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3. Beilage zum Vorwärts " Berliner Volksblatt.

Mr. 180.

Bum Agrarprogramm geben wir heute wieder eine ausführliche Zusammenstellung von Meinungsäußerungen aus der Reihe unserer Parteiblätter. In der Neuen Zeit" liegt die erste Hälfte einer Kritik von Karl Kautsky vor. Von Kautsky rührt bekanntlich die jezige Faffung des sozialdemokratischen( sogenannten Erfurter) Programms her. Im nachstehenden reproduziren wir den Artikel der Neuen Zeit" wörtlich, indem wir nur die kurze Ein­leitung fortlassen.

Sonntag, den 4. August 1895.

12. Jahrg.

Sinn. Die Zustände der Arbeiter in Gewerbe 2c. tönnen neuen Programms, die dem Umstande entspringt, daß das darunter nicht gemeint sein, denn davon ist im vorhergehenden Agrarprogramm in das allgemeine Programm eingearbeitet", sein, die Zustände der Unternehmer günstiger zu gestalten, programm ist aber fireng logisch gegliedert, und die Ein. die Rede. Aber es kann doch unmöglich unsere Aufgabe d. h. mechanisch in dieses hineingeflickt wurde. Das Parteis Staatshilfe zur Hebung des Profits und der Grundrente zu verarbeitung" fremder Bestandtheile fonnte nicht geschehen, ohne die langen! Also welche Zustände find da gemeint? Und sind die Logit umzuwerfen, auf der es beruht. Zustände in Gewerbe, Handel, Börsenjobberei 2c. im Rahmen Die nächsten Forderungen des Erfurter Programms zerfallen der bestehenden Gesellschaft überhaupt zu verbessern? Können in zwei Theile: erstens Forderungen, die sich auf die gesammte wir die Ueberproduktion abschaffen, die Krisen, die Vernichtung Bevölkerung beziehen, und zweitens besondere Forderungen für der Kleinen durch die Großen 2c.? die Arbeiterklasse. Die Agrarkommission wollte besondere Fordes

Der ganze Satz ist offenbar nichts als ein frommer Wunsch, rungen im Interesse der Landbevölkerung aufstellen. Soweit bei dem man sich jedoch nichts Rechtes denken kann, eine leere dieselben den Landarbeiterschutz betrafen, war ihre natürliche Redensart im Munde eines Sozialdemokraten, die den Stempel Stellung in jenem Absatz, der die besonderen Forderungen im des Kompromisses offenkundig auf der Stirne trägt. Interesse der Arbeiterklasse enthält. Diese wurden dort auch Völlig unbegreiflich aber ist uns der Schlußpassus der Ein- sachgemäß eingefügt. schiebung, die Versicherung, daß wir Demokratifirung und Sozial- Aber die Kommission fühlte sich verpflichtet, auch für den reformen im Rahmen der bestehenden Staats- und Bauernschuh etwas zu thun. Für die Forderungen in dieser Gesellschaftsordnung verlangen. Man bedenke: wir Richtung gab es unseres Erachtens nur einen Play; es mußte verlangen" Demokratifirung aller öffentlichen Einrichtungen", wie für den Arbeiterschutz, so auch für den Bauernschutz eine z. B. Wahl der Behörden durch das Volt, also eine höchst demo- besondere Rubrik geschaffen werden. Statt deffen hat fratische Republik im Rahmen der bestehenden preußischen, man die Forderungen zu gunsten der Landwirthschaft" in die mecklenburgischen 2c. Staatsordnung"! Forderungen für die gesammte Bevölkerung eingearbeitet". Den Grund für dieses Verfahren hat die Kommission nicht angegeben, aber das Ergebniß desselben ist klar: die Landwirthschaft ist dadurch in unserem Programm zu einem privilegirten, bevors zugten Beruf geworden, der auf allen Gebieten vor den anderen Berufen etwas voraus haben soll. Das zeigt schon unser§ 7. Nur für die Landwirthschaft werden Musterwirthschaften und Versuchsstationen, sowie regel­mäßige Unterrichtsturse" verlangt. Warum nicht Musterwerk­stätten, Musterfabriken, Mustertheater 2c.?

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Der Charakter unserer Bewegung. Der grund­sätzliche Theil des Erfurter Programms ist von den Vorschlägen der Agrarfommiffion unberührt geblieben. Dagegen hat diese bereits an dem einleitenden Sah zum zweiten Theil des Pro­gramms eine umfassende Aenderung vorgenommen, die charakte­ristisch ist für das ganze Werk der Kommission und daher näher betrachtet werden soll. Bisher lautete diefer Satz einfach: Ausgehend von diesen Grundsätzen fordert die sozialdemokratische Partei Deutschlands zunächst:" Das erschien der Kommission jedenfalls zu nackt, und so hat fie gewissermaßen eine Quintessenz unserer Forderungen in den Die Kommission hatte da wohl einen anscheinend ähnlichen Satz eingefügt, der nach ihrem Vorschlag lauten soll:" Ausgehend Paffus im Auge, der sich im Gothaer Programm fand, der aber von diesen Grundsätzen fordert die sozialdemokratische Partei Deutsch - in das Erfurter Programm nicht aufgenommen wurde, weil er lands zur Demokratisirung aller öffentlichen Einrich- höchst überflüssig war und irreführend wirken konnte. tungen in Reich, Staat und Gemeinde, für die Hebung Die Forderungen im zweiten Theil unseres Programms der sozialen Lage der arbeitenden Klassen und werden als nächste Forderungen der Sozialdemokratie für die Verbesserung der Zustände in Gewerbe, aufgestellt, b. h. sie ertärt, daß zunächst diese verwirklicht werden Landwirthschaft, Handel und Verkehr, im müssen, ehe sie weiter schreiten kann, und daß die genannten Rahmen der bestehenden Staats- und Gesell- Forderungen, wenn die nöthigen Machtmittel zur Verfügung fchaftsordnung zunächst": stehen, heute schon verwirklicht werden können. Das Wörtchen zunächst" drückt für sich allein diesen Gedanken genügend flar aus, flarer als die Erklärung, die Sozialdemokratie stelle zunächst Forderungen innerhalb der heutigen Gesellschaft", wie es im Gothaer Programm hieß.

Welchen Zweck hat diese Einfügung? Kürze ist noth­wendige Eigenschaft eines jeden Programms. Das Erfurter Programm ist schon fast zu lang gerathen und darf ohne dringende Nothwendigkeit nicht erweitert werden. Lag eine solche Nothwendigkeit hier vor? Die eingefügten Worte sollen keinen neuen Gedanken in das Programm einführen, sie sollen es nur erläutern, flarer gestalten. Gelingt ihnen das?

Die Forderungen, die unsere Partei im zweiten Theil ihres Programms aufstellt, sind ihr nicht eigenthümlich, sondern zum theil mit der bürgerlichen Demokratie, zum theil mit den bürger­lichen Sozialreformern gemein. Was uns von beiden unterscheidet, find nicht einzelne dieser Forderungen, sondern der Gesammt charakter unserer Bewegung. Sie wird gebildet durch den Klassenkampf des revolutionären Proletariats und steht dadurch in direktem Gegensatz zur bürgerlichen Demokratie wie zu den bürgerlichen Sozialreformern.

Die bürgerliche Demokratie ignorirt die Klassengegensätze. Im Klaffentampf sieht sie nicht den Hebel der geschichtlichen Ent­wicklung, sondern die Folge eines bedauerlichen Mißverständ­nisses, das nur aus der Unwissenheit der Massen entspringt. Das Volk ist ihr, höchstens abgesehen von den obersten Zehn tausend, eine einheitliche Masse mit einheitlichen Interessen. Verschafft man dem Volt die Macht, d. h. demokratifirt man alle öffentlichen Einrichtungen und flärt es über seine wahren Interessen auf, dann ist der soziale Friede hergestellt und der Himmel auf Erden gesichert.

Fühlte aber die Kommission trotzdem das Bedürfniß, den aufgegebenen Paffus aus dem Gothaer Programm wieder aus zugraben, dann mußte sie ihn genauer betrachten, ehe sie ihn auf­nahm. In diesem Programm heißt es:

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Noch auffallender tritt diese Bevorzugung der Landwirths fchaft in den folgenden Paragraphen zu tage; 3. B. im§ 11: 11. Abfchaffung aller mit dem Grundbesitze verbundenen behördlichen Funktionen und Privilegien( felbständige Guts­bezirke, Borrechte in Vertretungskörperschaften, Patronatsrechte, Fideikommiffe, Steuervorrechte u. s. w.). Entschädigungslose Auf­hebung jeglicher Art noch bestehender Erbunterthänigkeit und der aus derselben herstammenden Lasten und Pflichten."

Warum nur die Privilegien des Großgrundbesizes Die sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands fordert aufheben? Das Eisenacher Programm enthielt die Forderung: innerhalb der heutigen Gesellschaft: ,, Aufhebung aller Vorrechte des Standes, des Besizes, der Ge 1. Möglichste Ausdehnung der politischen Rechte und burt und Konfession." Später hielt man es für überflüssig, diese Freiheiten im Sinne der obigen Forderungen 2c." Forderung besonders aufzustellen, welche die selbstverständliche Von der bestehenden Staatsordnung ist da gar keine Konsequenz unserer Grundsätze ist. Das Gothaer Programm Rede, ebensowenig von Demokratifirung aller öffentlichen Ein- proklamirte in feinem grundsäglichen Theil die Beseitigung aller richtungen. Das ist denn doch etwas ganz anderes, als der sozialen und politischen Ungleichheit", und das Erfurter Pro­Vorschlag der Agrarkommission. Die Demokratifirurg aller gramm erklärt, daß die Sozialdemokratie für die Abschaffung der öffentlichen Einrichtungen" innerhalb der bestehenden Staats- Klassen und für gleiche Rechte und Pflichten aller kämpft. Daneben in ordnung" zu verlangen, ist gleichzeitig ein Nonsens und eine Preisgebung des ganzen bisherigen Charakters unserer Be­wegung, wie die bürgerliche Presse bereits mit recht heraus­gefunden hat. So lange wir nicht eines anderen belehrt werden, fönnen wir diesen Satz nur als einen Lapsus betrachten, der allerdings nicht auf allzu sorgfältige Redigirung schließen läßt. Es wäre geradezu eine Beleidigung, anzunehmen, daß es irgend einen Parteigenossen giebt, der im stande wäre, diesen Satz in seinem vollen Wortlaut zu vertreten.

Aber selbst wenn wir von dem letteren als einem einfachen Schreibfehler ganz abfehen, bleibt der Eindruck des Einschiebfels der Kommission ein unerfreulicher: es ist überflüssig, unklar und nur geeignet, irre zu führen und das Wesen unserer Bewegung

Diese Anschauungen sind heute im Absterben begriffen, die Thatsachen sprechen zu laut gegen sie. Die bürgerliche Demo­tratie wird theils abgelöst, theils erweitert durch das Sozial­reformerthum, jene Richtung, welche die sozialistische Kritit als berechtigt anerkennt und Eingriffe ins Wirthschaftsleben verlangt, zu verwischen. aber nur, um diejenigen mit den bestehenden Verhältnissen zu Agrarprogramm und agrarisches Programm. versöhnen, die am meisten darunter leiden. Sie vergißt dabei, Denselben Charakter wie die Einleitung zeigen die einzelnen For daß es unmöglich ist, die bestehenden Klassengegensätze zu verderungen, welche die Kommission aufgestellt hat. Das beweist ringern, geschweige aufzuheben, ohne die heutige Gesellschaft in uns gleich der erste der verbesserten" Paragraphen, der§ 7, obs ihren Grundfesten anzutasten. wohl er der harmloseste von allen ist.

Die Kommission schlägt folgende Fassung vor:

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einem besonderen Paragraphen noch für die Bauern die Beseitigung einiger Vorrechte des preußischen und mecklenburgischen Groß­grundbesitzes verlangen, heißt denn doch, um der Bauern willen unser Programm auf ein gar zu tiefes Niveau kleinlicher Detail­främerei herabdrücken.

Auch in den folgenden Paragraphen tritt die Privilegirung der Landwirthschaft deutlich hervor, so im§ 17, der die staat­liche Hilfeleistung bei Nothständen infolge verheerender Naturereignisse" fordert. Wozu die Einschränkung durch die letzten Worte? Warum nicht staatliche Hilfeleistung bei Mothständen überhaupt? Warum nur bei Nothstand aus Mißwachs, Hagelschlag, Wiehseuche, Ueberschwemmung, und nicht auch bei Nothstand infolge von Ueberproduktion, von Handels­frisen, von Zollfriegen 2c.? Sollen wir wirklich vom Staat für den Grundbesitzer mehr als für den Prole tarier verlangen?! Noch auf einen Paragraphen sei hier hingewiesen, den

§ 14:

,, 14. Staatskredit an Genossenschaften, die alle Betheiligten umfassen, oder an einzelne Gemeinden für Feldbereinigung, Boden- Meliorationen aller Art, Entwässerung und Bewässerung. Uebernahme der Kosten für Bau- und Instandhaltung der öffent­lichen Verkehrsmittel( Bahnen, Straßen, Wege, Wasserläufe), sowie für Deiche und Dämme auf den Staat oder das Reich." Auf die Forderung des Staatskredits für Genossenschaften fommen wir noch in anderem Zusammenhang zurück. Hier nur folgende Bemerkung: entweder hält man die Forderung des Staatskredits an Genossenschaften für ersprießlich oder nicht.

Nicht selten haben Demokraten den Wunsch ausgesprochen, Er lautete bisher: die Sozialdemokratie möge ihren Klassencharatter wenigstens 7. Weltlichkeit der Schule. Obligatorischer Besuch der einstweilen fahren lassen und sich mit der bürgerlichen Demo- öffentlichen Volksschulen. Unentgeltlichkeit des Unterrichts, der fratie zur Erringung demokratischer Einrichtungen vereinigen. Lehrmittel und der Verpflegung in den öffentlichen Volksschulen, Auf der anderen Seite haben Sozialreformer den Wunsch aus- sowie in den höheren Bildungsanstalten für diejenigen Schüler gesprochen, die Sozialdemokratie möge ihren revolutionären und Schülerinnen, die kraft ihrer Fähigkeiten zur weiteren Aus­Charakter zurücktreten laffen und mit den Sozialreformern bildung geeignet erachtet werden." zusammen auf die Durchführung sozialer Reformen hin­arbeiten. Warum sich wegen grauer Theorien über die Zukunft 7. Weltlichkeit der Schule. Obligatorischer Besuch der Wenn nicht, ist ihre Aufstellung Bauernfang. Da diese An­entzweien, erklären sie, praktisch wollt Ihr doch dasselbe wie wir, öffentlichen Volts- und Fortbildungsschulen. Ernahme ausgeschlossen, bleibt nur die erstere übrig. Warum aber die Demokratifirung aller öffentlichen Einrichtungen und die Verrichtung ausreichender gewerblicher und land dann Staatskredit nur für landwirthschaftliche Genossen­besserung der bestehenden Zustände im Rahmen der heutigen wirthschaftlicher Fachschulen, Musterwirthschaften? Warum diese Privilegirung der Landwirthschaft? Gesellschaft. schaften und Versuchsstationen; Abhaltung Auch die in diesem Paragraphen folgende Forderung der Die Antwort darauf giebt der grundsätzliche Theil unseres regelmäßiger landwirthschaftlicher Unter Uebernahme der Kosten der Wege, Wasserläufe, Deiche und Dämme Parteiprogramms. Dieser erklärt, daß die Zustände in der richtskurse. Unentgeltlichkeit des Unterrichts, der Lehrmittel durch den Staat bedeutet nichts anderes. Jst etwa der Schutz heutigen Gesellschaft für die Masse der Bevölkerung immer un- und der Verpflegung in allen öffentlichen Unter- des Grundbesitzes vor Ueberschwemmungen wichtiger, als der erträglicher werden, daß das Elend, der Druck, die Ausbeutung richtsanstalten, auch in den höheren Bildungsanstalten Schuß der Gesammtbevölkerung vor Seuchen? Warum dem Staat unaufhaltsam wachsen, daß nur der völlige Umsturz der heutigen für diejenigen Schüler und Schülerinnen, die kraft ihrer Fähigs nur die Verpflichtung zuschieben, für Deiche und Dämme, Wege Produktionsweise wieder erträgliche Zustände schaffen kann, daß feiten zur weiteren Ausbildung geeignet erachtet werden." und Wasserläufe zu sorgen und nicht auch für Trinkwasserleitungen aber dieser Umfturz das Werk teiner anderen Klasse sein kann, Der Unterschied zwischen beiden Fassungen scheint ein uns und Erbauung hygienischer Arbeiterquartiere? als des Proletariats. Von diesem Standpunkte aus stellen wir bedeutender zu sein ein paar Schulen mehr oder weniger unsere nächsten Forderungen: wir verlangen Ein- und doch ist er ein fundamentaler. Auch hier wie beim ein­richtungen, die den Klaffentampf des Pro- leitenden Satz zeigt sich das Besireben, die der Demokratie und letariats wirksamer gestalten und seine re- der Sozialreformerei verwandte Seite hervorzukehren. volutionäre Kraft heben. Das ist die Quintessenz des In unserem Programm wird die Verbesserung des Schul­zweiten Theils unseres Programms, dadurch unterscheiden wir wesens verlangt vom Standpunkte des Klassenkampfes. Je wurde diese Forderung aufgestellt als Mittel die heutige uns wesentlich von der Demokratie und den Sozialreformern. intelligenter, je höher gebildet der Proletarier, ein desto besserer Hielt man es für nothwendig, unsere nächsten Forderungen zu Kämpfer ist er, desto geeigneter die Herrschaft in Staat und charakterisiren, so mußte diese Seite derselben hervorgehoben Gesellschaft anzutreten. Daher das Verlangen, die Bildung dem Volte möglichst zugänglich zu machen. Was thut dagegen der Vorschlag der Agrarkommission? Der liberale Sozialreformer preist auch die Bildung an, aber Er löscht die Eigenart unserer Partei völlig aus; er hebt nicht nicht als Mittel des Klassenkampfes, sondern als Mittel für den hervor, was uns von Demokraten und Sozialreformern trennt, einzelnen, seinen Privatvortheil besser zu wahren, bessere Geschäfte sondern was uns mit ihnen gemein ist, und erregt dadurch den in der heutigen Gesellschaft zu machen, von unten nach oben, aus Eindruck, als wäre die Sozialdemokratie nur eine Art demokra- der Klasse der Ausgebeuteten in die Klasse der Ausbeuter aufzus tischer Reformpartei. Wenn wir politische Freiheiten und Rechte steigen. Die Forderungen, welche die Agrarfommission im§7 verlangen, so thun wir dies, nach der Agrarkommission, nicht, den bisherigen Forderungen hinzugefügt, entsprechen sehr diefem um den Boden zu schaffen, auf dem das Proletariat fich orga- Gedankengang. Fachschulen, landwirthschaftliche Unterrichtsturse, nisiren und den Staat erobern kann, sondern zur Demokrati- Musterwirthschaften, Versuchsstationen das alles sind nicht die firung aller öffentlichen Einrichtungen"; und wenn wir soziale Mittel, bie allgemeine Intelligenz der Bevölkerung zu steigern Reformen verlangen, so thun wir dies nicht, um das Proletariat und sie kampffähiger zu machen, sondern einem Theil derselben tampffähiger zu machen, sondern um die bestehenden Zustände zu ein besseres Fortfommen zu ermöglichen. verbessern"!

werden.

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Der§ 14 ist aber auch wieder charakteristisch für die Ver­wischung des revolutionären Charakters unserer Bewegung, die das ganze Agrarprogramm tennzeichnet.

Die Forderung der Staatshilfe für Genossenschaften, die es enthält, findet sich schon im Gothaer Programm. Aber dort Gesellschaft umzuwälzen: Die sozialistische Arbeiterpartei Deutsch­ lands fordert, um die Löfung der sozialen Frage anzubahnen, die Errichtung von sozialistischen Produktivgenossenschaften mit Staatshilfe unter der demokratischen Kontrolle des arbeitenden Boltes. Die Produktivgenossenschaften sind für Industrie und Ackerbau in solchem Umfange ins Leben zu rufen, daß aus ihnen die sozialistische Organisation der Gesammtarbeit ents steht."

Davon ist in dem Vorschlag der Agrarkommission feine Rede. Sie fordert Staatskredit an Genossenschaften für Feld­bereinigung, Bodenmeliorationen aller Art, Entwässerung und Bewässerung", d. h. sie fordert Staatskredit für Genossenschaften zu dem einzigen Zweck, den Werth des Grunds besiges zu erhöhen. Ein merkwürdiges sozialdemokratisches Programm!

Allerdings soll der Staatskredit nur solchen Genossen­Man mißverstehe uns nicht. Wir erklären nicht etwa diese schaften gewährt werden, die alle Betheiligten umfassen". Aber Die Sozialdemokratie erklärt im grundsäglichen Theil ihres Einrichtungen für nutzlos oder gar schädlich; wir behaupten auch wer gehört zu den Betheiligten? Nehmen wir an, einige Groß­Programms, daß es unmöglich ist, in der heutigen Gesellschaft nicht, daß unsere Partei nicht die Aufgabe hat, sich darum zu grundbesitzer bilden eine Genossenschaft, um einen Sumpf zu die soziale Lage der Arbeiterschaft zu heben. Einzelne ihrer fümmern. Wir müssen uns um alles fümmern, feine wichtige entwässern, der sich durch ihr Gebiet zieht. Umfaßt dieselbe Schichten mögen zu einer absolut höheren Lebenshaltung ge- Frage in Staat und Gesellschaft darf uns gleichgiltig laffen, aber alle Betheiligten", wenn fie alle Grundbesizer enthält, langen, relativ, im Verhältniß zu ihren Ausbeutern, muß in unser Parteiprogramm gehören nur jene nächsten Forderungen, die von dieser Melioration berührt werden, oder hat die Ge­ihre Lage sich verschlechtern. Im zweiten Theil unseres Pro- die mit Nothwendigkeit aus dem Charakter unserer Partei nossenschaft neben jenen auch alle Lohnarbeiter in sich auf­amms dagegen sollen wir nach dem Vorschlage der Kommission hervorgehen. Unser Programm hat doch nicht ein Sammelsurium zunehmen, die bei der Arbeit beschäftigt werden, oder gelten nur die es als unsere Aufgabe erklären, zunächst die soziale Lage der der verschiedensten frommen Wünsche zu bilden, die Ginem letzteren als Betheiligte"? Sollen die Grundbesitzer eigene Ge­arbeitenden Klassen zu heben. gerade einfallen Was fönnte man da nicht alles in den§ 7 nossenschaften bilden, die Lohnarbeiter beschäftigen, oder sollen Bur größeren Klarstellung unseres Programms tragen der hineinbringen! Könnten da nicht auch staatliche Förderung von dieſe eigene Genossenschaften bilden, die für die Grundbesitzer Hinweis auf die Demokratisirung der öffentlichen Einrichtungen Boltstheatern, Volfskonzerten, Volksausstellungen, Volts- Biblio- Arbeiten übernehmen, oder sollen Unternehmer und Arbeiter in und auf die Hebung der sozialen Lage der arbeitenden theken, Voltsuniversitäten darin Platz finden, und mit mehr Recht traulichem Verein zu Genossenschaften zusammentreten? Klassen" sicher nichts bei. Gie sind eher geeignet, irre zu als Musterwirthschaften und Versuchsstationen? Denn erstere Soll die Forderung einen Sinn haben, dann darf man unter führen. wären doch bestimmt, der intellektuellen Hebung der ganzen Be- den Betheiligten" offenbar nur die Grundbesitzer verstehen. Der Was soll man aber erst dazu sagen, daß es als unsere Auf- völkerung zu dienen, letztere dienen nur den geschäftlichen Inter-§ 14 besagt daher nichts anderes, als Staatskredit an die Grund­gabe hingestellt wird, die Zustände in Gewerbe, Landwirth- essen einer einzelnen Klasse. Und welcher! besizer große wie kleine, irgend ein Unterschied wird da nicht schaft, Handel und Berkehr zu verbessern"? Dunkel ist der Nedel Hier stoßen wir auf eine weitere Eigenthümlichkeit des gemacht zur Verbesserung ihrer Güter. Die einzige Vor=

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