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tereffen der deutschen Volkswirtschaft zu führen hat, so muß einmal festgestellt werden, daß die Intereffen der Bolts. wirtschaft auch dadurch gewahrt werden, daß man die Interessen des Personals nicht beeinträchtigt.

Außerdem beweisen die bekannten neun Forderun gen des Reichstages, die auf Grund der Darlegungen des damaligen Reichsverkehrsministers Deser bei der Ber­abschiedung des Eisenbahngesezes einstimmig angenommen wurden, den Willen des Gefeggebers auch in dieser Frage. Nach den Darlegungen Defers fonnte niemand auf den Gedanken kommen, daß die Reichsbahnverwaltung den Artikel 126 der Reichsverfassung, von dem mit feinem Worte die Rede gewesen ist, für das Personal einfach suspendieren fönnte. Diese Rechtslage unzweideutig festzustellen, war der Sinn der neunten Forderung des Reichstages, die wörtlich

lautet:

Berpflichtung der Hauptverwaltung der Deutschen Reichs­bahngesellschaft zur Auskunfterteilung an die gesetzgebenden Körperschaften und an ihre Mitglieder."

Wenn Worte einen Sinn haben, so ist damit tlar er. wiesen, daß es sich bei der durch Fromm versuchten Aus­legung des Eisenbahngefeßes, soweit Artikel 126 der Reichs­verfassung in Frage kommt, um eine Interpretation handelt, die feine Grundlage in den Gesetzen selbst findet. Sie ist voll fommen verfassungs- und gesegwidrig!

Wenn Fromm behauptet, daß der Reichsbahnbedienstete wie jeder Deutsche das Recht habe, sich mit Bitten oder Be schwerden an den Reichstag zu wenden, daß aber dieses Recht für die Reichsbahnbediensteten sachlich insoweit an Inhalt ner­lorer: habe, als die Reichsregierung nicht die Möglichkeit hat, dem Reichstag Auskunft zu geben, weil sie in dieser Frage fein Aufsichts- und Auskunftsrecht gegenüber der Reichsbahngefell­schaft befigt," wenn er dann aber weiter zu der Folgerung fommt, daß diefe Rechtslage sich ohne weiteres und sogar zwingend aus dem Reichsbahngesetz, zu dessen loyaler Durchführung die Leitung der Deutschen Reichsbahngesellschaft verpflichtet ist, ergibt," müsse nach seiner Anschauung der Ge­feggeber gerade das Gegenteil von dem gewollt haben, was Fromm als Recht ansieht. Führt er noch dazu in einer Fuß note an, daß die Reichsbahngesellschaft sich aber bereit er­fläre", ihr überwiesene Reichstagsbeschlüsse zu Petitionen, die Gegenstände behandeln, über die eine Auskunftspflicht der Gesellschaft nicht besteht, an die innerhalb der Gesellschaft zustär digen Stellen zur Prüfung weiterzugeben, so beweist er damit, daß er selbst und mit ihm der Verwaltungsrat, in deffen Auftrag er handelt, flar erkannt haben, daß ihre Argu­mentation unzutreffend ist.

Zusammenfassend ist also festzustellen, daß durch Ein­führung des Eisenbahngesetzes Artikel 126 der Reichsver­faffung nicht, auch nicht vorübergehend, aufgehoben wurde. Diese Tatsache ist bewiesen durch den Wortlaut der oben wiedergegebenen neunten Forderung des Reichstags. Es besteht also die Verpflichtung der Reichsbahngesellschaft, auf Petitionen von Reichsbahnbediensteten dem Reichs­tage auf Verlangen Auskunft zu erteilen, un­bedingt, da es sich um ein Reichsunternehmen handelt. Diese Auffassung wird noch erhärtet durch§ 5 des Reichsbahn­gesezes, durch den der Gesellschaft lediglich das Betriebs­recht übertragen wurde.

Es wird also Aufgabe des Reichstags sein müssen, seinem bei der Verabschiedung des Reichsbahngefeßzes klar nieder­gelegten Willen, dem auch der damalige Reichsverkehrs­minister zustimmte, unzweideutig Geltung zu verschaffen. Aber auch die Reichsregierung sollte bei den bevorstehenden Schlußverhandlungen in der Frage der Bestätigung des neuen Generaldirektors diese Reichstagsentschließung berücksichtigen.

Der Nachfolger Dschershinskis, Menschinfti, wurde 1874 geboren und ist von Beruf Rechtsanwalt. An der revolutionären Be­wegung nahm er seit 1895 teil und gehört seit 1902 der Bolsche­wistischen Bartei an. 1918 war er Mitglied der ersten Sowjetbot schaft in Berlin und Generalfonful.

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Vaterlandsliebe.

Zur Moral des völkischen Nationalismus.

Der Boltsopferprozeß in Dresden hat damit geendet, daß die Strafen für die Angeklagten ermäßigt worden sind. Die Freiheitsstrafe für den Hauptangeklagten ist nicht ermäßigt worden, aber die Ehrenstrafe statt 5 Jahre Ehr­verlust nur 3 Jahre Ehrverlust.

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Die Handlungsweise der Angeflagten war ehrlos. Es wurde für die ärmsten Opfer der Inflation gesammelt. Große Summen famen zusammen. Tausende gaben, um zu helfen aber die Meißner und Löffler nahmen die Hundert tausende, um schwarzweißrote Organisationen gegen die Re­ publik zu finanzieren. Sie unterschlugen die Gelder der Armen, um sie in Gelagen und Bordellen zu verprassen. Ehrlofere Handlungen sind kaum denkbar. Trotzdem hat das Gericht die Ehrenstrafe gegen den Hauptschuldigen herabgesetzt. Es hat ihm bescheinigt, daß er aus einer gewissen Vaterlandsliebe gehandelt" habe. Eine feine Sorte Vaterlandsliebe das, die das Geld der Armen unterschlägt, um es im Bordell auszugeben!

Die gewisse Vaterlandsliebe", die das Dresdener Ge­richt dem Meißner bescheinigte, bestand darin, daß er mit unterschlagenen Geldern republiffeindliche Organisationen finanzierte. Das ist es, was das Dresdener Gericht als Baterlandsliebe" angesehen hat. Meißner hat mit der nationalistischen und reaktionären Phrase bei diesem Gericht Resonanz gefunden.

Dies Gericht ist bei der Ermäßigung der Ehrenstrafe von der Voraussetzung ausgegangen, daß man mit ehrloser Ge­sinnung ehrlose Handlungen aus Baterlandsliebe" begehen tönne. Der reaktionäre Haß gegen den neuen Staat, der hinter dem Schlagwort der gewissen Vaterlandsliebe" per­borgen ist, geht diesen reaktionären Elementen über alle fittlichen Begriffe.

In diesem Punkte ist das Dresdener Urteil feine Einzel­erscheinung. Man erinnert sich an das Urteil im Berliner Fememordprozeß Pannier, das einem der Angeklagten mildernde Umstände zubilligte, weil er ,, aus vaterländi­cher Gesinnung gehandelt" habe. Vaterländische Gesinnung bei der Teilnahme an einem faltblütigen gemeinen Mord.

In derselben Linie liegt die Begründung des freisprechen­den Urteils gegen die Mörder des Kellners Hartung vom Jahre 1924. Die Mörder waren Ehrenmänner, erfüllt von heißer Baterlandsliebe- trotzdem sie zu viert einen Menschen in eine Falle gelockt und meuchlings ermordet haben.

Baterlandsliebe, die faltblütig und feig mordet, Bater landsliebe, die Unterschlagungen begeht, um staatsfeindliche Organisationen zu finanzieren, Baterlandsliebe, die die Gelder der Armen im Bordell verpraßt!

Die Verwirrung aller sittlichen Begriffe in der völkisch nationalistischen Bewegung kann nicht deutlicher gezeichnet werden.

Eine Rechtsprechung aber, die so gemeine Handlungen mit schlecht verstandener Baterlandsliebe entschuldigt, prosti. tuiert den Begriff der Vaterlandsliebe.

Meißner legt Revision eiu.

Dresden , 7. Auguft.( TU.) Der im Boltsopferprozeß verurteilte Meißner wird durch seinen Berteidiger fofort Revision des Ur teils beantragen, während sich Löffler und deffen Verteidiger noch nicht Schlüffig geworden sind. Doch wird als wahrscheinlich angenommen, daß auch fie eine Revision des Urteils beim Oberlandesgericht bean. tragen werden.

Potemkin- Verbot in Thüringen .

Reaktionäre Beklemmungen.

Weimar , 7. Auguft.( TU.) Das thüringische Staatsministerium hat die Vorführung des gekürzten Bildstreifens Banzerfreuzer Bo­temfin" mit Wirkung vom 6. Auguft für das Land Thüringen ver­

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boten. Wie die Telegraphen- Union weiter hört, erhebt das thürina gische Staatsministerium gleichzeitig, ebenso wie es Württemberg ge­tan hat, Einspruch gegen die Freigabe des Films durch die Prüfstelle und beantragt bei der Oberprüfstelle Widerruf dieser Entscheidung.

Kompetenzkonflikte statt Arbeit!

Wo bleibt die Durchführung der Bauprojekte?

Wie dringend notwendig die von den Spitzenorganisationen der Gewerkschaften geforderte Aussprache mit den zuständigen Reichs­stellen über den Stand der Notstandsarbeiten ist, zeigen die sich bedenklich häufenden Klagen und Beschwerden über die unerträglich umständliche und langsame Vorbereitung der verschiede nen Bauprojekte. Bei dem Kanalbauprogramm liegen die Dinge ganz besonders schlimm. Wenn es im bisherigen Tempo weitergeht, dann wird in diesem Jahre von all den angekündigten Kanalbauarbeiten auch nicht eine einzige in Angriff genommen.

Das vom Reichsarbeitsminister vor einigen Wochen im Reichstag angekündigte Kanalbauprogramm brödelt von Tag zu Tag ab. Bunächst find ganze Teile dieses Programms, wie z. B. der vom Arbeitsminister angekündigte Bau des Stauwerks von Ott­ machau , zurückgestellt worden. Preußen kann sich mit Rücksicht auf die nicht geringen Kosten, die man auf 60 Millionen veranschlagt, für den Bau des Stauwerts nicht mehr erwärmen. Man bezweifelt die Rentabilität des Projektes, an dessen Durchführung nur der schlesische Kohlenhandel ein besonderes Interesse habe. Das Staumert foll befanntlich auch die Wasserführung der Oder regulieren, damit 400- Tonnen- Rähne benutzt werden können. Warum sind die Zweifel und Bedenken erst jetzt gekommen? Wußte man von ihnen noch nichts, als der Reichsarbeitsminister die Durchführung des Projektes

anfündigte?

Bei den nicht zurüdgestellten fleineren Ranalprojekten, wie z. B. beim Lahnkanalbau, fommt man wegen Kompetenzstreitig­teiten nicht vorwärts. Die Hansatanalfrage ist noch nicht geklärt. Aber auch bei dem Mittellandkanalbau, der doch nach wiederholten Versicherungen des Reichsarbeitsministeriums mit Beschleunigung in Angriff genommen werden sollte, kommt man

nicht vom Fleck.

In den Kreisen der Bauarbeiter hat man sich ver­

gebens bemüht, bei den verschiedensten Stellen, die für die Aus­führung der Teilprojekte maßgebend sind, etwas Genaueres darüber zu erfahren, wo, wie und wann nun eigentlich mit den Kanal­bauarbeiten begonnen wird. Wann werden die für den Bau not­wendigen Verträge der Länder abgeschlossen sein? Wann werden die Barlamente die Mittel bewilligt haben? Die Fachleute erklären, daß noch Monate vergehen würden, bis die Vorarbeiten für die größeren Arbeiten, bei denen Bagger und ähnliche Land­bewegungsmaschinen in Verwendung kommen, abgeschlossen sind. Die Antwort auf alle aus den Bauarbeiterfreisen an die für den Kanal­bau in Betracht kommenden Stellen lauten geradezu niederschmetternd.

Kein Wunder, wenn sich unter diesen Umständen allmähliche Enttäuschung und Erbitterung bei den Arbeitern zeigen. In der Besprechung der Gewerkschaften mit den Vertretern der Ministerial­fommission zur Durchführung des Arbeitsbeschaffungsprogramms muß am kommenden Montag ein ernstes Wort gesprochen werden. Versprechungen, die nicht eingelöst werden, sind

Gift.

Berbot einer Antifriegsfundgebung. Der Dresdener Bolizei­präsident hat die für Sonntag von den Kommunisten und den Roten Fronttämpferbund geplante Antikriegsfundgeburg verboten. Das Berbot wird begründet mit der Abwicklung des 43. Bundesfestes des Bundes deutscher Radfahrer, die durch die Rundgebung der Kommunisten bei de: bekannten Einstellung der KPD. gegenüber polizeilichen Maßnahmen außerordentlich gefährdet erscheint.

Wir von der Stempelakademie. eten Anzug zerfeßen bis zur Unkenntlichkeit. Bier deutsche Reichs. Beſizer der lhr tat auch alles, um die Zierchen in feiner Wohnung

Bon Emil Rath. II.

Die Ecke an der Akademie ist leer. Desto regerer Berkehr herrscht in der Akademie. Die wenigen Bänke in den Wartezimmern sind dicht besetzt, ja, nicht einmal ein Stehplatz mit Lehne, sei es an der Mauer oder an einem Fenster, ist frei. Seitungsblätter fnistern, von aufgeregten Händen umgeschlagen. Ueber Politik und Lokalereignisse, über Handel und Feuilleton gleiten die Blide gleichgültig hinweg, fie saugen fich fest am Inferatenteil. Durchsuchen die Spalten nicht einmal, zwei, dreimal, aus Furcht, es fönnte ein Stellenangebot übersehen werden. Man flammert sich ja an die schwache Hoffnung: vielleicht hat eine deiner Bewerbungen Zwed. Man vergißt, daß man hier in einer Lotterie mit unzähligen Nieten spielt.

An den beiden langgestreckten, schlichten Tischen fizzen Schach­spieler. Einige haben ihr Schachbrett von daheim mitgebracht. Sie find die Unentwegten. Ab und zu gehen die Augen suchend nach der schwarzen Tafel: Nichts.

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Die schwarze Tafel! Sie ist ein Angelpunkt. Der erste Blick gilt ihr, wenn man den Raum betritt: Sie ist leer. Wie sollte auch. Aber manchesmal stehen flüchtig gefrigelt einige Worte darauf: Eine Karte gefunden. Gesucht: Reisende. Technischer Kaufmann als Ber­tretung. Wie ein Rudel heißhungriger Wölfe stürzt dann die Schar dem Schalter zu, reckt die Arme mit den Stempelfarten aufgeregt in das Schalterfenster hinein. Und hübsch der Reihe nach bekommt jeder ein Zettelchen in die Hand gedrückt, auf dem die freie Stelle vermerkt ist. D, Fata Morgana! Die gleiche Stelle wird ja zumeist in allen Arbeitsnachweisen ausgeschrieben, und ein Pilgerzug von Hunderten, ja, Taufenden, wandert zu der einzigen freien Stelle.

Wieder reckt sich die Hand mit der Kreide zur Tafel: Gespannt verfolgt man das Werden der einzelnen Buchstaben: landwirtschaft­liche Arbeiter. Fortuna lächelt boshaft. Ein fleiner Zettel. Zimmer soundso melden. Karte vorzeigen. Reisegeld. Ziel: Ostpriegniz. In aller Herrgottsfrühe fährt man mit dem Zug davon, viel zu langsam für die beschwingte Hoffnung, endlich wieder fatt zu essen und einige Pfennige Bargeld in der Tasche zu haben. Endstation. Lange Wanderung mit zerriffenem Schuhwerk über aufgeweichte Wege. Fragt sich durch nach dem angegebenen Bauern. Was hatte man doch gehört? 25 M. Lohn- das ging an.

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Schon steht man vor dem Allgewaltigen", der doch nur ein fleiner Bauer ist. Aber in der Erntezeit braucht man rührige Hände. Kurge, gedrungene Gestalt, für einen Bauern recht gut gefleidet, ein Baar grauer Augen, das den Bettler denn anders kommt man fich ungeniert mustert. Ja, morgen fönnte ich an­fangen. Lohn? Vier Mart pro Woche, dafür freie Unterkunft und Berpflegung. Vier deutsche Reichsmart die Woche! Und dafür schuf ten von morgens fünf Uhr bis abends neun Uhr! Bier deutsche

wohl faum vor

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Reichsmart! Dafür Arbeitskraft ausschöpfen bis zur Neige, den mart! Bligschnell geht es einem durch den Kopf: Wie wäre es, wenn du eine Woche bliebeft und dir wenigstens die Stiefel befohlen ließeft! Die Kehle wird seltsam trocken nein, es geht nicht. Für vier Mart. Niedergeschlagen stapft man zum nächsten Dorf. Macht vor einem größeren Bauernhofe Halt. Arbeiter für die Ernte? Gewiß, die werden hier gebraucht. Man wartet furze Zeit. Der Bauer fommt. Hört zu, nidt bedächtig. Abgemacht. Zwanzig Mark die Woche, frei Essen und Unterkunft. Wo ich schlafen solle? Er werde mir mein Bett zeigen. Er geht langsam voran, mein Fuß möchte freudig dahinrafen, ihm zuvorzukommen. Wir gehen in den Pferde­ſtall. Sechs Pferde. An die Wand gequetscht, eine Bettlade, Stroh­sad. Das ist das Bett! Die Pferde stoßen mit ihrem Hinterteil an die äußere Bettkante. Vielleicht ginge es, wenn man sich mit dem Gesicht zur Wand hindrehte? Aber der stechende Geruch von Ammoniat macht jetzt schon den Aufenthalt unerträglich. Geftant soll man die ganze Nacht einatmen, ständig der Gefahr aus­gefeßt, daß man topfschüttelnd und Wilhelm Busch variierend sagen

fann:

Das Pferd, es ließ was fallen, doch war es nicht das Blatt....

Diesen

Der Menschheit ganzer Jammer faßt mich an. Eine andere Schlaf­stelle? Der Bauer ist entrüstet. Noch nie hätten sich seine Knechte beschwert. Und der Mann hat zwei Bodenkammern, die leer stehen. fuhr ich zurück, um wertvolle Erfahrungen reicher. Ich mußte, daß Ich wurde mit ihm nicht handelseins. Zwei Stunden später die Arbeitslosen nicht arbeiten wollen. Nichtstun ist füß, Faulheit stärkt die Glieder. Bier Mart sind ein fürstlicher Wochenlohn, und ein Pferdestall in der Hand ist mehr wert, als ein Federbett auf dem Dache. Jedenfalls studiere ich wieder das schwarze Brett mit besonderer Aufmerksamkeit.

Ein Schwalbennest in der Pendeluhr. Ueber einen hübschen Borgang im Tierleben wird aus Wien berichtet: Man hat schon häufig von furiosen Vogelnestern gehört. Die Vögel wählen manch. mal zum Bau ihrer Wohnstätten die merkwürdigsten Stelien, und es ist schon manchem Tierfreund schwer genug gefallen, ein Vogel­neft von einer Stelle zu entfernen, wo es ganz und gar nicht hin­paffen wollte. Das merkwürdigste Vogelnest befand sich aber wohl in Raltenleutgeben bei Wien . Dort haben die Schwalben in dem Hause des Rauchfangkehrermeisters Leoni vor längerer Zeit ihr Neft auf eine Wandpendeluhr gebaut, die im Schlafzimmer der Wohnuna hängt. Die Tierchen haben ihr Nest mit überaus großer Geschid lichkeit und ohne Furcht fertiggestellt, ohne dabei die Uhr auch nur im geringsten in ihrem Gang zu behindern. Jedesmal, wenn die Schwalben wieder ihr Nest aufsuchen wollten, hatten sie einen recht langen Weg zurückzulegen. Durch ein Fenster flogen sie zunächst in ein Wohnzimmer, dann durch eine Tür in das Schlafzimmer, wo die Uhr hängt. Sie benahmen sich dabei aber ohne jede Scheu, ein Be

weis dafür, wie wohl sich die Tierchen in ihrem Asyl fühlten. Der zu halten. Er ließ ihnen die beste Sorgfalt angedeihen und scheute cuch nicht die Mühe, die ihm durch das Deffnen des Fensters in frühester Morgenstunde erwuchs, wenn die gefiederten Hausgenossen ihre Wohnung verlassen wollten, um ins Freie zu gelangen. Sie mals als Gefangene zu fühlen und wurden beim Holen von Futter fonnten gehen und kommen, wann sie wollten, brauchten sich nie­für ihre Jungen niemals aufgehalten, so lange diese nicht selbst flügge waren. Einen ganzen Sommer lang mährte diefes Idyll. Der Wandertrieb ergriff aber auch die fleinen Gäfte des Rauchfang­fehrers. Eines Morgens flogen sie davon. Umsonst wartete der Rauchfangkehrer auf seine kleinen Freunde, die nicht wiederkehrten.

Sonnengluf als Strafe für Steuerschuldner. Wenn ein steuer­pflichtiger Hindu seinen Bahlungsverpflichtungen nicht nachfommt, so wird er zu ganz barbarischen Strafen verurteilt. In dem Staat Haiderabad hat man eine Strafe erfonnen, die den furchtbarsten Tors turen des Mittelalters ebenbürtig ist: Der fäumige Zahler" wird den brennenden Sonnenstrahlen ausgesetzt, die gegenwärtig eine Temperatur von 55 Grad und darüber haben. Diese schrecklichen Qualen hat der reichste indische Fürst, der Nizam von Haiderabad, gegen seine Untertanen anwenden lassen. Der Herrscher dieses süd­indischen Staates betrachtet das Bolt noch als fein Eigentum, und er preßt es schonungslos aus, um die Kosten seiner orientalisch­luguriösen Hofhaltung zu decken und seine Schatzkammern zu füllen. Es ist keine Seltenheit, daß in indischen Staaten den Bauern mehr als die Hälfte ihres Einkommens durch Steuern wieder abgenommen wird. Kürzlich wurde ein Kaufmann aus Adharpor der oben er­zu bezahlen, falls man diese Folter unterbräche. Vor einem Jahr wähnten Strafe ausgesetzt, und nachdem er vier Stunden von den Sonnenstrahlen geröstet worden war, bot er an, die doppelte Summe reifte ein Maharadscha mit einem riefenhaften Gefolge, zwanzig Automobilen und einer silbernen Badewanne nach London . Jetzt weiß man, woher der märchenhafte Reichtum der indischen Nabobs tommt.

Erstaufführungen der Woche. Freitag: Residenz, Theater: Das gol. dene alb". Casino- Theater: Was Liebe bermag".

Urania - Borträge. Sonnf.( 5 11. 8): Sonnenfreudigkeit und Körpertultur". Ab Sonntag täglich: 3m brasilianischen Urwald". Ab Montag täglich: Danemar I". Dienst, Milffw., Donn. ( 9): Auf Tierfang in Abessinien".

Theaterchronit. Sonntag abends 10%, Uhr findet im Trianon­beater als Nachtvorstellung der Einafterzyllus Das dujte Berlin " von eo Heller statt.

Mitgliederanmeldungen zur Boltsbühne tönnen von jest an auch schrift lich erfolgen. Die Anmeldung mug nur die Angabe enthalten, ob die Ein­reihung in eine Abends, eine Nachmittags- oder eine gemischte Abteilung gewünscht wird; ferner muß ihr die Einschreibegebühr von 1,50 m. sowie ein frantiertes Kuvert zur lebermittlung der Mitgliedsfarte beigefügt werden. Die Anmeldungen sind an die Geschäftsstelle der Bölfsbühn, Linienstraße 227, zu richten.

Auch Bayern gegen Pofemtin". Bayern bat aus den gleichen Gründen wie Bürttemberg den Antrag gestellt, die Erlaubnis zur Ausführung des Botemlin" Films auch in feiner neuen Fassung zu widerrufen, und hat feine Bolizeibehörden dementsprechend angewiesen.