Sonnabeaö 26. Juni 1626
Unterhaltung und AAissen
Seilage öes vorwärts
Sommerregen. von Else Rabe. Das Fräulein kommt von einem einsamen Spaziergang nach Hause und hat beschlossen, endlich die aufgesparten Morphiumpulver in ein Glos Wasser zu schütten und mutig herunterzuschlucken. Die Lebensmüde ist vierzig Jahre alt. Sie hat weder Reue, noch Buße über ein sündiges Leben zu empfinden. Es sei denn, sie käme auf den Gedanken, sich selbst anzuklagen, weil sie alles im Leben oersäumte, insbesondere die Sünden. Ein tragischer Irrwisch, klein, vergrämt, den Hut schief auf den dünnen Haaren, war. sie am sommerfrohen Sonntagnachmittag durch die festlich belebten Straßen geirrt. Vor einem Stadtbahnhof stand wartcird eine große Gesellschaft.„Wo sie nur bleibt," sagte jemand, „Wo sie nur bleibt!" Und man scherzte und lachte. Dos Fräulein wollte wissen, wer mit soviel Freude und Ungeduld erwartet wurde. Es näherte sich, jubelnd begrüßt, eine ältere Dame, altjüngfer- lich wie die stille Beobachterin, aber mit strahlenden Augen,,. Das Fräulein war melancholisch weitergegangen. Auf einer Bank sah ein junges Mädchen in einem blitzsauberen - hellen Kleid, achtzehn Jahre alt. In den flinken Händen eine Hand- arbeit, weiß mit bunten Fäden. Dies am Sonntagsnachmittag, dachte dos Fräulein. Hat die Jugend nichts Schöneres für solch einen Tag? Aber ein junger Mann, von ferne winkend, lächelnd, setzte sich an des Mädchens Seite. Es faltete schnell die Arbeit zusammen und reichte ihm die Hände, die er mit seinen plumpen Fingern preßte. Und das Fräulein ging als überflüssige Person beiseite. Dann umwölkte sich der Himmel, Gewitterdrohung elektrisierte die von der Wärme erschlafften Glieder. Das Fräulein eilte nach Hause. Es hatte keinen Menschen ht der Welt, zu dem es flüchten konnte. Die Morphiumpulver wurden aus dem Versteck geholt und in ein Glas geschüttet. Run klatschen erste dicke Tropfen auf da« Fensterblech. Die -Einsame stellt das Glas auf den Tisch und blickt durch die Scheiben. Da ihr die Knie heftig zittern, setzt sie sich in den Sessel am Fenster und versucht Rückschau zu halten über das lange, inhaltlose Leben. Sie fürchtet sich vor dem schnellen Ende der nutzlosen Gedanken. Der Regen rinnt in dicken Schnüren nieder. Ein Trupp junger Leute rennt über den Hof. Die Mädchen raffen die Kleider, und die Burschen halten lachend ihre Hüte über Lauten und Gitarren. Das Fräulein denkt, daß dos Paar von der Promenadenbank nun ebenfalls flüchten mußte. Wenn sie nur die Handarbeit nicht vergaßen! Dielleicht gingen sie heimlich in seine Wohnung, wie es so oft geschieht an Sommcrtagen, wenn plötzlicher Regen sich über die Promenaden ergießt. Die Handarbeit liegt zerdrückt in einer Ecke, und die ganze Zukunft wird du.ch diese eine verregnete Stunde vielleicht entschieden. Das Fräulein seufzt: och. es gibt gewiß noch mancherlei Sorgen in der Welt... Di« jungen Mädchen erscheinen am gegenüberliegenden geöff- neten Fenster. Sie legen die Lautengürtel über die Schultern und beginnen zu zupfen und zu singen:„Rosemarie, sieben Jahre mein Herz nach dir schrie—" Die jungen Männer rücken amihrcn Stühlen und summen leise mit. Ungeheure Wossermasse» stürzen vom Himmel und klatschen heftigen Applaus. Irgendwo lichten sich die Wolken. Blitz und Donner drohen über anderen Gegenden. Sie haben die Stadt nur leise gewarnt. Gibt das eigene Leben den Gedanken keine Arbeit, so sorgen die Schicksale der anderer, dafür. Und das einsame Fräickein, in dessen Zimmer«in Glos mit Morphium steht, in das noch Wasser zu schütten ist. es hat viel zu denken. Da ist die Gesellschaft, die scherzend und lachend am Stadt- bahnhof stand. Nun sind sie ausgestiegen, irgendwo draußen. Sie freuten sich auf Laubwege und auf den unvermeidlichen Sommer- garten. Aber sie blicken sich in ihrem Sonntagsstaat auf dem Bahnsteig um und machen trübe Gesichter. Die freudig begrüßte Dame ist am grießgrämigsten von allen. Neilz, dos Leben ist auch für die anderen nicht so vollkommen., wie es scheint, und man soll nicht glauben, daß das eigene Schicksal durchaus das schwerste sei. Das Fräulein öffnet das Fenster und läßt sich die erfrischende Luft in dos Gesicht blasen. Dünne Tropfen verebben langsam, nur noch die Dachrinnen triefen und die alte Sonne lugt durch Wolken- ritzen. Eine der jungen Sängerinnen lächelt dem einsamen Fräulein zu. Sie zupst übermütig ein paar Schlußakkorde und schickt einen Triller über den Hof, der hell und anmutig in das Zimmer des Fräuleins fällt. Dos Fräulein lächelt zurück und wendet sich zum Tisch, um die Jugend nicht zu stören. Da ist das Glas mit dem weißen Pulver, das allem«in Ende bereitet. Aber war die Schönheit dieser Welt nicht auch für das Fräulein da? Die Blumen und die Sonne, die jungen Mädchen mit den Mandolinen, der silberne Fall rauschenden Sommerregens? Die Lebensmüde füllt das Glas mit Wasser bis zum Rande und— gießt den hellen Trank mit einer resoluten Gebärde in das Ausgußbecken, wo er im Augenblick verschwindet. Sie sieht in die abendrote Sommersonne. Sie denkt: morgen beginnt er von neuem, der böse herrliche Kampf, der uns zu unvr- kannten Zielen jührt._ Trauer auf öer Reeperbahn . Von Erich Gottgetreu. Das hier ist die Geschichte vom Steward Leidinger, eme ganz einfache Geschichte ist es. und wen in der Zeitung bloß die großen Sensationen interessieren, der soll sie nicht lesen, er müßte enttäuscht werden. Ihr habt vom Leidinger noch nichts gehört. Hingegen die Stewards von den großen Schiffen und die Stewards von den kleinen Schiffen, die kennen alle den alten Leidinger, der schon dreißig Jahr« lang zur See gefahren ist, aber noch immer nicht genug be- kommen kann, denn dos Meer ist seine Well med das Schiff ist sein« Heimat, und nur dos Schiff ist sein Glück. Doch die Schifte sind größer und schöner und luxuriöser ge- worden in dreißig Jahren, während der Leidinger der Jüngste nicht mehr ist und der Schönste auch nicht und der Behendeste und Flinkste ebensowenig: jetzt will ihn keiner mehr in Dienst nehmen, nur flinke, hübsche und junge Burschen werden gebraucht, und entschließt sich doch einmal ein Obersteward, den Leidinger zu.w'unstern". dann schiebt der untersuchende Arzt sein Veto dazwischen: der Mann ist zu alt, der Mann ist nicht tropenfähig. Das ist schon ein Kreuz mit dem Stellenkriegen in der Schiff- fahrt heute, d-r alte Leidinqer trägt's geduldig, geduldiger als olle anderen, die Tag für Tag die Hcuerstellen belagern und vom Warten schon ganz mürbe geworden sind— aber die Geduld nutzt so wenig wie der Trotz, wenn das Alter kommt und der Stolz nicht weicht,
der Stolz, ein Steward fein zu müssen um jeden Preis. Das Schicksal ist unerbittlich, hier treibt es einen an den Rand, da treibt es einen an den Rand, morgen packt es mich, übermorgen dich. In St. Pauli , zwischen Reeperbahn und Hafen, da liegt die dunstige Kneipe vom„Roten Ostpfahl", der Ostpfahl ist ein guter Mensch, so einer, wißt ihr, wie man ihn auf. der Reeperbahn , wo doch ohnedies die ganze Nacht die Lichter brennen, genau so wie anderswo mit der Laterne suchen kann, und beim roten Ostpfahl haust und ißt der Leidinger nun schon seit Monaten, wofür er sich durch das Erledigen von Besorgungen revanchiert— aufrechten Ganges , aber schon gebrochenen Herzens, denn das Wogegehen ist seine, eines alten Stewards Sache nicht. Abends komme» die Freunde an Land, von diesem Schifs und von jenem Schiff, ihr Trost gelingt schlecht, glauben sie doch selbst nicht an seine Wirkung, sie trinken«inander zu, das Grammophon tölt wehselig das Lied: „Am tiefen Meeresgrund, da ruhen wir dann aus...", und der Lcidinger summt leise mit....
SchutzzoU-Wetter.
Und fällt der Regen gar zu stark, So steigt der Zoll auf hm-zig Mark.
Am. nächsten Tag fährt tutend und fauchend einer der großen Afrikadampfer aus, der olle Steward steht auf der Promenade vorm Seeamtshügel, der den herrlichen Blick auf den Freihafen Hamburgs gibt, dreitausend Menschen schwenken obschiedsiroh und obschieds- gerühn die Tücher, der Leidinger wischt sich bloß mit der Hand an den Augen herum: die Schiffahrt ist sein« Welt, und damit, daß sie auf ihn, den alten Seefahrer, verzichtet, hat sie ihren Sinn und ihren Inhalt verloren. Nacht liegt schon über Homburg , fünf Männer sitzen beim roten Ostpfahl beim Bier, sünj Männer blicken Trauer aus den Augen, sind ängstlich und wissen nicht, was tun, denn feit zwei Tagen ist der Leidinger weg, spurlos verschwunden: nicht ganz geheuer ist dos. Fünf Männer sitzen beim Bier und reden kein Wort. Fünf Männer warten. Es regnet, draußen ist es kalt, hohl klopft hin und wieder ein Regenschirm, ein Schuh auss Pflaster, starr und isnheimlich: ein Arbeiter stapft ins Lokal, er ist von Blankenese unten, erzählt Reuig- keiten beim wärmenden Grog, die Männer haben ihre Gedanken wo anders. Plötzlich spannen sie aus,„... ja, da haben sie gestern abend einen aus der Elbe gezogen, man ruft ihn ins Leben zurück. er regt sich, kann stammeln: Steward sei er gewesen, aber die Schiffe brauchen keine tüchtigen Stewards mehr, da wolle er sterben — und starb auch schon. Herzschlag." Stille vor der Tete. Stille hinter der Teke. Keiner sagt:„Den kennen wir doch, das ist der Leidinger." Niemand redet ein Wort. Dem aus Blankenese wird's zu dumm, er zahlt und geht. Da machen die fünf Männer beim roten Ostpfahl ihre Totenfeier. Niemand stapelt eine Rede, wie auf dem Theater etwa. Sie ziehen nur das Grammophon aus und lassen dem Leidinger seine Lieb- lingsplatte laufen:„Am tiefen Meeresgrund, da ruhen wir dann aus...
Warum starben öie Urwelttiere aus! Von Willy Ley . Als die Wissenschaft so weit vorgeschritten war, daß man er- könnt hatte, daß die Abdrück« von Fischen und sonstige Knochen. reste, die man im Gestein fand, wirtlich Reste ehemaliger Lebewesen und nicht, wie man vorher geglaubt hatte, Spiele der Natur oder etwa gar Versuchsmodelle des lieben Gottes bei der Schöpfung ge- wesen seien, tauchte die in der Ueberschrift skizzierte Frage znm ersten Male aus. Auf welche kuriosen Gedanken man damals kam, mag ein bekanntes Beispiel zeigen. Der Schweizer Forscher Scheuchzer bildete das Skelett eines fossilen Ricsenmolches als bomo diluvii testis, d. h. als die Reste eines in der Sündflut ertrunkenen Menschen ab und kommentierte das Bild mit folgenden„stein- erweichenden" Versen: Betrübtes Beingerüst von einem armen Sünder, Erweiche, Stein, das Herz der neuen Bosheitskinder.- Den folgenden Forfchergencrationen konnte der naive Bibel- glaube natürlich nicht mehr genügen, aber es war sehr schwer, eine Erklärung für das restlos« Aussterben so vieler Tierarten zu er- langen. Die Sache wurde noch dadurch verwickelter, als man ent- deckte, daß es eine ganze Reihe von Tieren gibt, die sich seit allers. grauen Urzeiten fast unverändert bis aus den heustgen Taa erhalten haben. Ich nenne von den größeren Arten nur Haie, Molchsisch« und die berühmten Brückenechsen und Schnabeltiere. Angestrengter Forschung ist e« nun aber doch gelungen, wenig« stens bei einigen Urwelllieren den Grund des Au-sterbens zu ent- decken. Den Dinosauriern z. B. wurde ihre Größe verhängnisvoll. Sie brauchten zu große Mengen pflanzlicher Nahrung und tonnten beim Versiegen dieser Quellen(die kleinste Temperaturschwantung genügt dazu) ihren Nährpslanzen nicht folgen. Empsindlicki ge- schadet wurde den Riesendrachen auch durch große straiißähnliche Laufvögel, die Eier und junge Brut vernichteten. Und mit ihrem resenhasten Wilde mußten auch die Raubdrachen verschwinden. Die edlen Jchtyosaurier starben aus, well sie, durch das übermäßige
Vorkommen knochenloser Nahrung verwöhnt(Tintenfische), zuletzt die Zähne abschafsten und neuen Feinden wehrlos erliegen mußten. Manche, wie Säbeltiger, Riesenhirsch und andere wurden umgekehrt von der Last ihrer eigenen Waffen erdrückt. Ein gemeinsamer Zug findet sich bei allen Ausgestorbenen, nämlich die Disharmonie ihres Baues. Irgendetwas an ihnen war zu groß oder zu klein. Und das hat zur Entdeckung des„Harmonicgesetzes" geführt, das R. H. France folgendermaßen zusammengefaßt hat:„Es besteht in allen Tiergruppen die Neigung,«inseiiig zu werden, sich zu speziali- sieren, als Flugkünstler, Räuber, Krieger, Riescntiere oder Hirn- tiere.... Immer aber, wenn auf diese Weise das harmonische Gesamtbild(das immer schön aus seine Art ist) gesprengt wird, sehen wir. daß dann der Artentod erfolgt.... Die Natur duldet keine Extreme auf die Dauer... und jede Tugend wird zum Uebel. wenn sie ins Extrem geht... Je harmonischer ein Geschöpf ist. je einfacher, anpassungsfähiger, desto länger lebt seine Art. Damit haben wir die Antwort aus die Frage, waruni dies« Art ausstarb und die andere nicht.— zugleich ist diese Antwort aber auch geeignet, uns zum Nachdenken zu bringen, denn dem Harmonie- gesetz untersteht noch mehr, als nur das Leben oder Sterben irgend- einer Tierart._ Das Jermat-Problem. Ein hoher Ofstzier der rumänischen Armee. General I. Muiko, hat dieser Tage in Bukarest eine Schrift erscheinen lassen, die in den wissenschaftlichen Kreisen das allergrößte Aufsehen erregt haben soll. Wenn man den Pariser Blättern, die diese Neuigkeit berichten, glauben darf, handelt es sich dabei um die Lösung des Fermatschen Problems, einer Frage, die schon einmal gelöst war, deren Lösung ober seit 26» Jahren vexloren ist und seitdem immer wieder die Mathematiker beschäftigt hat. Es handelt sich bei diesem Problem um den elementaren Beweis des Satzes, daß xn— yn�zn in ganzen Zahlen nicht lösbar ist, wenn n größer als 2 istl Pierre Fermat hat diesen Satz nebst elf anderen an den Rand einer Diophantausgabe geschrieben und hinzugefügt, daß er im* Besitze eines geradezu wunderbaren Beweises dafür sei: bis heute ist es aber nicht gelungen, diesen Beweis oufzufinden, ja es war noch nicht einmal möglich, die Allgemeingültigkeit dieses Satzes nachzuweisen Der Schweizer Mathematiker Euler hat die Fälle n— I und 5 ziemlich einfach erledigt, später hat Kummer die Richtigkeit des Satzes für eine ganz« Reihe von Werten von n dargetan, aber nur durch Hilfs- mittel, die Fermat noch nicht kannte, so daß also das Rätsel noch nicht gelöst war. Dieser Pierre Fermat war ein ziemlich merkwürdiger Kopf. Don Beruf war er Jurist und bekleidete in Toulouse den Posten eines Parlamentsrats. Nebenbei huldigte er der Mathematik, die ihm eine Art geistigen Trainings war. Schon in jungen Jahren geriet er mit seinem- Freund Pascal auf eine sehr sinnreiche Betrachtung der igurierten Zahlen, auf die er später seine Wahrscheinlichkeitsrechnung aufbaute, als deren Schöpfer er betrachtet werden kann. Die Porobel quadrierte er viel einfacher als Archimedes. vein Berfahren, die größten und kleinsten Ordinaten der krummen Linien(Maxima und Minima) zu finden, entsprach völlig der Methode der damals noch unbekannten Differentialrechnung. Mit Descartes geriet er in hej> tigen Streit: er griff dessen Geometrie und Optik an, wofür sich der Philosoph rächte indem er Fermate Theorie de maximis und minimis angriff. Man erzählt sich van Fermat , der 1005 starb, er Hobe eines Tages den Beweis für einen wichtigen mothemaiischcn Satz auf seine Manschette geschrieben, die seine Wirtschafterin jedoch in Unkenntnis ihrer Bedeutung weggetnorfen habe. So sti vr nw mehr in die Lage gekommen, den Beweis noch einmal zu führen. Für den elementaren Beweis des Fermatschen ,Satzes setzte Wolfs- kehl im Jahre 190-1«in bis zum Jahre 2001 lausenden Preis von 100 000 Mark aus. Die Göitinger Gesellschaft der Wissenschaften hat die Entscheidung zu treffen. Ein merkwürdiges Tagebuch. Bon einer ungewöhnlichen Liebs für die Naiur in ihren mannigfaltigen Erscheinungsformen zeugt ein Tagebuch, in dos die Mitglieder einer englischen Familie von Generation zp Generation, fast zwei Jahrhunderte lang, Tag für Tag ihre Beobachtungen über die wechselnden Vorgänge im Leben der Tiere und Pflanzen eingetragen haben. Das Tagebuch wurde im Jahre 1730 von dem Naturforscher Robert Marsham begonnen, der es bis zu seinem im Jahre 1797 erfolgten Tod gewissenhaft führte. In jedem Jahr sind die Daten eingetragen/ wenn die Pflanzen Blüten ansetzten, wenn sich die Bäume mit Laub bedeckten, die Zugvögel sich auf die Wanderschaft begaben odeo««it ihrem Gesang begannen. Nach Robert Marshams Tode wurden die Ein- tragungen van seinem gleichnamigen Sohn fortgesetzt, der Jie bis 1810 weiterführte. Die Arbeit ging dann auf den Enkel über, der denselben Namen wie Bater und Großvater führte, und der dos Buch bis 1855 schrieb. Bon 1850 bis 1892 erfolgten die Eintragungen durch die Urenkel Reo. H. P. Marsham und Major H. S. Mar- sham. Ein Urenkel des ersten Tagebuchschreibers Hot dann schließlich das Werk bis auf den heutigen Tag weitergeführt. Die un- unterbrochene Fortsetzung dieser Eintragungen bildcb einen bc- merkenswerten Fall. Wird doch hier über 140 volle Jahre berichtet, und diese Auszeichnungen erhalten noch besonderen Wert durch die lange Reihe der belgegebenen Erläuterungstafeln, die den Natur- sorschern und Meteorologen ein ebenso reiches wie zuverlässiges Material in die Hand geben. Dieses Materiol erhall angesichts der Tatsache, daß über dem Zusammenhang zwischen Pslanzcnleben und Witterungsphänomen noch wenig verläßliche Beobachtungen vorliegen, nicht zu unterschätzende Bedeutung. Wir wissen aus Er- fohrung, daß Pflanzen ein erstaunliches Borgefühl für den Witte- rnngswechscl haben. Was die Einzelheiten betrifft, so wird in dem Tagebuch als frühestes Datum, an dem die Belaubung der Eiche beobachtet wurde, der 30. März 1882 und als das späteste der 20. Mai 1799 aufgeführt. Der früheste Termin für das Erscheinen der Schwalbe war der 3. April 1840 und der späteste der 12. Mai 1904.»Für den Kuckuck sind die entsprechenden Daten der 12. April 1923 und der 7. Mai 1799. Die Auszeichnungen bestätigen, daß das Wetter in Perioden von zwölf Jahren oder mehr variiert, ob- wohl diese Verschiebungen nicht genau bestimmbar sind. Die Astronomie der ZNoya-kuliur. Aus den Berichten de» englischen Gelehrten Dr. Gann über seine Expedition zur Erforschung der Maya-Kultur werden jetzt Einzelhcllen über die Astronomie dieses mittelamerikanischen Kulturvolkes bekannt. Die Reisenden fanden unter den Ruinen der versunkenen Mayastadi Copan in Spanisch-Honduras eine aus zwei Monolithen bestehende astronomische Borrichtung, die eine Art Sonnenuhr darstellt. Die Steine sind 4'i Meilen(zirka 7 Kilometer) voneinander entfernt auf zwei Hügeln aufgestellt, und die Messungen haben ergeben, daß die Höhe�über dem Meeresspiegel bei beiden genau dieselbe ist. Diese vtcinc bildeten die Grundlage des Maya-Kalcndcrs: der Tag, an dem die Sonne bei ihrem Untergang genau in einer geraden Linie mit diesen Steinen stand, war der Anfang des neuen Jahres. Die Vervollkommnung der Rose. Im Botanischen Garten in London wird zurzeit eine Rosenausstellung veranstaltet, zu der fast alle namhaften Züchtereien Europas und Amerikas blühende Exem- plare oder Beschreibungen ihrer neugezüchteten Arten gesandt haben. Auf der Ausstellung wird auch eine"Geschichte der Rose gezeigt, und es ist interessant, daß noch im sechzehnten Jahrhundert in Europa nur zwei Slrie» der Rose bekannt waren. Im achtzehnten Jahr- hundert kannte man deren schon 40, und heut« blühen in dem Garten eines einzigen französischen Rosenzüchters nicht weniger als 7000 verschiedene Arten,