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Nr. 370 43. Jahrg. Ausgabe A fr. 190 Bezugspreis.

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Der Borwärts" mit der illustrier­ten Sonntagsbeilage Bolt und Zeit" sowie den Beilagen Unterhaltung uito Wissen"," Aus der Filmwelt", Frauenstimme", Der Kinder­freund", Jugend- Vorwärts" und Blick in die Bücherwelt" erscheint wochentäglich zweimal, Sonntags und Montags einmal.

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" Sozialdemokrat Berlin"

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Vorwärts

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Zentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands  

Redaktion und Verlag: Berlin   SW. 68, Lindenstraße 3 Fernsprecher: Dönhoff 292-297.

Sonntag, den 8. August 1926.

Der Triumph Poincarés.

Vorwärts- Verlag G.m.b. H., Berlin   SW. 68, Lindenstr.3 Boftschecktonto: Berlin   37 536- Bankkonto: Bank der Arbeiter, Angestellten und Beamten, Wallstr. 65: Diskonto- Gesellschaft. Devontentaffe Lindenstr. 3.

Gebaut wird er doch!"

Die Vorlagen von Senat und Kammer angenommen.- Die Mehrheit funktioniert. gramm, das die gegenwärtige Reichsregierung vor kurzem

Paris  , 7. August.  ( Durch Telephon.)

Als im Jahre 1924 nach dem Sieg des Linkskartells sich der Senat immer und immer wieder den von der Kammer­mehrheit beschlossenen Reformen in den Weg stellte, ver­langten die Sozialisten die Einberufung der National versammlung, um durch eine Aenderung der Verfassung dem Senat ein für allemal die Möglichkeit zu nehmen, den durch die Kammer des allgemeinen und gleichen Stimmrechts repräsentierten Boltswillen zu fabotieren. Herriot  , dessen politische Stärke mehr in der Ehrlichkeit seiner Ueberzeugung und in dem Elan seines Wortes als in dem Mut zur ent­scheidenden Tat liegt, konnte sich damals nicht dazu ent­schließen. Er versäumte dadurch die Gelegenheit zur Stärkung der demokratischen Institutionen. An seiner Stelle ist es Boincaré, der heute nach Versailles   geht, um seinem Triumph über die Kammer des 11. Mai durch ein feierliches Botum der Nationalversammlung die Krone auffezen zu lassen.

Die Tilgungskasse, die das heute von der Kammer und vom Senat verabschiedete Gesetz ins Leben ruft, ist ein wesentlicher Bestandteil des Sanierungswertes. Sie wird ihre Aufgaben, die einzelnen Tresorien von dem Druck der schwe­benden Berbindlichkeiten zu entlasten, die sich in den letzten Monaten als eine der Hauptursachen des Währungselends erwiefen haben, dann erfüllen fönnen, wenn sie mit Bestimmt heit und bis zur völligen Tilgung dieser Schuld auf die Gesamtheit der ihr zugedachten Einnahmen rechnen tann. Es galt deshalb, Garantien zu schaffen, damit nicht eines Tages die für die Tilgung bestimmten Einnahmequellen diefem Zweck entzogen und durch einen Beschluß des Parlaments anderen Aufgaben, wie etwa der Deckung eines neuen Budgetdefizits zugeführt werden können. Eine solche Garantie vermag nur eine Verfassungsbestimmung zu ge­währen, die das Tilgungsgefeß zum Bestandteil der Ver­fassung macht, so daß es nur durch Beschluß der Nationalver­fammlung außer Kraft gesetzt oder geändert werden kann.

gehende Beschränkung der Rechte des Senats zu stellen. Eine Aussicht, daß dieser Antrag eine Mehrheit findet, besteht leider nicht. Die Parteien der bürgerlichen Demokratie find es, die Poincaré   den Steigbügel gehalten haben und die ihm heute die Gelegenheit geben, seinen Namen, der in der Geschichte des letzten Jahrzehnts eine so verhängnisvolle Rolle gespielt hat, auch in die Verfassung hineinzuschreiben. Ihrem kläglichen Bersagen dem finanziellen Problem gegen über, ihrer Uneinigkeit und ihrem Mangel an Mut ist es zuzuschreiben, daß die Legislaturperiode, die mit so großen Hoffnungen der Demokratie begonnen hatte, mit dem Sieg der Reaktion endet und Poincaré   in dem Brunk faal des Versailler Königsschlosses den größten Triumph feiner politischen Karriere feiern fann.

Das Tilgungsgesetz verabschiedet.

Paris  , 7. August.  ( Eigener Drahtbericht.) Der Senat hat die Borlage über die Tilgungskaffe und das neue Abkommen des Staates mit der Bank von Frankreich mit 281. gegen 8 Stimmen die Vorlage über die Tilgungskasse und das neue Abkommen des angenommen. An beiden Vorlagen wurden kleinere Aende­rungen vorgenommen, so daß die Entwürfe noch einmal an die Rammer zurückgehen müssen, ehe sie endgültig verabschiedet werden. Am Abend erflärten fich beide Häufer mit der Einberufung der Nationalversammlung in Versailles   auf Dienstag ein­verstanden.

Boraussichtlich wird Poincaré   nach der Nationalversammlung die Parlamentssession schließen. Die Ferien sollen bis zum 1. Oktober dauern. In der Herbstfession wird dann über die Rati­fizierung der Schuldena blommen beraten werden. Die Regierung scheint zu hoffen, daß sich bis dahin der gegenwärtig noch unversöhnliche Widerstand der Kammer gegen das Abkommen gelegt haben wird oder vielleicht auch milderungen, besonders am Washingtoner Abkommen, erreicht sein werden. Der Ministerrat wird sich zwar am Montag vormittag noch einmal mit dieser Frage befaffen, aber es scheint ziemlich ausgeschlossen, daß er sich für die sofortige Ratifizierung des einen oder anderen Abkommens noch vor den Ferien in Anbetracht des erbitterten Widerstandes der Mehr­zahl der Kammerfraktion aussprechen wird.

Nach der Verfassung erstreckt sich die Zuständigkeit der Nationalversammlung lediglich auf die Wahl des Präsidenten der Republik   und auf die Abänderung der Verfassung. In den 51 Jahren der dritten Republik hat die Nationalversammlung nur dreizehnmal getagt, jedesmal zur Wahl eines neuen Staats­oberhauptes und nur zweimal zu Verfassungsänderungen. Wie jede parlamentarische Körperschaft ist auch die National­versammlung souverän in der Festsetzung ihrer Tagesordnung und die sozialistische Rammerfrattion hat be­reits beschlossen, in Versailles   den Antrag auf weit- labschiedet.

Das ausgebliebene Wunder. Zum Rückgang der Zahl der Notstandsarbeiter.

Wir hatten gestern auf den beachtenswerten Rüdgang der Zahl der Notstandsarbeiter im Juni und Juli hin­gewiesen. Dieser auffällige Rückgang wird bei den maßgeben den Stellen damit erklärt, daß die größeren Notstands. arbeiten, die im Januar und Februar begonnen wurden, und die meist ein halbes Jahr in Anspruch nehmen, um die Wende Juni Juli abgeschlossen waren. Wenn im Frühjahr dann neue Rotstandsarbeiten nicht so rasch in Angriff genommen worden seien, so liege das an den damaligen finanziellen Schwierigteiten verschiedener Länder. Uebrigens sei ein gut Teil der Arbeiten, die früher oft als Notstandsarbeiten vorgenom men wurden, diesmal in Anbetracht der schwierigen Verhältnisse in den laufenden Etats der Parlamente bereits finanziert worden. Auch daraus erkläre sich eine gewisse Abnahme der Notstandsarbeiten, fie sei on fich fein Unglück, da die Notstandsarbeit im allge meinen eine verhältnismäßig unökonomische und wenig rentable Arbeit darstelle. Auch für den Arbeiter sei es besser, wenn er bei ordentlichen Arbeiten beschäftigt werde, da er sich dabei besser stelle als bei Notstandsarbeiten.

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Paris  , 7. August.  ( WTB.) Die Kammer nahm in ihrer heutigen Nachmittagsfizung an dem vom Senat mit einigen Abänderungen verabschiedeten Gefeßentwurf betreffend die Tilgungskaffe einige weitere Aenderungen vor, so daß der Entwurf nochmals an den Senat zurücverwiesen werden mußte. Der Senat hat schließlich den Entwurf in der von der Kammer angenommenen Fassung ver

Bulgarisch  - serbische Vereinigung.

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Die Leidensgeschichte eines Kanalprojekts. Das umfangreiche Arbeitsbeschaffungspro= bekannt gab, enthält neben vielen anderen Plänen auch den der endlichen Fertigstellung des Mittellandkanals. Zwar sind seit Veröffentlichung des Programms schon wieder mehrere Wochen verstrichen und die auf Beschäftigung harren­den Arbeitslosen sehen mit wachsender Sorge dem Streite der Refforts zu, die nicht zu Entschlüssen kommen fönnen. Dieses Hin und Her zwischen den einzelnen Ministerien und deren einzelnen Abteilungen verzögert die Inangriffnahme eines Werkes, das eigentlich vor mehr als einem Bierteljahr­hundert schon hätte vollendet sein sollen.

Troß allem hoffen wir, daß nicht im letzten Augenblick neue Schwierigkeiten gemacht werden, um die Inangriffnahme des Kanalbaues zu verhindern. Die Geschichte dieses Bau­projektes ist die Geschichte einer preußisch- deutschen   Tragi­fomödie.

Die natürlichen deutschen   Wasserstraßen füh­ren fast sämtlich von Süden nach dem Norden. Eine Schiff­fahrtsverbindung zwischen dem industriellen Westen des Weichsel   und Oder und zwischen der Oder und der Elbe Reiches und dem agrarischen Osten ist seit langen Jahrzehnten als unbedingtes Erfordernis erkannt worden. Zwischen besteht ein ganzes Kanalsystem, das zum Teil schon aus dem 18. Jahrhundert stammt. Auch im industriellen Westen ist im vergangenen Jahrhundert der Kanalbau eifrig gefördert worden. Vor fast dreißig Jahren wurde der Dortmund­Ems- Kanal in Betrieb genommen und das mestöstliche Rez schließlich bis Hannover   ausgedehnt. Bon dort ab stockt diese Verbindung. Das letzte Stück, das den Rhein   mit der Oder und über sie mit dem preußischen Osten verbinden soll, ist bisher nicht gebaut worden. Das Fehlen dieser Verbin­dungsstrecke hat sich gerade während des Krieges in unheil­voller Weise bemerkbar gemacht. Als es galt, die deutschen  Truppen in Ost und West mit Proviant und Munition zu versorgen, waren die Bahnlinien überlastet mit den Kohlentransporten aus dem Westen und aus Oberschlesien  , mit den Eisenerzladungen, die zur Verhüttung gebracht wer­den mußten. Das ganze Wirtschaftsleben litt außerordentlich darunter, daß die Transportmöglichkeiten für deutsche Pro­dukte über alle Voraussicht gedrosselt wurden. Die Erfahrun­die Augen geöffnet, die den früheren Bau des Verbindungs­gen dieser trüben Kriegsjahre haben denn auch selbst denen fanals von Hannover   bis Magdeburg   im Interesse der oft­elbischen Großagrarier verhindert hatten.

Arbeitslosigkeit von Millionen ruft naturgemäß die Erinne­Die Wiederaufrollung des Bauplanes in dieser Zeit der rung wach an jenes Dreiklassenhaus in Preußen, das von den Vorläufern der heutigen Deutschnationalen, den preußi­schen Konservativen, vollkommen beherrscht wurde, und das, obwohl es sich sonst in Militärbegeisterung nicht genug tun konnte, selbst dem ,, über alles verehrten Monarchen" die von ihm mit allen Mitteln der Beredsamkeit empfohlene Re­gierungsvorlage zerrissen vor die Füße warf.

Die Forderung der südslawischen Sozialdemokratic. Das Zentralorgan der Sozialistischen Partei Jugoslawiens  nimmt in seiner letzten Ausgabe zu dem Konflikt mit Bul  - Im März 1899 brachte die preußische Regierung den garien Stellung. Das Blatt schreibt unter dem Titel: Weg Entwurf zur Vollendung des Mittellandkanals vor den Drei­mit den Grenzpfählen!": klassenlandtag. Die Konservativen begannen alsbald mit der Das Streitobjekt zwischen Jugoslawien   und Bulgarien   fann Obstruktion gegen das Projekt. Man schickte die Vor­tanföderation verwirklicht wird. Dieses Ziel zu erreichen, um sie dann abzulehnen. nur beseitigt werden, wenn die ersehnte jugoslawische Ballage zunächst in eine Kommission, die einen Monat lang beriet, wird die Aufgabe der Sozialdemokratie auf dem Balkan  sein. Das, was Bulgaren   und Serben entzweit, ist die Staats grenze: daher weg mit ihr, weg mit denen, die sich an die fünftlich errichteten Grenzpfähle flammern! Das soll die Antwort an das faschistische Rom   und seine Expofituren in Bufarest und Athen   sein, das soll dem griechischen und rumänischen Bolle den Weg zur Völkerverbrüderung weisen."

Armeechef Pilsudski  . Kundgebung der polnischen Offiziere. Warschau  , 7. August.  ( DE.) Nach Bekanntmachung der Ver­ordnung über die Schaffung des Postens eines Generalinspef= Eine Erklärung, aber feine Entschuldigung! Selbst teurs der Armee, welcher bereits in den nächsten Tagen dem wenn der Rückgang der Zahl der Notstandsarbeiter eine Vermehrung Marschall Pilsudski übertragen werden wird, erschienen Abordnungen der Arbeitslosigkeit nicht bedeutete die in den letzten Wochen des Offizierkorps, soweit es zur Anhängerschaft Pilsudskis zählt, beim in verschiedenen Städten gestiegenen Arbeitslosenziffern beweisen Staatspräsidenten, beim Ministerpräsidenten und bei Pifuldſki, um eher das Gegenteil, dann war doch die Zahl der für Notstands der großen Freude der Armee über die endlich erfolgte Rege arbeiten in Frage kommenden Arbeitslosen all die Wochen und lung der Organisation der obersten Kommandoſtellen Ausdruck zu Monate her jedenfalls so groß, daß alle Welt mit einer Bergeben. Unter den Offizieren, welche sich an dieser Huldigung für mehrung der Notstandsarbeiter rechnete. Die Reimsregie Pilsudski   beteiligten, befanden sich auch der Generalstabschef und der Bizetriegsminister. Die Verordnung über das Generalinspektorat legi rung hat aber im Frühjahr auf irgendein Wun tatsächlich die unbedingte Vormacht der Pilsudski  - Partei fest, da dem ber gehofft und sich dem frommen Glauben hingegeben, daß im Generalinspekteur alle militärischen Stellen unmittel. Sommer der Arbeitsmarkt sich von selbst bessern werde. Das Wun bar unterstellt werden und der Kriegsminister über alle Er­ber ist ausgeblieben, daher der Rüdgang der Rotstands- nennungen vom Regimentskommandeur aufwärts sich mit dem Generalinspekteur zu verständigen hat,

arbeiter.

Als der Gesetzentwurf endlich wieder ans Plenum fam, wurde sie ohne weiteres an die Kommission zurückverwiesen. Da begann nun ein wider­liches Spiel mit Kompensationen". Das heißt, man ver­schüttete den Mittellandkanal in einem Haufen von ostelbischen Kanalentwürfen, die den Junkern wenigstens die Zeit vertrieben. Das Spiel mochte den Jun­fern so spaßhaft erscheinen wie immer, die Industrie des Westens aber stedte sich hinter Wilhelm II.  , damit er seinen besonderen ostelbischen Freunden Mores lehre. Wilhelm, den sein Freund Krupn ,, beim Bortepee gefaßt" hatte, ließ sich nicht lange locken. Am 11. August 1899 weihte er den Dortmund- Ems- Kanal ein. Dabei hielt er eine Rede, in der er den eben vollendeten Kanal als ein Teilwerk" bezeichnete und weiter verkündete:

Er ist aufzufassen in Verbindung mit dem großen Mittelland­fanal, den zu bauen und zur Durchführung zu bringen meine Regie­rung und ich fest und unerschüttertlich entschloffen sind... Go hoffe ich, daß die Volksvertretung, diesem Gesichtspunkte nachgebend, mich in die Lage versetzen wird, hoffentlich noch in diesem Jahre meinem Lande den Segen dieses Kanals zu nutzen und zuteil werden zu lassen,.. Diese Macht( des Reiches) soll auch für dieses große Wert mit voller Bucht eingesetzt werden. Dafür werde ich stehen!"

Gestützt auf diese Kaiserrede versuchte die preußische Regierung es mit den stärksten Druckmitteln auf das wider­spenstige Dreiflaffenhaus. Man sette ihm auseinander, daß der Mittellandkanal aus militärischen Gründen notwendig sei. Doch die Junter waren harthörig und