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" Unterhaltung unö AAissen
Neues zur Relativitätstheorie. Von Dr. Rudolf Lämmel. Zu den eigenartigsten Eindrücken, die der denkende Mensch er- langen kann, gehört die sonderbare Empfindung, die man beim ge- naueren Nachdenken über die Bewegung der Erde und aller anderen Stern« im Weltraum erfährt. Die im Vordergrund stehenden Fragen oe« täglichen Lebens erscheinen uns freilich so wichtig, daß wir selten genug dazu gelangen, unsere Gedanken vom Erdraum hinweg zu himmlischen Höhen und Tiefen zu wenden. Es scheint, daß darin die Gegenwart früheren Zeiten bedeutend nachsteht. Denn als vor wenigen Jahren die moderne Relativitätstheorie auskam, tat alle Welt außerordentlich überrascht, als ob nun das Bild der Welt in ganz unerhörter Weise verändert worden wäre und Einstein die bisher erkannten Gefcxe und Beziehungen als ungültig erwiesen hätte. In Wahrheit aber hat schon Newton um 168S die Unmöglichkeit begriffen, irgend eine Bewegung in unserer Welt absolut zu er- kennen, weil uns jene unbeweglichen Körper fehlen, auf die wir uns beziehen müßten. Ja, man kann sogar noch weiter gehen und sagen: sogar wenn irgendwelche Sterne in unserem Weltall   die Eigenschaft hätten, unverändert ihre Lage im Raum beizubehalten so fehlte uns doch die Möglichkeit, diese Tatsache zu erkennen. Die zahllosen Fixsterne, die wir nachts am Himmel sehen, und deren Strahlung den Raum mit Licht und Schwere erfüllt, sind wie ein in bunter Bewegung begriffener Mückenschwarm. Der Anblick der Gc> stirne ändert sich für uns freilich erst in geologischen Epochen, aber immerhin die Steine unseres heutigen Himmels haben eine andere Anordnung als jene, die dem Menschen der letzten Eiszeit leuchteten. Diese Vorstellung von einer stets fließenden Welt hat etwas Unheimliches an sich. Man entgeht ihr, indem man annimmt, die Welt sei von einem absolut ruhenden Stoff durchzogen, dem Acther. Das ist sozusagen der liebe Gott in der Physik. Es ist es, an den inan sich halten kann, wenn man bange Hot. Der absolute und alles durchdringende Weltäther ermöglicht die Festlegung der abso- luten Natur einer Bewegung. So wie man mit einem Stock einen Strich aus Sand zeichnen kann, so hinterläßt jede Bewegung eines Körpers im Weltraum irgend eine Spur von sich im Aethcr. Unter- sucht man dieseSpur", so hat man diewirkliche" Gestalt der Bewegung des Sternes. Leider ist es aber bis heute nicht gelungen, das Dasein dieses Aethers nachzuweisen, und daher kann man auch die absolute Bewegung nicht erkennen. Der Aether ist wie bisher eine Sache der physikalischen Religion geblieben... und es gibt Ketzer  , die an sein Dasein nicht glauben wollen. Die Relativitäts- theorie hat ein Weltbild ausgebaut, dos zwar nicht gerade sehr leicht zu verstehen ist. das aber jedenfalls den Aether nicht benützt. Das ist nun«in« rein wissenschaftlich« Angelegenheit, die aber trotzdem einen merkwürdigen Stich ins Polltische bekam, weil die teutschen Mon- archisten glaubten, gegen die Theorie auftreten zu mllsien. Unglück- licherweise war nämlich Einstein Jude laut englischem Zeugnis der größte seit Jesus Christus  , obgleich doch jo viele dazwischen waren, und sonach konnte sein« Theorie ebenso wenig wo» rechtes sein wie na da begeben wir uns ja wieder in die Religions- posttit. So kam es, daß die deutschen Monarchisten zugleich mit den maßgebenden Bolschewisten Gegner der Relativität wurden und An. Hänger derabsoluten Mechanik". Diese Stellungnahme prägte sich im Schlachtruf aus: es gibt doch einen WeUäther Der angesehen« und sehr oerdiente Chemiker Nernst   machte den Weltäther, den niemand gesehen oder sonstwie nachgewiesen hat, sogar zum Jung- brunnen der Element«, zur ewig wirksamen Quell« der Stoffe. Aus dem Aether soll alles entstehen, was als Eisen und Kupfer, Sauerstoff und Wasserstoff die Welt erfüllt. Und zu Aether soll alles werden, was an solchengewöhnlichen" Formen der Materie im Raum existiert. Das ist durchaus keine unvernünftige Theorie doch nie- mand kann für sie etwas andcres�ns Feld führen, als daß es eben so sein könnte! Aber gerade dieser Aether hat es den Leuten angetan. Sie wollen ihren Aether haben sie bestehen darauf. Wenn die Erde
durch das Weltall   saust, so muß sie irgendwie mit diesem Aether etwas zu tun bekommen. Im Vorjahr bewies ein amerikanischer Physiker, daß der Aetherwind im Hochgebirge weht. Also war der Aether   da, und der Jude Einstein hat unrecht. Nun ging ein Auf- atmen durch den deutschen Blätterwald. Von derNeuen Zürcher Zeitung  " bis zurDeutschen Allgemeinen" gab es ein Frohlocken: Der Aether war nachgewiesen. Ein neuer Gottesbeweis war ent­deckt �lvorden! Hallcluja! Leider erwies sich der Nachweis des Aethers nach jener ameri- kanischen Methode als Bluff. Die siebzehn deutschen und schweize- rischen Professoren, die daraufhin Artikel schrieben�daß Gott   wieder
5eien wir gulen ZNuts. Kollegen! Noch ist nicht aus- gemacht, ob wir die Treppe'runter oder'rauf fallen!"
lebendig wäre, sind hereingefallen. Aber das ließ nun doch den Ber  - liner Astronomen Eourvoisier nicht ruhen. Er bewies Gottes Dasein auf einem anderen Weg. Was Eourvoisier nachwies, ist von anderer Seite bisher nicht bestätigt worden. Es ist aber an sich recht inter- essant und doppel: interessant, wenn es auch wirklich wahr ist. Cr will nämlich herausgefunden haben, daß unser ganzes Sternen- system samt Sonne und Erde eine Geschwindigkeit von 75>) Kilometer pro Sekunde im Weltäther habe. Infolge dieser ungeheuren Be- wegung werde die Erde um 40 Meter in der Richtung ihres Laufes zusammengedrückt. Da die Erde sich aber ständig um ihre Achse dreht, während die Bewegungsrichtung absolut gleich bleibt, so wandert der Durchmesser, der am meisten gedrückt wird, binnen einem Sterntag einmal um die Erde. Die Richtung der Bewegung geht nach Alpha-Capello, einem sehr hellen Stern. Es gibt danach«ine stän- big die Erde umlaufende Schollenbewegung, als deren Folge ein« Reihe von Veränderungen von sonst als konstant geltenden Größen auftritt. So muß ein regelmäßiges Heben und Senken um 40 Meter ein ebenso regelmäßiges Verkleinern und Vergrößern eines Gewichtes (gemesien an einer feinen elastischen Feder) zur Folge haben. Es muß ferner die Höhe des Polarsterns schwanken, die Richtung des
öeUage des vorwärts
Lotes und der Mittagslinie dauernd in einem zwölfstündigcn Rhyth- mus zittern. Diese Erscheinungen hat Eourvoisier alle nachgewiesen. Er folgert daraus, daß esdoch" einen Aether gibt. Unseres Erachtens sind die Erscheinungen, deren Wirklichkeit nicht bestritten werden soll, durchaus kein Beweis für das Dasein Gottes Pardon, deK Aethers. Da wir über die Natur der Schwerkrast nichts wissen, ihren Zu- sammcnhang mit dem Licht nicht kennen, ist kühnsten Erklärungs- versuchen freier Raum gegeben, die sämtlich auf dem Boden der modernen Mechanik bleiben. Von einem Sturz der Relativitäts- theorie ist keine Rede, es ist auch keine Aussicht vorhanden, daß der Absolutismus  " in der Wissenschaft je wiederkehrt.
der Mückenstich. Von Dr. B. B e r n e r. Dies Thema wird jedes Jahr aktuell, wenn mit dem warmen Wetter das Heer der stechenden Insektenkommt", das heißt, wenn die Insekten anfangen sich rascher zu vermehren oder aus ihren Winterschlupfwinkeln hervorzukriechen. Die Auswahl ist nicht leicht und wenn wir es nicht so genau nehmen und auch die Ameisen dazu rechnen, die jo eigentlich nicht stechen, sondern beißen und einen ätzenden Saft in die Wunde spritzen, dann haben wir eine ganz beträchtliche Zahl von unangenehmen Gegnern im Sommer. Was aber macht denn eigentlich die Stiche so unangenehm, was bewirkt die Entstehung der unangenehmen, juckenden Quaddeln? Die Antwort lautet für die verschiedenen Tiere ganz verschieden. Der Bienenstich, der übrigens nicht juckt, sondern eine recht unangenehme, schmerzhafte Entzündung hervorruft, kommt durch die Einwirkung eines Giftstoffes zustande, der unter Ilmständen übrigens von Heilwirkung fein kann. Die Ameise ätzt richtig, sie macht ein Säureattentat: wenn sie auch beißt, ist ihr Angriss Biß und Säureattentat zugleich. Am merkwürdigsten aber ist die Wirkung des Mückenstichs. Die Mücke   nur das Weibchen sticht bohrt ihren feinen Rüssel durch die Haut, um Blut zu saugen. Durch den Rüssel aber läßt sie Speichel in die Stichwunde, und dadurch entsteht die Quaddel, entsteht das brennende Jucken. Aber es ist nicht etwa ein Gift, das dabei zur Wirkung kommt. Vielmehr handelt es sich um Bakterien, die mit dem Speichel in die Stichwunde gelangt sind bzw. um deren Absonderungen, die wie Eist wirken. Di« Mücken stehen mit diesen Bakterien im Verhältnis der Sym- bicse. Symbiose heißt Zusammenleben: solch friedliches Zusammen- leben von Bakterien mit anderen Tieren kommt auch bei den Säugern vor. Im menschlichen Dann leben ungeheure Mengen von Batterien. Plan spricht geradezu von einer Darmslora(Flore heißt Pflanzenwelt), und tatsächlich besteht infolge der gewaltigen Zahl der Bakterien, die von unserer Nuhuing mitleben, ein große, Teil des abgehenden Kotes aus lebenden Batterien, ist eine leben- big« Masse. Durch die rasche Vermehrung der Bakterien kommi eine ständige Neubildung zustande, und es werden ihrer nichi weniger, mögen auch Milliarden täglich ausgestoßen werden. Bei den Stechmücken ist ein ganz merkwürdiger Fall von solcher Symbiose gegeben. In ihr leben besondere Bakterien, di, mit dem Speichel beim Stich in die Wunde gelangen: wie man durch Einreibeversuche der Haut mit diesen Bakterien feststellt. rufen sie» und nicht der Stich, die Quaddeln hervor. Die Mücke äsi also nur die bedingt Schuldige an den peinlichen Folgen des cm sich bbrmlosen Stiches. Auch bei der Wanze hat man festgestellt, daß da» brennende Jucken nach dem Stich und die Quaddelbildung auf Batterienwir- kung zurückgeht. Wahrscheinlich ist der biologische Sinn dieser Er- lcheinung darin zu suchen, daß durch die Vaktericnwirkung(die Quaddeln) dos Blut in der Umgebung des Stichkanals vor Ee> rinnung geschützt wird und so für die Mücke das Saugen'M-erhaupl erst möglich wird. Aber zunächst wissen wir nichts Genaues darüber: wissen nur, daß uns die Mücke zwar sticht, aber daß nicht sie es ist, die uns juckt._____ Der älteste Mann Europas   ist ein Engländer, William Smith mit Namen. Er wohnt in Saintsield bei Belfast   und zählt jetzt lZ5 Jahre. >» Frankreich   hat seit 1570 eine Bevölkerungsvermehruug um 10 Proz., Deutschland   um 56 Proz., Japan   um 75 Proz.
der alte unö öer neue Rock. 2] Von Ignä t Herrmann. Eines Tages geschah es. daß der liebste und älteste Freund des Vaters, erwähnter Schneidermeister, Herr Rödl, der in seinem Fache beinahe als Künstler galt, am Abend wie gewöhnlich zu uns auf Besuch kam, und als man die Ereignisse des Tages, die politischen, dann die kommunalen, endlich die gesellschaftlichen, durchdesprochen hatte, warf der Herr Rödl plötzlich ein: Aber, Väterchen, da hätte ich etwas, wenn er sich ein hübsches Stück gönnen wollte.(Mein Vater und fein Freund waren aus dem alten Säkulum und titulierten einander nie anders alser".) Ich Hab' da einen Rock, ein schönes Sakko, um einen Pappenstiel für ihn. Es ließ sich es der Herr Kunesch nähen und brachte sich selbst den Stoff, aber wie es fertig ist, gefällt ihm auf einmal das Muster nicht, und er läßt mir das Ganze, damit ich mir den Rock verkaufe, sagt er, für den Stoff verlange er nichts. No, ich gcb' ihni ihn dafür, was mich der Arbeiter gekostet hat, sechs Gulden vom Nähen. Gönn' er sich's, Väterchen. Kunesch hat seine Figur, es wird ihm wie angegossen passen." Der Vater blickte den Herrn Rödl überrascht an und fragte: Was ist das für eine Farbe? Dielleicht eine schreiende?" Aber, aber! Eine graue, sein Gusto! Wenn er sich es ansehen will, könnte der Nazi um den Rock zu mir nach Hause springen. Die Marie wird ihm ihn geben." Der Dater wandte sich zu mir und kommandierte abgehackt, wie er es in der Gewohnheit hatte: Mütze heraus! Spring' zum Herrn Rödl!" Und ich flog schon. Innerhalb zehn Minuten war ich zurück und brachte ein schönes Sakko, graufarbig, mit weißem Karo, mit Samtkragen und glänzenden, schwarzen Knöpfen. Der Vater unter- suchte das Röcklein mit Wohlgefallen, woraus er mit einer sehr wichtigen Miene das Kleidungsstück anzuziehen begann. Herr Rödl hatte recht, das Sakko paßte wie angegossen. Nun aber begann Vaters wirtschaftlicher Geist in Täsigkeit zu treten. Seine Stirn trat in Furchen, seine Augenbrauen zogen sich in die Höhe, und er rümpfte kaum merklich seinen Mund. Der Dater rechnete, wo er die sechs Gulden abreißen könnte! Diesem Gegenstände widmete der sparsame und bescheidene Mann etwa soviel Zeit und Ueberlegung. wie wenn ein anderer ein Haus um
Zwanzigtausend kaufen würde. Ich merkte des Voters Kampf, ich sah, wie er von Zeit zu Zeit fragend die Mutter anblickle, und die Mutter verstand scheinbar die Blicke des Gatten.£ du mein Goct! Der Vater hatte vielleicht schon zehn fünfzehn Jahre nichts Neue" am Körper. Obgleich die Mutter in dieser Sache kein entscheidendes Wort sprechen wollte denn sie kannte genau so wie mein Vater den Wert und die Kaufkraft von sechs Gulden, aber sie wollte doch wenigstens indirekt zum Kaufe raten, und so sprach sie mit haldlauter Stimme: Nun, der Rock   ist das Geld wert! Das ist ein Stoff, reine Wolle, und der Strich ist wie Seide." Es war damals zu Beginn des Borherbstes, der Vater hätte etwas Wärmeres dringend benötigt. Die Worte der Mutter waren ausschlaggebend und entschieden des Daters Kamps. Aber er hatte noch eine Sorge. Nun also, ich möchte mir den Rock nehmen, Daterle, aber ich muß Ihm sagen, daß ich sechs Gulden nicht auf einmal habe. Ich würde drei am Ersten den Rest wieder nächsten Ersten geben." Wari ich denn auf das Geld?" sprach der wackere Herr Rödl. Nehm' er sich den Rock und basta. Zahlen kann er, wie er will!" Der Vater stand aus, zog den Rock nochmals an, drehte sich einigemal vor dem Spiegel um und indem er den Rock auszog, hängte er ihn vorsichtig m den Kleiderschrank. Ich bin fest überzeugt davon, daß an jenem Abend der Vater lange vor Freude nicht einschlafen konnte, daß er so gut und billig gekauft hatte. Der nächste Tag war ein Sonntag. Ein schöner Tag gegen Ende September, blauer Himmel, und in der kristallklaren Lust duftete der letzte, flüchtige Sommer, die Sonne wärmte nicht sehr, es wehte ein angenehmer, frischer Wind. Ein Tag, der für Vaters neuen Rock wie bestellt worden war. Nach dem Mittagessen stand der Dater auf, sagte zur Mutter: Frau, zieh dich an!", ging in die kleine Küche, um sich die Schuhe zu überwichsen, wusch sich die Hände, band sich ein schwarzes Atlas» tuch um den Hals und zog sich dann langsam und bedächtig den neuen, feinen Rock an. Ich sehe ihn, wie er das Haus freudig verließ, und wie sich die Mutter einhängte, sprach er zu ihr wie im Scherze: Da werd' ich dir heut ein Gigerl machen, gelt?" Ich sagte:wie im Scherze", aber er meinte es aufrichtig, und auch die Mutter schaute mit Wohlgefallen aus den neuen Rock. Wir zwei Kleinsten, ich und Bruder Hans, schritten jeder an einer Seite dahin und blickten mtt Stolz auf des Vaters neuen Rock. Wir
glaubten, daß heute die ganze Welt von nichts anderem spreche« werde als vom neuen, grauenSakko" des Vaters. Langsamen und gemessciien Schrittes begaben sich die Eller« vom Puloertunne aus zumSpitz", wo der Vater für ein Biel sechs Kreuzer verausgabte, wir olle tranken davon, und nachdem wir »och bis zu Kuklena gingen, kehrten wir dann wieder langsam heim. Wir kamen noch bei Tageslicht zurück, und da wir uns anständig aufgeführt hatten, wurde uns Buben gestattet, noch auf die Gaffe herunterzulaufen. Unglückselige Erlaubnis, unglückselige Gossel ?iach einein Weilchen kam Koasnicka, nach ihm Prochaska, unS ehe mon fünfzig zählen konme. wurde ein großes Manöver hinter der Kirche zum hl. Geiste veranstaltet. In der unfernen Laube war die Gestalt de» Verräters Rzchak flüchtig zu sehen, der neidisch unserem Treiben und der heftigen Stetnkanonade zuschaute, aber nicht den Mut besah, sich zu uns zu gesellen. Ich hatte nach dem Rzehak das Oberkommando über den Gassen- bubenchor in der Gegend des Ziegentores geerbt, und heute über- nahm ich zum erstenmal die ordentliche Führung. Ich schleudert« die Kieselsteine derart meisterhast, daß mich alle bewunderten, und sobald mich der jüngere Bruder ermahnte, doch nicht so heftig zu werfe», weil ich etwas zerschmettern könnte, antwortete ich ihm verächllich: Du Trottel, du verstehst was davon!" Ich erhob wieder einen Stein, wieder schmiß ich gegen die Dechantei, der Stein flog etwas hoch ich beugte mich, als ob ich dadurch den fliegenden Stein niederziehen könnte, aber« war zu spät: ein schmetternder Schlag und schon klirrten starke Stück« Glases auf den Pflastersteinen. Die große, glockenförmige Gemeinde- loternc mit der inneren Oellaterne und dem Luftrohre   alles war zertrümmert, und an der Ecke des dechantlichen Hauses, auf dem eisernen Arm« waren nur noch die Trümmer des Beleuchtungs- apparatcs übriggeblieben. Es stockte mir der Atem. So etwas war mir bisher noch nicht gelungen. Als ob zwischen uns geschossen worden wäre, so liefen wir sogleich auseinander, und der Spielplatz hinter dem hl. Geist war wie reingefegt. Im Hausflur steckte ich dem Bruder einen Kreuzer zu, den ich in der Früh vom Großvater erhallen hatte, um mir so sein Schweigen zu gewinnen, und mit schwerem Herzen betrat ich die Wohnung. Ich dachte, daß mein Verbrechen aus meinem Gesichte geschrieben stünde, und setzte mich zum Erstaunen meiner Ellern und Schwestern hinter meine Schulbücher. Das war schon lange nicht passiert! (Schluß folgt.)