Bring! Äns wesenMHe Verbesserung der Versicherung der Bergarbeiter gegen Inva lidität und Krankheit. Auch die Verbesserung der Leistungen der Krankenkassen für Schwangere und Wöchnerin n e n ist erwähnenswert. Trotz erheblicher Widerstände, ins besondere des Zentrums ist auch der Kampf um die Mild e- rung des§ 218(Abtreibung) mit einem wesentlichen Erfolg beendet worden. Die Zuchthausstrafe bleibt nur für diejenigen bestehen, die aus der Abtreibung ein Gewerbe machen, sonst kann nur auf Gefängnisstrafe erkannt werden. Da keine Mindestgrenze vorgeschrieben ist, können die niedrigsten Gefängsstrafen verhängt werden. In der Regel dürften sie in G e l d st r a f e n umgewandelt werden. Einen großen Erfolg kann die Sozialdemokratie bei der Lohn- st e u e r verzeichnen. Die steuerfreie Grenze wurde innerhalb eines Jahres von 50 M. auf 100 M. monatlich erhöht. An zuviel gezahlter Lohnsteuer ist innerhalb weniger Monate ein Betrag von mehr als 50 Millionen Mark erstattet worden. Zeigt bereits diese lückenhafte Aufzählung positiver Er- folge das verdienstvolle Wirken der Sozialdemokratie im Reichstag, so darf doch nicht verkannt werden, daß die furchtbare Not viel weitergehendere Maß- nahmen verlangt und rechtfertigt. Das Ziel der inneren Politik muß in erster Linie die Ueberwindung-der Wirtschaftskrise sein. Abschluß von Handelsverträgen, Be- fchaffung von Arbeit, ausreichende Unterstützung für die schuldlosen Opfer der Wirtschaftskrise ist erforderlich. Da das letztere große Mittel erfordert, hat die Arbeiterklasse ein besonderes Interesse an einer gesunden Finanzpol i- ti k, die auch die Träger der Sozialfürsorge, Länder und Gemeinden, nicht zur Verkümmerung bringt. Daneben behalten die Probleme der großen P o l i t i k— Fürstenabfindung, Eintritt Deutschlands in den Völkerbund, Schaffung einer Mehrheitsregierung— ihre überragende Bedeutung. Die Lösung all dieser Fragen im Inter- esse der Arbeiterklasse hängt in erster Linie von der Stärke und dem Einfluß der Sozialdemokratie ab. Gewiß ist hierin seit 1921 eine große Besserung eingetreten. Im Mai-Reichstag war die sozialdemokratische Fraktion mit 100 Mann schwächer als die deutschnationale mit 105, und nicht stärker als Völkische und Kommunisten zusammen. Der .7. Dezember 1924 brachte eine Besserung. Mit 131 Mandaten wurde die Sozialdemokratie wieder die stärkste Partei des Reichstags, die Deutfchnationalen mit 110, die Völkischen und Kommunisten mit zusammen 60 Sitzen weit hinter sich zurück- lassend. Aber noch immer stehen den 131 S o z i a l d e m o- k r ä t e n 317 Abgeordnete der bürgerlichen Parteien gegenüber, und die Kommunisten wirken p r a t- lisch gewöhnlich mehr für die Rechte als für die Linke. In dieser Tatsache liegt die Ursache für die mangelnde Berücksichtigung der sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Interessen der großen Volksmassen. Aber im Zeichen der Dempkratie wird auch auf diesem Gebket bei emsiger Arbeit und wachsendem Vertrauen zur Sozialdemokratie der Erfolg Nicht ausbleiben.__ Luther und Reichsbahn. ißtn Affront der Reichsregierung gegen Preußen. Aus preußischen parlamentarischen Kreisen schreibt man uns: vor fast einem Jahre ist das von Preußen gestellte Mitglied des Vcrwaltungsrats der Reichseisenbahngesellschaft verstorben. Seit- dem oerhandelt Preußen mit dem Reiche wegen der Neubesetzung. Die Reichsregierung unter Luther glaubte den Dorschlag Preußens nicht akzeptieren zu können, weil es sich um einen aktiven Beamten und nicht um einen Mann aus der Wirtschaft handelt. Das. Reich allerdings hat selbst einen aktiven Beamten des Reichsfinanz- Ministeriums, den Staatssekretär Fischer, einen Getreuen Luthers, in den Verwaltungsrat entsandtl Da die monatclangen VerHand- lungen mit dem Kabinett Luther und neuerdings mit Marx zu keinem Preußen befriedigenden Ergebnis führten, nahm Ministerpräsident Braun kürzlich bei der Beratung des Etats im Landtag Gelegen- heit, die Angelegenheit zu besprechen. Eine neue Rücksprache mit
1 dem Reichskanzler brachte davn wiederum nicht die erwünschte Kl?- rung. Nunmehr hat das Reichskabinett kurzerhand den Vorschlag Preußens rücksichtslos beiseite geschoben und den Reichskanzler a. D. Luther in den Verwaltungsrat gewählt. Das ist ein Vorgehen gegen das größte Land des Reiches, das geradezu wie eine Kampfansage wirken muß und die sich keineswegs nur gegen die Regierung, sondern auch gegen den Landtag richtet, der in dieser Frag« geschlossen hinter der Regierung steht. Daß es der Reichsregierung unangenehm gewesen ist, daß der Verwaltungsrat der Reichsbahn sie einfach durch die schnelle Wahl Dorpmüllers zum Generaldirektor, einem Posten, der Luther in Aussicht gestellt war, überrumpeln wollte, ist zu verstehen, daß sie aber glaubt, das durch einen Affront gegenüber Preußen wettmachen zu können, um Luther ein Pflaster auf die Wunde zu legen, ist un- verständlich. Die Reichsregierung erweist übrigens auch Dr. Luther damit keinen guten Dienst, denn sie setzt ihn dem Verdacht aus, daß er als Kanzler dem Vorschlag Preußens mit dem Einwand, es müsse ein Mann aus der Wirtschaft gewählt werden, widerstrebt habe, um diesen Posten für sich zu reservieren. * Die Ernennung des früheren Reichskanzlers Dr. Luther zum Mitglied des Verwaltungsrats der Deutschen Reichsbahngesellschast hat im Landtag starke Bedenken hervorgerufen. Lag doch ein B e- schluß des Preußischen Landtags und des Preußischen Kabinetts vor, der die Ernennung einer anderen Persönlichkeit, eines ausgesprochen anerkannten Eisenbahnfachmannes, durch die Reichsregierung seit beinahe Jahresfrist wünsciste. Die Ernennung Luthers sei wiederum„eine Stellung vor vollendete Tatsachen�, da Luthers Name offiziell weder genannt wurde noch darüber verhandelt worden ist. Diese im Preußischen Landtage aufgetauchten Bedenken haben inzwischen ihren Niederschlag in einer Großen Anfrage der Abgg. L e i n e r t(Soz.) und Fraktion, Dr. Schmedding(Ztr.) und Fraktion und Hoff(Dem.) und Fraktion gesunden, die am M i t t w o ch im Landtag zur Beratung kommen wird und folgenden Wortlaut hat: „Laut Zeitungsnachrichten hat die Reichsregiermig als Mit- glied des Verwaltungsrats der Deutschen Reichsbahngesellschaft in die seit zehn Monaten erledigte Stelle, für die Preußen nach den getroffenen Vereinbarungen ein Vorschlagsrecht besitzt, den früheren Reichskanzler Herrn Dr. Luther ernannt. Wir fragen das Staatsministerium: 1. Ist diese Ernennung im Einverständnis mit der Staats. regierung erfolgt. 2. falls nicht, welche Schritte gedenkt die Staalsregierung zu ergreifen, um das dem Lande Preußen zustehende Recht zu wahren?"
Die Rufgaben öer Reichsbahn. Siemens eröffnet die Sitzung des Vcrwaltungsrats. Auf der Tagung des Verwaltungsrats der Deut- schen Reichsbahngesellschaft, die gestern in Hamburg zusammentrat, hielt der Präsident des Verwaltungsrats, Dr. Carl Friedrich von Siemens, eine Rede, in der u. a. ausführte: Die Reichsbahnen sind, in welcher Form sie auch geführt werden, ob in der alten Form der direkten Staatsverwaltung oder in der Form einer Bctricbsgesellschaft, ein wirtschaftliches Unternehmen, und von einem wirtschaftlichen Unternehmen muß verlangt werden, daß das in ihm arbeitende Kapital auch eine den jeweiligen Kon- junkturverhältnisien angemessene Verzinsung abwirft. Jedes wirtschaftliche Unternehmen weih auch, daß es die Verpflich- tungen aus feinen Schulden an erster Stelle zu erfüllen hat. Ich bin überzeugt, daß bei geordneter und ungestörter Geschäfts- sührung es der Gesellschaft wohl möglich ist, selbst in wirt- schaftlich nicht günstigen Jahren den übernommenen Schuldenoerpflichtungen gerecht zu werden. Die preußisch-hessischen Bahnen haben vordem Kriege dem Staat eine Einnahme von jährlich 500 bis 800 Millionen bei der alten Kauftraft des Geldes gebracht, h e u t e hat an Schuldenzinsen das gesamte deutsche Netz rund 600 Millionen aufzubringen. Kein Mensch wird wohl behaupten können, daß bei einem in den Bahnen angelegten Kapital von sicher nicht unter 20 Milliarden die für den Schuldcndienst zu erarbeitende Rente als hoch angesprochen werden kann. Selbst wenn keine Schuldverpflichtung vorhanden wäre, wie sie durch das Eisenbahngesetz festgelegt ist, so könnte und dürste der
Skaak nicht darauf verzichten, eine mindestens fo hohe Summe imtz den Einnahmen— wie früher— zur Deckung seiner finanziellen Lasten zu erhalten. Es ist heute noch mehr als früher üblich geworden, wenn irgend- wo finanzielle Schwierigkeiten entstehen, um Staatshilse zu schreien. Veränderung der Wirtschaftsbedingungen, falsche eigene Politik der einzelnen haben die Lebenskrast manchen Gebildes zer- stört. Es ist sicherlich nicht richtig und wird niemals zu einer Ge- jundung führen, wenn durch künstliche Mittel versucht wird, die Folgen wirtschastlicher Gesetze auszuhalten. Wenn aber ein akuter Notstand vorliegt, der nur in den augenblicklichen Zcitverhältnissen bedingt ist» und der Stayt entscheidet sich, seinen Beistand zu ge- währen, dann sollte es auf klare sichtbare, auchdemEmpfönger dauernd fühlbare Weife geschehen und nicht durch Hinter- türen. Zu diesen Hintertüren gehört auch der so oft ausgesprochene Wunsch, daß die wirtschaftlichen Unternehmungen des Staates da- durch Hilfe leisten, daß sie für ihren eigenen Betrieb absehen sollen von den Grundsätzen, nach denen allein ein Wirtschaftsbetrieb geführt werden darf, wenn er übersichtlich und gesund bleiben will. D i e heute so beliebte Verquickung von Politik und Wirtschaft, der die wirtschaftlichen Betriebe des Staates be- sonders ausgesetzt sind, ist kein Weg. der zu gesunden Verhältnissen zurückführen kann._ Strafversehung fiir Iaem'cke. Strafverschärfung in der Berufungsinstanz. Leipzig , 6. Juli. (Eigener Drahtbericht.) Am Dienstag fand vor dem Reichsdisziplinarhof in Leipzig die Berufungsverhandlung gegen den Schwiegersohn des verstorbenen Reichspräsidenten E b e r t, den Attache im Auswärtigen Amt Dr. Wilhelm I a e n i ck e unter Vorsitz des Senatspräsidenten Meyer statt. Dr. Iaenicke hatte wenige Tage nach der Wahl Hindenburgs zum Reichspräsidenten in einem Hotel in Capri ins Fremdenbuch folgendes eingezeichnet:„In Ihrem gemütlichen Haufe vergesse ich sogar, daß Hindenburg Präsi- dent der Deutschen Republik geworden ist." Dieser Zettel war von dem in Caprj weilenden Stadtamtmann Arnold aus Charlotten- bürg herausgerissen und dem Auswärtigen Amt übermittelt worden. Gegen Iaenicke war deshalb ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Am 7. November 1925 erkannte die Reichsdisziplinarkammer in Berlin auf einen Verweis und eine Geldstrafe in Höhe eines Drittels eines Monatsgehalts. Gegen dieses Urteil legt« sowohl der Staatsanwast als auch Iaenicke Berufung ein. Iaenicke erklärte in der heutigen Verhandlung, daß er diese Eintragung nur in einem Buche vorgenommen habe,, das ihm von seinem Freunde, dem Hotelbesitzer, vorgelegt wurde. Auch habe er sich noch unter der seelischen Depression befunden, da sein Schwiegervater, der Reichs- Präsident Ebert, so plötzlich verstorben und nur das Opfer seiner politischen Gegner gewesen sei. Deshalb habe er auch gegen die Hintermänner, die Hindenburg als Prästdentschaftstandldaten aufgestellt hatten, nur feine politische Meinung zum Ausdruck bringen wollen. Hindenburg selbst habe er nicht beleidigen wollen. Der Reichsanwalt plädierte für Strafversetzung. Das Gericht kam diesem Antrage, wie es infolge der Zusammensetzung nicht anders zu erwarten mar, auch nach und erkannte wegen einer Taktlosigkeit in seinem Amte auf Strafversetzung. Auch wird Iaenicke zu einer Geldstrafe in Höhe eines Drittels seines Monatsgehalts ver- urteilt.— In der Urteilsbegründung wird die Eintragung als grobe Taktlosigkeit bezeichnet, die sich ein Beamter in solcher hohen Stel- lung wie Iaenicke nicht zuschulden kommen lassen dürfe. Eine Dienstenthebung käme jedoch nicht in Frage, da das Vergehen hierfür zu gering sei. Auch habe das Gericht die seelische Lage Iaenickes in der damaligen Zeit berücksichtigt. Er sei dennoch zu bestrafen und deshalb sei das Gericht zu einer Strafversetzung gekommen.
Die Ernennung de» Zenkrumsabg. Dr. Bell zum Reichsjustiz m i n i st e r steht, wie der Reichsdienst der Deutschen Presse mitteilt, unmittelbar bevor. Sie wird noch vom Reichspräsidenten in dieser Woche vollzogen werden, nachdem die Regierungs- vorteien noch vor dem Auseinandergeben des Reichstags sich im interfraktionellen Ausschuß über diese Frage geeinigt baben. Das Reichskabinett hat inzwischen Dr. Bell« l n st i m m, g dem Reichs- Präsidenten für den Posten des Reichsjustizministers in Vorschlag gebracht. Der Posten des Reichsminister» für die b e f e tz t e n G e- biete wird, wie bisher, vom Reichskanzler Dr. Marx weiter verwaltet werden.
?m Roten Meer . Von Dr. Gerhard Herrmann. Man erzählt es sich in eingeweihten Kressen, Leute, die es wissen müßten, wiederholen es immer wieder, Journalisten, die nichts Besseres zu tun haben, posaunen es in alle Welt: „3m Roten Meer ist es heiß, sehr heiß, glühend heiß: eine Hitze herrscht dort, von der„man" sich keine Borstellung machen kann, die man am höchsteigenen Leibe erlebt haben muß. Gewiß, etwas Richtigkeit ist daran, 38 bis 40 Grad Celsius im Schatten find schließlich keine Kleinigkeit, dazu ein spiegelglattes Meer, über dem sich kein Lufthauch regt und, was das Schlimmste ist. eine fast bis zur Sättigung mit Feuchtigkeit erfüllte Luft, vor der es kein Entrinnen gibt, der man sich nirgends entziehen kann. Vom frühen Morgen an ist der Körper in Schweiß gebadet! Eine feuchte Schwüle düngt auch Menschen und Dinge und nimmt dem geplagten Leid jeden Rest von Beweglichkett und Spannkraft! An Nachtruhe ist nicht zu denken l Stumpfsinn und Gleichgültigkeit überfällt uns, die mit der des Seekranken, der sich ohne das geringste Widerstreben über Bord werfen ließe, verteufelte Aehnlichkeit hat. Nur nicht denken müssen! Trinken und Kühle sind die einzigen Bedürfnisse, die sich noch regen. An Essen denkt kein Mensch mehr!" Und doch ist dies alles nur halb wahr, was man so landläufig vom Roten M�er erzählt: denn die allermeisten, die in diesem Back- ofen schmoren, machen die Reise als Passagiere, d. h. schlimmsten Falls ruhen sie in einem Deckstuhl, durch einen kärglichen Schatten- fleck vor der ärgsten Sonne geschützt, nähren sich von Eiswasser. Soda und Eau de Cologne , wid lassen im übrigen den lieben Gott einen guten Mann sein. Ewig dauert die Zeit ja nicht! Nein, nein, die wahre Hölle dieses Meeres liegt anderswo, die wenigsten kennen sie. Geht hinunter in den Heizraum und zu den Moschinen. Stellt euch eine halbe Stunde nur vor die Kessel und öll die Maschinen! Dann werdet ihr mir alle, ohne Ausnahme, zu- geben, daß es oben, auf dem Deck herrlich zu leben ist, daß es dort luftig und kühl, daß dort das Paradies ist. Für jene da unten, die das letzte, wirklich das allerletzte ihrer Kräfte hergeben müssen, er- scheint dieses Deck als rettende Oase, in die sie sich alle halbe Stunden flüchten, um einen erlösenden„Schnaufer" zu tun. Dabei gibt es schon hier oben harmlose Gemüter, die um jeden Preis vor Hitze umkommen wollen. So fix geht das mit dem Umkommen nicht. Für den, der sich etwas darunter vorstellen kann, sei es gesagt: Bit 58 Grad Celsius beträgt die Temperatur im Maschinenraum (wahrhaftig, ich schneide nicht aus!). Ich denke an den jungen Russen, der sich in Schanghai als Trimmer anheuern ließ, um billig nach Europa zu kommen. Ihm sah man es an, daß er für andere Arbeit geschaffen war. Jetzt tragen sie ihn mühsam die steile Eisenleiter empor. Man legt ihn aujs Borderdeck, der Arzt bemüht sich. HerzkrSmpsel Diesmal hat
er noch Glück gehabt! Nach einer halben Stunde kommt er wieder zu sich. Nach einer Woche ist er wieder völlig gesund. Es hätte auch anders kommen können. Oder jener baumstarke Riese, eine wahre Paolinogestalt, der diese Resse zum soundsovielten Male macht: jetzt liegt er„fertig" in einer Ecke und keine zehn Pferde bringen ihn wieder hinunter vor den Kessel. Ist dos noch menschenwürdige Arbeit, die den Menschen auspreßt wie einen Schwamm? Da es Anfang Juli ist und selbst für jene Gegend eine Rekordtemperatur herrscht, hat die Schiffsleitung ein Einsehen, allerdings recht zweiselhafter Natur. Die verteilt Schnaps an die einzelnen Wachen(!), um die Leute einigermaßen bei Stimmung zu erhalten, und läßt halbe Kraft fahren. Das Grauenvollste ist der Schichtwechsel. Ein Dutzend fast nackter Gestalten torkelt mühsam aus dem Maschinengang: ein ekelerregendes Gemisch von Schweiß und Kohlenstaub bedeckt die Körper. Mehr ahnend als sehend erkennt man-sie als Menschen! Die ablösende Wache, von abstechender Sauberkeit, steigt mit finsteren, fatalistischen Mienen für vier lange Stunden hinab. Nach einer Viertelstunde bereits sind auch sie von der Arbeit oerwandelt. Der Kreislauf beginnt von neuem! Denkt an die Trimmer und Heizer der„Roten See", wenn euch schon das bißchen Hitze im deutschen Juli zuviel wird!!!
hallbare Sommerware. Zum fünfundzwanzigsten Male wurde Marcellus Schiffers neuestes Magazin„Die fleißige Leserin" auf der Bühne des Renaiffance-Theaters durchblättert. und das Publikum spendete seinen Beifall so lebhast wie beim erstenmal. Man nimmt das gern als ein gutes Zeichen des gebesserten Geschmacks: denn wenn das Magazin auch keine literarische Feinkost bietet, so ist es doch weit entfernt von der üblichen Sommerkolportage, die sonst so gern um diese Zeit von den Bühnen vertrieben wird. Neun wirksame Bilder wurden für die 25. Ausführung eingefügt: leider hat man bei dem aktuellsten, „Volksentscheid", aus jeden politischen Einschlag verzichtet und sich überhaupt gerade hier in recht bescheidenen Grenzen gehalten. Der Beifall galt daher wohl mehr dem mit Erfolg pallenbergernden Curt von Molowsty als dem Chanson mit dem anspruchslosen Resain:„Du kannst mich nicht leiden, ich kann dich nicht leiden, darum woll'n wir Volksentscheiden." Lebhafte Freude erweckte dagegen die„T a n z g r i p p e", die famose Parodie einer modernen Tanzgruppe, der„Tag aus dem Leben einer Filmdiva", der ausgezeichnete.Inseratenteil" und noch manches andere amüsante Bild. Man kann sein Urteil über diese heitere Miniatur-Revue in die Worte fassen: haltbare Sommer- wäre.. Sz. Der unbequeme Ausstellungskalalog. Die großen Sommeraus- stelllingen haben wieder ihre Tore geöffnet, und das Publikum sucht sich in ihnen mit Hilfe der Kataloge mühselig zurechtzufinden. Gegen die wohl von jedem Ausstellungsbesucher empfundene unpraktische und unübersichtliche Anordnung der Kataloge der Kunstausstellungen wendet sich Paul Westheim in dem von ihm herausgegebenen„Kunst-
blatt".„Für diejenigen," schreibt er,„die heutzutage auch in Kleinigkeiten rechnen und aus materiellen Gründen sich manchen Kulturgenuh versagen müssen, ist die Notwendigkeit, den Katalog zu erstehen, eine Peinlichkett, für sehr viele geradezu ein Grund, überhaupt nicht in die Ausstellung zu gehen. Aber abgesehen davon. da die Ausstellungskataloge fast durchweg unintelligent gemacht sind, will sagen: geordnet nicht in der Reihenfolge, wie die Bilder an den Wänden hängen, sondern nach dem Alphabet, so wird der Aus- stellungsbesucher vor jedem Bild aufs neue gezwungen, zu blättern und zu suchen. Was eine ebenso ärgerliche wie zeitraubende Ptozedur ist. Bei größeren Ausstellungen ist es so, daß viele für das Suchen im Katalog mehr Zeit verbrauchen als für das Ansehen der Bilder. Eine Erschwerung, die schließlich dazu führt, daß in der Zeit, die für den Ausstellungsbesuch zur Verfügung steht, nur ein Teil der Dinge gesehen wird. Wogegen es das sehr einfache, Kraft und Zeit sparende Mittel gibt, unter jedem Bist» den Namen des Malers und den Titel des Werkes anzubringen. Die Künstler selbst sollten aufs entschiedenste darauf dringen. Sie sind doch die eigent- lich Geschädigten. Sie beschicken Ausstellungen, um zu verkaufen— was der phantastische Gluckszufall ist, der ja schon gar nicht mehr vorkommt— und um bekannt oder bekannter zu werden. Gerade dem arbeitet aber die Ausstellungsleitung entgegen, die den Namen des Künstlers unterdrückt, d. h. nur denen bekannt gibt, die ihn sieb mühsam aus einem Katalog heraussuchen. Die Künstler sollten sich zur Wehr setzen gegen da» übliche Versahren, das sie schädigt und dem Publikum den Ausstellungsbesuch erschwert. Sie sollten es ab- lehnen, Ausstellungen zu beschicken, die in dieser Weise ihren Namen perschweigen." Wie das Duell in Griechenland bekämpfl wird. In Griechenland ist soeben dos neue Strafgesetz in Kraft getreten. Hauptmerkmal dieses Codex ist die Strenge, mit der das Duell geahndet wird. Die niedrigste Strafe für den Zweikampf ist ein Jahr Gefängnis. Wenn einer der Kämpfenden tot am Platze bleibt, muß der Sieger dies mir zwei Iahren Gefängnis büßen. Wer ein Duell provoziert, be- kommt ein bis drei Jahre: wer die Regeln des Duells verletzt und seinen Gegner tötet, wird wie ein gewöhnlicher Mörder behandelt: die Zeugen eines solchen„unritterlichen" Duells machen sich der Bei- Hilfe und Mitwisserschaft am Mord schuldig. Stoafiopet(Platz der Republik 7). In der.Carmen'-AuffSd« rung am Donnerstag, den 8.. fingt Michael Bohnen den EScamillo. Titel- rolle Barbara Kemp. — Freitag findet die letzte Wiederholung in dieser Spielzeit des neueinstudierten, Maskenball' in der Premierenbesetzung statt. vimi Förster gestorben. Pros. Nim« Forster. der von 18LS bis 1924 da» Ordinariat sür Physik an der Universität Lern innehatte, ist im 83. Lebensjahre gestorben. llniverfilStsstudium durch Radio. In den Vereinigken Staaten baben bereits viele Universitäten und Hochschulen eigene Nadio-Tendeliationen zur Uebermtttlung von Vorlesungen. Allein die beiden arotzen Unlvcrsi- lSten von New Bork baben mehrere tausend Nundsunkhorer, die bis in« Gebiet de« Milfiisippi wohnen, und man erwägt jetzt die Frage, wie der Radioftudent Prüfungen ablegen und akademische Trade erringen kann. Auch an der Pariser Sorbonne find bereits drahtlose Vorlesungen«in- geführt.