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flbenöausgabe Nr. 271 43. Jahrgang Ausgabe B Nr. 133

CtlugtBeliiRSungen und«RWistaotttf« finb in btz Morgenausgabe angegeben neboftion: STD. 66, Ctnbcnftcatjc 3 Zernsprecher: vüuhoff 292 267 I«I..«dress «:S»zIaIde«okra! Verl, »

Devlinev Volksblatt

(�10 Pfennig) Freitag 11. Juni 192H

Verla, und&njct,<nabUilita<: »eschästsgeit 95 llbr Verleger: Vor«oar»»-Verlag(Bmbi]r Verl »» STD. 66. Clnbenflcofi« 3 Z«r»lprech»r VSnhefl 262h). 297

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Zcntralorgan der Sozialdemokrat» fehen parte» Deutfd�lands

20 Pfennig pro Kopf öcs Arbeiters! Unternchmersteuer gegen den Volksentscheid.

Der Interessentenausschuß zur Wahrung der hirligsten Güter der ehemaligen Fürstenhäuser verbraucht Unsummen zur Propaganda gegen den Bolls» entscheid. Das ganze deutsche Reich wird Mit einer Flut von bedrucktem Papier überschüttet. Man sragt sich, w o h« r die Gelder kommen, die dazu notwendig sind. Zwar werden diehungernden" Fürsten , Prinzen und ihreeben- bärtigen", schon früher abgehalfterten Standesgenossen dazu einiges beitragen. Aber die Hauptsache kommt doch aus dem großen Topf der Industriellen. Diese haben zwar Millionen Arbeiter auf die Straße geworfen, weil ihre Betriebe angeblich unrentabel geworden sind, aber zur Propaganda für den helligen Besitz der Herrschaften von Gottesgnaden langt es immer noch Jetzt erhebt man von den Industriellen«ine Kopfsteuer von 20 Pfennig für jeden beschäf» tigtenArbeitnehmer. Bertrauensmonn der Fürsten » diener ist in diesem Fall« E r n st o. B o r s i g, der Borsitzende jener Bereinigung deutscher Arbeitgeberverbände, die durch die Bestechung des christlichen Landarbeiterver- b a»de s und durch die Unterstützung des Fememörders

Schulz berühmt geworden ist. Borsig verschickt an die Unter» nehmer das folgende Rundschreiben: ErnstoonBorsig. Berlin -TegehdenS. Juni 1826 Am Sonntag, den 20. Juni 1826, findet ein« Abstimmung im Wege des VolkserUscheid» statt. Gegenstand des Volksent- scheid» ist der.Entwurf eines Gesetze» über Enteignung der Fürstenoermögen". Der Gesetzentwurf ist von der sozialdemokra- tischen und der kommunistischen Partei«ingebracht worden. Der offizielle Titel de« Gegenstandes dieses Volksentscheids trifft nicht den Kern der Sache. Es geht in Wirtlichkeit nicht um die besondere« Zaleresien der Fürstenhäuser, sondern e, wird ein Angriff versucht, der sich gegen da» Privat» «igentum überhaupt richtet und damit gegen die Grundlagen der Wirtschaft und des Rechtsstaates. Es ist der erste Schritt auf emem Wege, dessen Gefährlichkeit schon daraus erhellt, daß von einer anderen Seite als zwetter Schritt auf diesem Wege die E n t e i g- nung der.Bank» und Börsensürsten" beantragt ist. Dem gesamten deutschen Volke droht Gefahr, da«in entschädigungs» loser Eingriff in das Privateigentum eine Erschütterung der Grundfesten des Staates bedeutet: besonders stark bedroht ist unsere deutsche Wirtschast, die verfallen muß. wenn das Privat» eigentum nicht gesichert ist. veswegea ist der Kampf gegen den zum Volksentscheid stehenden Gesetzentwurf gänzlich unabhängig von der parleipoliiische Einstellung de» einzelnen und der Frage der Eni» eignung der Fürstenoermögen sowie der Höhe der Entschädigung. Für eine diese Fragen klärend« Gesetzgebung ist vielmehr der Boden erst bereitet, wenn der nicht auf der Grundlage der heu» tigen Staatsordnung stehende Gesetzentwurf im Volksentscheid zu Fall gebracht ist. E» ist daher Pflicht jede» Deutschen, dem an der Erhaltung de» Rechtsstaate « gelegen ist, den ersten Schritt zur Beseitigung des Privateigentums mit allen Mitteln zu bekämpfen. Um die nötige Aufklärung zu schaffen, sind erhebliche Geld- mittel erforderlich. Eine große Anzahl von Persönlichkeiten aus der Wirtschaft, die den verschiedensten politischen Parteien ange» hören, hat mich daher im Interesse einer einheitlichen Ver» wendung dieser Mittel gebeten, mich mit der Bitte an Sie zu wenden, auch Ihrerseits zu diesem Zwecke beizutragen. Borge- schlagen ist, die Höhe des Deikrages nach der Kopfzahl der befchöfsiglea Arbeitnehmer zu bemessen und pro Kopf mindesten» 20 stf. abzuführen. Zah­lungen werden auf da» Konto .Interessenwahrung Sonderkonto" bei der Deutschen Bank, Zentrale, Berlin W. 8, Behrenstr. 8/13, erbeten. Die eingehenden Beträge werden von mir einem unter Leitung de» Reichssuslizmiaister» a. v. Dr. helnhe stehenden Reich». ansschuß überwiesen. Spender, die eine Zuweisung des von ihnen überwiesenen Betrages an eine bestimmte politische Partei oder dessen ausschließliche Verwendung für A u f k l ä- runginBerlin wünschen, bitte ich das besonders zu vermerken. Ferner wäre ich dankbar, wenn Sie mir von etwaigen unmittelbaren Spenden an politische Parteien zur Aufklärung über den Volks- entscheid Mitteilung machen wollten. Mit Rücksicht auf den n a h e n T e r m i n des Volksentscheids und die in der Zwischenzeit zu leistende große Arbeit ist schleu- n i g st e Bereitstellung der Mittel erforderlich. Mit vorzüglicher Hochachtung gez. E. o. B o r s i g. 20 Pf. pro Kopf der Arbeitnehmer das bringt, wenn es eingeht, eine sehr hübsche Summe in den Kampffonds für die helligsten Güter des Kapitals. Das Geld soll einem Reichs- ansschuß überwiesen weiden, der unter Leitung des volks- parteilichen früheren IustiMinisters Dr. H e i n tz e, des Reichskommissars für Sachsen unseligen Gedenkens, steht. Zu» fällig ist aus der Deröffentlichung Walter v. Molos be- kannt geworden, daß dieser Ausschuß der gleiche ist, für den der persönliche Adjutant des Erkronprinzen Unterschriften warb, der also im unmittelbaren Auftrage des Wilhelm von Oels handelt! Den Angestellten und Arbeitern wird jede Lohn, und Achaltszulage abgelehnt. Sie muffen sich sog« mit allen ge»

werkschaftlichen Mitteln gegen weitere Reduzierungen ihrer Ein- kommen wehren. Jetzt soll ihnen noch eine Kopfsteuer von 20 Pf. auferlegt werden. Diese Berechnung freiwilliger Beiträge nach der Kopfzahl der beschäftigten Arbeitnehmer ist eine Verhöhnung der im Dienste der Unternehmer Werte Schaffenden. Sie wirkt um so provozierender, als sich jeder Arbeiter und Angestellte ausrechnen kann, daß, wenn die Unternehmer diese frei- willigen Beiträge noch um einiges vergrößern würden, die enteigneten Fürsten mit ihrer Hilfe für alle Zu» kunfteinforgenlofes Leben führen könnten. Warum rufen die Borsig und Konsorten, warum ruft nicht der Landbund alle Monarchisten zu einer Spende für die hungernden Fürsten " und ihre Mätressen auf? Warum verschleiert man die wahren Wsichten, indem man von de?Grundlage des Staats" und desEigentums" phontaffert?

Nassen heraus! Montag 7 Uhr Lustgarten!

Die Einheitsfront von Oels über Hinden» bürg bis Borfig-Meiffinger wird den noch Schwankenden die Augen öffnen und sie veranlassen, am 20. Juni auch die letzten Stimmberechtigten ins Wahllokal zu bringen. Die Kräfte werden»er- doppelt, um die Illusion ein- für allemal zu zerstören, als ob die deuffchsn Arbeitnehmer sich heute noch soverhandeln" ließen, wie die Fürsten seinerzeit die Landes- kinder an fremd« Potentaten zuverhandeln pflegten! Terror gegen volksentfcheiü. Jeder, der sich ihm beugt, sei gebrandmarkt! Die Fürstenfreunde wissen, daß auch ihre An» h ä n g e r am 20. Juni ihre Stimme für den Volksen t- scheid abgeben würden, wenn die Wahl geheim bleibt. Sie wissen, daß ihre verlogene und verleumderische Propaganda nichts daran ändern kann. Sie wissen, daß die er» drückende Mehrheitdes Volks wie ein Mann gegen die unverschämten Forderungen der davongelaufenen Fürsten und ihrer Anhängsel steht. Und sie wissen, daß das Recht auf feiten des Voltes ist. Deswegen ihr verlogenes Geschrei über die Gefährduno des Privateigentums. Des- wegen die Drohung mit dem Bolfchewistenschreck. Deswegen die Loebell-Intrige. Und deswegen der Terror. In den letzten Tagen häuft sich das Beweismaterial dafür, daß die Stellen, die bereit find, den abgedankten Fürsten Lateiendienste zu leisten, für den Tag der Entschei- dung eine groß angelegte Kontrolle planen. Eine Kon- trolle, die vor allem auf dem Lande den gesetzlich gewähr» leisteten Ablauf des Volksentscheids verhindern soll. Durch Terror sollen die Stimmberechtigten davon ab- gehalten werden, von ihrem Recht Gebrauch zu machen. Eines dieser Beweisdokumcnte stammt von dem deutschnatio- nalen Kreisleiter in Guben und lautet: Guben , 7. Juni 1926 Baderstr. 6» I(Geschäftsst. d. Dnatl. Bp.) An die Herren Vertrauensleute! Bei Uebersendung des Ausrufes der in derKampfgemeinschaft gegen Entrechtung" oereinigten Parteien und vaterländischen Ver- bände werden Sie gebeten, dasür zu sorgen, daß möglichst alle der Wahl serableibea und daß die trotzdem zur Wohl Gehenden auf- geschrieben werden, damit die Ramea für die Zukunft festgehalten werden. Es wird gebeten, die Namen gelegentlich hierher, Bader- stroße 6a.. abzuliefern. Von öffentlichen Versammlungen wird, wenn nicht dringende Notwendigkeit vorliegt, abgesehen werden, da beide Parlamente tagen und die Abgeordneten nicht abkömmlich sind. Die Broschüren zur Aufklärung. Flugblätter folgen. Mit deutschem Gruß I.A.: O. Gaertner. Terror gegen Dolksrecht! Die Fürstendiener beweisen so am besten, was sie von den Aussichten de?guten Sache" der Fürsten halten. Aber so weit sind wir noch nicht in der Republik , daß sie sich den Terror einer kleinen Monarchisten- sippe gefallen lassen müßte. Stimmabgabe ist das gute Recht jedes Wahlberechtigten. Sie ist aber auch Staats- bürgerpflicht. Jeder, der sich dem Terror der Fürsten - freunde beugt, jeder, der am 20. Juni dem Wahllokal fern- bleibt, ist ein Pflichtvergessener. Man wird deshalb am Tage der Entscheidung"g e n a u darauf zu achten haben, wer seiner Pslicht genügt und wer es versäumt, und wird sich die Säumigen merken müssen. Dem Terror der Monarchisten setzen wir unsere Wachsamkeit entgegen!

Hinöenburg, Sparer unö Fürsten . Vor einem Jahr und jetzt! Von Wilhelm Keil . Schon einmal war Reichspräsident Hindenburg in einer die breitesten Schichten des Volkes aufwühlenden Frage heftig umworben. Das war Mitte Juli 192S, unmittelbar vor der Verkündung der Aufwertungsgesetze. Die Aufwertungsfrage hatte bei der Präsidenten- wähl eine große Rolle gespielt. In derOsterbotschaft", die das Wahlprogramm Hindenburgs darstellte, hieß es:Der Reichspräsident ist besonders dazu berufen, die Heiligkeit des Rechts hochzuhalten." Die Verfasser der Osterbotschaft erzielten mit der Wen- dung von derHeiligkeit des Rechts" den großen Erfolg, daß sie die Sparer und Gläubiger für die Wahl Hinden- burgs gewannen. Nachdem die Inflationsopfer Hindenburg zum Sieg verholfen, schrieb die ZeitschriftDer Sparerschutz": Er(Hindenburg ) wird da» sparende Volk, seine Kern- trappen, nicht untersinken lassen, er wird nicht Treu und Glauben unter dem Schein des Rechts zertreten lassen, unser Vater Hindenburg ." Die Auswertungsorganisationen sandten dem neuge- wählten Reichspräsidenten ein Glückwunschtelegramm, worin sie sagten: Auf Grund der von Ihnen, Herr Reichspräsident, in der Oster- botschaft an das deutsche Volk bezeugten Anerkennung der Heilig- keit de» Rechts vertrauen die widerrechtlich ihres Besitzes, ihrer Ersparnisse und ihrer rechtmäßigen Ansprüche Beraubten aus I h r e n edlen Willen, den Notleidenden zu helfen." Hindenburg ließ den Gratulanten antworten, er werde den vorgetragenen Fragenvolle Würdigung und Aufmerk» samkeit" zuteil werden lassen. Alsbald wurde den Kerntruppen Hindenburgs die erste bittere Enttäuschung zuteil. Die von den Deutsch - nationalen beherrschte Regierung unterbreitete dem Reichs- tag Auswertungsvorlagen, von denen Dr. Best sagte, daß sie den Gläubige r zum Bettler und den Schuldner zum Gauner machen. Da die Rechtsparteien, die heute die Fürstenansprüche verteidigen, in den Reichstagsoerhandlungen alle, auch die berechtigsten Forderungen der Sparer ablehnten, ver- suchte eine Deputation der Aufwertungsvcrbände auf dem Umweg über Hindenburg Einfluß auf sie zu gewinnen. Dieser Deputation erklärte Hindenburg : Das letzte Wort m dieser Frage ist n o ch n i ch t g e s p r o ch e n. Ich werde erst das fertige Gesetz abwarten, bevor ich meine Entschließungen fasse. Denn Sie wissen ja, ich muß a l» aiter Soldat mir die Freiheit meines Handelns wahren." Die Aufwertungsgesetze wurden dann unter Führung der Monarchisten in einer Form beschlossen, die bei den Sparern einen Schrei der Empörung auslöste. In Anwendung des Artikels 72 der Reichsverfasfung verlangte mehr als ein Drittel der Mitglieder des Reichstags, daß die Verkündung der Gesetze um zwei Monate ausgesetzt werde. Als hierauf die Rechtsmehrheit die Gesetze fürdringlich" erklärte, ergab sich für den Reichspräsidenten folgende Rechtslage: Nach Artikel 72 der Verfassung besaß er jetzt die volle FreiheitdesHandelns.dieersichals alter Soldat" wahren wollte. Er konnte die Verkündung aussetzen und selbst die Volksabstimmung anordnen. Er kannte auch a b- warten, ob der Antrag auf Volksabstimmung von einein Zwanzigstel der Stimmberechtigten gestellt werde. Jetzt hätte Loebell den politisch unerfahrenen Reichspräsidenten im Sinne der Wünsche seiner Kerntrüppen beraten können, ohne ihm verfassungsrechtliche Verlegenheiten zu bereiten. Er tat es nicht, obgleich Praf Posodowsky öffentlich erklärte, es handle sich hier um diemoralische Selbsterhaltung", um die Wahrung der guten Sitten", um dieGrundsätze der Ge- rechtigteit. Dagegen richteten die Aufwertungsorganisationen noch einen letztenAppell an den Reichspräsidenten , in dem sie sagten: Dieselben Parteien, welche 1% Jahre für die Rot der Sparer und Geschädigten kein Verständnis bekundet haben, wollen von Ihnen, Herr Reichspräsident, wieder unter Vorspiege- lung falscher Behauptungen jetzt die sofortige Verkündigung de» Ge- sej-cs erzwingen, indem S i e durch die Dringlichkeitserklürung des Gesetzes überrumpelt werden sollen... Die Entscheidung ist jetzt in I h r c Hand gelegt, Herr Reichspräsident, und die Mehrheit des Volkes erwartet in ihrer Not, daß S i e dem versassunzs- mäßig von dem einsichtigen Teil des Reichstages beschlossenen Aus- setzungsverlangen der Verkündigung des Gesetzes entsprechen und den damit geforderten Volksentscheid herbeiführen lassen. Gleich- zeitig bitten wir um umgehenden Empfang unserer Abork>- nung zu mündlichem Bortrag." Die Abordnung wurde nicht empfangen. Statt dessen erfolgte noch an demselbenTage einen Tag nach der Annahme durch den Reichstag die Vcrkündung der Gesetze durch den Reichspräsidenten. Wir haben damals keine Vorwürfe gegen Hindenburg erhoben, weil wir keinen selbstherrlichen Diktator an der Spitze der deutschen Re- publik wünschen. Aber wir fragen uns heute: Wie kommt es. daß das G c- wissen des Reichspräsidenten ihn drängt, für die F ü r st e n in die Bresche zu treten, nachdem es sich gegen die Enteignung der Sparer nicht sträubte, und wir ver»