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Erkelenz zum Volksentscheid.

Trotz Bedenken- für Ja!

In dem demokratischen Münchener Organ ,, A. Z. am Morgen" äußert sich der Vorsitzende der Demokratischen Partei, Reichstagsabgeordneter Erkelenz , über das, was nach dem 20. Juni zu geschehen hat. Er führt aus:

Wenn der Volksentscheid angenommen wird, kann man im Reichstag bestimmen, daß den Fürsten eine gewiffe Ent­schädigung in Form eines Geschentes zuteil wird; eine Ent­schädigung, die hoch genug ist, um sie vor der Verarmung zu schützen, die aber niedrig genug ist, um den Mißbrauch der Fürstenvermögen zur Aushöhlung der Republik zu vermeiden. Für ein solches Gesetz gäbe es im Reichstag nach Annahme des Volksentscheids jederzeit eine sichere Mehrheit. Sowohl die Rechten als die Linten würden dann größtenteils für eine solche Lösung zu haben sein. Bas geschieht im umgekehrten Fall, wenn der Volksentscheid zu einem Mißerfolge führt? Im Reichstag sind die Kräfte,

die die ganze Sache auf die lange Bank schieben wollen, sehr start. Die Deutsche Boltspartei strebt von Anfang an dahin, die Entscheidung hinauszuschieben und womöglich später von einer Rechtsregierung das Gesetz erst verabschieden zu laffen. In An­betracht der vorgeschrittenen Sommerzeit gibt es auch im 3en trum Strömungen, die nicht mehr daran glauben, daß vor den Sommerferien des Reichstags noch eine gesetzliche Regelung möglich wäre. Endet also der Volksentscheid mit einem Mißerfolge, so muß man damit rechnen, daß es den Demokraten nicht mehr gelingt, die Verabschiedung des Gesetzes vor den Sommerferien herbeizuführen. Das heißt praktisch: Erst im November beginnen neue Beratungen. Für diese Winterzeit muß man ohnehin-mit Verlagerungen des politischen Schwergewichts rechnen. Das Endergebnis wäre eine Regelung der gangen Frage der Fürsten­abfindung, die durchaus im Sinne der Fürsten­ansprüche liegt.

So kommt Erkelenz zu dem Schluß:

So sehr ich also die völlig entschädigungslose Enteignung der Fürsten ablehne, so sehr komme ich anderseits angesichts der ver­

fahrenen parlamentarischen Lage zu der Ueberzeugung, daß eine erträgliche Regelung nur nach Annahme des Bollsentscheids mög­lich ist.

Erkelenz ist der Vertreter der Arbeitnehmer in der Demokratischen Partei. Die Bankdirektoren werden es wohl vorwiegend mit Schacht halten, die Arbeiter, Ange­stellten und Beamten aber mit Erkelenz .

Wilhelm und seine Tante.

Wer katholisch wird, wird geächtet.

Es ist Zeit, wieder einmal an den Brief zu erinnern, den Wilhelm II. an seine Tante, die Prinzessin Anna, verheiratet mit dem Landgrafen Alexander Friedrich von Hessen , schrieb, als sie, 65 Jahre alt, zur katholischen Kirche übertrat. Damals wetterte der Oberste Bischof der preußischen Protestanten folgendermaßen los:

Homburg , 7. August 1901. Eure Königliche Hoheit!

Mit tiefstem Bedauern habe ich aus Ew. K. H. Schreiben er­sehen, daß Ew. K. H. der Konfession des Hauses, dem Sie entstammen, wie des Hauses, dessen Namen Sie tragen, den Rüden zu fehren gewillt find. Vielleicht ist dieser Abfall und Berrat schon vollzogen, obwohl der Hofchef das in einer Weise in der Deffentlichkeit bestreitet, welche den traurigen und üblen Eindrud dieses beklagenswerten Schrittes nur noch zu erhöhen geeignet ist.

Also schwört Ew. K. H. den Glauben ab, den alle Ihre Ahnen väterlicher und mütterlicherseits, das Haus Hohenzollern wie das Haus Weimar, stets treu bekannt haben; den Glauben, auf teffen Heilig und Hochhaltung die Größe unseres Hauses beruht, das mit ihm und durch ihn allein zum Raiserthron emporgeftiegen ist; den Glauben, in dem unser gemeinsamer Ahn, der Große Kurfürst, die Leuchte seines Weges fand. Und diefer selbe evangelische Glaube, zu dem unser Haus stets felfenfest ge­halten hat, ist von den Häusern Weimar und Hessen stets seit Beginn der Reformation mit besonderer Hingebung bekannt und verteidigt worden. Ew. R. 5. verrät den Glauben, dem nicht nur Deine Vorfahren, sondern auch Ew. K. H. Kinder angehören, den Glauben, zu deffen ruhmvollsten Bekennern Philipp der Großmütige

zählt.

Wenn Ew. K. H. behauptet, daß Em. K. H. in der römi­schen Kirche mehr Trost empfinden als in der unserigen, so beweist das mur, daß Ew. K. H. den wahren Trost weder im Evangelium noch in der evangelischen Kirche wirklich gesucht haben. Ew. R. H. hat eben die erhabenen reinen Lehren des Evan­geliums noch gar nicht verstanden, wenn Sie imflande find, fie im Stich zu laffen. Somit vermag ich nicht mehr Ew. K. H. als ein Glied unferes Hauses zu betrachten, mit deffen heiligsten Traditionen Sie in so empörender Weise gebrochen haben. Es bleibt

daher bei meinem telegraphischen Bescheid, daß Ew. K. H. Beharren

in dem Vorhaben den völligen Abbruch jeden Verkehrs mit allen. Gliedern Meines Hauses zur Folge hat und dieses dem Chef Ew. R. H. hessischen Linie notifiziert worden ist zur weiteren Beranlassung. Das Haus Hohenzollern stößt Ew. K. H. aus und hat Ihre Existenz vergeffen. ( gez.) Wilhelm I. R.

Die Prinzessin, die 1918 hochbetagt gestorben ist, war damals bereits 65 Jahre alt, Wilhelm zählte 1901 erft 42 Lenze! Der Haß, den dieser Monarch gegen die Ratho­lifen empfand, fonnte nicht grimmiger zum Ausdrud gebracht werden als in diesem Schreiben an eine betagte Tante. Heute wundern sich die Katholiken Deutschlands mit Recht darüber, daß ihre Bischöfe gegen den Boltsentscheid und damit für Wilhelm agitieren, und daß die 3entrums presse auf Befehl schweigen muß. Diese laute und stille Agitation wird aber Millionen deutscher Katholiken nicht hindern, am 20. Juni mit Ja zu stimmen.

So war es nicht gemeint! Zentrumsarbeiter für Stimmbeteiligung. Im Organ der katholischen Arbeiter- und Knappenvereine, der Westdeutschen Arbeiterzeitung", wird über die Parole des 3 en trums zum Boltsentscheid und deren Auslegung ge­schrieben:

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,, Stimmenthaltung? Nein, so war das nicht ge meint wenn jetzt auch einige Zentrumsblätter und Zentrums abgeordnete so tun. Der Reichsparteivorstand hat die Parole ausgegeben, nicht für den Boltsentscheid zu stimmen; mit Abficht hat er aber alle anderen Möglichkeiten offen gelassen. Das ist nämlich nicht so belangios, wie es manchem scheinen mag. Denn wenn es allgemein hieße: entweder für den Volksentscheid stimmen, oder der Abstimmung fern bleiben, dann wäre praktisch ja jeder gekennzeichnet, der das Ab­

Die Sparer für Fürstenenteignung!

Eine Antwort an den Grafen Westarp.

Der Sparerbund, Hypothekengläubiger- und Sparerschußverband für das Deutsche Reich ", hat an den Führer der Deutschnationalen, Graf West arp, folgenden offenen Brief gerichtet:

Herr Graf!

In einem Briefe an den Sparerbund haben Sie den Infla­tionsopfern einzureden versucht, daß ein Zusammenhang zwischen der entschädigungslosen sogenannten Enteignung des fürstlichen Privatvermögens und der Aufwertungsfrage nicht bestehe. Sie find offenbar ohne jede Kenntnis der in den Sparerkreisen darüber herrschenden Auffassung. Für die betrogenen Sparer besteht dieser

Zusammenhang unumstößlich.

Millionen Frontfämpfer

find mitsamt ihren Angehörigen durch die Aufwertungsgesetze enteignet

worden und zwar größtenteils ohne jede Entschädigung. Die Schuld daran tragen die Parteien des Aufwertungskompromiffes. dieselben Parteien, zu denen auch die Deutschnationale Bolts partei gehört, stellen sich jetzt mit einem Riefenaufwand moralischer Entrüftung und verfassungswidrigen Terrors vor das Eigentum der Fürsten . Auf das Eigentum des Volkes die gleichen christlichen und sittlichen Grundsäge anzuwenden, wie auf das der Fürsten , haben sie erst in den letzten Wochen abgelehnt.

Daher erklären wir die Berufung dieser Parteien auf die Grundsätze der Religion, Moral und Staatswohlfahrt an­läßlich des Bolfsentscheids über die Fürstenabfindung für eine Heuchelei.

Ihre Partei und alle aufwertungsfeindlichen Parteien kämpfen für das Eigentum der Fürsten nicht aus innerer Ueberzeugung. Dies würde das gleiche Verhalten gegenüber dem Eigentum der Sparer bedingen, da innere, in Religion und Moral wurzelnde, Ueberzeugung teine zwiespältige Handlungsweise zuläßt.

Sie gaben, Herr Graf, dem Volte der Sparer unter Angabe genauer Zahlen Kenntnis von den Verlusten des Hohen= zollernhauses an Kriegsanleihen und Kapitalvermögen und wollen dadurch den Eindrud ermeden, daß die Fürsten mit den Sparern das gleiche Schicksal teilten. Ueber das fürstliche Eigen tum an Grund- und Sachbesiz gleiten Sie mit weniger bestimmten Worten hinweg. Wir wollen Ihnen aber mit Hilfe von Rundgebungen, die wir den aus Ihren Kreisen stammenden Flug. blättern entnehmen, zu Hilfe tommen. Ihre und Ihrer Partei Meinung ist: die Fürsten sollen ruhig an ihrem Kapitalvermögen die gleichen Verluste erleiden wie die Sparer; ihren Grund- und Sachbesiz aber sollen sie behalten, wie soviele andere diesen auch behalten haben. Hier liegt der Kern des Problems.

Die Befiher von Ersparniffen, das ist die große Maffe des arbeitenden Volfes, wird rücksichtslos preisgegeben; ihr Besitz

muß herhalten, die Laften des Krieges zu fragen. Die Grund- und Sachbefizer aber bleiben in ihrem Eigentum. So werden die Fürsten in die Reihen der betrügerischen Schuldner gestellt, und es entsteht die Frage, ob auch auf fürstlichen Grundbefik ruhende Hypotheken oder andere Verpflich tungen in wertlofer Papiermart abgestoßen worden find, wie faft von dem ganzen übrigen Grundbesig? Entkräften Sie diesen Arg

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wohn, Herr Graf indem Sie der Deffentlichkeit ebenso genaue An­gaben über die vormalige und gegenwärtige Belastung des fürst­lichen Grundbesitzes machen, wie sie Ihnen für das Kapitalver­mögen der Hohenzollern zu Gebote stehen. Zeigen Sie dem Belfe, daß die Fürsten das endlose Heer der hungernden, verzweifelnden Sparer nicht vermehrt haben. Erst wenn Sie das getan haben oder ein anderer an Ihrer Stelle, werden die Sparer wissen, daß die dürften nicht auf der Seite der unehrlichen Schuldner stehen. Wir würden uns. darüber freuen, ebenso wie darüber, daß der Retchs­

gerichtspräsident Dr. Simons die Befolgung des 7. Gebotes für notwendiger gehalten hat, als die Befolgung der Aufwertungs­

gefehe, während der Reichebantpräsident Dr. Schacht vergäng­liches Menschengesetz mehr ehrt, als das göttliche Gebot.

Sie warnen die Sparer, durch die Abstimmung am 20. Juni nicht die letzten Ansprüche der Hypothekengläubiger zu vernichten. Das klingt genau so, wie auf den Anschlagzetteln gewisser Parteien, als sie den Sparern ein Gruseln erwecken wollten, mit dem Zuruf: Hütet Euch! Wenn erst die Fürsten enteignet find, dann kommt auch ihr Sparer und Rentner daran mit Euren Spargroſchen!" ein, Herr Graf! Wir Sparer haben nichts mehr zu verlieren. Denn wenn wir im günstigsten Falle- etwas durch die Auf­wertungsgesetze bekommen, dann ist es zum Sterben zu viel, zum Leben aber gewiß zu wenig.

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Noch immer wandern viele von uns ins Irrenhaus und in den Tod. Den anderen aber, die wissen, daß sie zuerst ent­eignet worden find, ballt sich die Faust ob der heuchlerischen Berhöhnung, die mit solchen Worten der Vergewaltigung hin­zugefügt wird.

Sie haben sich einst, Herr Graf, mit Ihrem Namen und zugleich für die Deutschnationale Partei, dafür eingesetzt, daß niemals eine deutsche Regierung und ein Deutscher Reichstag es wagen würde, an die Höhe der Zinsleistungen für die Kriegsanleihen zu rühren und so das unendliche Vertrauen, den hinreißenden Opferwillen des Volkes zu schänden. Ihre Partei, für deren Verhalten Sie in erster Linie mitverantwortlich sind, hat den Sparern, später, als sprechungen gemacht, ihnen zu ihrem Recht zu verhelfen. es galt, wieder zu politischer Macht zu kommen, neue Ver­Sie und Ihre Parteigenossen haben Ihr Wort nicht gehalten, darum hat 3hr Name und Ihr Wort bei den Sparern feine Geltung mehr.

Wir sehen in Ihnen nur noch den Wolf, der im Schafspelz zu uns redet. Daß die Sparer aber feine Cammlein sind, die sich von Ihnen und Ihren gleichgesinnten Parteiführern weiterhin das Wasser trüben laffen, werden Sie am 20. 3 uni und in Zukunft hinreichend erfahren.

Köln , 16. Juni( Eigener Drahtbericht). Die Vertreter von 107 Ortsgruppen des Landesverbandes Rheinland des Deutschen Sparerbundes haben befchloffen, am Sonntag für den Fürstenenteignungsantrag einzutreten.

Der Landesverband Westfalen hat für diese Woche überall, wo das möglich war, Versammlungen einberufen, um eine lebhafte Propaganda unter den geschädigten Sparern zugunsten der Teilnahme am Boltsentscheid und der Abgabe einer Ja Stimme zu entfalten.

Reichswehr bestritten. Nun behauptet aber sein Anwalt, daß die Schwarze Reichswehr nicht mehr und nicht weniger als ein Nebenbetrieb der eigentlichen Reichswehr gewesen sei!

Stimmungslokal betreten würde, die Abstimmung hätte aufgehört, geheim zu sein und den Rechtsparteien und ihren Kampfverbänden wäre in weitem Maße die Möglichkeit eines terroristischen Drucks gegeben. Das muß unter allen Umständen verhindert werden! Um den Terror zu ermöglichen, haben die Rechtspar. Gestern fand übrigens beim Landgericht I der Termin in teien die Stimmenthaltung als Parole ausgegeben. Der Sachen Meyer gegen das Reichswehrministerium statt. Es konnte Reichsparteivorstand des Zentrums aber hat das mit Abficht nicht jedoch nicht verhandelt werden, da das Landgericht dem mittel. gelan: er hat nur die Erwartung ausgesprochen, daß die Zen- losen Kläger wegen Aussichtslosigkeit der Rechtsverfolgung" trumsanhänger nicht für den Volksentscheid stimmen. Das Reichs das Armen recht verweigert hatte, dieser aber den erforder. banner hat einen Aufruf erlaffen, das alle Republikaner ohne lichen Vorschuß nicht hinterlegen fonnte. Rechtsanwalt Dr. Löwen­ihnen wegen der Art ihrer Abstimmung irgendeine Weisung zu thal versprach jedoch, die Klage durch eine weitere Erklärung zu geben auffördert, zur Wahl zu gehen, um so wenigstens das ver- ergänzen, aus der die Pflicht des Reichswehrministeriums, den klä­faffffungsmäßige Recht des Volksentscheids zu gewährleisten. Und faffffungsmäßige Recht des Bolfsentscheids zu gewährleisten. Und ger zu entschädigen, zu ersehen sein wird. Das Landgericht will in der Tat: auch vom Standpunkte des Volfsentscheids ist es immer daraufhin noch einmal über die Ansprüche des Klägers auf Armen­noch besser, mit Nein" zu stimmen oder einen ungültigen Stimm recht schlüssig werden. zettel abzugeben, als der Wahl fernzubleiben. Die Zentrumsblätter, die empfehlen, der Abstimmung fernzubleiben, handeln also falsch. In einem demokratischen Staat gibt's fein Fernbleiben! Erst recht nicht für einen Demokraten! Wir empfehlen unseren Freunden, also nicht für einen Demokraten! Wir empfehlen unseren Freunden, also auf jeden Fall an der Abstimmung teilzunehmen."

Geßlers Nebenbetrieb".

Schadenersatzklage wegen der Schwarzen" Reichswehr. Vor einigen Monaten berichteten wir über den Fall des Ar. beiters Meyer in Frankfurt a. d. D., der fich am 4. Juni 1923 in Rüftrin zur Aufnahme in die Reichswehr meldete, jedoch nach dem Zeughaus in der Altstadt geschickt wurde, we er von einem Oberleutnant Knüppel auch eingestellt wurde. Schon wenige Tage nach seinem Eintritt mußte er, eingefleidet in eine Uniform mit Achselklappen und Regimentsnummer, Wachtdienst leisten, ohne eigentlich militärisch ausgebildet zu sein. Meyer war überzeugt, der Reichswehr anzugehören. Kurze Zeit darauf schoß er sich ohne sein Berschulden eine Rugel in das Bein, wodurch er 33 Broz. feiner Erwerbsfähigkeit verlor. Als er bei der Reichswehr An­spruch auf Schadenersaß erhob, erhielt er den Bescheid, daß er dem Militärversorgungsgesetz nicht unter­stehe, sondern sich an die Reichsversicherungsordnung zu halten habe. Er sei nicht Soldat, sondern nur Arbeiter gewesen. Der erstaunte Leser fragt sich Arbeiter"?! Ja, in was für einem Betriebe denn Arbeiter, und was war denn das für eine ,, Arbeit", bei der man Achselklappen tragen durfte und mit dem Karabiner Wachtdienst leisten mußte? Der Schriftfaß des Rechts­anwalts Dr. Zente, des Vertreters des Reichswehrminifteriums, gibt darüber interessante Aufschlüsse. Es wäre eine Sünde, feinen Stand punkt der Deffentlichkeit vorzuenthalten. Aus dem Schriftfah geht hervor, daß Meyer sich in einem privatrechtlichen Rechts. verhältnis zum Reichswehrministerium befunden habe und daß der Betrieb, in dem Meyer beschäftigt war, ein Betrieb der 5e e re sverwaltung gewesen sei. Unter den Begriff eines folchen Betriebes fielen nach höchstrichterlicher Rechtsprechung alle Betriebe der Heeresverwaltung, die neben dem eigentlichen Truppendienst stehen. Daß der Betrieb des Arbeits. fommandos Küstrin einen solchen Nebenbetrieb darstellt, fann nicht zweifelhaft sein."

Was meint Herr Geßler dazu? Er hat ja stets jede Ber­bindung zwischen der Schwarzen Reichswehr und der eigentlichen

Briand wieder betraut.

Er will ein Burgfriedensministerium" bilden. Paris , 16. Juni. ( Eigener Drahtbericht.) Briand haf um 8 Uhr abends den Sih des Präsidenten der Republik verlassen. Er hat den Auftrag zur Neubildung der Regierung im Prinzip angenommen. Den ihn umftürmenden Journalisten hat er

erklärt, daß er die Absicht habe, einen Appell an alle politischen Gruppen zu richten, damit die qualifiziertesten Personen, die fie prä­fentieren, angesichts der Schwierigkeit der Lage das Opfer ihrer per­fönlichen Bequemlichkeit bringen, ihre persönlichen Streitigkeiten ver­geffen und sich einzig und allein auf den nationalen Stand­punft ftellen, um eine gemeinsame Anstrengung zur Lösung der Finanzfrage zu unternehmen.

Briand wird dem Brauche gemäß noch am Mittwochabend um 10 Uhr mit den Präsidenten von Kammer und Senat in Verbindung treten und voraussichtlich erst am Donnerstag feine Bemühungen, ein neues Kabinett zu bilden, beginnen.

Belgiens ,, Atempause". Die Kapitalflucht als Inflationsursache.

Brüffel, 16. Juni,( Eigener Drahtbericht.) Das Mitglied der Regierung, Francqui, gab bei seiner Rückkehr aus London die Erklärung ab, daß es ihm gelungen sei, eine Verlängerung der in England fälligen Schaßscheine zu erhalten. Dies ver­schaffe der belgischen Regierung die nötige Atempause für die finanzielle Sanierung. Doch sei der Stabilisierungsplan noch nicht fertig. Die Stabilisierung fönne jedenfalls erst nach der inneren Sanierung erfolgen. Aber die Tatsachen rechtfertigten nicht eine Abhängigkeit des belgischen Franken vem franzöfifchen. Ebenso sei die andauernde Vertrauenstrife nicht gerechtfertigt durch die wirtschaftliche und finanzielle Lage Belgiens . Die eigentliche Ur­fache der Krise sei die Kapitalflucht ins Ausland, ein Ge ftändnis, das aus diesem Munde doppelt wertvoll ift. Francqui fügte feinen Erklärungen eine ernste Warnung an die Kapitalflüch tigen hinzu; die spätere Sanierung würde ihnen unendlich teuer zu ftehen kommen. Ich habe teine Geheimformel Ichloß Francqui, der Franken fann nur gerettet werden, wenn das expor­tierte Rapital heimgebracht wird. Bekomme ich leine allseitige Hilfe, dann bin ich entschlossen, auf die mir gestellte übermenschliche Aufgabe zu persigten"