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Reaktionärer Terror. Nötigung gegen Wahlberechtigte. Werde« die Behörden einschreite»? Man schreibt uns aus F ü r st e n w a l d e(Spree  ): Gegen den Rittergutsbesitzer und Gutsoorsteher Schulz von Heinersdorf in Heinersdorf   im Kreise Lebu» hat der Regie- rungspräsident in Frankfurt   a. d. O. wegen seine» vomVorwärts" gebrandmarkten Verhaltens beim Volksbegehren(er hatte im Amts- kästen ein« Bekanntmachung ausgehängt, worin e» u. a. hiefj, daß jeder anständige Deutsche die Eintragung ablehne) ein D i s z i- plinarverfahren mit dem Ziele der Amtsenthebung von seinen Ehrenämtern eingeleitet. Beim Volksentscheid hat Herr Schulz eine andere Methode eingeschlagen! er hat unter Beidrückung des Amtssiegels allen Bewohnern des Gutsbezirks, die natürlich wirtschaftlich von ihm abhängig sind, ge- schrieben, daß ste sich de» Diebstahl» schuldig machten, wenn ste zur Abstimmung gingen. Die Wirkung ist nicht ausgc- blieben. » Der Graf Fink zu Finken   st ein in Alt-Marlitz im Kreise Lebus   schrieb seinen Gutshörigen kurz und bündig, daß jeder, der zur Abstimmung gehe, am nächsten läge entlassen werde. Infolgedessen sind in Willmersdorf, wo ein Vorwerk de» Trafen liegt, nur S Bewohner zur Abstimmung gegangen, während sich beim Volksbegehren 36 hatten eintragen lassen. * Aus E i s« n a ch schreibt man un»: Di« Wahlschlacht ist geschlagen und in erster Linie durch den unerhörten Terror der Gegner verloren worden. Hierzu möchte auch ich Ihnen einen Beitrag übermitteln: Auch in Eisenoch haben entsprechend der berüchtigten Bekanntmachungen vor den Wohl- lokilen Stahlhelmposten gestanden und manchen Wähler zur Umkehr gebracht. Den Gipfel der Vergewaltigung leistet« sich aber zweifellos der.Landgraf von Hessen' im benachbarten Herleshausen  (Werra  ). Der Förster des Landgrafen eröffnete vor einigen Tagen dem Schafmeister, er solle dafür sorgen, daß seine Söhne nicht zum Volksentscheid gehen, da er sonst seine Ar­beitsstelle verliere. Das gleiche stellte man den Arbeitern des Landgrafen in Aussicht. Einer der Betroffenen erklärte unter Zeugen, sie hätten sich zwar zum Volksbegehren eingezeichnet, aber unter diesen Umständen könne keiner von ihnen am 2». Juni zur Wahl gehen. Das Ganze nennt sich dann noch freie geheime Wahl.
Der Volksentscheid in öaüen. Erfolg trotz der Gegenwirkung des Zentrums. Au» Karlsruhe   schreibt man uns: Mit 184 Proz. der sozialistisch-kommunistischen Stimmen stand Baden   beim Volksbegehren an der Spitze aller deutschen   Wahlbe- zirte. Am verflossenen Sonntag wurden S48 20Z Ja-Stimmen und 23 758 Nein-Stimmen abgegeben. Da» Volksbegehren wie» 500 238 Stimmen auf. Man erhoffte zwar mehr Ia-S«immen. allein der prozentuale Anteil gegenüber den Wahlberechtigten wurde doch von 34 Proz. beim Volksbegehren auf 38 Proz. beim Bolk»«nt- scheid erhöht: das ist immerhin ein Erfolg bei einem Reichs- durchschnitt von 36 Prozent. Beim Volksentscheid setzte eine starke Agitation der Z e n- trumspresse ein, während sie sich beim Volksbegehren ganz uninteressiert verhielt. Dadurch sank zum Beispiel der völlig katholische Bezirk Buchen von 7518 beim Voltsbegehren auf 4864 beim Volksentscheid, der Bezirk W e i n h e i m von S815 auf 815S, der Dezirk Ueberlingen   von 8835 auf 7S22 usw. Im ganzen haben 11 Amtsbezirke eine Abnahme, dagegen 29 Bezirke eine(zum Teil erhebliche) Zunahme zu verzeichnen. Von den Städten stieg Karlsruhe   von 29 448 auf 40 949, Mannheim   von 79546 auf 91 629, Heidelberg   von 17 194 aus 30 130. Die gegnerische Agitation konnte hier weniger Schaden anrichten, obwohl u. a. der deutschnationale Abg. Martin Spahn   in Karlsruhe   das Thema be- handelte:.Der Volksentscheid ist Revolution!"
Baden   hat zudem auch die Landtagswahl vom 25. vkto- der 1925 hinter sich, die eine sehr schwache Wahlbeteiligung auf- wie». Die Sozialdemokratie brachte e» dabei aus 160 498 Stimmen, die Kommunistisch« Partei auf 47 343, also zusammen auf 207 841 Stimmen. Wenn beim Volksentscheid am Sonntag aber 548 203 Ja-Stimmen gezählt werden konnten, so darf dieses Hinzu- treten von rund 340 000 Stimmen beim Volksentscheid aus den Reihen der bürgerlichen Parteien sicher als ein erheblicher Erfolg für uns gebucht werden. Baden   steht von den andern süd- deutschen   Ländern zweifellos an der Spitze der jasogenden Stimmen. Dies ist umso beachtenswerter, als in Baden   die Abfindung des Grohhcrzogs durch das Gesetz vom 25. März 1919 voll- ständig erledigt ist. Einem vor einem Jahre gestellten An- trag sein«? Vertreters auf«in« 75prozentige Auswertung ist von der badischen Regierung keine Folge gegeben worden.
Aentrumsproviforium. Die Neuwahl des �fraktionsvorsitzenden vertagt. Don demokratischer Seite war dieser Tage gemeldet worden, daß der Zentrumsabg. Esset als Vorsitzender der Zentrumssraktion de« Reichstags in'Aussicht genommen sei. DieGermania  " teilt jegl mit, daß die Neuwahl des Fraktionsvorsitzenden bis zum Herbst vertagt worden ist und die Abgeordneten von G u e r a r d und Stegerwald gebeten wurden, vorläufig die Leitung der Fraktion beizubehalten.
Gibt es eine Unabhängigkeit öer Richter! Die Befugniffe der Justizverwaltung. In der gestrigen Sitzung des R e ch t s a u s s ch u s s e s gab der Vorsitzende das Schreiben des früheren preußischen Staatssekretärs M ü g e l bekannt, das sich auf die Versetzung von Richtern bezog. Genosse Rosenseld hatte früher behauptet, daß Versetzungen der Regierung mißliebig gewordener Richter immer schon erfolgt seien, insbesondere auch nach der Revolution. Hierzu verwie» M ü g e l auf eine Anordnung de- Arbeiter- und Soldatenrat» vom 22. November 1918, nach welcher Klassen- und Blutrichter aus der Iustizpfleae entfernt werden sollen, und aus eine Verfügung des da- maligcn Iusti�minifters Rojenfeld voni 28. November 1918, wonach es im Interesse der Strafrechtspflege liege, daß sie nicht durch Miß- trauen gegen einzelne Richler vergrößert würde, und daß�Ver- l e tz u» g e n unbeliebter Richter erfolgen sollten. Staat»- sekretär M ü g e l gab zu, daß solche Versetzungen nach der Revo- lution geschehen seien. Allerdings nur, um Einmischung von Arbeiter- und Soldatenräten in die Rechtspflege zu verhindern. Genosse Bosenseid erklärte darauf, daß diese Mitteilungen sein« Behauptungen durchaus bestätigten. Es wäre besser für die Rechts- pflege, wenn seine früher« justizministerielle Verfügung auch heute noch Beachtung fände. Vor dem Kriege seien die Richter, welche Maximilian Horden zweimal freigesprochen hätten, sofort versetzt worden, ebenso zwei Kammerjjerichtsräte, die preußische Polizeiver­ordnungen für ungültig erklärt hätten, serner ein Vollstreckungs- richter, der es gewagt bade, Vermögenswerte des russischen Staate» zu beschlagnahmen. In den letzten Jahren sei der A m t s g e r i ch t s- rat Scholz nicht weniger als viermal versetzt worden, weil er sich bei den monarchistischen Richtern mißliebig gemacht, einmal weil er ausgesprochen habe, daß die freie Ehe nicht unbedingt unsittlich sei. Genosse R o s e n f e l d fragte, welche gesetzlichen Bestimmungen eigentlich gelten und meinte schließ- lich, daß e» eine Farce sei. von Unabhängigkeil der Richter zu reden. das tue man immer nur dann, wenn auf Verlangen der Republi- kaner ein monarchistischer Richter entfernt werden solle. Ministerial- rat v. ktarsen erklärte für die preußische Justizverwaltung, daß aus den Akten des Iiiftizminlsteriums Versetzungen nicht ersichtlich seien.(Zuruf des Genossen Rojenfeld: So etwas wird telephonisch gemacht.-- Heiterkeit.) Fest stände allerdings, daß ein Richter, der Horden freigesprochen habe, und auch die erwähnten Kammer- gerichtsräte versetzt worden seien. Ebenso auch in den letzten Iahren Amtsgerichtsrat Scholz. Das sei Sache des Landgerichts- Präsidenten, und die Justizverwaltung könne sich nicht in die Präsidien der Landgerichte einmischen. Da» Ausführungsgesetz zum preußischen Gerichtsversassungsgesetz gebe die gesetzlichen Grundlagen. Genosse Rojenfeld konstatiert, daß seine Behauptungen durchaus Bestätigung gefunden hätten, und er meint, daß man e n d l i ch a u f. hören solle, die Unabhängigkeit der Richter vor- z u s ch ü tz e n, wenn zu scharfe Richter versetzt werden sollen.
Die Sörfe schwankt. Uufichere iunerpolitische Lage. Zurückhaltuug der Tpekulation. Die Tendenz der Börse war heute uneinheitlich. Die Spekulation hielt sich angesichts der unklaren innerpolitischen Lage unter Mitnahme der Gewinne vo m Geschäft zurück. Erst im weiteren Verlauf der Börse trat wieder etwas Interesse hervor. Bevorzugt waren Elektro- und Schisfahrtswerte. Letztere im Zu- sammenhange mit der Reise Cuno» nach Amerika   und im Hinblick auf die bekannten Zusammenschlußbestrebungen und Verhandlungen mit Südamerika  . Don Spezialwerten waren besonders geachtet Daimler. Deutsche Bank. Das Geschäft am Forbemnarkt war wesent- lich kleiner als am Vortage. Die F ra n ke uva l« t« n«ine Kleinigkeit fester. Geldmarkt leicht. Vorstoß üer habsburgfreunöe. Mr Aufhebung der Vermögensbeschlaguahme. Wien  . 23. Juni.  (MTB.) Wie die Blätter erfahren, hat sich die Konservative Dolkspartei unter Berufung auf das Er- gebnis des Volksentscheides in Deutschland   an die hiesige Großdeutsche Volkspartei   mit dem Ersuchen ge- wandt, ihrerseits in Oesterreich   für die Aushebung der Be- schlagnahme de» Vermögens der Habsburger   ein- zutreten, weil die Gründe, welch« die Deutsche   Voltspartei gegen die Enteignung in Deutschland   geltend gemocht hat, auch für die Großdeutsche Voltspartei hinsichtlich der Aufhebung der Beschlag- nähme in Oesterreich   Geltung haben müßten. Wie«ine hiesige Korrespondenz berichtet, wird sich die Groß- deutsche Volkspartei mit der an sie gestellten Forderung, für die Aufhebung der Beschlagnahme des Vermögens der habsburgischen Fürsten einzutreten, befassen. Großdeutsche Politiker erklären aber. ohne den Beschlüssen der Parteileitung vorgreifen zu wollen, daß die Sachlage in Oesterreich   eine ganz andere sei a l» in Deutschland.  (I) Zuerst die Kriegsopfer, danu die ftärfta». Wien  . 22. Juni.  (MTB.) Heute fand eine Sitzung der Exe- kutio« des Landesverbandes Wien   der Krieg»lnva» l i d e n statt, die sich u. a. auch mit der Forderung der österreichischen Monarchisten nach Aushebung der Beschlagnahme des habsburgischen Vermögens befaßte. Es wurde betont, daß an eine Aufhebung des Verfaifungsgesetzes. durch da» die vormals habsburgischen Güter. soweit sie nicht Privatgüter waren, den Kriegsbeschädigtensonds zu- gesprochen wurden, nicht zu denken fei. Die Kriegsopfer Oesterreichs   ständen unerbittlich auf dem Slandpunkt. daß zuerst die bedauernswerten Opfer dieses entsetzlichen Krieges versorgt werden müßten, eh« man an die Absindung der Fürsten   denken könne. Die Kriegsopfer Oesterreichs   wüßten sich in dieser Hinsicht in voller Uebereinstimmung mit der überwiegenden Mehrheit der österreichischen   Be- v ö l k e r u n g. Es sei daher nicht anzunehmen, daß die Monarchisten jemals für ihre Forderung die notwendige Zweidrittelmehrheit im österreichischen Parlament finden würden, damit da» erwähnte Den- fassungsgesetz abgeändert werden könne. öesatzungsabbau! pari», 23. Juni.  (WTB.) Wie demPetit Journal" gemeldet wird, wird da» zur Besatzungsarmee gehörende 402. Infanterie- regiment demnächst endgültig nach Frankreich   zurück- kehren und wahrscheinlich In Toul   und in Metz   Garnison beziehen. Weitere Regimenter werden demnächst vom Kriegsminister wieder in die Heimatgarnison eingereiht werden.
Amerikanischer filkoholkrieg. New Jork  , 23. Juni.  (KP.) Der Prohibitionsdirektor Gene- ral Andrews wird am 16. Juli nach London   abreisen, um der englischen Regiening vorzuschlagen, daß die Schiffsladungen schon beim Verladen in englischen Häsen nach Schmuggelalkohol untersucht werden. Er beabsichtigt, ähnliche Abkommen auch mit anderen Staaten in die Wege zu leiten.
Ein indischer heilanö. Don Henni Lehmann  . Die Zeit neigt zum Wunderglauben. Da, ist immer so gewesen nach großenErschütterungen. welche dicScclen dcrBölker ausgewühlt haben. Nach der Zelt de? ersten Napoleon   hatte die Krüdener mit allerlei Hellseherei besonders an den Höfen größte Anhängerschaft gesunden. Gegenwärtig bilden sich Sekten, werden Prophezewngen der Zukunft laut, will man wieder einmal Menschengeschicke aus der Stellung der Stern« lesen. Ich selbst habe neulich folgendes San- derbare erlebt. Es klingelt an meiner Tür, ich öffne, ein junges Mädchen steht davor und sagt:Ich habe Ihnen eine frohe Bot- schoft zu bringen." Als ich erstaunt nach dieser Botschaft frage, sogt sie:Unser Herr Jesu» wird nächstens auf die Erde kommen." Sie fragt, ob ich Interesse hierfür hätte, dann solle Ich mich dem Kreise ernster Bibelforscher anschließen. Nun, interessant wäre es mir schon, wenn Jesus   heut wieder käme, denn ich wüßte nicht ungern, wie er vorgehen würde gegen Dölkerhaß und Verhetzung, gegen Pharisäer, die in den Tempeln, die seinen Namen tragen. predigen, gegen Uebermacht des Geldes und andere schöne Dinge mehr, die seiner Lehre zuwiderlausen. Aber zu den ernsten Bibel- forschern bin ich doch nicht gegangen, und da» wird man begreisen. Da» Neueste ist, daß jetzt ein indischer Heiland austaucht, K r i s h n o m u rt i, ein junger Hindu, den Mr«. Besant  , die Jührerin der theosophischen Bewegung, herausgebracht hat. Er hat selbst vor wenig Togen einer Zusammenkunft der theosophischen Gefellschost in London   beigewohnt den alten hebräischen Christus könnte man sich schwer in solcher Umgebung vorstellen, und dort hat man seine Sendung diskutiert. Man ist darüber verschiedener Meinung in den theosophischen Vereinigungen. Die kanadische Ab- teilung z. B. glaubt nicht daran, anderswo, in Australien  , Südafrika  streitet man darüber, und da» erste, das dieser neue Christus ge- schaffen hat, scheint also Hader und Uneinigkeit zu sein. Mr». Besant  proklamiert Krishnamurti al» denLehrer der Welt". Ihre Gegner sogen, daß die Gründung einer neuen Religion durch einen neuen Heiland für die Theosophen unmöglich Ist, da eine neu« Religion di, vorhandenen bekämpfen müsse, die Theosophie aber allen Religionen freundschaftlich gesinnt sei. Krishnamurti   selbst ist, wie englische Blätter berichten, von Jugend an für diese Rolle des Weltheilands erzogen worden. Gegenwärtig lebt er er soll übrigen, ein sehr hübscher junger Mann sein ganz zurückgezogen in Wimbledon   in England, aber das wird sich voraussichtlich bald ändern, denn er Hot»inen sehr reichen schottischen Anhänger gesunden, der ihm und der durch ihn entfachten Bewegung ein Haus In Schottland   zur Verfügung stellen will, in dem er selbst mit zwölf Jüngern leben soll. Auch diese Form der Nachahmung dessen, was die Bibel von Christus berichtet, ist nicht neu, denn der heilige Franz von Assisi.  
der im 13. Jahrhundert sein eigenes Leben ganz nach dem Muster der christlichen Ueberliefening gestalten wollte, hatte gleichfalls zu- crst zwölf Brüder um sich geschart, die gleich ihm hinausgingen, das Evangelium zu bringen. Diese neue Religion des Krishnamurti soll dann als Vereinigung den Namen trogen:Stern des Ostens," also auch hier sich an den Bericht der Evangelien anlehnend. Ob nun die ernsten Bibelforscher, die mir da» baldige Nohen de» Jesu  » verkündigten, auch in Krishnamurti   den erwarteten Heiland er- blicken werden, muß abgewartet werden. Wenn nicht, so wäre den Messiasgläubigcn zu raten, daß sie untersuchen, ob vielleicht Christus in doppelter Gestalt auf di« Erde kommt. So sehr es nötig wäre. daß der Welt einmal wieder gezeigt würde, was Nächstenliebe und Gerechtigkeit ist, würde doch ein einziger diese Aufgabe garnicht lösen können, auch wenn er ein wirklicher und echter Heiland wäre. Kann Krishnamurti dl« Welt wirklich besser machen, den Bedrückten Recht schaffen, die Herzen milde machen und versöhnen, den Haß au» der Welt oerbannen, dann will ich an ihn glauben. Bis dahin zweifle ich. Meine Cousine aus Marschau"(in den K a m m e r s p i e l e n) ist natürlich Maria O r s k a. Sie platzt in die Beschaulichkeit des spießbürgerlichen Dreiecks, das Louis verneuil mit mehr Behagen al» Witz ausstattet, al» ein Explosivkörper. Wie«in exotischer Vogel, der sein flimmerndes Gefieder ausbreitet, wie eine forbensprühende Rakete, die aufzischt und dann verlöscht. Sie macht im tollen Wirbel aus dem Dreieck ein Fünfeck, fasziniert, erobert, spielt mit allen. Aber am Ende steht sie wieder allein: alle» rangiert sich noch alt- gewohnter Weise. Der junge Maler kehrt zu seiner Hausfreund- rolle zurück. Der Ehetrottel freilick, der auf ärztliches Anraten Romane schreiöt(weil es dos Hirn nicht anstrengt), geht unter ihrer Suggestion auf neue Abenteuer. Der Wandervogel(man könnte auch von einerewigen Jüdin" sprechen) muß weiter fliegen. Sehr fein und rührend singt die Orska ihr melancholisches Abschi»d»lied, und man entdeckt, daß da» blendende Wesen, das witzig sprühte und manchmal pallenbergerte. auch Gefühl hat. Die beiden Blödian« von Männern(Hubert M e i, e r i n ck und Ferdinand Alter) und da» hübsche Frauchen(Hilde Hildebrandt  ) hielten ihr die Kerzen. r. Der Regensommer. Der kalendarische Sommer hat Dienstag mit reichlichem Feuerwerk von Blitz und Donner seinen Einzug geholten, nachdem sich der Frühling tags zuvor auf die gleiche Weise ver- abschiede, hat!«. Die unmittelbar vorangegangene Erwärmung blieb infolgedessen besonders in ganz Norddeutschlond ein« Erscheinung, di« ebenso rasch vorüberging, wie sie sich eingestellt hatte. In Süd- und Westdeutschland waren immerhin wieder einmal 25 Grad Wärm« am Montag erreicht oder etwas überschritten worden: im nördlichen Mitteleuropa   stieg das Quecksilber Dienstag bi» 24 Grad Celsius. worauf eine große Zahl kurz aufeinander folgender Gewitter mit zum Teil wieder starken Regengüssen die Temperatur auf 17 bi» 18 Grad Wärm« herabdrückte. Diese Gewitter wurden von den Rand- wirbeln eines Tiefdruckgebiet» ausgelöst, da» von der Nordsee   durch Skandinavien   in der Richtung nach dem Weißen Meere wandert. Infolg« der nördlicheren Verlagerung der Tiefdruckrinne hat sich von
Südwesten her höherer Lustdruck über das südlich« Mitteleuropa   aus- breiten können und di« Temperotursteigerung hervorgerufen: infolge­dessen kann nach dein hinter den Gewittern erfolgten Einbruch von Kaltlust au, Nordwesten diesmal rascher mi, Aufheiterung und Wiedererwärmung gerechnet werden. Trotzdem scheint noch den bis- herigen Anzeichen noch kein« Gewähr für«in« Stabilisierung der Welterlag« gegeben: denn vom Atlantischen Ozean   nähern sich weitere Zyklonen, und es muß nach wie vor mit der Wahrscheinlichkeit ge- rechnet werden, daß deren zu erwartende AuslSufer und südliche Nandwirbel alsbald von neuem Gewitter und Regenfälle auslölen werden. Di« Witterungsausichten auf weitere Sicht sind somit be- sonder, für da» nördlich« Mitteleuropa   nach wie vor wenig erfreulich, und man wird gut daran tun, sich vorläufig kein« zu großen Hoff- mm gen zu machen. wieviel verschiedene Briefmarken gibt es? Ein wie ungeheuer weites Reich die Philatelie ist, dürste nur wenigen Mart«nliebhabern so recht gegenwärtig sein. Allein die Staaten Europas   haben seither msgeknm rund 25 000 oerschieden« Briefmarken hervorgebrach,. außerdem ober da, überseeische Auslond wohl nicht weniger al» etwa 40 000, so daß man heute im ganzen die niedlich« Reihe von an- nähernd 65000 Marken fest der Einführung des Postwert- .Zeichens kennt, wobei allerdings alle Unterschied« in der Zähnung, im Wasserzeichen usw. mitgezichlt sind. Aber auch wenn man diese nicht berücksichiigt, bleibt noch immer ein hübsche» Sümmchen übrig. wie z. B. eine der größten Markensammlungen der Welt zeigt, die- jenig« des Berliner   Reichspostmuseums, die 36 000 verschiedenarlige Briefmarken enthält, ohne die kleiuen Zähnungsabarlcn, Papieruntcr- schied«»ssw.zu berücksichtigen. Wenn man annimmt, daß ein Sammler täglich fünf neue Marken erhält wa» aus die Dauer schon als ein ziemlich hoher Durchschnitt gelten darf, so würde es r u n b 3 5 Jahr« dauern, bi» er diese 65 000 Marken beisammen hätte! Die Rechnung ist aber nur theoretisch, denn sehr viele Exemplare würde er überhaupt nicht mehr aufzubringen vermögen. Ein Ersah für die VIvlseklion? Der berühmte indiiche Forscher, Sir Iagadis Chandra Bos«, crtlärte vor einer wissenschastlicheii Gesellschaft in London  , daß di« von ihm unternommenen versuche an Pflanzen künftighin die Vivisektion und da» Experiment om tierischen und menschlichen Körper erübrigen wird. Die biologischen Vorgänge im Entwicklungsleben eines Kinde» seien völlig identisch mit dem des pflanzlichen Leben» und die Wirkung der chemischen Zusammensetzungen auf Pflanzen hätte genau denselben Wert auf dos Leben de» Menschen. Es wäre nur notwendig, eine genaue Methode der pslonzlichen Untersuchungen derart aufzustelle», daß sie automatisch auf tierische und menschliche Experiment« verwendet werden kann._ Die Inieniaflonal« Schavsptetertegung wurde heute im Deutschen   Bühnen- klub durch«ine BegrüßunaSanlprachi de« StaaKtheatertntendanIen Iejiner eröffnet. Daraus ergriff Reichtautzenmlnisler Dr. Stresemann da« Wort zu einer längere Ansprache. Zuleraatioaale» Musikseft>«27 Jrauksurt-. M Die in Zürich   iagend, Dllegiertenversammlung der Interna, iemalen Geselllchas« für neue Musik hat belchloffen, die bereit« Im Varizen Jahre an di« Bersammlunz ze- richtete Etnladunz. da» Internationale Mufikseft 1927 in Frauksurt a. R. abzuhalten, anzunehmen.