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Moral nnd Recht."

Die Geschichte einer Enteignung. Als Bismard unter begeisterter Zustimmung der Konservativen und der Nationalliberalen die Bermögen des Königs von Hannover und des Kurfürsten von Hessen mit Beschlag belegte, verficherte er am 30. Januar 1869 im Parlament: Damit ist nicht gefagt, daß wir eine halbe Million geheimer Fonds brauchen fönnen; ich hätte keine Verwendung dafür und möchte die Verant­wertung für solche Summen nicht übernehmen." Sehr bald aber wertung für solche Summen nicht übernehmen." Sehr bald aber follte sich herausstellen, daß es Bismard an der Gelegenheit nicht fehlte, die beschlagnahmten Vermögensmaffen seinen Zweden dienst bar zu machen, und daß ihm sein Gewissen nicht verbot, sie zu be­nußen.

Die Erträge des Vermögens der beiden entthronten Monarchen beliefen sich in der Zeit der Geldknappheit und eines dadurch beding. ten hohen Zinsfußes auf 3% Millionen, in normalen Zeiten auf mindestens eine Million Mark jährlich. Die nach Abzug der Ver­

waltungskosten übrigbleibenden Summen überwies Jahr für Jahr der preußische Finanzminister dem Ministerpräsidenten, d. h. dem Fürsten Bismard, dem allein die Bestimmung über die Ber­wendung oblag. Am Ende jeden Jahres erwirkte Bismard eine fönigliche Kabinettsordre, die seine Verfügungen über die Geld­beträge guthieß. Sobald die Kabinettsordre ergangen war, wurden alle bei den Atten befindlichen Belege vernich tet. Dieses Verfahren hatte einen sehr begreiflichen Grund, galt es doch, eine zum Himmel stintende Korruption zu verdecken. Mit den Geldern aus den Fonds zur Abwehr feind­

Bist Du für Jutta?

Dann bleibe zu Hause!

Bist Du feige?

Dann bleibe zu Hause!

Bist Du ein Fürstenknecht?

Dann bleibe zu Hause!

Willst Du mehr Steuern zahlen?

Dann bleibe zu Hause!

Bist Du dagegen ein freier Staatsbürger mit Ber­stand, Selbstbewußtsein und Gerechtigkeitsgefühl? Dann gehe zur Wahlurne und stimme mit Ja"!

licher Unternehmungen des Königs Georg von Hannover wurden nämlich in und ausländische Zeitungen best ochen und andere gegründet, die Wahltosten der Konservativen Bar. tei bestritten, das Zentrum während des Kulturkampfes be­tämpft und die Sozialdemokratie in der Zeit des Sozia listengesetzes bespielt.

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Das Tollste aber ist, daß eine Summe von nahezu einer Million Mart, die der Direktor Berg von der Reichs­bank- Nebenstelle in Stralfund, der Schwiegervater des Miniffers von Bötticher, veruntreut hatte, erseht wurde aus dem Fonds zur Abwehr feindlicher Unterneh. mungen des Welfenhauses. Die Reichsbank hatte den Berzicht auf eine Strafanzeige von der Erstattung des Geldes ab­hängig gemacht, und Bismard trug fein Bedenken, öffentliche Gelder zur Begünstigung eines gemeinen Diebes zu verwenden. Die Krone fetzte er feinem Berhalten auf, als er Mitte der 90er Jaher, um dem ihm verhaßt gewordenen Bötticher etwas anzuhängen, dieses Vorkommnis felbft in die Deffentlichkeit zerrte.

Die Erträge der Vermögen der beiden Monarchen reichten, so hoch sie waren, nicht aus, um den Bedarf Bismarcks an Korrup­tionsgeldern zu befriedigen. Deshalb wurde auch das Barvermögen des Kurfürsten von Hessen verpulvert. Dieser starb im Jahre 1875, und die Beschlagnahme seines Eigentums wurde vom preußischen Staate aufgehoben. Zu der Masse hatte eine Summe von 7 Millionen Mart bar gehört. Sie wurde den Erben vorenthalten. Die älteste Tochter des Kurfürsten bat den König von Preußen um die Auszahlung des auf sie entfallenden Teiles des Geldes. Wilhelm I. permies fie auf den Rechtsweg. Sie erhob darauf bei dem Landgericht I Berlin gegen den preußischen Staat Klage auf Rechnungslegung über die Verwaltung des Vermögens ihres Vaters und auf Aushändigung der auf sie übergegangenen Quote der 7 Millionen Mart. Die preu. Bische Regierung rief den Gerichtshef zur Entscheidung von Rom. petenzkonflikten an und dieser verbot dem angerufenen Gericht, über die Klage zu entscheiden, erklärte alfo den Rechtsweg für unzulässig. Die Erben des Kurfürsten haben von dem Gelde ihres Vaters feinen Pfennig wiedergesehen!

So sehen die Begriffe von Recht und Moral aus, die die Hohen. zollern aufgestellt haben. Mit derselben Strupellosigkeit verfahren fie und ihre Diener auch noch heute. Das beweist nichts besser als ihre verlogene und heuchlerische Boltsentscheidspropaganda.

Vatikan und Schwarzweißrot.

Rom , 18. Jumi.( WTB.) In der Krypta der Friedensgedächt niskirche, die durch die päpstliche Initiatipe errichtet worden ift, fand heute ein Requiem für die Kriegsgefallenen aller Nationen statt. An dem Katafalt lagen unter trauerumflorten Gewehrpyramiden die Fahnen sämtlicher Staaten, die am Kriege teilgenommen haben, barunter auch die rotweißrote Desterreichs und die schwat weißrote des kaiserlichen(!) Deutschlands . Bei der Feier waren Bertreter sämtlicher Be­hörden und des diplomatischen Rorps anwesend.

Benn der Batikan damit zum Ausdrud bringen wollte, daß die deutschen Kriegsgefallenen als Opfer der Politit des taiserlichen Deutschlands gestorben find, fo ließe sich gegen eine solche Deutung nichts einwenden. Aber natürlich handelt es sich um eine Tatt losigkeit, für die man den deutschen Botschafter beim Batifan, Herrn von Bergen verantwortlich machen muß. Dieser tann fich nicht einmal auf den famosen Flaggenerlaß berufen, denn der Batikan ist feine Hafenstadt.

Egkommuniziert. Der auf eigenen Antrag zum 1. April 1926 emeritierte Universitätsprofessor Dr. Josef Wittig, bisher Di­reftor des fatholischen Seminars der Breslauer Universität, non deffen veröffentlichten Büchern fünf von der Congregation del sant' officio in Rom auf den 3nder gefegt waren, ist mit der Kirchenstrafe der Erfommunitation belegt worden.

Die erste Taf des litauischen Linksblods ist die Aufhebung des Kriegszustandes; der Sejm hat die diesbezügliche Vor­lage mit 43 gegen 20 Stimmen in dritter Lesung angenommen.

Der Mörder des polnischen Spartafsenchefs Linde, Sergeant Zazmielewski, der Linde auf der Straße erschoß, wurde zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt. Der Verurteilte erklärte, er bereue ſeine Tat nicht, weil Linde in verbrecherischer Weise Staatsgelder unterschlagen und die Allgemeinheit auf das schwerste gefchädigt habe.

Zu teuer!

Sehr vornehm sieht die Dame aus, die in dem großen und be­fannten Warenhaus nach der Abteilung fragt, in der sie Fahnen tuch erhalten kann. Sie ist einfach gekleidet und betont in der ganzen Haltung die gewesene Offiziersfrau, die noch ein Abelspräbifat vor ihrem Namen beherbergt; ihr Sohn, ein hoffnungsvoller Unter­sekundaner begleitet sie. Die Berbeugung des Verkäufers beachtet sie taum. Ja, sie wünscht ein Fahnentuch für den Strand. Ihre Stimme flingt sehr herablaffend, es ist schmerzhaft, mit Beuten sprechen zu müssen, die weit unter dem eigenen gesellschaftlichen Niveau stehen. Der Verkäufer bringt ein Tuch mit den Farben der Republit. Die Dame verzieht verächtlich das Gesicht, und der Unterfefundaner, der noch nicht Meister in der Selbstbeherrschung ift, ruft empört aus: Schwarzweißrot natürlich!" Auch das ist auf Lager. Ein großes Warenhaus muß eben alle lleberzeugungen verforgen fönnen. Der Verkäufer kommt endlich mit dem Fahnentuch zurüd. Die Mienen erhellen sich. Ist dies Original- Flaggentuch," fragt die Dame. Nein, das sei nur Wolle. Die Dame fährt prüfend darüber und macht ein wolle für vier Wochen genügen würde. Und ber Breis?" 3,50 bedenkliches Geficht. Der Sohn versucht ihr klar zu machen, daß auch Mart, gnädige Frau". Die Dame erschridt, fie beißt sich auf die Lippen. Das ist sehr teuer! Wieviel toftet denn dieses Tuch?" Ber­Mart, gnädige Frau". Die Dame erschridt, fie beißt sich auf die ächtlich weist sie auf die Farben der Republit. Nur 2,50 Mart, gnädige Frau. Es herricht jest große Nachfrage nach fchwarz rotgold". Einen Augenblid zögert die Dame, macht vielleicht schnell in Gedanken einen Raffensturz, aber ihr Sohn hat fein finsterftes Geficht aufgefeßt. Mit den Worten: Ich dante, ich fomme morgen wieder!" verläßt sie stolzen Gesichts, jeder Zug schwarzweißrot, die Abteilung.

Wilhelms Schußliste.

Monarchen feiern selfame Jubiläen: Im November 1912 durfte Wilhelm II. fein vierzigjähriges Jägerjubiläum festlich begehen. Die dem Hofe nahestehende Breffe beeilte fich natürlich, die Schußliste des allerhöchsten Nimrods" zu ver öffentlichen. Danach haben S. M. in vierzig Jahren zu erlegen geruht: 2002 Rothirsche, 92 Rottiere, 1474 Damschaufler, 98 Dam­tiere, 3126 grobe Sauen, 316 geringe Sauen, 955 Rehböde, 17 988 Hafen, 2686 Kaninchen, 121 Gemsen, 532 Füchse, 3 Bären, 12 Elch­hirsche, 6 Wisente, 3 Renntiere, 2 Mufflons, 6 Dachse, 1 Marder, 108 Auerhähne, 24 Birthähne, 3 Bronzeputer, 2 Perthühner, 38 578 Fasanen, 867 Rebhühner, 95 Grouse, 5 Schnepfen, 2 Befaffinen, 87 Enten, 826 Reiher und Kormorane, 1 Wal, 1 Hecht und 523 Etüd verschiedenes Wild, insgesamt alfo 70 845 Stück Wild!

Siebzigtausend achthunderfünfundvierzig Stück Wild find in vierzig Jahren vor den Lauf seiner Flinte getrieben worden, damit er sie bequem abschießen fonnte! Eine unheimliche Ziffer! Fünf Tiere pro Tag! Ja, mit Recht war Wilhelm umter allen echten Jägern als gemeiner Maffenschlächter verrufen! Aber wie gerne würden ER und seine fürstlichen Bettern von neuem in den deutschen Wildbeständen nach Gutdünfen wüten! Das deutsche Bolt wird Sorge tragen, daß die Herren hierzu feine Gelegen heit haben werden!

Sie rechnen auf die Dummheit des Volkes! rechnen, beweist aufs neue ein Borfall, der sich vor einigen Tagen in Auf welche Hilfe die Fürstenknechte beim Bolts entscheid einem Spreewalddorf zutrug. In einem Lokal sigen eine Anzahl landwirtschaftliche Arbeiter und auch Kleinbauern. Bu ihnen gefellt sich ein gutgefleideter fremder Herr, und er läßt sich mit den Ortsansässigen in ein Gespräch ein. Bald find sie bei der Fürsten abfindung angelangt, und der fremde Herr ist durchaus für die Ent. eignung der Fürsten . Er macht das auch allen Anwesenden mit drastischen Ausdrücken flar und richtet zum Schluß an fie die Frage: " Geht es uns in Deutschland vielleicht so gut, daß wir den weg. gelaufenen Fürsten und ihren Maitressen noch milliarden nach werfen tönnen?" Ein einstimmiges Mein" ist die Antwort. Bollt Ihr vielleicht den Fürsten Ab­findungen bewilligen?" ist die weitere Frage. Wieder ertönt das einstimmige" nein"!" Dann müßt Ihr am 20. Juni Euer Kreuz in das Rein- Feld" des Stimmzettels fegen", ertönt es aus dem Munde des Fremden im Bruſtton der Ueberzeugung. Berblüffung und Erstaunen auf den Gesichtern der Zuhörer. Ein beſſerer Herr follte fo in Untenntnis über die Abstimmung beim Bolfsentscheid sein? Ein Arbeiter seht nun auseinander, über was abge= stimmt wird. Er legt dar, daß der von der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands eingebrachte Gefeßentwurf, der die Ent. eignung der Fürsten vorsteht, zur Annahme tommen muß und deshalb das Kreuz in das Ja Feld" des Stimmzettels gesetzt werden muß. Nach einigem Hin und Her läßt der beffere Herr" sich anscheinend überzeugen. Er zahlt seine Zeche und ver schwindet, begleitet von dem Gelächter der Einheimischen. Sie haben dem Agitator der Fürstenknechte bewiesen, daß fie denn doch flüger find, als gewisse Kreise annehmen. Sie werden die ihnen durch die Berfassung gewährte gesetzgeberische Macht am 20. Juni richtig ausnüßen, indem sie durch ein Kreuz im Ja Feld" für die Fürstenenteignung ftimmen.

Die Gefundbeterin.

Immer wieder finden sich leichtgläubige Leute, denen von raffi nierten Betrügern allerlei Krankheiten fuggeriert werden, die dann angeblich durch Gebete geheilt werden können. Besonders auf Haus angestellte und fleinere Leute aus dem Osten der Stadt hat es neuerdings eine 40 Jahre alte Frau abgesehen, die von der Kriminal­polizei gesucht wird. Unter dem Vorwand, Klöppelspigen verkaufen zu wollen, erscheint sie bei den Frauen und sieht sie während der Berhandlung mehrmals prüfend an. Auf die Frage, warum fie das tue, erwidert fie, daß fie im Auge der Räuferin eine Krankheit er fenne und erbietet sich, diese durch Gebete zu heilen. Sie läßt sich nun ein Stoffläppchen und Gelb geben, näht angeblich das Geld in den Stoff ein und ordnet an, daß die Patientin" bas Pädchen zu einer bestimmten Stunde an einem bestimmten Ort

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nieberlegen solle. Erft, wenn sie längst verschwunden ist und die neugierigen Frauen das Bädchen öffnen, müssen sie zu ihrem Leib­wefen feststellen, daß die Geſundbeterin" das Gelb mit wertlofen Papierschnigeln vertauscht hat. Jetzt erft haben die Ge foppten Grund, fich frank zu fühlen- vor erger.

25 Arbeitnehmer des Café Biftoria( früher Café National) in

der Friedrichstraße bitten uns um Beröffentlichung des folgenden: Borgestern abend wurde durch die Polizei das Café Bittoria( bas frühere Café National) geschlossen. Als Grund wurbe uns angegeben, daß am leglen Sonnabend die Polizeift unde überschritten wurde, und daß am gleichen Tage amei Beamte in den Küchenräumen des Cafés eine Taffe Staffee erhalten hätten. Jeder im Gastwirtsgewerbe Beschäftigte weiß, daß die Beamten ein Glas Bier, Zigarre oder ähnliches erhalten. Es ist noch niemand eingefallen, diefes für eine Bestechung zu halten. Durch eine Laune der zuständigen Herren liegen wir brotlos auf der Straße, und müssen um Arbeitslofenunerstügung nachsuchen. Wir Angeftellten fönnen bezeugen, daß feit Jahren streng darauf ge­achtet wurde, daß keine polizeilichen Vorschriften übertreten wurden.

Ein Nachspiel der Winzerunruhen.

Im Winzerprozeß, der in Trier stattfand, wurde jegt das Urteil gefällt. 12 Angeflagte murben freigesprochen. Von den übrigen Angeklagten erhielten vierzehn wegen schweren Land­friedensbruchs Gefängnisstrafen von 6 bis 8 Monaten und vier wegen Landfriedensbruchs Gefängnisstrafen von je 3 Mo­naten. Fünf der Berurteilten erhielten dreijährige Bewährungs­frift zugebilligt. Die Verurteilten nahmen das Urteil an. In der Be­gründung erklärt das Gericht, es habe bei dem Strafmaß Milde

walten lassen, da die Angeklagten ursprünglich feine Demonstration gegen den Staat geplant und ihre Vergehen sich aus einer drückenden Notlage heraus entwickelt hätten. Auch sei berück­sichtigt worden, daß die Angeklagten bisher unbescholten waren.

In zwölfter Stunde.

Zu einer großen Kundgebung in großen Saal der Neuen Welt hatten gestern die Neuköllner Genossen aufgerufen. Schon in den Nachmittagsstunden sammeite fich das Reutoliner Reichs. banner am Ringbahnhof Neukölln zu einem Umzuge mit Musik und vielen Transparenten, die für das Ja des Sonntag werben jollten. Landtagsabgeordneter Genosse Otto Maier mar in der age, eingehend und fachlich die Vorgänge darzustellen, die sich bei den Abfindungsverhandlungen des preußischen Staates mit den Ber tretern des ehemaligen Herrscherhauses abgespielt haben. Finanz minister Dr. Richter hat die Verhandlungen geführt und brach selbst die Verhandlungen ab, weil die Vertreter unseres Landesvaters" Wilhelm immer unverschämtere Forderungen stellten. Mit der Auf­forderung, den letzten Tag noch aufs äußerste zu nüßen, schloß der Redner seine Ausführungen. Einstimmig brachte die Versammlung ein Hoch auf die Sozialdemokratie aus.

Kreis Tiergarten und die Sozialistische Arbeiter. jugend veranstalteten gestern einen Demonstrationsum 3ug. Die Beteiligung war eine ganz außerordentliche. Treffpunkt war der Kleine Tiergarten, abends 6% Uhr, doch war kurz nach 6 1hr der Blaz dermaßen überfüllt, daß der Zug taum imftande war, sich zu formieren. Jungens und Mädels verteilten Werbezettel unter das Publikum, das in dichten Scharen den Platz umdrängte. Einer hatte mit viel Humor und Kunstfertigkeit sein ganzes Fahrrad mit Inflationskapitalien" dekoriert. An den Radspeichen, an den Bedalen, an der Lenkstange, überall prangten die wertvollen Gelder". Mit einem fräftigen Tschindra sezte die Musit des Reichs­banners ein und der ungeheure Bug fam in Bewegung. Er nahm feinen Weg durch die Strom, Turm, Bredow, Birken, Lübeder, Straße, zurüd nach der Turmstraße, durch die Rathenower Straße nach dem Stephansplatz. Alles, was Beine und Zeit hatte, schloß fich noch unterwegs dem ungeheuren Zuge an. Anschließend an diese Demonstration fand im Artushof ein Bortrag der Genoffin Wa che n heim statt. Der fleine Saal tennte all die Menschenmassen gar nicht aufnehmen und viele mußten wieder gehen.

Die riesige Aula der Uhlandschule in der Kolonnen­straße war dicht gefüllt. Rote Banner und die republikanische Flagge schmückten das Podium. Genosse 3 a chert, M. d. L., wies unter anderem darauf hin, daß die Regierungsperiode Wilhelms II., des angeblichen Friedenskaisers, einer einzigen Katastrophe geglichen habe. Er ließ sich gern Landesvater" nennen, im übrigen befahl er seinen Refruten, auf Vater und Mutter zu schießen. Nicht Dieb­stahl am Eigentum der Fürsten , sondern Diebstahl am Boltsver mögen steht am Sonntag auf dem Spiel. Das höchste Gebot der SPD . ist die Wohlfahrt des Volkes, deshalb ermahnt sie alle Deut­ schen : Stimmt mit Ja! Die Versammlung brachte ein hoch auf die Bartei aus und sang beim Auseinandergehen begeistert die Inter­nationale.

Eine start besuchte Versammlung hielten gestern abend die Niederschönhausener Genossen im Schloß Schönhausen ab. Borher machte das Reichsbanner einen Umzug, dem sich Hunderte große Not hin, die jetzt in ganz Deutschland , besonders aber in den unterwegs anschlossen. Genosse Herlig wies als Referent auf die großen Städten vorhanden ist. Es ist unerhört, daß die Fürsten es wagen, angesichts dieser großen Boltsnot ihre unverschämten Forde­rungen an das verarmte Bolt zu stellen. Wo ist hier Moral und Gerechtigkeit? Will sich die Republit erhalten, muß fie die Enteig­nung durchführen. In der Aussprache richtete auch ein Ber­treter der Kriegsbeschädigten die Aufforderung an die Versammelten, mit Ja zu stimmen.

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Frontfoldaten gegen Hindenburg .

In einer start besuchten Versammlung in der Stadthalle Klosterstraße nahmen am Freitagabend republikanische Frontfoldaten gegen den Hindenburg - Brief an Loebell Stel­lung, der bekanntlich vielen Millionen Deutschen Recht" und " Moral" abspricht. Einberufer der Kundgebung war die Arbeits. gemeinschaft entschiedener Republikaner. Weber, der erfte Redner, bezeichnete den Hindenburg - Brief als einen Schlag ins Gesicht der breiten Massen der Frontjoldaten. Der Reichspräsident habe ant deutschen Bolte einen Disziplinbruch begangen. Der parteiische Fürstenbrief war ein Disziplinbruch vor versammelter Mannschaft" forrektheit. Unsere Antwort darauf ist am 20. Juni ein millionen­und gerade vom soldatischen Standpunkte aus eine beispiellose In­faches Ja!

Die Diskussion ergab Uebereinstimmung in diesem Sinne.

Die Hochwassergefahr in Deutschland . Eine verhinderte D- Jug- Katastrophe. Reichenbach, 19. Juni. ( Eigener Bericht.) Durch das zwel malige fatastrophale Hochwasser in Nordböhmen , das eine Menge Berfehrsunterbrechungen zur Folge hatte, wurden die Eisen bahndämme mehrfach beschädigt, so daß gründlichste Prüfung nötig sein wird. Als am 18. Juni der Bäderschnellzug Eger- Karls­bad- Leipa- Reichenberg schon nahe war, wurde am Fuße des Jeschtenberges bei Bahnhof Kriesdorf durch eine zufällig vorfahrende Maschine ein Dammrutsch, der nach Durchfahrt eines Zuges eingetreten war und in den großen Wasserfluten der Vortage feine Ursache hatte, bemerkt und der Schnellzug rechtzeitig an gehalten. Der Verkehr wird 24 Stunden ruhen und wird durch Umsteigen aufrechterhalten.

Konstanz , 19. Juni. ( WTB.) Der Konstanzer Begel zeigt mit einem Stand von 5,20 Meter ein Steigen des Hochwassers um 5 Zentimeter an. Das Wasser steht hart am Rande des Stadt­gartens. Der Begel von Sted born( Schweiz ) zeigt 5,30 Meter. Das Wollmatinger Ried ist vollständig überschwemmt. Die Dampfschiffahrt auf dem Bodensee geſtaltet fich immer schwieriger, da auch die Anlegestellen vom Baffer teilweise über. flutet werden. So ist die Landungsbrücke von Unter- Uhldingen schon fast ganz überschwemmt. In Ueberlingen steht die Löwen­brücke unter Wasser und muß gegen das Fortschwemmen geschützt werden.

Ciebenwerda, 19. Juni. ( WTB.) Der Damm der Röber ift gestern bei Würdenhain gebrochen, das Land ist kilometer­weit überflutet. Würdenhain ist geräumt. Schußpolizei aus Torgau , bie Reichswehr aus Dresden sowie freiwillige Organisationen und breite Bruchstelle zu verstopfen, bisher ist dies noch nicht gelungen. die Feuerwehren der gesamten Umgebung verfuchen, die 20 Meter Die Elster ist in der Nacht erneut gestiegen, meite fruchtbare Land­ftreden zwischen Elster und Bälnik stehen unter Waffer, die Ernte im Kreise Liebenwerda ist zu einem erheblichen Teil vernichtet.

Groß- Berliner Parteinachrichten.

24. bt. Bezirksführer und Bahlhelfer der 1. Gruppe treffen sich heute abend 7 Uhr bei Rößner, Immanuelfirchstraße. 34. Abt. Sämtliche Genoffinnen und Genoffen treffen fich morgen, Sonntag. den 20. Juni, nachmittags 1 Uhr, zu einer wichtigen Flugblattverbreitung bei Müde, Warschauer Str. 17.

36. Abt. Sonntaa, ben 20. Juni, früh 7 Uhr, im Abteilungslokal Busch, Tilfifer Str. 27. Einteilung zu den Wahlarbeiten. 74. Abt. Rehlendorf. Sonntag pormittag 7 Uhr milfsen alle Genoffinnen und Genossen aur Wahlhilfe im Reſtaurant Schnorre erscheinen.

Sozialistische Arbeiterjugend Groß- Berlin.

Werbebezirk Reinidendorf: Heute, Sonnabenb, 10% Uhr, Sonnwendfeier Treffpunkt 10 Uhr Auguste­auf dem Sportplan in Reinidendorf- Best. Bittorio, Ede Berliner Straße. Erscheinen aller ist Pflicht. Sorgt für guten Besuch. Borher Beteiligung an dem Umzug der Partei. Treffpunkt 16 Uhr

Bahnhof Schönhols und Tegel, Dorfaue.