1. Beilage zum„Vorwärts" Berliner Volksblatt.Ur. 186.Sonntag» den 11. Angnst 1893.12. Jahrg.Lvsumung.Von schweizer Parteigenossen geht uns wiederholt das Er-suchen zu, Parteigenossen, welche infolge ihrer Thätigkeit in derArbeiterbewegung mit den Strafbehörden in Konflikt gcrathenfind, vor der Auswanderung nach der Schweiz zu warnen.Häufig find es lächerlich geringfügige Vorgänge— Verurtheilungzu einigen Wochen Gefängniß, oft die bloße Er-Hebung einer Anklage,— welche zum Vorwande fürdie Flucht nach dem Auslande, und speziell nach der Schweiz, benutzt werden.So sollen zur Zeit, nach den Mittheilungen unseres dortigenVertrauensmannes, in Zürich allein 161 flüchtige Deutsche sichbefinden, wovon allerdings die Mehrzahl zu den Militärpflichtigengehört. Abgesehen aber von der letzteren Kategorie, welche unsnichts angeht, sind unter den übrigen Flüchtigen eine ganzeAnzahl Genossen, welche aus durchaus unzureichendenGründen Deutschland verlassen haben und nun, mehr oderweniger unseren schweizer Parteifreunden zur Last liegen.Letztere erklären sich aber außer stände, allen an sie heran-tretenden Anforderungen nachkommen zu können, und die Flücht-linge sehen sich deshalb in vielen Fällen dem größten Elendeausgesetzt.Besonders sei darauf aufmerksam gemacht, daß die schweizerBehörden keinen Ausländer zu längerem Aufenthalt dulden,wenn er nicht im Besitze ausreichender Legitimationspapiere— Heimathsschein— oder im stände ist, Kaution in Höhe vonSOOo Fr.— zu leisten. Daß die wirthschaftlichen Verhältnissein der Schweiz mindestens so schlimm sind, wie in Deutschland,ist schon oft genug hervorgehoben worden und haben die Flücht-linge deshalb nur sehr geringe Aussicht, jenseits der Grenze Brotfür sich und ihre Familien zu finden.An die Vertrauenspersoncn und sonstigen bekannten Partei-genossen richten wir das Ersuchen, überall, wo sie dazuim stände sind, den Fluchtversuchen im Interesse derFluchtgeneigtcn selbst entgegen zu wirken. In den allermeistenFällen handelt es sich um unerfahrene Personen, welche dasOpfer unvorsichtiger Bierbankäußerungen geworden sind. DieseMenschen sind sich selbst und unseren Genossen im Auslandezur größten Last und in der Regel müssen sie doch wieder in dieHeimath zurückkehren und die Strafe über sich ergehen lassen, nach-dem sie vorher alle Schrecken des freiwilligen Exils durchgekostethaben.Wir warnen also wiederholt dringend vor jeder unbedachtenAusreißerei, wer es aber trotzdem thut, der mag sich bewußtfein, daß er es auf eigene Gefahr thut und keinen Anspruchauf Unterstützung und Hilfe hat.Mit sozialdemokratischem GrußBerlin. 10. August 1SSS.Der P a r t ei v o rst a n d.UokAles.Achtung vierter ReichstagöwahlkreiS! Listen zur Ein-zeichnung für die Parteispedition liegen an folgenden Stellen aus:Für den S ü d o st e n bei: Erbe, Cuvrystr. 25; Tolks-d o rf. Görlitzerstrahe 58; T r i t t e l w i tz, Falkenstein-straße 7; Schilling, Pücklerstraße 55; Koppen, Reichen-bergerstraße 13; G e s ch e, Wrangelstraße 63- Thiel,Partei-Spcditionslokal, Lausitzerstr. 2, sowie bei allen Kommissions-Mitgliedern. Für den Osten bei: Lock, Friedrichsberger-straße II; Zabel, Frankfurter Allee SO! B a u m g a r t e n,Königsbergerstr. 7; Wilke, Andreasstr. 26; Böhl, Rüders-dorferstr. 8; Wenzels, Partei-Speditionslokal, Fruchlstr. 30,sowie bei allen Kommissions-Mitgliedern.Die Sokalkommisston giebt bekannt, daß am 24. Augustdie nächste Lokalliste erscheint. Die Parteigenossen werde» er-sucht, Aenderuugen und Neuaufnahmen bis zum 20. August demUnrerzeichneten einzureichen.Folgende Lokale stehen der Arbeiterschaft zur Verfügung:Sozialpolitikunlev Fvivdrickz Milhelm I.„Die soziale Mission der Hohenzollern" gehört zum eisernenBestände unserer zeitgenössischen Historiker und auch einer be-stimmten Kategorie von Nationalökonomen, die gegenwärtig dasgroße Wort führen. Demgegenüber sei der Unterdrückungeines Streiks unter Friedrich Wifhelm I. gedacht. Neben seinerVorliebe für Soldatenspielereien zeichnete sich bekanntlich FriedrichWilhelm 1. noch durch eine andere Eigenschaft aus, die charak-teristisch für den Cäsarenwahnsinn ist, nämlich durch seineBauwuth. Auf ihn ist bekanntlich die Gründung der Friedrich-und der Dorolhcenstadt zurückzuführen, die er allerdingsin sehr sparsamer Weise so bebauen ließ, daß erwohlyabenden Bürgern Baugrund schenkte mit der Ver«pflichlung, denselben bebauen zu lassen. Berlin vergrößerte sichdadurch zwar in fabelhaft rascher Weise, aber da für die zahl-reichen, wie Pilze aus der Erde geschossenen Häuser nicht genugBewohner vorhanden waren, konnte der Baukrach natürlich nichtausbleiben. Damals wie heut aber suchten die Bauherren dieBaukosten zum größten Theil auf die Bauhandwerker ab-zuwälzen; man suchte eben aus den Maurern und Zimnierleute»eine Deckung für das Risiko des Baues herauszuschlagenoder wenigstens in Lohnkürzungen eine Risikoprämie zugewinne». Natürlich ließen sich das die Bauhandwerker nichtgesallen und sie griffen zum Streik, über den Baumeister Dr.D. Joseph urkundliches Material im„Bau" an das Tageslichtbringt. In der angezogenen Handschrist heißt es:„Am 9. Mai dieses Jahres(1735) war aus dem Berlinischenlllathhause ein großer Aufstand, von denen Maurer- undZiluniergeselle». welche an dem neuen Ban ans der Friedrichs-und Dorotheen-Stadt nicht mehr arbeiten wolle», weil ihnenanstatt der täglich pro Mann gezahlten 10 Gr., weiterein mehreres nicht als 3 Gr. inkl. des Meister-Groschens, gereichet worden und sie auch eine Stunde mehr,nämlich bis 7 Uhr abends, davor arbeiten sollen. Und, ohn-erachtet sie vom Präsidenten Neuendorff zur Ruhe angewiesenund ihnen Nomine Negis angedeutet worden, daß die Wider-spciistigen an Leib und Leben gestraft werden sollten, haben siesich dennoch darnach nicht achten wollen, sondern wie man zweivon denen Redelssührer» durch die Wache in Arrest bringenE. Zühlke, Dennewitzstr. 13; R. Winkler's Konzerthaus, Dresdener-straße 52/52; Schröders Weddingpark, Müllerstr. 173.Am 17. August findet ein vom Rauchklub„Cap der gutenHoffnung" arrangirtes Sommerfest im Artushof. Perleberger-straße 23, statt. Dies Lokal ist für die Arbeiterschaft gesperrt.I. A. der Lokalkommission: Karl Scholz, Wrangelstr. 32.Eine außerordentliche Sihnng der Stadtverordneten-Versammlung findet am Montag, den 12. d. M., nachmittags5 Uhr statt. In derselben gelangen in erster Reihe die Ein-spräche gegen die Wählerlisten zur Bcrathung. Ferner werden10 000 M. als Beihilfe an die Gemeinde Brotterode zur Linderungdes durch Brandunglllck dort entstandenen Nothstandes verlangt.Als weiterer Berathungsgegenstand steht die Bewilligung von109 460,12 M. zum Erwerb zweier Flächen des ZoologischenGartens zwecks Verbreiterung des Kurfürstcndamnies zwischender Kurfürstenstraße und dem Augusta-Viktoria-Platz aus derTagesordnung. Endlich steht auch noch eine Vorlage desMagistrats auf der Tagesordnung, die die Bewilligungvon 6000 M. zur festlichen Begehung des diesjährigen Sedan-tages in den städtischen Schulen" begehrt. Die 6000 M. sollenzur„Ausschmückung der Festräume", in denen die einzelnenSchulen Feierlichkeiten veranstalten sollen, und zu Beihilfen vonetwa 20 M. an jede Gemeindeschule„zur Erleichterung von Aus-flügen einzelner Schulen an diesem Tage" verwendet werden.Außerdem beabsichtigt der Magistrat noch 50 000 M. für denSedanrummel zu fordern. Wir haben darüber bereits an andererStelle berichtet. Hat der Magistrat vergessen, daß die Stadt-verordncten-Versammlung sich mit Bcrathung„politischer Gegen«stände" nicht befasse» darf und hat er vergessen, daß erst kürzlich derOberbürgermeister vom Oberpräsidentcn deshalb angewiesen ist, denverständigen Beschluß der Stadtverordneten gegen die Umsturzvorlagezu beanstanden? Oder würde der Oberpräsident einen Beschluß,50 000 Mark zum„Sedansest" zu bewilligen, nicht beanstanden?Hoffentlich erspart ihm die Stadtverordneteu-Versammlung durchAblehnung der Vorlage die Mühe, den Stadtverordnelcnbeschlußzu beanstanden.Ueber die Einsprüche gegen die Richtigkeit der Wähler-liste wird die außerordentliche Stadtverordnelen-Sitzung morgenbeschließen. Der Ausschuß hat vorgeschlagen, in die Wählerlistenachträglich aufzunehmen: die Tischler Nätebusch, Weinigel,Großmann, Zeschke, den Schneider Köhler, den KammmacherHolz, den Hausdiener Traun, den Schuhmacher Protz, den Hut-machcr Räder und den Arbeiter Nest. Bei alle» diesen hatteder Magistrat die Aufnahme in die Wählerliste abgelehnt, weildie benannten oder ihre Familienmitglieder erkrankt, in Kranken-Häusern ausgenommen und die von dem Magistrat begehrtenSummen noch nicht voll bezahlt haben. Den Arbeiter Wolterwill auch der Ausschuß nicht in die Wählerliste ausnehmen, weilseiner Ehefrau vom Armenarzt Milch und Rindfleisch im Werthvon etwa 2,80 M. verschrieben war. Auf dem Einspruch desTuchmachers Lehmann will der Ausschuß die Aufnahme in dieWählerliste versagt wissen, weil dieser zwar mit einem Ein-konime» von 750 M. eingeschätzt, von diesem Einkommen aber150 M. für drei Kinder unter 14 Jahren in Abzug gebracht sind.Der Handelsmann Hiebowski konnte in der Wählerliste nicht Ans-nähme finden, weil er zu einem Einkommen unter 660 M. veranlagt ist. Die Einsprüche des Oberstlieutenant a. D.Knack, der Kaufleute Samuel Freund und Emil Lieber.des Journalisten Raucnforth und des Musikers Muchseldtwaren abzulehnen, weil sie sämintlich am 15. Juli 1395noch nicht ein Jahr lang in Berlin ansässig waren. DerSchneidermeister Barnick hat mit seinem Einspruch denselbenMißerfolg gehabt, weil er gar nicht in Berlin wohnt. Originellist endlich der Einspruch des Polizeiwachtmeisters a. D. Schulz.Dieser verlaugte, daß 5 stimmberechtigte Bürger aus der Listegestrichen werde», weil sie Krankenhauspflege erhalten habe».Der Ausschuß beantragt mit Recht, dieser polizeilichen Be-anstandung den Erfolg zu versagen. In der morgige» Sitzungwird es sich entscheiden, in wieweit die Versammlung die Aus-schußnnträge genehmigt oder über sie hinausgehen wird.Wann tverdcn die Leichen in der Charitee Ver-storbcner sezirt? Wir theiltcn vor kurzem mit. daß eine aufKosten der Ortskraukenkafle der Schneider in der Charitee be-handelte Frau dort verstorben und ohne Genehmigungihres Ehemannes sezirt sei. Alls die wegen dieser auf-fallenden Behandlung erhobene Beschwerdeschrist ist dem Wittwerfolgende Antwort seitens der Chariteedirektion zugegangen:„Auf die Aufrage vom 11. Juli erwidern wir Ihne»ergebenst. daß die Sektion der Leiche Ihrer verstorbenenGattin, welche an Blinddarmentzündung gestorben ist, imInteresse der Wissenschaft und des medizinischen Unter-richts bewirkt worden ist. Nach den Bestimmungen desfür die Charitee giltigen, in der Ministerialinstanz ge-wolle», haben sie selbige nicht lassen, sondern alle mit in dieWache gehen wollen und die Woche dergestalt insultirt,daß sie genölhigt gewesen, die Bayouette aufzu-stecken, um die Leute abzuhalte», wobei aber einigebei weiterem Eindräugen hart verwundet worden sind.Wobcy Magistratus sich obligirct gesehen, heimlich vom Rath-Hause zu gehen, weil sie befürchtet, sie möchten ihres Lebensnicht sicher seyn. Hierauf sind alle Bursche in Arrest genommenund sollen zwoy davon, welche am meiste» an solchem Ausstandschuld, nächstens auf des Königs darüber eingekommene Ordregehangen werden.Den 13. dito Sindt abgedachte Maurer- und Zimmer-Ge-sellen anderweit zu Rathhause vernommen, und welche arbeitenwollen, loß gelassen, die andern aber krumm doppelt zusammenin denen Gesängnissen geschlossen worden."Das war die bewährte soziale Praxis des Hohenzollernfürsten.Gehangen und krumm geschlossen werden die Strcilführer jaheutzutage nicht mehr, wenn auch unsere lieben Kapitalisten, be-sonders auch unsere heutigen Bauschwindler, mit einer solche»„Sozialpolitik" ganz einverstanden wäre».N»»N und Wille,>Mafk.Lefsing-Theater. Der lustige englische Schwank„Niobe"wurde am Freitag zum ersten Male in dieser Saison wiederaufgeführt. Tie Vorstellung hatte insoweit einiges Interesse, alsFräulein Tilly Waldegg in der Titelrolle auftrat. DieKünstlerin hielt sich maßvoll und das war das beste, was sic thu»konnte. Ihr mochte selber das Gefühl vorschweben, daß derüberlegene und übersprudelnde Humor, der Fräulein Groß auchin dieser Rolle eigen, eine über ihren schönen Horizont hinaus-gehende Eigenschaft ist, und so hütete sich die im klassischen Ge-wände dem Publikum allerdings anfänglich etwas spanischvorkommende Schönheit fast ängstlich vor allen etwaübel zu deutenden Extravaganzen. Das war vernünftigvon Fräulein Waldegg, aber gleichzeitig bekundete diein pikanteren, modernen Lustspielrollen oft vorzügliche Künstlerin,daß sie selber sich in dieser neuen Rolle nicht heimisch fühlte.Die neue Niobe wird daher wohl auch nur ein Provisorium fürdie Spätsommer- Saison bedeuten solle» und binnen kurzem einerüberlegeneren Vertreterin Platz machen. Vorzüglich, wie bishernehmigten Leichenreglements soll in der Regel keineLeiche der Sektion entzogen werden. Ausnahmensind nur in ganz besonderen Fällen zulässig. Ihre G e-nehmigung war nicht erforderlich; ein WiderspruchIhrerseits ist übrigens nicht erfolgt. Ein Grund zur Beschwerdeliegt deshalb nicht vor." Das Leichenreglement ist uns äugen-blicklich nicht zugänglich. Bestimmt es aber in der That, daßauch ohne Anfrage bei den Verwandten der Ver-storbenen und ohne deren Genehmigung eine Sektionder in der Charitee Verstorbenen zu erfolgen habe,so liegt ein Grund mehr für die Mitglieder der Orts-Krankenkasse der Schneider vor, gegen die MöglichkeitStellung zu nehmen, die Krankenkassen-Mitglieder der Chariteezu überweisen. So wenig an sich dagegen zu sagen ist, daß imInteresse der Wissenschaft Sektionen stattfinde», um so ent-schiedener muß dagegen Protest eingelegt werden, daß die Leichenvon Arbeitern, die in der Krankenkasse.sind, ohne Ge-nehmigung ihrer Hinterbliebenen sezirt werden, hingegen dieSezirung von Leichen solcher, die aus eigener Tasche zahlen,nur mit Genehmigung und auf Wunsch der Verstorbenen oderihrer Angehörigen erfolgt.Die Mängel beim Eisenbahn- Signalwesen waren infrüheren Jahren ein stehendes Thema für öffentliche Erörterungen,zu denen Eisenbahnunfälle und Strafversahren gegen Eisenbahn-betriebs-Beamte vielfach herausforderten. Inzwischen sind Pro-zesse dieser Art so häusig geworden, daß sie das öffentliche Jnter»esse ermüden und im Jahre 1892 trat die neue Signalordnungfür die Eisenbahnen Deutschlands in kraft, so daß aus demgegenwärtigen Schweigen der Kritik leicht geschlossen werdenkönnte, es sei nun bei dem Signalwesen alles in bester Ordnung.Leider versichern die Beamten, besonders die bei der Sacheam meiste» interessirten Lokomotivführer, das Gegentheil undman wird sehr geneigt, ihnen zu glauben.weun man beim Eintritt derDunkelheit einmal versucht, etwa von der Warschauer Brücke aus,oder auch von der Chaussee-Ueberführung bei Westend aus. dreSignnl-Lichter zu studiren, die dort zu Hunderten nach beidenFahrrichtungen hin augebracht sind und unter denen der Blickdes Lokomotivführers sich im Moment, in der Geschwindigkeitdes Vorüberfahrens, zurechtfinden soll, wobei das geringste undentschuldbarste Versehen unübersehbares Unglück zur Folgehaben kann.Vor dem Inkrafttreten der I8S2er Signalordnung war vonfachkundiger Seite bereits wiederholt aus die ganz eigenartigenVerhältnisse im Berliner Stadtbahn, Ringbahn- und Vororts-Verkehr hingewiesen worden, der an einigen Punkten sounübersichtlich und schwer zu kontrolliren ist, daß be-sondere Vorkehrungen für die Sicherheit des Signaldienstesnöthig erschienen. Als solche kritischen Verkehrspunkte galten damalsschon und gelten heule noch die Verbindung zwischen dem Süd-ring und der Görlitzerbahn, ferner die Verbindungen zwischenCharlottenburg und Spandau, Westend und Spandau und dieKreuzungen der Slettiner- und Nordbahn mit dem Nordring beimBahnhos Gesundbrunnen. An allen diesen kritischen Punkten sindim Laufe der Zeit Eisenbahnunfälle passirt und wer die sinn-verwirrende Fülle der Geleise zwischen Charlottenbnrg, Grüne-wald und Westend betrachtet, der wird solche Unfälle sehr be-greiflich finden. Man wird den Eisenbahnbeamten glauben dürfen.welche versichern, daß eine derartige Verzwicktheit der Schienen-wege, wie in» Osten und Westen von Berlin in keiner anderenGegend Deutschlands, selbst nicht in den industriereichen OrtenWestfalens und der Rheinprovinz vorkommen.Schon vor dem Erlaß der 1S92er Signalordnung hattenhiesige Fachleute aus diese ganz ungewöhnlichen VerhältnisseBerlins hiiigewicsen und eine besondere Einrichtung der Signaleverlangt. Während früher und auch heute noch die Signaleseitwärts von den Geleisen stehen und an den Signalmastenfileichzeitig mehrere Signale für verschiedene Geleise angebrachti»d, wodurch begreiflicherweise bei der geringsten Unaufmerksam-keit die folgenschwersten Bahnunsälle herbeigeführt werden können,wurde damals das Verlangen mit Nachdruck geltend gemacht,daß der Signalapparat für jedes einzelne Geleise über dem-selben angebracht werden sollte, wodurch dann mit einigerSicherheit ein Jrrthum ausgeschlossen war. Ans diesen Vorschlagwurde damals aber nicht eingegangen j angeblich sollte diemechanische Bewegung dieser Signale mit zu großen Schwierig-keilen und Unsicherheiten verbunden sein. Von andererSeite wurde dies entschieden in Abrede gestellt und nuranerkannt, daß die Signale über dem Geleise für Berlin einen Ver-stoß gegen die burcaukratische Einförmigkeit der geplanten neuenSignalordnung darstellen würden.So habe» wir denn auch für den Berliner Eisenbahnverkehrunsere hochragenden Signalmasten behalten, die an den vor-erwähnten kritische» Verkehrspunkten oft zu vieren nebeneinander-stehen und von denen jeder seine vier Signale enthält. Die Bedeutungin dem drolligen Schwank waren Herr W a l d o w als Peterund Fräulein v. P ö l l n i tz als garstige Helene.Theaterspielpla» für diese Woche: Für die Oper beiKroll: Sonntag: Bajazzi, Carneval; Montag: Häusel undGrete!; Slavische Brautwerbung; Dienstag: Martha(LyonelHerr Heinrich Bötel, vom Stadltheater in Hamburg, als Gast);Mittwoch: Der Evangelimann; Donnerstag: Mignon; Frei-tag: Zur Feier des 100. Geburtstages Heinr. Marschners,neu einstudirt: Der Vampyr; Sonnabend: Hänscl undGretel, Die Puppenfee; Sonntag: Lohengrin(LohengrinHerr Otto Holldack, Antrittsrolle, Heerrufer: Herr Mitterlein a. G.).Anfang l/e7 Uhr; Montag: Der Vampyr. Für das Schau-spielhaus: Sonntag: Halali, Die stille Wache; Montag:Ter Revisor; Dienstag: Die Braut von Messina; Mittwoch:Ter Tngendwächter, Die Dienstboten; Donnerstag: Faust, Anfang7 Uhr; Freitag: Die Schule der Frauen, Der eingebildete Kranke(erstes Wicdcraustreten der Frau Conrad); Sonnabend: DieJour-naliste»(Bolz: Herr O. Wymetal, vom Stadttheatcr in Brünn,als Gast); Sonntag: Die Quitzows; Montag: Wie die Alten snngc»(Annalise: Frau Clara Meyer. Ehrenmitglied des Königliche»Schauspiels).— Im Deutschen Theater kommt Donners-tag»eneinstiidirt„Don Carlos" zur Aufführung. Die„Weber"werden am Montag, Mittwoch und Sonnabend gegeben.— DaSLcsfing-Theatcr kündigt für den Sonnabend nächsterWoche seine erste Novität an, und zivar ist esder drciaktige Schwank„Clrerclie? la feinrne", zudessen Autorschaft sich zwei der erfolgreichsten französischenBühnendichter vereinigt haben: A. Hennequin und E. de Najac.—Das Schiller-Theater zeigt die Wiedereröffnung fürDonnerstag, den 15. August, mit Minna von Barnhelm an.—Das Adolph Er n st- Theater eröffnet seine neue Spielzeitam Freitag, den 16. August, mit der Andran'schen Vaudcville-Posse„Madame Suzette", welche a» diesem Abend zum 55. Malein Szene geht. In der Rolle des Itobiquet wird Herr RichardJürgas vom Lcssing-Theater debntiren, während die übrige Be-fetzung dieselbe sein wird, wie am Tage der ersten Aufführung.Forschungsreise nach der EiSmeerküste. Aus Ebers.wald- berichtet der dortige„Stadt- und Lnndbote": ProfessorRamann von der hiesigen Forstakademie bat in Begleitung desMalers Friedrich Nath-Berli» und des Lieutenants Schnacken-berg eine Expedition nach dem nördlichen Finnland und der