$ugo Jeimann Berliner Ehrenbürger. Eine Ehrung des Führers der Rathausfraktio«. Der Berliner Magistrat hat beschlossen, dem Stadtver- ordneten Hugo Heimann und dem demokratischen Stadt- verordneten Kommerzienrat Bamberg , dem augenblick- lichen Alterpräsidenten der Stadtverordnetenversammlung, das Ehrenbürgerrecht zu verleihen. In einer Vorlage ersucht er die Stadtverordnetenversammlung, diesem Beschluß beizutreten. Beide neuen Ehrenbürger gehören s ei t dem Jahre 1900 der Berliner Stadtverordnetenversamm- lung an. Die Ehrung Hugo Heimanns, des jahrelangen Bor - sitzenden der sozialdemokratischen Rathausfrattion, be- deutet die erste Ernennung eines fozialdemokrati- schen Führers zum Berliner Ehrenbürger. Die Stadt Berlin hat von diesem Rechte der Ehrung außergewöhnlich verdienter Männer verhältnismäßig nur sehr selten Gebrauch gemacht. Nach dem Kriege ist bisher Nur Ludwig Hof- mann, der Stadtbaurat, Berliner Ehrenbürger geworden. In der Zeit vor dem Kriege gehören zu den Berliner Ehren- bürgern Männer wie Alexander v. Humboldt, August Boekh, Ranke, Robert Koch, Rudolf B i r ch o w. Adolf Menzel , Langerhans, Oberbürgermeister Kirsch- n e r, der Stadtverordnetenvorfteher M i ch e l e t und der Bor- steherstellvertreter Oskar Cassel . In die Reihe dieser um Ber - lins Entwicklung verdienter Männer tritt mit Hugo Heimann zumerstenMale ein sozialdemokratischer Führer. Seitdem Tode Paul Singers, des ersten Führers und Wortsprechers der Sozialdemokratie im Berliner Rathaus, hat Hugo Heimann an der Spitze der Fraktion gestanden. Erst jetzt, nach der Neuwahl der Berliner Stadtverordnetenversammlung, hat er mit Rücksicht auf seine angestrengte Tätigkeit als Vorsitzender des Haushaltsausschusses des Reichstages die Fraktion gebeten, ihn von diesem Posten zu entbinden. Hugo Heimanns Name ist weitesten Kreisen auch außerhalb der Arbeiterbewegung in der Vorkriegszeit dadurch bekannt geworden, daß er die erste große Arbeiterbil« dungsbibliothek in der Adalbertstraße stiftete und dauernd unterhielt. In der Zeit des Dreiklassenwahlrechts hat Hugo Heimann es zahlreichen Vertrauensmännern der Berliner Arbeiterschaft ermöglicht, durch den Erwerb eines Hauses als Stadtverordneter im Berliner Rathaus tätig zu sein. Das damalige Wahlrecht schrieb vor, daß die Hälfte der Mitglieder der Versammlung Hausbesitzer sein mußten. Hugo Heimann hat jahrelang an allen wichtigen Fragen der Ber - liner Entwicklung führend mitgearbeitet. Er war einer derjenigen, der die Kommunalisierung des Groß-Ber- liner Verkehrswesens mit vorbereitete. Er stand in den ersten Reihen der Bekämpfer des entsetzlichen Berliner Wohnungselends. Selksstverständlich war er Mitglied der Verbandsversammlung des Groß-Berliner Zweckverbandes. Er vertrat die Sozialdemokratie schon in der Vorkriegszeit auf den Tagungen des Deutschen Städte- t a g e s nicht nur als Diskussionsredner, sondern auch als ossizieller Hauptreferent. In Hugo Heimann verkörpert sich die jahrzehntelange Tradition intensiver sachlicher Mitarbeit der Sozialdemokratie an dem Aufbau und der Entwicklung der Gemeinde. Die Ehrung, die Hugo Heimann durch den Beschluß des Berliner Magistrats zuteil wird, gilt nicht nur ihm, dem verdienten Manne, sie gilt auch ebensosehr der Berliner Arbeiter bewegung, die stolz darauf sein kann, daß durch ihn ihre besten Traditionen verkörpert werden._
veutschlanü und die Abrüstung. Im Auewäriigen Ausschuß des Reichstags erstattete am Montag der Vertreter der deutschen Regierung bei der Abrüstungskonserenz Abg. Graf Bernstorff Bericht über die Genfer Verhandlungen. Von der Reichsregierung waren der Außenminister Dr. Strefemann mit dem Staatssekretär Dr. Schubert und Reichs verkehrsminister Dr. Krone anwesend. Nach längerer Aussprache, an der sich die Abgeordneten Graf Reventlow (Dölt.). Dr. Hoelßsch(Dnat.). Dr. Rosenberg(Komm.), von Rheinbaöen(DDP.), Dr. Dernburg(Dem.), Dr. Quaatz(Dnat.) und Müller- Franken(Soz.) beteiligten und in deren Ver- lauf auch der Reichsminister des Aeuheren Dr. Strefemann da» Wort ergriff, faßt« der Ausschuß mit großer Mehrheit folgende Eni» schließung: .Unbeschadet der Stellung der verschiedenen Frattionsvertreter zu den Fragen im einzelnen, nimmt der Auswärtige Ausschuß da- von Kenntnis, daß bei den Verhandlungen der vorbereitenden Kommission für die Abrüstungskonferenz irgendwelche Bindungen für Deutschland nicht erfolgt sind und erhebt mit dieser Maßnahme gegen-ine Fortsetzung der Beteiligung Deutschlands an den weiteren Beratungen zur Förderung des Abrüstungsproblems keine Bedenken/'_____ Saperns Verwaltungsreform. Doch noch Verständigung? München , 21. Juni. (Eigener Drahtbericht.) Die wenigen Wochen, die der Bayerische Landtag vor seiner Sommerpause bei- sammensttzt, sollen vor allem dazu verwendet werden, der Regierung ein Ermächtigungsgesetz zu erteilen, in dem es die bisher von Kirchturminteressen gehinderte und gefährdete Verein- fachung der Staatsverwaltung durchführen will. Auf diefen Plan haben sich in den letzten Tagen Regierung und die Koalitionsparteien geeinigt. Dieses Ermächtigungsgesetz, das bereits im Laufe der Woche dem Landtag vorgelegt werden wird, soll ledig- lich ein Rahmengesetz sein. In seinen Grenzen wird die Regierung ermächtigt, zur künstigen Vereinfachung der Staatsver- waltung eine Aenderung des Instanzenzuge» und ebenso eine Vereinfachung der inneren Aufgaben aller staatlichen Behörden durchzuführen. Im Zuge dieser Ermächtigung wird auch die etwa notwendige Zusammenlegung und Aufhebung von Behörden erfolgen, darunter auch verschiedener Land- Wirtschaft», und Handwerkskammern. Die Ermächtigung ist befristet auf die Dauer des gegenwärtigen Landtage», der nor- malerweise im Frühjahr 1S28 zu Ende geht.
Die Kurzarbeiterfürsorge. Ihre Ausdehnung und weitere Verlängerung. Am 3. Juli läuft die geltende Anordnung über die Kurzorbeiter- fürsorge ab. Der Ausschuß für Erwerbslosenfürsorge de» Verwal- tungsrat» des Reichsamts für Arbeitsvermittlung beschäftigte sich in seiner gestrigen Sitzung mit dem Vorschlag des Reichsarbeits- die Geltungsdauer der Aurzarbeüerjürjorge
Das Ergebnis des volksentstheids im Reiche.
bis zum 27. November zu verlängern und die D a u e r der Unterstützung auf zehn auseinanderfolgende Kalender- wachen zu bemessen. Dieser Vorschlag bedeutet, daß für die meisten Kurzarbeiter die Unterstützung infolge Ablauf» der zehnwöchigen Unterstützungs- Periode demnächst aufhört. Allerding« kann nach der Auslegung des Reichsarbeitsministeriums die Unterstützung wieder bewilligt werden, sobald die Wartezeit von drei Wochen nochmals abgelaufen ist. Danach ergibt sich der grotesk« Zustand, daß bei ununterbrochener Kurzarbeit die Unterstützung nicht fort- laufend, sondern mit Unterbrechung von je drei Wochen nach jeweils zchnwöchigcr Unterstützungsdauer gewährt wird. Mit Recht sehen die Kurzarbeiter darin eine unerhört« Schikane. Die Vertreter der Arbeitnehmer forderten deshalb die Ge- Währung der Unterstützung für die ganze Dauer der Kurz- arbeit. Der Vertreter der Gemeinden sprach sich ebenfalls dafür aus. Mit großer Mehrheit wurde auch gefordert, daß keine neu« Wartezeit zurückzulegen ist, wenn die Kurz- arbeit durch Vollarbeit bis zur Dauer von vier Wochen unterbrochen wird. Es muß erwartet werden, daß da« Reichsarbeitsmtnisterlum diesen Wünschen Rechnung trägt. Die bisher geltend gemachten wirtfchaftspolitifchen Bedenken können jetzt erst recht nicht mehr ins Feld geführt werden, nachdem der Sachbearbeiter de» Reichs. arbeitsministeriums, Geheimrat Weigert, bereits' vor Monaten in seinem Kommentar zur Kurzarbeiterfllrsorge(Verlag Reimar Hobbing-Berlin ) ihre volle Gülligkeit preisgegeben hatte. Die Aussprache Im Derwallungsrat ergab in einem Punkte vollständige Uebereinstimmung: es darf dem Kurzarbeiter nicht zugemutet werden, auf lange Zeit bei stark verkürzter Arbeitszeit zu arbeiten; er hat in diesem Falle da» Recht, die Arbeit auf. zugeben, um die volle Erwerbslosenunterstützung zu erhalten. Die Unterstützung darf ihm nicht mit der Begründung verweigert werden, daß die Arbeitslosigkeit selbstverschuldet ist. In dem bereit» ange- führten Konimentar sagt Dr. Oskar Weigert, daß nach Ansicht des Reichsarbeitsministerium» es keinem Arbeit- nchmer auf längere Zeit hin zugemutet werden kann, stark ver- kürzte Arbeit auszuüben, wenn sie ihm weniger Verdienst bringt. als er als Arbeitsloser an Unterstützung beziehen würde. Giebt er einen solchen Arbeitsplatz auf, weil keine Aussicht besteht, daß diese Verhältnisse sich bessern, so kann ihm die Erwerbslosenunter- stlltzung nicht deshalb verweigert werden, weil er freiwillig arbeits- los geworden ist. Das ist für alle Kurzarbeiter, insbesondere für die nicht von der Fürsorge erfaßten, wichtig._ Ruth Zischer zurückgekehrt. AuS der Schutzhaft entlasse«. Endlich ist es Ruth Fischer gelungen, ihre Rückkehr noch Deutschland in Moskau durchzusetzen. Monatelang hat Stalin sie festhalten lassen, weil man sie bei der internen Auseinandersetzung innerhalb der KPD. ausschalten wollte. Auf die Dauer hat aber die russische Regierung wohl Bedenken getragen, eine deutsche Reichstagsabgeordnete gegen ihren Willen an der Heimkehr zu hindern. Ruth Fischer hat offenbar nicht verabsäumt, diese Bedenken durch einen Hinweis auf den Konflikt, der sich dadurch eventuell mit der deutschen Regierung ergeben könnte, zu verstärken. Japan » neuer Botschafter in Berlin wird der jetzige Leiter des Vertragsbureaus des Auswärtigen Amte» in Tokio , Nagaota.
poincar£ lehnt ab. Er will nicht Finauzministcr werden. pari». Zl. Juni, abends.(Eigener Drahtbericht.) Am' Montag abend lehnte p o i n c a r 6 das Amt des Finanzministers in dem neuen Kabinett Vriand ab. Inzwischen hat die größte Recht»gruppe der Kammer, die republikanische Entente, Vrland mitgeteilt, daß sie die parlamentarische Unterstützung de» neuen Kabinett» von der Zuteilung zweier Ministerämter abhängig macht. Die Lage ist also nach wie vor völlig ungeklärt. . Mit dieser Ablehnung des Finanz Ministeriums durch Poincar6 ist noch nicht gesagt, daß sein Eintritt in die Regie- rung Briand endgültig erledigt ist. Er selbst scheint nicht ab- geneigt zu sein, das I u st i z Ministerium zu übernehmen. Aber Briand schien großen Wert darauf zu legen, daß Poin- car6 gerade das gefährlichste Amt im Kabinett bekleide, ein- mal weil er die Stimmen der Rechten braucht und vielleicht auch weil er weiß, daß Poincar6 als Finanzminister genau so versagen würde wie seine sechs Vorgänger, wodurch er diesen gefährlichen Gegner auf lange Zeit los wäre. Aber Poincars scheint diesen Hintergedanken Briands durchschaut zu haben und schützte Meinungsverschiedenheiten sachlicher Art vor, um das Finanzministerium abzulehnen. Diese Meinungsverschiedenheiten betrafen insbesondere das Washingtoner Schuldenabkommen, das Briand im Interesse der Gewährung einer amerikanischen Anleihe ratifizieren will, während Poincar6 seine Zustimmung dazu entschieden verweigert. Auch verlangte Poincar6 besondere Vollmachten, um die Finanzkrise„diktatorisch" zu lösen. Briand ging jedoch auf diese Forderung nicht ein. Uebrigens ist kein Zweifel daran, daß gerade Poincarö als Exponent der großkapitalistischen Kräfte des Nationalen Blocks nicht der Mann gewesen wäre, der den notwendigen Aderlasi der Be- sitzenden durchgeführt hätte, ohne den es nicht möglich fein wird, den Frankenkurs auf die Dauer zu halten.
Der Zall Mannesmann. Sozialdemokratische Interpellation. Die sozialdemokratische Fraktion hat Im Reichstag folgende Interpellation eingebracht: „Die Reichsregierung hat für die Firma Mannesmann eine tkreditgarantie zur Sicherstellung de» Marokkobesitzes der Firma angefordert. Der Auswärtige Ausschuh des Reichstags hat die Befürwortung abgelehnt. Der Haushaltsaueschuh hat dagegen unter Berufung auf Artikel 2d des Etatsgesetzes dem Regierung»- antrag zugestimmt.! Hat die Reichsregierung die Anwendbarkeit des Artikel» 2b nachprüfen lassen, nach dem solche Garantien nur übernommen werden dürfen, wenn sie zur Befriedigung unabweisbarer Be- dllrfnisse erfolgen, sofern dadurch eine Ausgabe vermieden wird, der sich das Reich sonst nicht hätte entziehen können? Was gedenkt die Reichsreglerung überhaupt zu tun. um einen Mißbrauch des Artikels 2b des Etatsgefetzes zu verhindern?
Da» prager Abgeordnetenhau» hat mit ca. 150 bürgerlichen Stimmen aller Nanonen gegen ca. 120 sozialistisch« Stimmen. gleichfalls ohne Unterschied der Ration, nach einer Dauersitzung am Morgen die Beamten- und Lehrergesetze an- genommen. Auch dabei gab es große Tumulte. �-J