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Sonnabend

3. Juli 1926

Unterhaltung und Wissen

Beilage

des Vorwärts

Die Saurier des Muſeums für Naturkunde Schwarz- weiß- rot gegen Schwarz- weiß- rot.

Von Willy Ley .

Als der amerikanische Millionär James Lid, ein ehemaliger Drgelbauer, merkte, daß auch Millionäre schließlich einmal sterben müffen, ohne etwas von ihren Millionen über den Tod hinüber. retten zu fönnen, war er darauf bedacht, sich wenigstens ein möglichst dauerhaftes Grabmal zu schaffen. Zuerst soll er an eine Pyramide nach ägyptischer Art natürlich mindestens doppelt so groß gedacht haben, wurde dann aber eines besseren beraten und baute als Grabmal eine der größten und modernsten Sternwarten Ameritas; mohl wissend, daß dies sonderbare Grab( seine Urne ist im Sodel des großen Fernrohres eingemauert) nicht nur besser gepflegt werden wird als jedes andere, sondern auch in allen fünftigen Kriegen und Staatsumwälzungen von allen Beteiligten möglichst geschont werden wird. Schwebt doch über den Stätten der Wissenschaft ein strengeres heilig", als jemals über Kirchen und Kapellen. Man mag der Sache gegenüberstehen wie man will, Dom Standpunkt der Wissenschaft ist sie zu begrüßen. Um so mehr, als andere Licks Beispiel auf anderen Wissensgebieten gefolgt sind. Carnegie, einer der größten unter den Finanzfauriern Ameritas, hat dankenswerterweise seine ausgestorbenen Kollegen" aufs Korn genommen. Unser Berliner Naturkundemuseum verdankt ihm den 2bguß eines 25 Meter langen, in Wyoming gefundenen Diplodocus. Das riesige Stelett beherrscht in drohendem Schwarz die ganze linfe Seite des Lichthofes.( Das ursprüngliche Stelett ist übrigens aus den Resten von sechs Individuen zusammengefeßt.) Fast tomisch mutet es an, daß des alten Heraklit alles fließt" auch für diesen Vorweltriesen feine Wirksamkeit behält. Man hatte den Diplodocus wie ein Säugetier aufgestellt, hochbeinig und mit flachem Hals, jegt hat man fich nach langem Streit der Weisen zu der Auffassung durchgerungen, daß die derhältnismäßig schwachen Füße den un geheuren Leib so nicht tragen fonnten, und hat ihn flach wie ein Krokodil mit hochgeredtem Hals refonstruiert. Eine Tafel an dem Sfelett zeigt auch diese Berichtigung. Man geht mit vollem Recht neuerdings sogar noch einen Schritt weiter und macht den Diplo­docus zu einem teilweisen" Wassertier, von dem man annimmt, daß er gründelnd die weiten Wattenmeere seiner Zeit durchstreifte. Sein schwaches Gebiß, das augenscheinlich nur noch dazu geeignet ist, weiche Wafferpflanzen abzureißen und hinunterzuschlingen, ist die stärkste Stüße dieser Annahme. Vor dem Skelett des Diplodocus liegen Wirbel und einzelne Reste des am Tendaguru in Deutsch - Oftafrifa gefundenen Brachiosaurus Brancai, der seinem nordamerikanischen Better noch bedeutend an Größe übertrifft. Man fann sich ein ungefähres Bild von dem Unterschied machen, wenn man erfährt, daß der Oberarm eines Brachiosaurus 1,95 Meter mißt, der des Diplodocus 0,90 Meter. In Betracht ziehen muß man dabei allerdings, daß die beiden Saurier sich nicht so ähnlich maren, wie ein Markstüd dem andern. Der Brachiosaurus mar, obwohl seiner Größe entsprechend, plump, vorn mehr hochgeredt, also entfernt giraffenähnlich.

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Wenn im rechtsgestimmten Krale Sich das pp. nationale Sehr verehrte Publikum Seine Thesen mittels Keile, Mittels Keule und Geheule Darlegt flüstert's ringsherum:

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Der Jungdeutſche

für VoldsProktu.Ständefrieden

das unser Museum mit Recht stolz fein fann. Um ein Bild von den Schwierigkeiten des Auspräparierens zu geben, sei gefagt, daß In der linken hinteren Ede des Lichthofes steht ein Dinosaurier, an diesem Glyptodonpanzer fast fünf Jahre gearbeitet wurde. der den Typ der zweibeinig laufenden vorführt. Es ist der Plated Das nächste Stelett bringt uns ins Meer. Die Hochseechse faurus aus dem Keuper von Halberstadt . Die größten Zweibeiner Ophthalmofaurus, ein fiichartiges Tier von der Organisation der unter den Drachen waren wohl der amerikanische Allosaurus( ein edlen Ichtyosaurier. Nebenan zeigt Meister Plesiosaurus die ander Raubfaurier) udn der große Iguanodon von Berniffart in Belgien , Art der Hochseechsen, die Schwanhalsdrachen. Und neben dem der in Lebensgröße vor dem Eingang des Berliner Aquariums Auf- Plesiosaurus sehen wir das restaurierte Stelett eines zweifüßigen erstehung gefeiert hat. Auf der anderen Seite sieht man einen Raubdrachen, des Elaphrofarus. Der schlanke, start seitlich zu Saurier, der vom zweifüßigen Gang wieder zum vierfüßigen zurüd fammengebrüdte Rörper zeigt auf den ersten Blid, daß das Tier gefehrt ist. Besonders bemerkenswert ist bei dieser verhältnismäßig einer der schnellsten Läufer aller Zeiten gewesen sein muß. fleinen, am Tendaguru gefundenen Echse Kentrurosaurus- ein Die rechts neben dem Lichthof gelegene paläontologische Ab­doppelter Stachellamm über die gesamte Rückenlinie. Zweifellos in teilung des Museums bietet dem Laien wegen der Fülle des Ma­ihrer Beweglichkeit eine wirksame Berteidigungswaffe. In Wyoming terials nicht so viel Interessantes. Diesen Saal fann man nicht, wie also am Ort des Diplodocus lebte ein ähnlicher, min die anderen, schauend durchschlendern, hier ist eine gewiffe Ber­hier ist eine gewisse Ber­destens dreimal so großer Saurier( Stegosaurus), bei dem sich die tiefung vonnöten. Besonders hinweisen möchte ich noch auf die Stacheln zu quadratmetergroßen Knochenplatten ausmuchsen.pielen Ichtyosaurusplatten, die Fußspuren des Iguanodon und Bilder und Gesteinsproben von der Tendaguruexpedition vermitteln Chirotherium, die Stelette der Riesenstraußvögel, die Blatten mit ein anschauliches Bild der Schwierigkeiten. Von Afrika fommt man dem Abdruck der Archäopterig( des Urvogels) und die schönen fofort wieder nach Südamerika . Der mächtige Knochenpanzer des Ammonitenrefte. Interessant auch die Knochen und Stoßzähne nächsten Tieres( Glyptodon, ein Riefengürteltier, also fein Saurier, foffiler Mastodonelefanten, die auch von den Säugetierriesen der sondern ein Säugetier) stammt aus den Pampas. Ein Stück, auf Tertiärzeit ein Bild geben.

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Die Nadel.

Von A. V. Smiloosti. ( Schluß.)

Der Meister sah schweigend auf die Uhr neben der Türe. Es war schon fast halb sieben; um sieben Uhr spätestens sollte er seine Arbeit abliefern. Ein Seufzer entrang sich seiner beklommenen Brust. Die Kubastin band sich ihr bestes Tüchel um den Kopf, warf fich das schon ordentlich abgetragene Wolltuch um, und, indem sie einen Augenblick in den Wandspiegel schaute, ging sie. Der Meister aber stand auf und begann seine Nadel zu suchen, ein Wunder, daß er sich dabei nicht die Augen herausguckte. Die Nadel war nirgends zu finden.

Das geht nicht mit natürlichen Dingen zu," brummte er für sich, Das ist ein böses Zeichen. Gott befohlen!"

Er setzte sich nieder, verschränkte die Hände im Schoße und ließ den Kopf hängen. Er erinnerte sich des Brunnens hinter dem Stranidyschen Hofe und aller geftrigen Gedanken, die ihn so be­täubten, daß er beinahe in den Brunnen gesprungen wäre. Ein Wunder, daß ihn die Scham, das Herzeleid und die Schande nicht um den Verstand brachten. Wenn das so jemand in der Stadt wissen würde, was würde man von ihm denken? Das Bewußtsein, daß er, ein alter, rechtschaffener Mann, eine so schmähliche Tat begehen wollte, quälte ihn so, daß er sich mehr, als ihm zuträglich war, über fich ärgerte.

Baul, Baul," tadelte ihn das gequälte Gewissen, wohin ift deine Ehre gekommen? Was für eine abscheuliche Suppe haft du dir da eingebrodt?!"

Er stand auf und wollte sich waschen; da erinnerte er sich, daß er noch nicht rasiert sei; er traf dazu Borbereitungen, stellte sich einen Topf auf den Tisch und lehnte einen fleinen Spiegel daran. Dann feifte er sich die Wangen ein und zog die Klinge ab. Er begann mit dem Rasieren, doch die Hand zitterte ihm ganz fürchterlich. Er schnitt fich, das Blut rann ihm über die Wange. Nun, es wird nicht so schlimm sein," dochte er sich und fuhr fort, sich zu rasieren. Blöglich zudte er zusammen und schrie auf. Die ganze rechte Wange blutete ihm und das Blut, mit Seife vermischt, rann in einem Bächlein herab. Er stand auf. In diesem Augenblic fam die Kubastin gurüd. Als sie ihren blutenden Mann gewahrte, erbleichte sie wie

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der Tod. Sie dachte nichts anderes, als daß er sich die Pulsader zerschnitten hätte.

" Um Chrifti willen, Bater!!" rief sie entsetzt aus. Gib mir Baffer, wasch mich ab, ich hab' mich gehörig ge schnitten." Die Kubastin musch ihn ab und atmete auf. Ueber der linken Backe hatte er oben eine fleinere, aber darunter eine lange Schramme. Er blutete ständig noch, das Blut ließ sich nicht stillen. Die Meisterin zupfte Verbandstoff und verklebte ihm die Schramme. Endlich war sie mit der Operation fertig. Kubasek besah sich im fleinen Spiegel.

werde heute nicht einmal auf den Chor gehen können. Wer wird Ach, schlimm ist's, schlimm!" flagte und jammerte er. Ich die Trommel schlagen? D, meine Reputation! Bei Ziona ist sie dahin, und bei Butinka wird sie es auch sein. Alles wendet sich gegen mich. Ich hätte lieber in den Brunnen springen sollen!"

Es ist ja noch nicht einmal acht Uhr, und bis elf kannst du noch in die Stadt und die Kirche gehen."

Das werde ich, so Gott will, nicht tun. Damit die Leute denken, ich sei irgendein Saufbold, irgendein Raufbold aus einer Schenke. Tu mir's zuliebe, Weib, und schweig still! Ich bin ein sehr bedauernswerter Mensch. Ueberlaß mich meinem Schicksale!" " Du kannst dir doch mit dem Tüchel die Wange zuhalten!" Kubajet schüttelte den Kopf und wurde kleinmütig. Er be­meinte im Geiste seine verlorene Ehre. Den ganzen Vormittag saß er schweigend da; als es elf Uhr war, rannen ihm Tränen mie Erbsen so groß herab. Die Biffen beim Essen wuchsen ihm im Munde, daß er sie nicht herunterzuschlucken vermochte.

Nach dem Mittagmahle tramte die Kubaskin in den Kleidern am Aufhängerechen, der einen Kasten ersetzte, und aus bloßer Gewohnheit durchsuchte sie die Taschen des Wochentagsgewandes ihres Mannes. Plöhlich rief fie freudig aus:

Ich hab' sie schon!"

Rubaset sprang auf und seine Augen strahlten. Die Frau brachte ihm feine" Nadel; fie war in der Westentasche. Weiß der liebe Herrgott, wie sie dort hingeraten war. Vielleicht rutschte sie hinein, als er den dritten 3mirn einfädelte. Kubasef lebte auf wie ein Chamäleon, das sich nach langtägiger Reise aus Aegypten mit Waffer besprigt. Er ließ sich ein Seidel frisches Bier holen, setzte sich auf den Tisch und machte sich über Wenzelchens Anzug her. Abends

Deutſche Zeitung

Hier wird ein Malheur passieren! Wie kann man sich so blamieren! Dieses ist Germanen- Not! Rings im Lande herrscht Entsetzen, Denn in Lappen und in Fehen

Geht der Boden Schwarz- weiß- rot!

LANDMERMAN

Maffenfabrikation von Flaschen. Bis vor nicht langer Zeit er folgte die Herstellung von Glasflaschen durch Handarbeit oder beffer ,, Mundarbeit", indem der Glasbläser das eine Ende des eisernen Blasrohres" in einen mit flüffiger Glasmaffe gefüllten Tontiegel tauchte und den beim Herausziehen daran hängenbleibenden Klumpen zähflüffigen Glafes durch hineinblasen unter gleichzeitigem Schwenten Ansprüchen der Technik genügte dies Verfahren nicht mehr, weshalb des Rohres die gewünschte Form gab. Den sich ständigsteigernden man auch hier die Handarbeit durch Maschinenarbeit ersetzte. Jetzt fommt aus England die Nachricht von der Konstruktion einer Glas­blafemaschine für die Flaschenfabritation, deren Leistungen alles auf diesem Gebiete bisher dagemefene übertreffen. Die Maschine besteht aus einer Säule, an deren drehbarem Oberteil zehn gleichartig aus­gebildete Blasevorrichtungen angebracht sind. Die Säule ist hohl und dient gleichzeitig der Zuführung von Kühlluft. Die zehn Blasevor­richtungen sind auf einem gußeifernen Ring befestigt, der durch einen faugt jede Blafevorrichtung aus einem gleichfalls rotierenden Behälter Elektromotor in Umdrehung gehalten wird. Während des Umlaufs die zur Herstellung einer Flasche erforderliche Menge flüssigen Glases an. Während der nächsten Arbeitsvorgänge wird die Flasche dann fertig geblasen, abgefühlt und schließlich automatisch aus der Maschine ausgestoßen. Diese Maschine vermag in jeder Minute 27 Flaschen herzustellen, in der Woche also rund 250 000 Stück, von denen nur etwa 7 Proz. als Ausschuß fortgeworfen werden müssen.

mar er fertig, die Meisterin trug ihn zu den Ziomas und bat dort neuerlich für ihren Mann.

Rubafet fürchtete sich geradezu, in die Stadt zu gehen, von weitem wich er 3iona und Butinta aus. Einmal aber begegnete er zufälligerweise Ziona. Der Lehrer las ihm gehörig die Leviten, und Kubaset mudste nicht einmal. Dabei tropfte ihm nur eine Träne herab. Diese Träne stimmte Ziona weicher. Er reichte dem Meister die Hand und sagte zu ihm, er möge sich nur wieder ein Buch holen. An demselben Tag sprach Putinka, der Chorleiter, ihn an. Der war ein schlimmerer Patron und setzte ihm so zu, daß am Meister nicht ein gutes Haar blieb. Kubasef nahm die verdienten weshalb er am Pfingstfeiertage seine Trommel im Stiche gelassen Vorwürfe schweigend hin, und als Putinka durchaus wissen wollte, habe, erzählte er ihm alles, was mit der Nadel passiert war. Butinka hörte ihn an, nahm ernst eine Prise, wog sie in der rechten Hand und schnupfte in seiner lauten Art. Nach einer Weile Schweigens entgegnete er gerührt:" Uebermorgen haben wir ein bezahltes Requiem um neun Uhr, kommen Sie die Trommel schlagen, Kubaset, Sie bekommen einen Gulden dafür!"

Und ich selbst habe das ganze Geschichtlein von der Nadel aus Putinkas Munde vernommen. Die Leute fagten von Putinta, daß er ein weiser Mensch wäre, und dies deshalb, weil er, wenn er etwas aus dem Leben erzählte, dies niemals ins Blaue hinein redete, sondern gewöhnlich damit eine bestimmte Lehre verband, die er zum Schluß deutlich aussprach. Auch Kubasets Nadel ent­ging seiner Weisheit nicht.

Hand aufs Herz," sprach er zu mir am Schlusse, hat nicht jeder von uns seine Nadel, um die er Kerzen verbrennt? Und nicht allein wir, als einzelne Menschen, auch ganze Völker.

"

Ich muß Ihnen beistimmen," entgegnete ich, ich wenigstens habe schon oftmals eine ganze Kerze wegen einer Nadel verbrannt. Mir Menschen sind nun einmal so: wegen einer unbedeutenden Sache opfern wir manchmal viel, oft sogar unser ganzes Wohl."

Recht, recht so, mein werter Herr," fügte Putinka hinzu, aber wir dürfen auch nicht vergessen, selbst die unbedeutendste Sache vernünftig und klar zu überlegen, weil eine anscheinend kleine Sache große Folgen haben kann.

Dann hielt er mir mit Wohlgefallen seine Tabakdose hin. Und es mar feine kleine Auszeichnung, wenn Putinka jemanden eine Prise anbot. ( Deutsch von 3. Reismann.)