SonnabenS 28. August?H2H
ües vorwärts
der Einbruch. Von Käthe Danny. Man konnte wirklich nicht behaupten, daß Tante Emilie sehr ' beliebt war in der Familie der Hosemanns. Im Gegenteil. Wenn sie unvermutet bei einer der vielen Familienfeiern erschien(sie hatte ein peinlich gutes Gedächtnis für samtliche Geburtstage der Ver- wandten mit guter Küche), so geschah es, daß die Heilerkeit plötzlich abkühlte. Die eben noch lachenden Gesichter legten sich sofort in verdrießliche Falten, die Hausfrau bekam nervöse Augen, die Kinder säzlichcn sich still hinaus. Neffe Rudi, der im hohen Grade die söge- nannte Hosemannsche, d. h. eine ironische Ader besaß, hatte sie darum den„kühlen Luftzugs getauft. Der„kühle Luftzug" verstand es meisterlich, jede harmlose Freude durch ein Zitat über ernsthafte Lebensauffassung zu dämpfen. Er hatte einen wahren Detektivblick für alle kleinen Schäden des Haushalts. Er besaß einen geradezu unheimlichen Spürsinn für alle unangenehmen Famillengeheimnisie und vermochte obendrein, seinen Beobachtungen auch die im wahrsten Sinne treffendste Aus. drucksform zu verleihen. Bei alledem entwickelte Tonte Emilie aber auch einen fabelhaften Appetit, wobei sie Torten und jene Brötchen bevorzugte, die mit Lachs. Zunge und Gänsepastete belegt waren. So oerkonsumierte sie die gute Laune und die Leckerbissen der Ber - wandten mit gleichem Eiser, und man konnte nicht einmal feststellen. ob die gute Laune oder die Leckerbissen die größere Delikatesse für sie war. Der„kühle Lustzug" war 45 Jahre alt. Witwe und wohlhabend. Neffe Rudi, der Onkel Gustav, Tante Emiliens Mann, nicht mehr gekannt hatte, pflegte zu sagen, daß er sich an dem kühlen Luftzug erkältet hatte und in höchstem Maße verschnupft das irdische Jammertal nach kaum dreijähriger Ehe mit dem himmlischen Pars- diese vertauscht habe. Tante Emllie war auch geizig. Sie besaß ein« Fünfzimmerwohnung, einen weißen Seidenspitz. der an Hämorrhoiden litt, und sehr viel Schmuck. Silber war auch reichlich vorhanden. Ein Teil der Hosemanns war arm, vielmehr in der Nachkriegs. zeit verarmt. Es war der Teil der Familie, der mehr zur Gefühl«. leite hinneigte. Man kann wohl behaupten— der bessere Teil der Familie. Tante Emilie Hebte diesen Familienzweig nicht. Es war eine Schande, arm zu sein. Es war sentimental, Gefühle zu haben. Es war dumm, sein Geld nicht rechtzeitig damals ins Ausland ver- schoben oder in Schmuck und Edelmetall angelegt zu haben. Der gefühlvolle Zweig der Familie Hosemann war sehr kinder- reich. Es mochte mit seiner Gefühlsstärke zusammenhängen. Die Kinder waren frisch, fröhlich, begabt und auch gefühlvoll. Jetzt gerade hatte sich Watter Hosemann, erst 26jährig, ein junger Kauf- mann, oerheiratet. Es war ein Skandal. Ohne Wohnung natürlich. „Tante Emilie, du hast doch diese fünf Zimmer, wenn du uns zwei davon abgeben könntest,— wo du doch im Sommer mindesten» zwei Monate verreist." Das hatte man ihr anzubieten gewagt.— Sie erzählte es bei den Hosemanns in der Knesebeckstraße, die immer einen so vorzüglichen Kalbsbraten hatten und die berühmte Familien� sandtotte nach dem Rezept von Großmama Röschen settg. Ein Skandal. So was sst 25 Jahre und heiratet. Natürlich nur im Hinblick auf ihr« schöne Wohnung. Sich in ihren fünf Zimmern ausbreiten, wo sie erst das Badezimmer hatte rot anstreichen lassen. Rot ist so kleidsam, nicht wahr. Und wo Süßing, der Spitz, so an Hämorrhoiden— und Minna wollte schließlich auch ihre Ruhe haben. Ja.— man habe sogar gewagt, davon zu sprechen, daß es ihr eigener Dorteil sei, wenn die Wohnung während ihrer Reise von zuver- lässigen Menschen bewohnt und bewacht wird. Lächerlich, als wenn ihre Minna nicht genügend Schutz— und wenn man durchaus wollte,— Versicherungen gäbe es ja genug. Man bezahlt seine Police und basta. Junge Leute sollten ihre Leidenschaften zügeln. Mit 25 Iahren heiratet man nicht. Sie sei 33 gewesen— als Onkel Gustav.— Aber heutzutage,— Zurückhaltung sei eben ein ver- alteter Begriff. — Alles folgt nur seinen Lüsten. Diesmal fand der„kühle Luftzug" aber mutigen Widerspruch. Sei es, weil die Hoscmanns sich über seinen Appetit heute besonders ärgerten, sei es Sympathie für den jungen Walter Hosemann.— sie machten Tante Emilie auf den Vorteil der Wohnungsbewachung dringend aufmerksam, wo doch heutzutage kein Tag ohne Einbruch. Erst neulich bei Lemkes. Nummer 32, der Silberdiebstahl, als sie nur einen Sonntag in Eberswalde waren. Und bei Arnolds— die Perserbrücken. Bei Grunerts war es Gott lob nur bei dqn Versach geblieben, weil der Neffe im letzten Augenblick---—. Der„kühle Luftzug" lächclle erhaben und nahm die dritte Portion Fruchteis. Ihre alte Minna sei zuverlässig, man erzieht sich eben seine Leute. Verliebtes Jungvolk habe sie wahrhaftig nicht nötig Schließlich sei noch nie auch nur das klernste Lösselchen aus ihrer Wohnung verschwunden,-- also. Als Wolter Hosemann ein paar Tage später noch einmal bei Tante Emilie klingelte, um wegen der zwei Zimmer zu Ziagen— wenigstens für den Sommer, während sie oerreist war—, öffnete Minna, etwas verlegen, wie ihm schien, auch glaubte er, eine Männerstimme gehört zu haben.— Nein,— Tante Emilie war nicht da, sie war gestern abend abgereist.— lllcin, Handwerker seien auch nicht in der Wohnung. Sie, Minna, sei ganz allein. Und sie habe wirklich keine Zett zu langen Unterhaltungen. Die Tante habe sie mit Großreinemachen beauftragt— wie es die Herrschaften immer machen. Da? geht auf Reisen und läßt die anderen arbeiten. Waller Hosemann war trotz aller Gefühlsstärke sehr hellsichtig. Hier stimmte etwas nicht. Und obgleich Tante Emilie wahrhaftig nicht sein Wohlwollen verdiente, trieb ihn sein Rechtlichkeitsgefühl zum nächsten Telephon. Eine Stunde später klingelte er wieder. Er hatte vergessen. nach Tante Emiliens Adresse zu fragen. Er tlingelle zwei-, dreimal. Niemand öffnete. Der Polizeibeamte lächelle, der Schlosser nahm einen hakenförmigen Draht aus seiner Werkzeugtasche. Es ging alles sehr lautlos und rasch. Die„alte" Minna war gerade beim Einpacken. Ein rothaariger Kerl mit sthiefgezogener Schulter griff in seine Tasche, als die drei Männer hereintroten. Es war zu spät. Die Handschncllen schnappten zu. Minna saß heulend auf ihrem schön gefüllten Rersekorb. Watter durchschritt die Wohnung. Schübe und Schränk« standen auf. im Eßzimmer lagen zwei zerbrochene Teller vor dem Büfett, zusammengerollte Teppiche sperrten den Durchgang zum Schlas- zimn:er. „Strafe mutz sein." dachte Watter. erledigte die Formalltälen mit der Polizei und schloß die Wohnung ab. Nach vierzehn Tagen bekamen alle Hosemanns aufgeregte
Brief« von Tante Emllie. Ob denn keiner wüßte, was mit ihrer armen Minna los wäre. Es würde ihr doch nichts passiert sein? Niemand wußte etwas, die meisten waren auch verreist, Waller schwieg. Nach einer weiteren Woche kam Tante Emilie unverhofft zurück. Sie betrat um 6 Uhr 27 ihre Wohnung, um 6 Uhr 45 wußten alle lzosemaims(mit Telephon), daß bei ihr eingebrochen war. sämtliches Silber, oller Schmuck und die besten Teppiche bei- nahe gestohlen waren. Um 7 Uhr war Walter bei ihr.„Sogar die guten Tischtücher," weinte Tante Emilie,„das hatte ich vorhin noch vergessen, und die gelbe Damastdecke von Onkel Reinhold. Und Minna verschleppt. Die gute Minna. Die treue Minna. O.— es war entsetzlich. Hätte ich doch nur--- hätte ich doch nur--" „Warst du nicht versichert, teure Tante? Du sprachst doch davon.-- damals--" „Ach, diesen Leuten noch Geld in den Rachen werfen und dann diese Scherereien für jeden kleinen Löffel.— Nein. Ich bin natür-
sollen nntee einen Hut gebracht werden«..!
lich nicht versichert.— So— wie du mich hier siehst— bin ich bettelarm und von allem beraubt. Meine Kur unterbrochen, bettel- arm— und das alles nur— weil---" „Weil du die zwei Zimmer nicht abgeben wolltest. Aber ich oerstehe, man will seine Ruhe haben,— seine Ruhe.--* „Ruhe." Die Tante lachte schrill. Dann bekam sie einen Weinkrampf und nach dem Weinkrampf führte Waller sie durch die Wohnung>— bis in das Mädchenzimmer— zu dem gefüllten Reise- korb, den er sorgsam unter das Bett geschoben hatte.--- Walter Hosemann bewohnt nun die zwei Zimmer. Der„kühle Luftzug" ist in Kissingen (beruhigende Bäder), und wenn er schreibt, sst er ganz Honig. Aber Waller ist— trotz aller Gefühlsstärke hell- sichtig.„Wer weiß— wie lange," sagt er zu seiner lungen Frau. wenn wieder einmal ein solcher Honigbrief aus Kissingen kommt. „aber da:ch die Belohnungbsumme der teuren Tante gut angelegt habe— sst mir um eine neue Wohnung nicht mehr bange. Der „kühle Luftzug" könnte im Winter doch etwas erkällend wirken.
vogeltult und VogelmLnner auf der Gjkerlnsel. Die einsam aus tiefen Fluten in den Weiten des Stillen Ozeans hervorragende Osterinsel. dieses kahle Basalteiland, da- ein letzter, nach Osten versprengter Ausläufer der polynesischen Welt ist, hat mit ihren rätselhaften Steinfiguren und dem Geheimnis ihrer Kuttur feit zwei Jahrhunderten die Gelehrten beschäftigt, ohne daß es bis- her gelungen sst, das Dunkel ganz zu lichten. Immerhin hat gerade die iiorschunjfbder letzten Zeit doch manche Klärung der verworrenen Probleme gebracht, wie aus der zusammenfassenden Darstellung her- vorgeht, die Friedrich Schulze-Maizier soeben unter dem Titel„Die Osterinsel" im Insel-Verlaa zu Leipzig veröffentlicht hat. Den eigentlichen Schlüssel zur Erkenntnis der Herkunft und Bedeutung dieser Kultur und ihrer sellsamen Gestaltungen bietet sich in dem merkwürdigen Vogelkult dar, der aus der Insel herrschte. Eine alte verlassene steinerne Siedlung, mit Namen Orongo, enthält höhlen- ortige Räume, an deren Wänden sich primitive Malereien von Vögeln und Fratzen befinden. Hier ist auch ein sehr eigenartiges Feljcnrelief ausgegraben worden, das ein kauerndes Zwittergeschöpf mit großem Dogclkops und menschenähnlichem Leib darstellt. Diese Siedlung war. wie aus den Erzählungen alter Einwohner hervor- geht, der Mittelpunkt jenes Vogelfundes, bei dem eine bestimmte Schwalbenart durch phantastische Zeremonien geehrt wurde. Wenn diese Schwalben im September auf der Insel ankamen, dann war der höchste Ehrgeiz der Eingeborenen, ihr erstes Ei zu erbeuten. Make-Make, der Hauptgott der Osterinsulaner, wurde zum Gott dieser Eier gemacht, und der Eroberer dieses ersten Eies wurde sein Stellvertreter aus Erden, der angebetete Vogelmann, der das ganze Jahr unter streng rituellen Vorschriften verbringen mußte. Solange man auf die Ankunft der heiligen Vögel wartete, wurden Feste abge- hallen, hauptsächlich in der sogenannten„Menschensresserhöhle", deren Decke mit roten und weißen Vögeln bemalt ist und in der die Gefangenen der schwächeren Stämme geschlachtet wurden. Als Mit- bewerber bei dem Vogelkult durften nur auserwählte Vertreter des Stammes, der gerade der mächtigst« und einflußreichste war, auf. treten: sie unternahmen nicht selbst die gefährliche Suche, sondern ließen sie von Dienern ausführen, die beim Schwimmen durch das von Haistichen bevölkerte Wasser nicht sollen zugrunde gingen, bevor sie das kostbare Ei erreichten. In einer Höhle mußten Wächter Tag und Nacht lauschen, bis sie das schrille Geschrei der herannahenden Vögel hörten. Dann stürzten die lauernden Diener aus ihrer Höhle heraus. Der Glück- liche, der das erste Ei erblickte, hob es jubelnd auf, schrie aus Leibes- kraften den Namen seines Herrn nach der Küste herüber und rief ihm zu:„Schere dein Haupt, du hast das Ei gewonnen!" Di« Wächter gaben die Kunde weiter, und hielt dann der neue„Vogel- mann" das heiß ersehnte Ei in der Hand, dann legte er es auf seine ausgebreitete Handsläch« und führte einen Triumph- und Freudentanz auf. Dieser Tanz des Vogelmannes mit dem Ei in der Hand ist wohl aus dem Relief von Orongo dargestellt. Der Vogelmann verbringt dann das hellige Jahr bis zur Wiederkehr der Schwalben auf dem Bildhauerberg Raraku in strengstem Tabu.
unter den rätselhaften Statuen, die hier geschaffen wurden und zum Teil noch aufrecht stehen. Darunter befinden sich die Begräbnis- stätten der Vogelmänner, und so liegt die Annahme nahe, daß wir in diesen Riesenfiguren Ahnenbilder und Statuen der Vogeimänner vor uns haben. Es gab auch einen Kindervogelkult auf der Oster. insel , bei dem die Kleinen in Orongo vor der großen Figur, die dort aufgestellt war und sich jetzt im Britischen Museum befindet, Hymnen sangen. Aus all dem geht hervor, daß die Statuen mit dem Vogel- kull in enger Beziehung standen. Nun ist es aber auffällig, daß die Tarstellungen von Vogelmenschen, die sich vielsach finden, nicht den Kopf einer Seeschwalbe tragen, der doch die Verehrung galt, sondern den überaus charakteristischen Kopf des Fregattenvogels. des heiligen Tiers, das die Melanesier anbeten. Besonders auf den Salomoinseln gibt es zahlreiche Plastiken und Ornamente, die den Darstellungen der Vogelmänner auf der Osterinsel sehr ähnlich sind, und auch die plastischen Menschenköpse an den Riesenfiguren der Osterinsel haben etwas von dem Aussehen des Fregattenvogel» erhalten. Nun weisen aber auch noch andere Dinge aus die mela- nesische Herkunft der Osterinsellultur hin. Die rätselhaste und noch immer nicht gedeutete Schrift, die die Osterinsulaner als einziges Volk der Südsee besaßen, zeigt durch das häufige Vorkommen des Fregattenvogels in ihren Hieroglyphen Zusammenhänge mit Mela- nesien, und die Sprache ist der von Neuseeland verwandt. So bietet also der jetzt erst geklärte Vogelkult der Osterinsel einen überzeugen- den Hinweis auf die Heimat dieser Kuttur und Kunst, und man kann selbst die einzelnen Stationen erkennen, aus denen diese oolynesischen Elemente vor uralten Zeiten von Neuseeland aus über Samoa , Tahiti , Mangareva und die ebenfalls mit Steinmonumenten ge- schmückte Pttcairninsel zu der fernen Osterinsel gelangten.
V!e gefährlichen Pilze. Wie stets zu dieser Jahreszeit häufen sich in den beiden letzten Wochen die Fälle von Pilzvergiftungen. Wir unterscheiden zwei große Gruppen von Pilzerkrankungen. Di« eine beruht auf dem Genuß an und für sich eßbarer, aber verdorbener Pilze: der zweiten liegt das Verzehren ausgesprochener Giftpilze zugrunde. Das Fleisch sämtlicher eßbarer Pilze neigt sehr leicht zur Zer. setzung. Die Vorschrift, die Pilze möglichst frisch zu oerzehren, ist daher unbedingt zu beachten. Schon allein das Aufbewahren der gesammelten Pilze erfordert besondere Sorgsall. Es ist völlig ver- fehll, die Schwämme in einen Beutel zu werfen, der womöglich noch auf dem warmen Rücken heimgetragen wird. Unter dem Mangel an frischer Lust und unter dem Einfluß der Körperwärme wird die Zersetzung der gedrückten Pilz« lebhaft gefördert. Es ist viel zweckmäßiger, die Schwämme vorsichtig in ein offenes Körbck-» zu legen, sie baldigst zu putzen, zuzubereiten und zu verzehren. Denn wenn man Pilze ausbewahrt, so bilden sich aus ihnen sehr schnell massenhaft kleine Spaltpilze, die gemeinsam mtt den Fäulnis- stcffen aus den verwesenden Pilzen— messt schon einige Stunden nach dem Genuß— Vergiftungserscheinungen hervorzurufen vermögen. Der Pilzsammler mache es sich zur Pflicht, nur junge und ganz gesunde Schwämme abzuschneiden: so manche Gesundheits- störungen sind auf dem Genuß alter, schon verdorbener PUze zurück- zuführen. Zu den bekanntesten eßbaren Pilzen gehören Pfifferling, Stein- pllz, Butterpilz, Maronenpilz, Semmelpilz und Champignon. Dieser letztgenannte, beliebte eßbare Schwamm hat einen gefährlichen Stiefbruder: den Knollenblätterschwamm, der gemeinsam mtt dem Fliegenpilz, dem Birkenreizker, dem falschen Eierschwamm, dem Pomeranzenhärtling, dem Dickfuß, Hörnling, Schwefeltopf u. a. m. die Ursache der zweiten großen Gruppe der Pilzerkrankungen bildetr der Störungen infolge Genusses von echten Giftpilzen. Diese Schwämme enthalten teils giftige Säuren, teil« Älkaloid«(toll-' kirschenähnliche Stoffe), teils giftige Eiweißstoffe. Einzelne Arte» besitzen ein Gift, das sie beim Abbrühen sofort abgeben, um darw nach Fortfließen des Kochwassers— mit anschließendem Nachspülen—> genießbar zu werden. Hierher gehören gewisse Morchelarten, zum Beispiel die Speisemorchel, die durch mehrmaliges Abkochen mit stets erneuertem Salzwasser meist ihre Giftigkeit verliert. Bei anderen Giftpilzen versagt jedoch dieses Verfahren vollständig. Weder die Dunkelfärbung einer Zwiebel oder eines silbernen Löffels, die mitgekocht werden, zeigt die Anwesenheit giftiger Pilze an, noch ist der angenehme Geruch der Schwämme für ihre Güte maßgebend. Allerdings soll man unangenehm riechende Pilze in keinem Falle verzehren. Es sst eben für jeden Pilzliebhaber unbedingt erforder- lich, sich gründliche Kenntnisse anzueignen, bevor er selbständig auf die Suche geht. Während die ersten Störungen nach dem Genuß echter Giftpilze nicht vor Ablauf der eisten 10 Stunden einsetzen, treten die Er- scheinungen nach dem Verzehren von verdorbenen Pilzen schon binnen wenigen Stunden auf. Erbrechen, schmerzhafte Koliken. Durchfälle leiten die Ertrankung ein, die Infolge Herzlähmung zum Tode führen kann. Es ist also in jedem Falle von Pilzvergiftung sofort ärztliche Hilfe zu rufen. Inzwischen ist durch Hineinstecken de» Fingers in den Rachen, durch Kitzeln des Gaumens, durch Trinken von Senfwasser oder dergleichen, Erbrechen auszulösen. Der Darm soll durch Abführmittel gereinigt werden, und gegen die drohende Herzschwäche sst starker Kaffee zu nehmen. Wenn der Verdauungskanal von allen giftigen Pilzresten frei geworden sst. dann kann gegen weiter anhaltendes Erbrechen durch Verschlucken von Eispillen und eisgekühltem Kognak, m kleinen Portionen ge- trunken, mit Erfolg angekämpft werden. Dr. med. M.
Wahre Rabenelkern. Der Rabe ist ganz unverdientermaßen in den Ruf gekommen, seine Kinder schlecht zu behandeln. Er gehört aber tatsächlich zu den Vögeln, die mtt Einsetzung des eigenen Lebens ihre Jungen schützen, und selbst wenn die Kleinen aus dem Nest genommen werden, so folgen ihnen die Rabeneltern und be- mühen sich mit rührender Sorgsall um sie. Die meisten Vögel sind ja gute Eltern, die ihre Sprößlinge gegen die vielen Feinde ver- leidigen und lieber selbst hungern, als daß sie ihr« Brut darben ließen.„Ich habe niemals einen wirklich intelligenten Vogel gesehen. der seine Jungen ihrem Schicksal überließe", sagt der bekannte Ornithologe Oliver G. Pike, und da die Raben zu den klügsten Vögeln gehören, so sind sie natürlich auch gute Eltern. Selbst wenn einer der beiden Eltern vom Tode ereilt wird, so müht sich der über- lebende Vogel doch noch mit Aufbietung aller Kräfte um die Auf- zuckt seiner Brut. Nur bei den dummen Vögeln findet man die wahren Rabeneltern. So habe ich bei Tauben. Summen, Tölpeln, Gänsen und anderen nicht gerade intelligenten Vögeln Dutzende von Beispielen beobachtet, die zeigen, daß sie für ihre Jungen wenig Liebe besitzen, und ich kann mir das nur daraus erklären, daß diese Vögel Im Laufe der Zeiten nicht soweit fortgeschritten sind wie die, die soviel Tapferkett und Hingabe für ihre Kleinen beweisen. Be- sonders die Tauben gehören zu den wahren Rabcneltern. Die Turtel- taube z. B. verläßt oft ihre Eier, wenn sie von einem menschlichen Wesen entdeckt, aber gar nicht berührt werden. Ich beobachtete ein Paar dieser Tiere, die ihre Eier verließen und sich sofort an den Bau eines anderen Nestes machten, nur well eine Frau mit ihrem Rock die Seite des Busches gestreift hatte, in dem sie ihr Heim auf- geschlagen hatten. Die Felsentaube verläßt sogar nicht nur ihre Eier, sondern auch ihre Jungen. Al- ich einmal in das Nest der sselsentauben sah, ohne ihnen auch nur das geringste zu tun, kehrten stc nicht mehr»um Nest zurück, sondern Überlieferten die Jungen dein Hungertode. Diese„Rabeneltern" sind auch zumeist schlechte Nest- bauer, während die erfahrensten Baumelster unter den Vögeln, wie . B. manche Finken- und Meisenarten sowie zahlreiche Singvögel, 'e Liebe ihren Jungen am meisten entwickell haben."
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