Freitag
23. Juli 1926
Unterhaltung und Wissen
Ein ungleiches Gespann.
Bon Gabriele Preißova.
Autorisierte Uebersetzung aus dem Tschechischen von A. Berchtold.
( Schluß.)
" Du fährst jetzt voraus zum Markt!" bestimmte Frau Tobias mit gewohntem Nachdrucke. Ich komme in zwei Stunden nach, sobald ich hier alles in Ordnung gebracht habe. Ich fahre mit den Nachbarsleuten. Also geschwind!"
Franzi erwiderte kein Wort, es fam ihm nur vor, daß die Frau unnötigerweise zuviel rede. Er mußte gehorchen, er mußte zum Markte fahren, um weiteren Verfolgungen auszuweichen. Aber in seinem Herzen erzitterte die hoffnungsvolle Ahnung, daß ihm niemand den geliebten Ferda abkaufen würde. Er nahm sich vor, den Schimmel nicht zu loben, seine guten Eigenschaften zu ver schweigen und jedem wollte er sagen, daß der Gaul eigentlich nicht für ihn passe. Wenn ihm dann niemand das Pferd abkauft, wird wohl die Frau nicht mehr zum Verkaufe drängen. Dann fann er den Ferda behalten!
Er nahm zwei vorbereitete Dalfen, steckte auch eine Krone in die Tasche und fuhr, solange ihm die Frau nachschaute schnell, dann aber langsam ganz langsam davon.
-
Die warme strahlende Sonne beleuchtete grell die harte Straße, deren Staub durch den Nachttau noch gebunden war. Tobias, in dieser Stunde unbelästigt durch die Aufsicht seiner Frau, glitt die Sehnsucht in's Herz, mit seinem Ferda weit wegzukommen, weit bis zu der großen weichen Wiese, wie sie ihm im Traum erschienen war, dort wo alle seine Pferdchen sich zutraulich an ihn schmiegten und wohin ihm das Wib niemals nachfolgen fönnte!
-
Und jetzt schien ihm alles was er zurückgelassen hatte, das weiche federgefüllte Bett, das dampfende Frühstück am Tische, das reingewaschene Sonntagshemd auf der Stuhllehne, die Tauben und Hühner, welche im Hofe um seine Füße tummelten, die ver. nünftige Ziege im Stalle, alles das schien ihm jetzt nichtig und verächtlich zu sein, gegen die Freiheit auf dieser großen erträumten Wiese, welche feinen Herrn und keinen Meister über sich hat. Ach, wie könnte er nur einen so glücklichen Erdenfled erreichen, er, der gebunden ist mit harten Fesseln, der hinausgeschickt wurde auf die bekannte Straße gegen Brod, wohin ihm in furzer Zeit der Nachbarswagen mit der Agnes nachfolgen wird!
Der Gaul Ferda, seine Augen vor der strahlenden Sonne halb schließend, stampfte gemächlich vorwärts. Er wußte von feinem befferen Schicksal.
-
شا
Rebellion im Stahlhelm.
Seldte: Nur nicht so laut,
Beilage des Vorwärts
Zwanzig Braunschweiger Ortsgruppen traten aus dem Stahlhelm aus, weil der Braunfchweiger Führer Uhlenhaut beim Bau einer Siedlung sich durch Liezerungsvergebung an fich selber bereicherte und vom Bundesvorsitzenden Seldte gedeckt wurde.
Es wird ja hier gebaut.
Dort wo ein Waldweg in die Straße mündete, ließ sich Wagengeraffel vernehmen. Tobias wandte gleichgültig seinen Kopf dahin und sein Herz begann heftiger zu pochen. Er erblickte zwei große Wagen, voran einen grün bemalten mit Fenſtern versehenen Wohnwagen, dahinter einen Leiterwagen, auf dem abgeschundene Pferdchen und Wägelchen, sowie die übrigen Geräte eines Ringelspieles aufgestapelt waren. Jeder Wagen wurde nur von je einem Pferde gezogen. Ein magerer Schimme! mit dunklen Flecken zog den ersten Wagen, den zweiten schleppte eine fleine braune Mähre. Beide Wagen halfen Menschen mitziehen, es waren im ganzen acht Berrichtete seinen Blick, fragend verwirrt auf jene, die den Fichtenzweig jonen, große und fleine. Nur eine von diesen half nicht mit. Es mar dies ein hochaufgeschossenes Mädchen, welches stramm aufgerichtet mit weit geöffneten Augen der Sonne entgegenschritt. Ihr Ropftuch war von den zerrauften Haaren auf die Schulter heruntergeglitten und sie hielt zwischen den Zähnen ein Fichtenzweiglein. Ihre Wangen waren ein bißchen blattersteppig, die braune Haut, rosig angehaucht, wetteiferte im Glanze mit dem schimmernden schwarzen Haar und den großen Ohrgehängen.
Der Schimmel des Borderwagens begann, den Ferda erblickend, zu wichern. Dieser hob den Kopf, erwiderte diesen Gruß in gleicher Weise, blieb dabei stehen und spitzte die Ohren.
-
" Da schau her," ließ sich einer der Ringelspielmänner hören- der sieht ja ganz so aus wie unser alter Schimandel meiner Treu, er ist's. Schimandel, Schimandel!" rief er mit dem Finger schnalzend.
Ferda richtete feinen Kopf auf den gewesenen Herrn. Die Augen hielt er nicht mehr halbgeschlossen, sie blieben mit feuchtem Glanze offen. Woher habt Ihr den Gaul?" frug der Ringelspielmann, dann erst fügte er hinzu:" Gut Morgen, Better!"
Habe ihn für gutes Geld von den Zigeunern getauft," antwortete schwerfällig Tobias, und ich habe ihm den Namen„ Ferda" gegeben."
O, ich habe den Burschen gleich erkannt," meinte der andere. „ Na, Schimandelchen, tennst du mich noch? Und ich sage euch, es war ein gutes Pferd, es hat uns allen Leid getan, daß wir ihn Derkauften, jeẞt fönnten wir ihn brauchen wie einen Bissen Brot. Um diese zwei Gäule ist's eigentlich schade sie einzuspannen, find beide fein abgerichtet, wir geben auch manchmal Zirkusvorstellungen, wie's halt gerade kommt."
Tobias blieb begeistert stehen, sein Auge fonnte sich von dem Zauber dieses Nomadentums nicht losreißen. Ich war auch einmal beim Ringelspiel." fagte er zutraulich. Seit Kindheit war ich dabei, ja, man vergißt so etwas nicht."
-
-
„ Und warum habt ihr den Beruf aufgegeben?" fragte ein zweiter Mann, seine Peitsche schwingend. „ Es war eben mein Schicksal," entgegnete Tobias, die Achseln hebend. Ich war bei meinem Onkel, vielleicht kennen Sie ihn Schwarzkopf hieß er ein feines Ringelspiel hat er gehabt und gut ist's mir bei ihm gegangen, aber dann zuletzt hat mich die Stieftante gequält, da bin ich durchgegangen, um anderswo mein Glück zu suchen. Freilich, dann bin ich wohl zu einer besseren Ordnung gefommen, aber es nützt halt nichts, bange wird halt dem Menschen, immer am gleichen Fleck zu sitzen. Wenn ich könnte, gleich möcht ich mit euch weiter wandern!"
" Und warum fönnt ihr nicht?" mischte sich jetzt die Prinzipals. tochter mit dem Fichtenzweiglein in's Gespräch, spannen Sie ihren Schimandel zu einem unserer Pferde und fahren Sie mit uns, der Bater sagt ohnehin, daß wir noch einen Jungen brauchen fönnten." Ich möchte schon, aber wenn uns jemand aus unserem Dorfe begegnet, heute fahren viele Leute auf den Markt nach Brod," fagte Tobias unentschloffen mit gepreßter Stimme.
Ach, dagegen gibt es schon ein Mittel," meinte der Prinzipal. Wir fahren weiter auf dem Waldwege und können dann gegen die Sazawa einbiegen. Sie friechen in den gedeckten Wagen und wir spannen Schimandel vor den zweiten Wagen, den eurigen hängen wir an. Also vorwärts auf gut Glück!"
Tobias erblaßte ein wenig. Er wandte den Kopf zurück auf jene Gegend, die ihn neun Jahre hindurch beherbergt und ernährt hatte. Entschlossen warf er nun den flachshaarigen Kopf zurück und
zwischen den Zähnen hielt.
Fiink über zwei Stufen hinaufspringend und ohne zu sprechen öffnete das Mädchen die Tür des grünen Wagens.
Und jetzt lächelte Franzi beglückt dieses Weib an, welches ihm so feck und entschieden den Weg zum neuen Leben wies. Er sah vor sich die Hüterin jener freien wonnespendenden Wiese, welche er, der geborene Landstreicher, nur im Traume hatte betreten dürfen. Er schwang sich schnell auf den Wagen und fühlte sich beseligt durch den Gedanken, nun hinauszuziehen in die unendliche Weite mit den neuen Kameraden und seinem geliebten Ferda!
*
„ Er ist mir durchgegangen irgendwohin in die weite Welt! Damals am Markt in Brod hat ihn niemand mehr gesehen!" er zählte mir einfach und wehmütig Frau Tobias, deren Kopf noch mehr grau geworden war. Nur der liebe Gott weiß, was er sich da in den Kopf gefeßt hat! Er war sonst tein schlechter Mensch, er war fein Trinter, fein Kartenspieler und immer war er mir treu!" „ Und glauben Sie nicht, daß er doch einmal wieder zurücktehrt?" fragte ich sie gleichsam zum Troste.
Ich glaube, daß er fommen wird," antwortete fie dankbar mit feuchten Augen, er muß ja doch einmal zur Einsicht kommen, daß es niemand auf der Welt so gut mit ihm meinen fann, wie ich, sein rechtmäßig vor Gott angetrautes Weib!"
,, und fönnten Sie ihm verzeihen, daß er Ihnen so schwere Sorge gemacht hat?"
Sie faltete die Hände, blickte unentschloffen zu Boden, wie nach denkend über diese ernste Frage, dann sagte sie ganz leise und demütig: Ich würde es ihm verzeihen! Wenn ihr irgendwo den Tobias begegnet, sagt es ihm!"
Jetzt schlägt's Dreizehn!
Bon Arnold Köllner.
STAHLHELMSIEDLUNG
EN HAUT
HLE
-
gleichsweise jungen Datums ist. Denn wahrscheinlich haben diese Einteilungen die sich übrigens während der Jahrtausende feineswegs gleichgeblieben find schon zu einer Zeit bestanden, aus der wir keinerlei Kenntnis mehr haben, aus der es nicht einmal mehr die bescheidensten Funde gibt. Gewiß hat aber der Mensch schon vor der älteren Steinzeit, irgendeine Tageseinteilung gekannt; wann zum ersten Male die Einteilung in zwölf Tages- und ebensoviele Nachtſtunden vorgenommen worden ist, weiß man nicht; man vermutet, daß die Chaldäer die ersten gewesen sind, die den Sonnenlauf in Stunden eingeteilt haben. Bemerkenswert ist jedenfalls der Umstand, daß sich in der Bibel ein hebräisches Wort für Stunde( schaah) erst im Buche Daniel findet, also zu einer Zeit, die stark unter dem Einfluß der babylonischen Kultur stand. Immerhin scheint aber schon vorher eine Unterteilung des Tages im alten Israel gebräuchlich gemesen zu sein. Man weiß aber nicht, ob dieser Tageseinteilung die gleiche Anzahl von Stunden zugrunde gelegen hat, wie sie in der späteren jüdischen Zeitrechnung gebräuchlich geworden ist, und wie fie etwa gleichzeitig auch bei den Babyloniern üblich war. Wahrscheinlichkeit spricht allerdings sehr dafür; allgemein ange= erst sehr spät sein; Griechen und Römer werden ihn aus Borderafien nommen in der Kulturwelt des Altertums kann der 24- Stunden- Tag übernommen haben, und seine wissenschaftliche Grundlage hat ihm erst Ptolemäus , der große alegandrinische Astronom, gegeben.
Die
Die alte babylonische Stunde zerfiel aber feineswegs wie in der Neuzeit in 60 Minuten. Die Chaldäer zerlegten sie in dreißig Unterteile. In der späteren jüdischen Zeitrechnung dagegen wurde die Stunde in 1080 Teile gegliedert, eine Eigentümlichkeit, die sich bei teinem anderen Volke mehr findet. Es ist möglich, daß die chaldäische Einteilung der Stunde in 30 Unterteile den Ursprung unserer Minute bildet, insofern, als bei der Verfertigung der ältesten Uhren durch den Nürnberger Peter Henle um das Jahr 1500 dieser Unterteil der Stunde noch einmal halbiert worden sein mag, entsprechend dem mechanischen Rhythmus des Federwerks, das die ältesten Uhren, die fogenannten Nürnberger Eier, trieb. Denn hier erwies fich eine weitere Unterteilung der Minute als erforderlich, und so wurde diese nochmals in 60 Sekunden zerlegt. Man sieht: unsere Zeiteinteilung geht in ihren Anfängen zwar bis in die graueste Borzeit zurüd, aber in ihrer gegenwärtigen Abmessung ist sie faum älter als 400 Jahre. Wenn Deutschland jetzt nach dem Borbilde Italiens , Belgiens und Unfere Tageseinteilung, wie sie fich praktisch im Bilde der Uhr Frankreichs , dem sich seither auch noch andere Länder Europas angewiderspiegelt, erscheint uns so felbstverständlich wie der ewige Wechsel schloffen haben, zunächst im Verkehrswesen den 24- Stunden- Tag einvon Tag und Nacht, und die Meldung, daß Bahn und Poſt in führt, so geschieht das lediglich aus praktischen Gründen. Der allge Deutschland zum 15. Mai 1927 die Einführung der 24- Stunden- Uhr meine Brauch, Tag und Nacht in je 12 Stunden zu zerlegen, wird beabsichtigen, wird gewiß die meisten Menschen zum ersten Male gewiß noch lange vorherrschend bleiben; denn erfahrungsgemäß ge= in ihrem Leben zum Nachdenken über diese vermeintliche Selbstverwöhnen sich die Menschen nur sehr schwer an Aenderungen, die eine ständlichkeit angeregt haben. Denn wenn die kleinen Kinder, lange Umwertung alteingewutzelter Begriffe im Gefolge haben. bevor sie überhaupt einen Buchstaben lesen können, von Bater oder Mutter die Uhr gelernt haben", so pflegt damit die geistige Beschäftigung auf diesem in Wahrheit ungemein bedeutsamen Gebiet für das ganze fernere Leben des Menschen erledigt zu sein. Von Rindesbeinen bis ins höchste Greifenalter sieht der Mensch auf die Uhr", ein Borgang, der ihm so in Fleisch und Blut übergeht wie die Notwendigkeit des Effens und Trinkens, und von Hunderttausenden tommt gewiß nie in seinem ganzen Leben auch nur ein Mensch auf den Gedanken, sich die Frage vorzulegen, warum denn nun eigentlich der Tag in 24 Stunden und die Stunde ausgerechnet in 60 Minuten eingeteilt ist.
Fortschritte im Röntgenverfahren. Bekanntlich kann man den menschlichen Körper mit Röntgenlich: durchleuchten. Die Technik macht in dieser Hinsicht ständig Fortschritte. Die Strahlen durchbringen oft gerade diejenigen Organe, die wi: zu sehen wünschen, und es war daher seit Jahren eine wesentliche Aufgabe, durch Eingeben von„ Kontraftstoffen" das Sichtbarwerden einzelner Organe herbeizuführen. So verwendet man einen Wismutbrei, den der Patient essen muß, zur Darstellung der Bewegungen und des Zustandes im Magen und Darm. In neuester Beit ist man nun zur Anwendung von Jobölen bei der Untersuchung der Lungen fowie des Brust fellraumes und anderer Körperhöhlen über
gegangen.
Auf diese Frage werden die meisten mathematisch und physikalisch nicht vorgebildeten Menschen gewiß antworten: Nun, weil sich die Erde in einem Tage einmal um ihre Achse dreht. Das ist aber feinesKlapperschlangen gegen Epilepsie. Während der Biß der wegs eine Beantwortung der Frage, warum dieser Zeitraum gerade in 24 Teile eingeteilt ist. Würde der also Befragte ungeniert ant Klapperschlangen im allgemeinen tödlich ist, sollen fleine Mengen worten: Ich weiß es nicht!, so würde er sich durchaus feine Blöße ihres Giftes gegen Epilepsie wirksam sein! Das verwendete Prägeben; denn die größten Gelehrten wissen es auch nicht bestimmt. parat heißt Crotalin, nach dem wissenschaftlichen Namen der KlapperAuch sie haben nur Bermutungen über den Ursprung unserer Tages - chlange Crotalus. Die ersten günstigen Resultate wurden aus einteilung; denn die geht bis in die allerfernste Bergangenheit zurüd, Amerita berichtet; in Deutschland konnten sie bisher nicht bestätigt in eine Zeit, der gegenüber das sogenannte graue Altertum ver- werden.