt. Er sprach von der Eisenbahnausstellung, die er des Vormittags in Seddin gesehen hatte. Sie beschäftigte ihn andauernd. Aber nicht nur der technischen und industriellen Leistung wegen, auch wegen eines Vorkommnisses, das ihm nicht aus dem Kopf gehen mochte. Auf dem Gelände der Ausstellung, weit draußen, zwischen Pots- dam und Treuenbrietzen , mitten im Walde, standen, wie üblich. zahlreiche hohe Masten, an denen Flaggen und Banner hingen: tie Farben Preußens, Brandenburgs , Berlins , daneben, um der Lustigkeit willen, inancherlei unheraldische Buntheiten. Die Reichs- färben fehlten. Das war Ebert sofort aufgefallen, umso peinlicher, als er solcher Ungehörigkcit schon häufig begegnet war. Hier aber tränkte es ihm mehr als sonst, weil soeben noch von Oeser, der ihn führte, berichtet worden war, wie diese Uebersicht deutscher Eisen- bahntcchnik die internationale Aufmerksamkeit errege, so daß von weither, vom Balkan , aus Skandinavien , aus Rußland maßgebende Besucher kamen. Dazu Zehntausende von Berlinern. Während Ebert sich so erinnerte, wurde er beinahe finster und grimmig:„Ich wollte Herrn Oeser nach der Reichsflagge fragen, wollte ibn zur Rede stellen. Aber ich habe es unterlassen: ich konnte den verdienstvollen und treuen Mann nicht vor seinen Beamten bloßstellen.. Immerhin, es wirkt niederdrückend, ein Volk, so zertlüftet, so würdelos, so gehemnit durch Unklarheit und Mangel an Einsicht, so blind für das Notwendige" Er hob die Hand, schwer und schleppend: sie streckte sich entschlossen:„Ich werde jedenfalls Ausstellungen und dergleichen Veranstaltungen, wenn sie die Reichs- flagge meiden, nicht mehr besuchen." Ebert saß leicht zusammengesunken, ein Sorgender, der den Ausweg sucht._ r. b. Ein Scheiterhaufen von heute. In der Santisstma-Annunziata- Kirche zu Florenz hatte den ganzen Monat Mai hindurch der Pater Leonardo da Prato vor einer großen Gläubigenschar eiservolle Predigten gehalten. Die am ZI. Mai gehalten« letzte Predigt war eine scharfe Kampfansage gegen die„unmoralische Literatur", die in der letzten Zeit auch in Italien in erschreckender Weise überhand- genommen habe und für die Jugend ein« Gefahr bilde. Als die Predigt zu Ende war, jaouneste sich vor der Kirche ein« ungeheure
Menschenmenge, die einen Haufen pornographischer Literatur zu einem großen Scheiterhausen ausschichtete und diesen in Brand steckie. Während die lodernden Flammen zum Himmel stiegen, sandte Pater Leonardo ein Telegramm an Mussolkni, um ihm von dem Ereignis Kunde zu geben und ihn für den weiteren Kampf gegen die un- moralische Schundliteratur scharf zu machen, damit Italiens Jugend gerettet werde. Der Schmetterling mit der Saugflasche. In England gibt es eine Schmetterlingsfarm, die von dem bekannten Lepidopteristen L. W. Newinon geleitet wird und die Zoologischen Gärten Englands und der Kolonien sowie zahlreiche Schulen mit schönen und seltenen Schmetterlingen versorgt. Ein Besucher dieser eigenartigen Zucht- anstalt erzählt uns allerlei von der Art und Weise, wie die zarten Falter hier aufgezogen werden. In einem Treidhaus befinden sich viele mit Gaze bedeckt« Käfig«, unter denen man die bunten Farben flatternder Flügel schimmern sieht. Seltene Schmetterlingsarten werden überall gesammelt und hierher gebracht, wo sie sich unter günstigen Bedingungen weiter entwickeln.„In diesem Käsig sind die Schwalbenschwänze," sagte der Leiter der Farm.„Sie sind außer- ordentlich zahm und fressen von der Hand dessen, den sie kennen. Es ist große Nachfrage nach diesen schönen Tieren, die vielfach für Gärten bezogen werden." Wenn die Schmetterling« hungrig sind, so saugen sie Zucker und Wasser oder auch flüssigen Honig von der Handfläche des Züchters, auf die sie gesetzt werden. Schwächliche Exemplar« werden„mit der Flasche" genährt. Dies«„Saugflasche" besteht in einem Stückchen Baumwclle, das in Zuckerwasser ge- tränkt ist. Der Schmetterling, der besonderer Pflege bedarf, wird aus dem Käfig genommen, und man hält ihm so lange das Baum- wollstückchen vor, bis er die nötige Nahrung zu sich genommen hat. Für manch« seltene Schmetterling'arten werden bis zu 599 M. be- zahlt. Die größte Ausstellung der Welt. In Philadelphia ist soeben eine Ausstellung zur Feier des ISO. Geburtstages der Ver einigten Staaten eröffnet worden, die die größte Veranstaltung dieser ?lrt ist, die bisher geschaffen wurde. Man hat Philadelphia zum Ort der Riesenschau gewählt, weil hier am 4. Juli 1776 die Erklärung der Unabhängigkeit erfolgte. Das Ausstellungstcrrain be- deckt einen Raum von 40 Hektar in dem League Island Park und einen ebenso großen Raum in dem anschließenden Navy Pard. Man hat der Ausstellung den Namen„R e g e n b o g e n st a d t" verliehen, weil die Gebäude in bunten Farben angemalt und des Nachts durch vielfarbige Beleucktuna erhellt werden. Die Scheinwerfer, die eine Stärke von 6 300 000 Kerzen haben, find noch in New Pork, 150 Kilometer entfernt, sichtbar. 20 Millionen Dollar sind für die Errichtung der Bauten ausgegeben worden, unter denen sich ein Stadion für 100 000 Menschen und eine Halle für 20 00» Menschen befinden. Es wurden 20 offizielle Gebäude von den Staaten der Union und von fremden Nationen errichtet. � Die großartigste Auslandsabteilung ist die der Japaner, die allein eine Million Dollar aufgewandt haben._
7 ortrag». Fn der Psychotoglichen Gcsellichast lprich! Dmnmktan. 10.- 8 Ulli', 5turiulitendamiii 45, D r. D e r t über»Psychologisch« Grundlagen der Aefthetit".