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In Ben fünf Mottaterl Januar bis Mai 1926 tzaf diso das �Reich gegenüber dem Vorjahre eine Minderein- nähme von 709,1 Millionen Vlarf gehabt. Die Einnahmen find also um ein Fünftel zurückgegangen. Das ist um so bedeutsamer als sich hierin nur der Einfluß der Wirtschaftskrise ausdrückt. Denn die Steuermilderungen, die am 1. April 1926 in Kraft getreten sind, werden erst in den nächsten Monaten wirksam werden und einen weiteren Rückgang der Reichs- einnahmen herbeiführen. Besonders groß ist der Rückgang des Ertrages der Umsatzsteuer und der Lohnsteuer, Wie aus der folgenden Tabelle zu ersehen ist:

Der Ertrag der Umsatz steuer ist also in den Monaten Januar bis Mai 1926 um etwa 40 Proz., der Ertrag der Lohnsteuer um etwa 30 Proz. niedriger als in den entsprechen- den Monaten des Jahres 1925. Bei Beurteilung dieser Zahlen ist zwar zu berücksichtigen, daß der Steuersatz bei der Umsatzsteuer 1925 IM- Proz., 1926 aber nur 1 bzw. 0,75 Proz. betrug. Bei der Lohnsteuer war der Freibetrag 1925 60 M. monallich, 1926 100 M. monatlich. Der Rückgang des Ertrags bei beiden Steuern ist aber wesentlich größer als die Herab- fetzung des Steuersatzes bzw. der Steuerbelastung. Auch hier ist der Steuerrückgang die F o l g e der W i r t s ch a f t s k r i s e. Untersuchen wir aber ferner, ob die beiden Voraussetzun- gen erfüllt werden können, die Dr. Reinhold als die Bor- bedingungen dafür ansieht, daß der Reichshaushalt im Jahre 1926 ohne Destzit abschließt. Dr. Reinhold hat die Frage bejaht, wenn erstens die wirtschaftliche Lage keinen weiteren Rückschlag erleidet. Ob diese Hoffnung in Erfüllung geht, wird man nach der Entwicklung der Verhält- nisse auf dem Arbeitsmarkt wohl bezweifeln müssen. Wie steht es aber mit der zweiten Voraussetzung, nämlich der Vermeidung neuer Ausgaben? Die unterstützende Erwerbslosenfürsorge tostet gegenwärtig 30 Millionen Mark monatlich aus Reichs- Mitteln. Da im Etat nur 200 Millionen für das ganz« Jahr «ingesetzt sind, dürfte hier, selbst wenn keine weitere Ver- schlechterung in der Wirtschaftslage eintritt, eine Nachforde- rung von 160 Millionen entstehen. Für die produktive Erwerbslosenfürsorge sind 100 Millionen vor- gesehen. Auch dieser Betrag wird bei der Durchführung des produktiven Erwerbslosenprogramms nicht ausreichen. Sicher ist ferner, daß durch die Vorzugsrenten der An- le i heal t best tz e r eine Mehrausgabe von 60 bis 100 Millionen Mark entsteht, da der Altbesitz nicht, wie ursprüng- lich geschätzt, 20 Milliarden, sondern mehr als 40 Milliarden beträgt. Auch für die Subventionen an Wirtschafts- gruppen, sowie für Entschädigungen an Auslandsdeutsche. Liquidationsgeschädigte usw werden weitere als im Etat vor- gesehene Mittel erforderlich. Liegt danach auch gegenwärtig kein unmittelbarer An- laß zu Besorgnis für die Stabilität der Reichsfinanzen vor, so wird man dennoch rechtzeitig Vorsorge treffen müssen, daß das Reich dauernd imstande bleibt, seine Pflichten gegenüber der Notlage von Wirtschaft und Volt zu erfüllen.

Der Streit um Sie Reichsbahn. Der Standpunkt der Reichsregiernng und Preußens. Ein Teil der Rechtspresse veröffentlicht zu dem Streit des Reichs mit Preußen über die Besetzung eines freigewordenen Sitzes im Derwalwngsrat eine übereinstimmend als die.Auffassung der gierung erklärt darin, ein Vorschlagsrecht Preußens für d<m Vermal- tungsrat nicht anerkennen zu können: in erster Linie soll in ihm die

deutsche Volksttirtschafk durch sachkundige Persönlichkeiten oertreten sein. .Außerdem," so fährt die Darstellung fort,.handelt es sich um eine grundsätzllche Frage. Auf Grund der mit den einzelnen Ländern über den Uebergang der Staatsbahnen aus das Reich geschlossenen Staatsverträge, in denen Preußen, Bayern , Sachsen , Württemberg und Baden je einen Vertreter in den Ver- waltungsrat des damals gegründeten Unternehmens.Deutsche Reichsbahn " entsenden sollten, glaubt Preußen jetzt noch dieses Vorschlagsrecht zu haben. Dabei scheint von preußischer Seite übersehen worden zu sein, daß auf Grund der Dawes-Verträge sich die Lage völlig geändert hat, denn die jetzt bestehende Reichsbahngesellschast ist in ihrem ganzen Aufbau so völlig anders als das ursprüngliche UnternehmenDeutsche Reichsbahn " geartet, daß die damals gemachten Zusicherungen heute keines- wegs mehr Geltung haben können. Würde Preußen jetzt damit durchdringen, daß es einen von ihm nominierten Vertreter in den Veraaltungsrai der Reichsbahngesellschast entsendet, so würde damit ein Präzedenzfall für die übrigen vier Län- der geschaffen werden. Der Verrvaltungsrat der Reichsbahn be- steht aus neun Sitzen, von denen vier an die Vorzugsaktien gebunden sind. Wenn nun die Länder je einen Vertreter von sich aus entsenden wollen, so hätte die Reichsregierung überhaupt keine Möglichkeit mehr, ihrerseits ihre doch sehr' wesentlichen Interessen an der Reichsbahn im Verwaltungsrat vertreten lassen zu können. Deshalb kann die Reichsregierung den preußischen Anspruch ebensowenig wie irgendeinen anderen anerkennen." Diesen Argumenten gegenüber hält die preußische Regierung an ihrem Anspruch fest. Das Vorschlagsrecht Preußens sei niemals be- stritten, ja sogar durch die auf ihren Vorschlag hin erfolgte Berufung des Geheimrats v. Arnold ausdrücklich anerkannt worden. Ein- feitig könne das Reich keinesfalls ein solches Vorschlagsrecht Preußens aufheben. Außerdem hätten Bayern und Sachsen je einen Sitz inne; Preußen, dorn der weitaus größte Teil der Reichsbahn ursprünglich gehört habe, gerat« in eine unmögliche Position, wenn zwar diese kleineren Länder, aber es selber nicht in der Lage sei, seine Interessen in der Bahnoerwaltung zu vertreten. Entweder müsse Preußen so gut wie Bayern und Sachsen im Verwaltungsrat sitzen, oder aber kein Land den Anspruch auf Vertretung erheben dürfen. Es habe den Staatsgerichtshof angerufen, um die Frage allgemein zu klären, ob die Länder ihr altes Vorschlagsrecht behalten oder ob sie es durch das neue Reichsbahngesetz nun verloren hätten. Soweit die Rechtsauffassungen der beiden Seiten. Was in dem Konflikt juristisch zu lösen ist, wird der Staatsgerichtshof entscheiden. Aber es handelt sich nicht um einen Konflikt, der von Richtern auf Grund geschriebenen Rechts eindeutig entschieden und erledigt werden kann. Es sind viele politische Interessen im Spiel. Der Streit ist ausgebrochen dadurch, daß der Berwaltungsrat der Reichsbahn, ehe noch Oeser im Grabe Ruhe gefunden hatte, sich be» eilte, seinen Stellvertreter Dorpmüller zum Generaldirektor zu wählen. Sie tat da« offensichtlich, um der Reichsregierung zuvor- zukommen, in deren Kreis man die Ernennung Luthers erwog. Run fand die Reichsregierung den Mut nicht, sich gegen den Ver- waltungsrat durchzusetzen. Sie fühlte sich dazu nicht unabhängig genug von den großen, im Verwaltungsrat der Reichsbahn überaus mächtigen Wirtschaftsfaktoren. Andererseits wollte das Kabinett seinen früheren Vorsitzenden an die Spitze der Reichsbahnverwoltung berufen. Luther hatte in London erfolgreich das Beftätigungs- recht der Reichsregierung gegenüber der Entente, die den Berwal- tungsrat souverän machen wollte, verteidigt: wie kein zweiter schien diese energische, dem Parlament zwar auf die Dauer nicht gewachsene, aber in der Verwaltung bewährte Persönlichkeit geeignet, sich in Zu- kunst auch gerade dem Drucke der Wirtschaft gegenüber zu behaupten und die Reichsinteressen zur Geltung zu bringen. Die Reichs- regierung war zu f ch w a ch. sich dem brutalen, Unternehmer- Machtstandpunkt zu widersetzen. Zwar hat sie Dorpmüller noch nicht bestätigt: aber sie hat bereits den Kompromißweg beschritten und Luther auf den bisher preußischen Sitz im Verwaltungsrat berufen, der seit zehn Monaten durch den Tode des bisherigen Vertreters frei geworden war. Zu schwach, um sich den Interessenten der Wirtschast gegenüber voll zu behaupten, glaubte die Reichsregierung, daß Preußen noch schwächer sei als sie selbst. Der zwischen der Reichs- Reichsregierung" überschriebene Darlegung. Die Reichere- regierung und dem Derwaltungsrat ausgebrochene Kampf soll auf Kosten Preußens beigelegt werden das ist der politische Hintergrund des Streites zwischen dem Reich und Preußen.

Au wenig Disziplin. (Nach einer wahren Begebenheil.) Welt draußen an grünen Bergeshängen war es. Dort, wo in hellen Schattierungen vielfältig Buchen und Ahorn ihr dichtes Laub- dach breiten, und wo die Tannen im satten Dunkelgrün einen fest- gegrenzten Hintergrund bilden. Am Fuß« der Berge erstreckt sich weithin der bekannte Kurort, und von den Hängen zwischen dem Grün grüßen Dillen ins Land hinaus. Ein schöner Ausenthalt für tränke und lichthungrige Menschen. ' Inmitten dieses Glanzes, oft von Sonne reich überschüttet, lag Puch das Kinderheim. Aus der großen Stadt fernher, dort, wo man nur hohe Mietskasernen, Verkehrsunrast und ein Stückchen grauen Himmels zwischen Häusermauern kennt, wo der Alltag auch bei den Jüngsten schon von Herz und Nerven zehrt und Berge sagenhast nur im Bewußtsein schweben, von dorther war eine muntere Schar Lungen und Mädchen in dieses Bergidyll gekommen, um endlich Sonne zu genießen. '. Und fein war es hier in dem netten Haus, von dem man Weit über die zu Füßen liegende Stadt hinausschauen konnte zu anderen Städten, zu hohen Bergen und über fruchtbringende Felder mit freundlichen Dörfern. Herrlich wohnte es sich in den kleinen Puppenstübchen mit weißgedeckten Betten. Bunte Bilder an den Wänden verschönten den Ort, und gute Speisen labten die hungrigen Mäuler. Wie schön sah das von außen aus. An Sonnentagen aber ging es dann hinaus in die Berge. Von den frischen Kinderlippen erklangen fröhliche Lieder in die Weiten hinaus. Schwester Erna hatte sie ihnen gelehrt. Schwester Erna war ein eigen Ding mit eigenem Köpfchen, das sich nicht überall ein- fugen wollte in gezwungene Verhältnisse. Und dennoch war sie eine rechte Kinderfreundin, die mit den Kindern tollte, wo es die Lust gebot, und zur rechten Zeit das ernste Wort fand, wenn Ernstes sich dem Jubel entgegenstellte. Und ihre eigene Methode zur Er- ziehung der unter ihren Schutz Gestellten hatte Schwester Erna, die Autorität in neueren, feineren Formen efftehen ließ. Eine eigene Methode der Gleichstellung und Erhebung des kindlichen Gemüts und Bewußtseins, die trotz der Zell des Fortschritts immer noch neu war in der neuen, alten Welt. Zu wenige wandten sich solch neuen Grundsätzen zu. Aber eine rechte Kinderfreundin nach den, Sinne des neuen Reichs durfte sich nicht von alten Erziehungssormeln mit wirtschaftlichen Beschwernissen und naturwidrigen Bindungen umgarnen lassen. Aber noch anderen war hier Kindererziehung zur Lebensauf- gäbe gestellt: vor allemOnkel Hans", dem die leitende Fürsorge zuerteilt blieb. Ihm hatte die Gestaltung der Dinge im neuen Reich viele Beschwerden bereitet. Die alte, schöne Zeit mit Tschingdada und Parademärschen war vorbei. Und die Präsentation der Osiiziers- kennzeichen mußte verschwinden bis auf das unentbehrliche Monokel. Rur in ruhigen Stunden im stillen Kämmerlein ward einmal die geliebte Uniform hervorgeholt. Das Herz war noch immer auf dem rechten, alten Fleck". Im übrigen aber hatte sichOnkel Hans" auf de« Boden der gegebenen Tatsachen gestellt und beschlossen, den

Kindern der Großstadt ein schönes Heim zu öffnen, In dem die gute, alte Disziplin Heimstatt und Auferstehung finden könne. Wochenlang schon war es so gegangen in steter Reibung zwischen Sonnensrohsinn des neuen Geistes und disziplinierter Staubentwicklung der alten Zeit, bis eines guten Tages Schwester Ernas Köpfchen Schluß gebot. Ihr war die neue Art freiefter Kindererziehung wichtiger als fünfzehnftllndiger Arbeitsdienst im alten Schema. InÖnkel Hans" aber siegte der Leutnantszopf der alten Zeit. Schwester Erna konnte gehen. Sie hattezu wenig Disziplin". Dreißig Kinderherzen aber trauerten der schönen Zeit an lustigen Wandertagen und bei frohen Liedern nach, denn jetzt herrschte unumschränkt das eiserne Gebot der alten Disziplin. Es ist«ine alte Geschichte...", doch auch in der jungen Republik bleibt sie vorläufig noch immer neu. Der alte Geist möchte immer noch die junge Generation umfangen, damit in vielfältigen Formen ein Onkel Hans derallen Disziplin" zum Recht verHilst. Und Millionen Kindcrherzen trauern.,., A d o l f L a u.

Petersburgs verfall. Die Erschütterungen der Reoolutionsjahre sind, wie es scheint, an Leningrad , dem alten Petersburg, nicht spurlos vorbeigegangen. So meldet dieRote Zeitung", ein kommunistisches Blatt, daß viele von den größten historischen Bauten der Stadt sich in einem Verfallzustand befinden, der sogar eine Einsturzgefahr nicht aus- schließt. In dem prachtvollen Gebäude der Admiralität, einem Meisterwerk der Architektur, sind z. B. vor kurzem sehr gefährliche Riste, die einen Einsturz des berühmten Turmes zur Folge haben können, entdeckt werden. In der Kuppel sind die Risse so groß, daß beim Regen das Wasser in den großen Kuppelsaal durchströmt. Die allmähliche Zerstörung der nicht minder berühmten Kosan-Kathedrale macht immer weitere Fortschritte. Der rechte Flügel mit seinem prächtigen Säulengange weist gleichfalls an vielen Stellen gefährliche Risse auf. Der Kai, an den sich die Kathedrale anlehnt, ist vom Kanalwasser so beschädigt, daß er die Gramtblöcke kaum noch halten kann. Nach diesem Bericht gibt es in vielen halbzerstörten Häusern Leningrads richtige Räuberhöhlen. Im verfallenen Palaste des Fürsten Galitzin wurde ein Zigeunerlager entdeckt zirka 80 Zigeu­ner, die sich mit Diebstahl und Wahrsagen ernährten, hausten dort mit ihren Kindern und dressierten Bären, mit denen sie in den Höfen Kunststücke produzierten. Diese Höhlenbewohner waschen sich niemals, frierende Kinder wärmen sich an den wilden Tieren. Die kostbaren Möbel und Bilder des Palastes wurden als Heizmaterial gebraucht! Mitten in den Zimmern und Sälen brannten Wachtfeuer. In den Kellern des Palastes wurde außerdem ein Lager von Schmuggelwaren entdeckt. Da sich der Palast in der Nähe des Landungsplatzes der ausländischen Dampfer befand, bot er einen passenden Schlupfwinkel. Bei dieser Gelegenheit erhielt die Miliz Kenntnis von einigen schlauen Schmugglertricks. Es stellte sich her- aus, daß in einem Dampfer der zweite Schornstein künstlich war und nur zum Ausbewahren der Schmugglerwaren diente. Eine angebliche Wasserzistern« auf einem Schisse wurde gleichfalls als Schmugglerwarenlager enthüllt.

Der englische Sergbaukampf. Das Achtstundcngesetz tritt noch nicht in Kraft. London . 7. Juli. (Eigener Drahtbericht.) Die am Mittwoch- nacht im Unterhaus von feiten der Regierung verkündete zeit- weise Suspensierung der parlamentarischen Erledigung des Achtstundengesetzes hatte in parlamentarischen Kreisen den Eindruck erweckt, daß die Regierung sich selbst zurückzuziehen wünsche und das Verhalten der Dorkshire-Unternehmer lediglich als Vorwand benutzt habe. Er herrschte der Eindruck, daß die Regierung den Bergarbeitern die Möglichkeit geben wollte, noch in letzter Stunde vor der Gesetzwerdung des Achtstundentages im Bergbau neue Verhandlungen aufzunehmen. Inzwischen haben sich jedoch die Bergbauunternehmer Porkshire< die ihren Achtstundentag bedroht sahen, unter dem Druck der Unter- nehmerorganisationen des gesamten britischen Bergbaues mit größter Beschleunigung zum Rückzug veranlaßt gesehen und nach einer einstündigen Besprechung mit dem Ministerpräsidenten am Mittwoch nachmittag die Erklärung abgegeben, daß sie sich den von den Bergbauunternehmern gemachten Lohnvorschlägen an- schließen. Sie haben dadurch der Regierung den Anlaß zu einer weiteren Suspensierung des Gesetzes genommen. Es ist jedoch immer- hin bezeichnend, daß die Regierung, die bisher das Gesetz mit der größten Beschleunigung durchgepeitscht hatte, auch nach der dritten Lesung des Gesetzes am Mittwoch mit der Gesetzwerdung der Achtstundenbill noch bis Mitte nächster Woche zu warten wünscht. Cook i« Serlin. Der englische Bergarbeiterführer Cook hielt sich gestern in Berlin auf, um mit den Vertretern der russischen Bergarbeiter- gewerkschaft über die Weiterzahlung von russsschen Unterstützungen zu oerhandeln. Cr erklärte einem Mitglied unserer Redaktion gegenüber, daß die englische Regierung nunmehr keinerlei Ein- spruch gegen die ausländische Unterstützung der Bergarbeiter er- hebe. In England selbst sei in der jetzigen Aussperrung von den anderen Gewerkschaften für die Bergarbeiter trotz der allgemeinen drückenden Wirtschaftskrise viermal soviel Geld ausgebracht worden als bei dem Streit von 1921. Cook erklärte, daß der Bergarbeiterstreit gegenwärtig inten- s i v e r und schärfer sei als je. Der früher von Zeit zu Zeit sich stärker geltend machende Versöhnungswille sei zurzeit verschwunden. Boldwin sei der erste Premierminister der Neuzeit, der es gewagt habe, eine Gefehcsvorlage zur Verlängerung der Arbeitszeit ein- zubringen. Di: Bergarbeiter jedoch würden sich freiwillig einer Verlängerung der Arbeitszeit niemals unterwerfen. Hierüber gebe es keine Diskussion. Dagegen sei zu bemerken, daß die Bergwerksbesiger jetzt in der Frage der Löhne ein gewisses Ent- gegenkommen zeigen. Sie wlssen, daß eine Herabsetzung des Lohnes die Produktion vermindern werde. Daher hätten sie jetzt angeboten, für drei Monate für einen großen Teil der Arbeiter keine Lohn- Herabsetzung vorzunehmen und nur bei einem anderen Teil den Stücklohn zu verringern. Die Entschlossenheit der Berg- arbeiter, den Kampf durchzufechten, sei größer denn je: ihnen kommen die Sommermonate zu Hilse, in denen es leichter sei, der Aussperrung Trotz zu bieten. Sehr wichtig für den Ausgang des Kampfes sei die lnkernatlonale Unterstützung. Die englische Regierung habe 60 Millionen Mark sich vom Parlament bewilligen lassen, um ausländische Kohle zu kaufen. Nun kommt alle» darauf an, daß weder die englischen Dockarbeiter noch die kontinentalen Transport- und Bergarbeiter Kohle nach England gehen ließen. Cook teilte mit, daß die englische Regierung planmäßig gegen Deutschland mit der Behaup- tung Stimmung mache, daß deutsche Kohle über neutrale Länder eingeführt werde. Cook ist überzeugt, daß die englischen Transportarbeiter keine ausländische Regierungskohle nach England hineinlassen werden, wenn auch noch keine bindenden Ab- machungen erfolgt sind. Er unterschätze nicht die Schwierigkeiten, die in Deutschland bestünden, aber er vertrau« daraus, daß die deutschen Gewerkschaften alles in ihrer Macht stehend« tun werden, um ihren englischen Brüdern zu helfen.

Aus der Nationalgalerie. In der neuen Abteilung der National- galerie. im Kronprinzenpalais, wurden mehrere neue Erwerbungen der Sammlung aufgestellt. Im Liebermann-Saal der Galerie steht nunmehr die Bronzebüste von Paul Cassirer , die Georg Kolbe im vorigen Jahre, kurz vor dem Tode Cassirers modelliert hat. Sie ist der Galerie von Alfred Flechtheim geschenkt worden. Der benach- barte Slevogt-Saal hat ein neues Mittelstück erhalten, das Bildnis, das Sleoogt von Carl Stumpf , dem Psychologen der Berliner Uni- versität, gemalt hat. Im selben Räume fand auch eine neuere Brcknzefigur von Fritz Klimsch Aufstellung, das schlanke Mädchen, das Klimsch unter dem Namen Aglaja modelliert hat. Ausgrabung einer prähistorischen Stadl bei Odessa . Bei den Ausgrabungen in der Nähe des Dorfes Ussatow, 7 Werft von Odessa entfernt, entdeckten Gelehrte des Odessaer Hiftorisch-Archäolo- gischen Museums Reste einer prähistorischen Stadt. Die Funda- mente der Mauern und ein ganzes Netz mit Kalksteinen gepflasterter Wege sind gut erhalten. Es wurde viel wertvolles wissenschaftliches Material zutage gefördert. Nach Ansicht der Gelehrten ist damit das Bindeglied zwischen der prähistorischen ukrainischen Tripolis -Kultur und der historischen griechisch- skythischen Epoche des nördlichen Schwarzmeergebietes gesunden worden. Ein phontasievoller Schauspieler. Frau Carl Haupt- mann legt Wert auf die Erklärung, daß dieBriefe Carl Hauptmanns an �den Schauspieler Ebers"(Bonaoo- luntasverlag Kurt Frömberg) ohne Berechtigung veröffentlicht worden sind. Der Herausgeber selbst hat Frau Hauptmann zu der Er- kläruna ermächtigt, daß die Briefe zum Teil ungenau wiedergegeben, zum Teil sogar nur ein Produkt seiner Phantasie sind. Ebenso beruht die Vorrede(Erinnerungen an Carl Hauptmann ) aus rein persönlichen Gedankengängen des Herausgebers.

vi« Galerte Z. Eafper, Kurfürstendamm 233, stell» im Jull und August Werte moderner deutscher und sranzösischer Maler au« wie B a t ä. Corinth. Galle, Herrmann. Honiaberaer, Krobn«, Liebermann, Loiseau, Glevogt.Thaulor.Ury u. viele ander«. Professor Zoess gestorben. Der ordentliche Prosessor der allgemeinen Pathologie und der patbologischen Anatomie der Tiere. Prok Dr. med. et vet. Jocst. Direktor de« Veterinär.Pathologischen Institut« an der Universität Leipzig , ist im Alter von S2 Jahren einem Herzschlag erlegen. Heine»Aaost-'-Lallett. Der Kapellmeister de« tschechischen National- theater« in Prag , Franz Tlvor, hat eine Vertonung de« phantastischen Ballett«.Dr. Faust- geschaffen, da« Heinrich Hein- im Jahre 1851 aus An- regung de« Londoner Theaterdireltor« Lumlep geschrieben hatte. Die Ur- aufführung soll am 10. Juli in Prag stattfinden. vi« Theologeaschnle in ceningrod. Bon den vor Kriegsausbruch in Ruhland ansasstgen 212 evangelischen Geistlichen waren zu Beginn diese« Jabre« nur noch 82 verblieben, fodah jeder einzelne mehrere weit zerstreute Kirchspiele zu versorgen hat. Da ein Zuzug au« dem Äu«Iandi staatlicher- seit« streng abgewehrt wird, entschlossen sich die sührenden Männer zur Sr- richtung eine« eigenen Predigerteminar« in Leningrad , da» bereit« 30 Sc- minaristen zählt. Der Kursus ist aus drei Jahre berechnet. polen ohne Professoren. In der polnischen Senatskommission für Budget und Finanzen wurde ein Aend«rung»ankag zum Lehrergesetz an- genommen, wonach der Titel.Professor- in Polen abgeschasst werden soll