„Den Unbesiegten die besiegten Sieger der Zurunst!" Die Inschrift enthüllt den Seelenzustand jenes Teiles der aka- demischen Jugend, der dem nationalistischen Rausche und dem Rachegedanken verfallen ist. Es spricht ein gewisser Stolz aus dieser Inschrift— jener Stolz, der die Inschrift geboren hat, die Wilhelm II. auf das Denkmal des römischen Erbauers der Saalburg setzen ließ: der Imperator der Deutschen dem Imperator der Römer! Jener Stolz, der einem anderen ein Denkmal setzte, um sich selbst noch bei Lebzeiten vor dem Verdienste ein Denkmal errichten zu können. Die Sieger der Zukunft! Das find wir, die akademische Jugend, die den nationalistischen Rachegedanken entzündet! Wir haben zwar nicht gesiegt, aber wir werden siegen— victuri, die da siegen werden. Die nationalistische Ueber- Hebung hat nicht den Toten des Weltkriegs, sie hat sich selbst ein Denkmal gesetzt. Sie gab vor, die Toten zu feiern— aber sie feierte in Wahrheit den Vortraum eines Sieges, den sie nicht erfochten hat, und den sie nicht erfechten wird, weil der Geist des Friedens und der Völkerversöhnung über den dunklen Rachegeist und das bewaffnete Gespenst des Krieges triumphieren wird. Voll Stolz blickt die nationalistische akademische Jugend aus jene Inschrift, die sie selbst, zwar nicht ihre Taten, aber ihre Träume von ihren Taten feiert. Es ist ein gewisser Stolz— aber ein Stolz ohne Opfer! » Die Sieger der Zukunft werden andere sein— nicht jene, die sich heute selbst einen Denkstein setzen. Der Sieg der Zukunft gehört jenen, die den Geist des kriegerischen Chau» vinismus in sich selbst besiegen, und nicht mehr die Würde eines Volkes am Schlachtenruhme messen. Die akademische Jugend, die die Wandlung des europäischen Denkens empfin- det und an ihr arbeitet, wird die künftige Führerin des Volkes sein. Der nationalistische Teil der akademischen Jugend blickt in die Vergangenheit, nicht in die Zukunft. Cr ist keine Hoff- nung des Volkes, sondern ein Hindernis auf seinem Wege zur wahren Freiheit. Er mag sich selbst einen Denkstein setzen, mag sich berauschen an einem Mut ohne Gefahr, einem Stolz ohne Opfer— die Zukunft birgt für ihn nur die nieder- drückende Erkenntnis, daß der neue Geist über ihre dunkle Racheideologie triumphieren wird. Die sich heute auf einem Denkmal aus Stein die Sieger der Zukunft nennen, werden dereinst die Besiegten sein.
Preußen unü walüeck. Kündigung des Vertrages mit Preusten. Das preußische Staatsministerium hat den bestehenden Staats» ertragvon 1883 mit dem Freistaat Wal- deck, der im wesentlichen die Verwaltung Waldecks durch Preußen regelt, in einem vom Ministerpräsidenten Braun unterzeichneten Schreiben vom 29. Juni gekündigt. In dem an den Ländesausschuß gerichteten Schreiben des Ministe- riums heißt es: „Das preußische Staatsministerium kann die staatsrechtliche Lage des Landes Waldeck , wie sie sich hinsichtlich der Rechtsstellung des preußischen Staates aus dem zwischen Preußen und Wäldcck unter dem 2. März 1883 geschlossenen Vertrage wegen Fortführung der Verwaltung der Fürstentümer Waldeck und Pyrmont durch Preußen und asts der in den Waldecker Gesetzen von 1919 und 1922 getroffenen vorläufigen Regelung ergibt, nicht länger für vereinbar mit den Er- fordernissen halten, die sich aus Artikel 17 der R e i ch s o e r- f a s s u n g für die Verfassung und Regierung eines Landes ergeben. Um dem Lande Waldeck die Möglichkeit zu geben, freivonjedem preußischen Einfluß seine Verfasiung und Regierungsform nach den Erfordernissen der Reichsvcrfassung zu gestalten, kündigt das preußische Staatsministerium hiermit die in dem Vertrag getroffenen Vereinbarungen gemäß Artikel 10 des Vertrages. (gez.) Braun, Ministerprästdent.�
Theaterskanöal. Die Volksbühne erfreut sich des Rufes, das beste Theaterpublikum Berlins zu besitzen. Schauspieler und dramatische Autoren stimmen in dem Urteil überein, daß sie in keinem anderen Theater einer Zu- Hörerschaft begegnen, die mit so frischer und unbefangener Aufnahme- fahigkeit und mit so ernstem und ehrlichem Verständniswillen die künstlerischen Darbietungen auf sich wirken läßt, wie das Publikum der Volksbühne. Vor diesem Publikum sich zu produzieren— das hört man immer wieder— sei eine Freude. Selbst wo die Zu- schauer einmal nicht mitzugehen vermögen, ist die Form der Ab- lehnung eine so vornehme, daß sie den„Premierentigern� der bür- gerlichen Bühnen als Vorbild dienen könnte. Nun hat sich bei einer Aufführung Im TheateromBülow- platz der glücklicherweise sehr seltene, man kanp sagen unerhörte Theaterskandal ereignet. Wir haben im gestrigen Abendblatt schon kurz darüber berichtet. Die Sommerdirektion des Theaters spielt eine Posse, deren Erstaufführung bei Presse und Publikum einen starken Erfolg hatte und deren bisherige Wiederholungen lehr beifällig aufgenommen wurden. Ein leichtes Stück ohne hohe literarische Ansprüche, harmlos, ulkig und amüsant, wie es die Bühnen in der Sommerzelt zu geben pflegen. Die Vorstellungen der Sommerdirektion gehören im allgemeinen nicht zu den Theater- abenden, deren Besuch für die Mitglieder der regulären Volk». bühnenabteilungen bestimmt ist. Sie sind eine private Angelegenheit der Direktion, fast ausschließlich auf den Kassenverkauf gestellt. Daß es sich dabei niemals um wertlosen Plunder handelt, dafür bürgt sowohl die Person des Direktors Heinrich Rest, als auch die V«r. einsleitung der Volksbühne, die darauf achtet, daß auch die fommer- lichen Darbietungen ihres Theaters stets ein anständiges künstlerisches Niveau innehalten. Technische Gründe nötigten nun die Vereins- leitung diesesmal, die Sommerposse zwei Jugendsonderabteilungen der Volksbühne als letzten Theaterabend der Spielzeit zu bieten. Die Jugendlichen hatten den Wunsch geäußert. Zechs„Trunken« Schiff* zu sehen, dieser Wunsch ließ sich aber nicht erfüllen. Die Folge war Enttäuschung, und der Aerger gab sich während der Auf. führung in lauten Protestrufen kund. Ein Teil des Publikums nahm gegen die Jugendlichen Partei, und es entstand ein Lärm, der fast zu einem vorzeitigen Abbruch der Vorstellung geführt hätte. Daß unter den 180 000 Mitgliedern der Volksbühne sich eine kleine Anzahl findet, die gelegentlich von den traditionellen Ge- wohnheiten dieses Elitepublikums abweicht, wäre an sich nicht wunderbar. Daß diese kleine Anzahl aus Jugendlichen besteht, ist ein mildernder Umstand und mehr als das. Es ehrt die jungen Leute, daß sie ernste literarische Kost in jedem Fall einer leichten Unterhaltung vorziehen und daß sie sich selbst in der tropischen Hitze dieses Juliabends die Aufnahmefähigkeit für schwere dramatische Kunst zutrauen dürfen. Insofern kann die Volksbühne stolz auf ihvm Nachwuchs fein. Daß sich der jugendlich« Unwille aber in
Da in dem Vertrage eine zweijährige Kündigungsfrist vorgesehen ist, tritt die Lösung des Vertragsoerhältnisses am 29. Juni 1928 in Kraft. Der Landesausschuß von Waldeck hat in seiner Sitzung vom 6. d. M. von der Kündigung Kenntnis genommen und gleichzeitig den Landesdirektor beauftragt, mit dem preußischen Staatsminister in Verhandlungen ein- zutreten. Mit dieser Kündigung ist die Frage der Selbständigkeit von Waldeck wieder akut geworden. Während die Linkspar- teien schon seit langem die Vereinigung Waldecks m i t Pr e u ß e n erstreben, suchen die Rechtsparteien mit allen Mitteln die Selbständigkeit Waldecks zu erlangen. Wie erinnerlich, hat sich der K r e i s Pyrmont(früher eine Enklave Waldecks in Preußen) bereits 1922 an Preußen angeschlossen, und es ist wahrscheinlich, daß die veränderten Umstände nun auch zu einem Anschluß Waldecks an Preußen führen werden, da schon rein finanziell die Einkünfte des Frei- staates Waldeck zur Bestreitung der Verwaltungskosten nicht ausreichen dürften.
Straßenöemonftration für Naslow. Rebellion gegen die KPD. -Zentrale. Rote Fahnen mit dem Sowjetstern im Norden Berlins . Dele- gatlonen aus fast allen Bezirken der Groß-Berliner KPD., Jugend, Rote Frontkämpfer in langen Zügen. Zwei Musikkapellen. So gings gestern nachmittag nach Tegel hinaus. Nur wenige, die von den Bllrgerstetgen und den Fenstern auf den fahnenumwehten Zug blickten, ahnten, daß sie einem Schauspiel beiwohnten, das in seiner Art bisher einzig dasteht: einer kommunistischen Straßenkundgebung gegen die Zentrale der KPD . Die Ehrung galt nämlich keinem anderen als dem russischen Revolutionär M a s l o w. der gestern au» dem Tegeler Ge- f ä n g n i s entlassen werden sollte und über den Moskau den großen Bann verhängt hat. Am 8. Juli war in der»Roten Fahne* folgende offizielle Be- konntmachung zu lesen: Wie wir erfahren, haben einige Genossen Einladungen für eine Begrüßungsfeier anläßlich der Entlassung des Gen. M a s l o w aus dem Gefängnis versandt. Die Feier ist nicht von der Parteiorganisation veranstaltet. wir fordern darum alle Genossen auf, dieser Veranstaltung sern zu bleiben. Z. S. d. SPD . Trotz dieses Verbots des Zentralkomitees lange Züge mit roten Fahnen und Sowjetstern! Rote Frontkämpfer. Musikkapellen. Für Maslow! Gegen das Zentralkomitee der KPD.! Als der Zug in Tegel ankam, war Maslow indes schon fort. Er war nach der Stadtoogtei gebracht und von dort ent- lassen worden. Infolgedessen bewegte sich der Zug zurück nach dem Wedding , wo der kommunistische Reichstagsabgeordnete U r b a h n s eine Ansprache hielt, worauf sich der Zug auflöste. So meldet der„Rcichsdienst der Deutschen Presse*. Als am 14. Juni zweimalhunderttaufend Berliner Arbeiter, dem Ruf der Sozialdemokratie folgend, für den Volksentscheid demon- strierten, hatte die„Rote Fahne* den witzigen Einfall zu schreiben, es seien nur 60 000 gewesen, und diese 60 000 hätten„eigentlich* gegen die sozialdemokratischen Führer,„gegen di« Wels und Stampfer*, demonstriert. Gegen wen haben gestern Berliner Kommunisten, Rote Front- kämpfer mit Fahnen und Musik demonstriert? Wird die„Rote Fahne* dieses Geheimnis ihren Lesern verraten? Maslows Aufenthaltserlaubnis in Deutschland läuft in vierzehn Tagen ab. Maslow ist aufgefordert, nach Moskau zu kommen, um sich wegen seines„unwürdigen Verhaltens* In seinen Prozessen zu oerantworten. E» droht ihm also, wenn er aus Deutschland ab- geschoben wird, als politischem Flüchtling neue Verfolgung. Das wäre unseres Erachlens Grund genug, ihm ein Asylrecht in Deutsch - land zu gewähren.
Formen äußerte, die im Theater des Berliner Proletariats sonst»n- erhört sind, ist eine Entgleisung, die ernste Rüge verdient. Wir hoffen, daß es den jungen Lärmmachern heute schon selber zum Bewußtsein gekommen ist, wie sehr ein so undiszipliniertes Ver- halten den Ruf der Volksbühne schädigen muß. Ihre Strafe haben sie übrigens bereits weg und zwar in einem Maß, das uns fast allzu streng erscheint. Von einigen burgettichen Zeitungsberichterstattern wurden sie irrtümlich für völkische Radaubrüder gehalten! Das ist bitter._
Slitzschlagverlehungen. Die schweren Gewitter der letzten Tage haben furchtbare Menschenopfer gefordert und uns die Gefahren, die mit solchen Naturerscheinungen verbunden sind, deutlich vor Augen gesührt. Am meisten ist natürlich beim Gewitter der Blitz zu fürchten, von dem durchschnittlich alliährlich etwa 1900 Menschen getötet oder beschädigt werden. Diese Verletzungen durch Blitzschlag haben sehr merkwürdige Eigenheiten, über die Dr. Max Grünewald in der Zeitschrift„Der Naturforscher* eingehend berichtet. Die menschliche Haut vermag zwar Elektrizität bis zu einem gewissen Grade zu leiten, aber wenn ihr durch den Blitz gewaltige Elektrizitätsmengen zugeführt werden, so verwandelt sich die Elektrizität innerhalb der Haut und der Zellen in Wärme, und durch die Erhitzung werden ganze Reihen von Zellen und Gewebsteilen zerstört. Es entstehen keine eigentlichen Brandwunden, sondern brandwundartige Schäden, durch die das Gewebe oft wie gekocht aussieht, manchmal wachsartig und ähnlich den Verletzungen bei Schüssen. Durch diese Eigenart der Verwun- dung ist es möglich, daß die Kleidung ganz unversehrt bleibt, während die Haut stark zerstört ist. Andererseits können durch den Blitzschlag auch die Kleidungsstücke sehr heiß werden und dann echte Brand- wunden aus der darunterliegenden Haut hervorrufen. Die elektrische Entladung, die in einer Reihe rasch aufeinanderfolgender, hin und her gehender Funken beim Blitzschlag erfolgt, ruft auf der Haut die sogenannten B l i tz f i g u r e n hervor, die manchmal sehr seltsame Formen haben, zunächst scharlachrot sind und allmählich blasser werden. Man hat im direkten Anschluß an eine Blitzschlagverletzung nicht selten Geistesstörungen beobachtet. Viele vom Blitz Getroffene wissen überhaupt nicht, wie sie zu den Verletzungen gekommen sind, und machen ganz falsche Angaben. Daß die Lähmung einzelner Körper- teile nach Stunden oder Tagen sich vollkommen bessert, wird nicht selten beobachtet. Liegt keine Verletzung eines Organs vor, so gehen die nervösen Erscheinungen nach einigen Tagen oder Wochen voll- kommen zurück. Die einmal vom Blitz Getroffenen zeigen aber später meist beim Auftreten eines Gewitters große Erregung und Aengstlich- keit. An den Augen kommt es durch den Blitzschlag zu Trübungen der Linse, an den Ohren zu vorübergehender Schwerhörigkeit oder Taubheit. Zahlreiche innere Störungen können auftreten. Der Tod kann durch die Versetzung lebenswichtiger Organe oder durch einen besonders heftigen Schock hervorgerufen werden. Die Kleidung eines vom Hitzschlag Getöteten zeigt meistens unregelmäßige Zerreißungen. Dabei kommen die merkwürdigsten Zufälle vor. So wurde z. B. einem Bauernburschen ein neuer Schaftstiefel vom Blitz vollkommen zerfetzt vom Fuß gerissen, während der Fuß selbst unverletzt blieb.
Hitlers ausländische Gelder. Sensationelle Geständnisse HitlerS vor Gericht. Plauen , 10. Juli. (Eigener Drahtbericht.) Vor dem Amts- gericht in Plauen i. V. fand am Freitag ein großer Prozeß statt, der sich mit der Unterstützung der nationalsozialistischen Bewegung durch ausländische Gelder beschäftigte. Im Prozeßverlauf wurde u. a. Adolf Hitler als Zeuge vernommen. Angeklagt war der Redakteur der Plouener.Volkszeitung* Genosse F ritsch, der in der Plauener Stadtverordnetenversammlung anläßlich eines scharfen Zusammenstoßes mit der völkischen Fraktion behauptet hatte, daß für die völkische Bewegung unter Kenntnis Hitlers ausländisches, darunter auch französisches Geld geflossen sei. Hitler hatte darauf- hin Privatklage eingereicht. Die Verteidigung, die von dem Reichs- tagsabgeordneten Dr. L e v i geführt wurde, konnte in der Beweis- aufnähme feststellen, daß die völkische Bewegung sehr wohl aus- ländisches Geld erhalten habe, hiller gestand als Zeuge ganz offen zu. daß zu jeuer Zeit, wo durch besonderes Reichsgesetz die Deoisenbeschlagnahme für die Reichsbank ausgesprochen war. die Hitler-Vewegung in Prag und Zürich Bankkonten unterhalten habe und damit gegen die Devisenbestimmungen verstieß. Hitler selbst gab zu, daß außer dem Blücherbund auch noch der Wikingbund französisches Geld erhalten habe. Die Sensation des Prozesses war die Vernehmung des früheren Landesleiters der Nationalsozialistischen Arbeiterpartei von Württemberg Max Weber . Cr erklärte in bezug auf die Geldbeschaffung für die Par- tei, es hätten sich führende Parteigenossen wiederholt mißjällig dar- über geäußert, daß gerade Hitler selbst der schärf st e Trei- der in der Gewinnung ausländischer Geldmittel gewesen sei. Er berief sich dabei auf einen Brief, den Reichstagsabge- ordneter Feder an Hitler geschrieben habe, worin Hitler unter Hin- weis auf die Wirkung in der Oefsentlichkeit dringend gebeten wurde, sein Jagen nach ausländischem Geld einzustellen. Im Jahre 1923 habe man zwar die im Verwaltungsdienst angestellten Personen mit deutschem Papiergeld bezahlt. Dagegen seien die Offiziere der Sturmtruppen mit ausländischen Devisen, darunter schweizerischen Fronken und holländischen Gulden, bezahlt worden. Entgegen den Anträgen der Verteidigung wurde die Beweisaus- nähme dann geschlossen. Hitler und sein Anwalt versuchten, die Unterstützungen aus ausländischen Mitteln als harmlos hinzustellen. Das Gericht hat die Urteilsverkündung auf den kommenden Freitag angesetzt. Wie auch das Urteil ausfallen mag. so wird Hitler nicht behaupten können, daß er bei diesem Prozeh große Lorbeeren geerntet hat._ Milüerung ües§ 218. Gin Antrag im Rechtsausschust des Landtags. Der Rechtsausschuß des Landtags nahm am Senn- abend in seiner lebten Tagung vor dem Herbst in der Frage der Aufhebung der vielumstrittenen 88 218 bis 2 20 des Reichs- Strafgesetzbuches(Abtreibungsparagraphen) einen Zentrums- a n t r a g an, der eine Nachprüfung der vor dem 8. Juli 1926 ausgesprochenen Verurteilungen wegen Ab- treibung verlangt. Es soll nachgeprüft werden, ob mit Rücksicht auf die durch da- neue Reichegesetz eingetretenen Milderungen ein Gnadenerweis angebracht erscheint. Notwendig ist, wie das auch die sozialdemokrattsche Fraktion des Landtags gefordert hat. ein Gesetz über Gewährung von Straferlaß wegen Zuwiderhandlung gegen die 83 218 und 219, wonach alle Strafen, die bis zum Inkrafttreten der Novelle zu dem Abtreibungsparagraphen wegen Zuwiderhandlung gegen die 83 218 und 219 rechtskräftig erkannt worden sind, nebst den Nebenstrasen und den rückständigen Kosten erlassen werden, es sei denn, daß der wegen Zuwiderhandlung gegen den 8 219 Verurteilte durch die Straftat einen übermäßigen Gewinn erstrebt oder die Gesundheit der Schwangeren durch grobe Fahrlässigkeit geschädigt hat.
Die Luxemburgische Regierung hat acht ausländisch« Kommu- nisten ausgewiesen. Sie hat es mit der Angst bekommen, als ein Führer der Kommunisten angekündigt hatte, sie würden der Bourgeoisie demnächst den Garaus machen.
Zur Rettung der vom Blitzschlag Getroffenen muß der Verletzte zunächst an die frische Luft gebracht werden, und bei Atmungsstill- stand ist sofort mit künstlicher Atmung zu beginnen. Bei den Wieder- belebungsversuchen muß der Kopf des Verunglückten hochgelagert werden, damit nicht kleine Gcfäßzerreißungen im Gehirn durch das sich senkende Blut große Blutergüsse veranlassen. Dem Verunglückten muh zunächst Bettruhe und dann eine mehrwöchige Erholungszeit oerordnet werden.
Der Nachfolger Oerings. Zum Nachfolger des Nationalökonomen Max Gering ist der Kieler Professor Dr. o. G o t t l- O tt i l i e n- feld ernannt worden, ein früherer österreichischer Offizier, der als Schüler von Knies und Erdmannsdörffcr sich den Staatswissenschaften widmete, Prioatdozent in Heidelberg , Brünn und München war und 1924 als ordentlicher Professor der Nachfolger Beckeraths in Kiel wurde. Er hat außer einer bemerkenswerten Arbeit über„Technik und Wirtschaft* einige methodologische Schriften ohne größere Be- deutung verfaßt und sich jedenfalls nie mit agrarpolitischen Fragen beschäftigt. Es scheint also, daß es der Berliner Universität nicht ge- lungen ist, einen einigennaßen vollwertigen Ersatz für Gering zu finden. Eine Riesenbrücke. Die zurzeit größte Spannwelte aller Drücken weist die neue Delawarebrücke in Philadelphia auf. die dort am 4. Juli anläßlich der ISO-Iahrseier der Unabhängigkeitserklärung dem Verkehr übergeben wurde. Ihre Mittelöffnung hat eine Weite von SZ3,7 Meter, die beiden Seitenösfnungen sind je 229 Meter weit. Die Brücke, die dem Straßenverkehr zwischen dem Franklin-Sguare und der Pearlstreet in Camden dient, ist eine Kabelhängebrücke— diese Bauart wird noch immer in Amerika bevorzugt und sowohl wirtschaftlich wie schönheitlich als überlegen angesehen. Parallele Fachwerkträger bewirken die Aussteifung. Ueber jeden dieser beiden Träger ist ein Kabel aus parallelen Drähten von 762 Millimeter Gesamtdurchmesser gespannt. Das Kabel übertrifft alle bisherigen Kabeldicken— die Kabel der Brooklynbrücke sind z. B. nur 460 Millimeter stark. Der Fahrdamm mit zwei Fußwegen wird von zwei Straßenbahngleisen begrenzt. Der Bau der Brücke hat fünf Jahre gedauert. Arabische Stenographie. Nach langen Studien ist e« dem Ingenieur Arian in Kairo gelungen, eine auf die Bedürfnisse der arabischen Sprache zugeschnittene Kurzschrist zu erfinden, die berufen sein dürfte, in der gesamten orientalischen Welt eine große Roll« zu spielen. Das System Arian, das auf den phonetischen Elementen der Sprachen aufgebaut ist, ist so abgefaßt, daß man es gleichzeitig im Armenischen, Persischen , Georgischen und Türkischen verwenden kann. Die ägyptische Regierung hat das System bereit» offiziell anerkannt und im Parlamentebctrieb eingeführt. Iviedererössnung de» Alünchener vilkerkundemase»««. In München ist daS Völkerkundimuseinn in den Räumen deZ ehemaligen Deutschen Museums wieder erSistiet worden. ES enthält jetzt auch ein Filmarchiv für vergleichende Völkerkunde. Kriegskrüppel als Kunsthandwerker. Die Londoner Presse berichtet begeistert über ein« Kuiistgewerbeautstellung, deren ISmIllche Wegenstände — bemalte Tischdecken, Kleider. Kimono». Sonnenschirm«— an» einer Genossenschaft stammen, die von Kriegskrupveln gegründet worden ist. Die Mitglieder der Genossenschast. 35 an der Zahl, besitzen zusammen nur SS lesund« Arm« und 42 gesunde Letne.