Parlamentarisches.
ausmacht.
Von den einmaligen und außerordentlichen Ausgaben von zusammen 50 382 572 Mt. entfallen auf die Betriebsverwaltungen 24 228 200 Mt. auf die allgemeine Finanzverwaltung 364 664 Mit., auf die eigentliche Staatsverwaltung 25 789 708 Mt.
Lokales.
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nicht zu einer Einnahmequelle für den Staat, sondern der ge-[ Remunerirung der Vorsitzenden der Schiedsgerichte für die In- 1 geschlechtlichen Verirrungen unseres Jugend ist, dann begreifen sammten Menschheit zum Heile werden soll.( Beifall.) Hiermit validitäts- und Altersversicherung, 144 812 M. für das gewerb- wir gar nicht, warum immer noch über Verwahrlosung und Ent tann ich schließen. Wenn auch manche nüßliche Unternehmung liche Unterrichtswesen); bei der Justizverwaltung 2432 400 M. fittlichung geklagt wird. An Bibelsprüchen und anderem religiöjen hat zurückstehen müssen, so enthält doch der Etat eine ganze An-( wovon 54 922 M. bei den Ober- Landes- und 623 012 M. bei Lernstoff hat es der Schuljugend bisher doch nicht gefehlt. Frei zahl Aufwendungen für Landeskultur, Wasserbauten, Eisenbahnen, den Land- und Amtsgerichten zur Verstärkung des Personals); lich will es eine eigenthümliche Ironie des Zufalls, daß gerade Kunst und Wissenschaft. Wenn wir die Grundsätze der soliden bei der Verwaltung des Innern 3 529 455 M.( wovon 511 259 der Religionsunterricht und die Bibel für die Kinder eine Verpreußischen Finanzverwaltung festhalten, so werden wir diejenigen Mark für die landräthlichen Behörden zur Bestreitung der anlassung werden, ihre Phantasie mit schmutzigen Bildern zu bes Bestrebungen mit Erfolg zurückweisen, welche darauf gerichtet Kosten der Ausführung des Invaliditäts- und Altersversiche- flecken. Jeder Erwachsene weiß, daß er seine erste Kenntniß der find, Alles vom Staate zu verlangen, aber ihm nichts zu rungsgesetzes, 447 311 M. für die Polizeiverwaltung in geschlechtlichen Verhältnisse zum allergrößten Theil aus der Bibel opfern.( Beifall.) den Provinzen und 89 095 M. in Berlin , 396 148 M. für die geschöpft hat, deren„ pifante" Stellen ihm von älteren Kindern Damit ist die Tagesordnung erledigt. Landgendarmerie); bei der landwirthschaftlichen Verwaltung gezeigt wurden. Da es sich hierbei um etwas Ge wurde die ger Nächste Sigung: Montag, den 19. d. M. Tagesordnung: 481 822 M., bei der Gestütverwaltung 74 876 M.; bei dem heimnisvolles, Verbotenes handelte, so Etat. Schluß nach 3 Uhr. Ministerium der geistlichen zc. Angelegenheiten 1508 532 M. ftörende Wirkung noch erhöht. Bezeichnend ist, daß ( wovon 66 165 M. für evangelische Geistliche und Kirchen, ein Kind von dissidentischen Eltern, welches am Religions60 000 M. für den Fonds zu Vikariatseinrichtungen in der unterrichte nicht theilnahm, trotzdem von anderen Kindern evangelischen Kirche, 226 972 M. für die Universitäten, 145 095 M. in die Geheimnisse der Bibel eingeweiht wurde. In dieser Befür die höheren Lehranstalten, 615 894 M. für das Elementar ziehung thut sich etwas", um Berlinisch zu reden, und zwar Unterrichtswesen, 97 444 M. für Kunst und Wissenschaft, nicht bloß in den Volksschulen, sondern ebenso gut auch auf den 177 308 M. für das Medizinalwesen); von letterer Position ent- höheren Lehranstalten, einschließlich der höheren Töchterschulen Die Wahlprüfungs- Kommission hielt gestern Mittag fallen 165 000 m. in dauernden Ausgaben für ein in Berlin zu Wie es in den Jünglingsvereinen, deren Mitglieder ja in ordnung stand u. A.: Prüfung der Wahl des Zentrums- gründendes Institut für Infektionskrankheiten. Ferner ist bei die Sonntagsschulen als„ Lehrer" und in die„ Männerbund" ordnung stand u. A.: Prüfung der Wahl des Zentrums: sämmtlichen Staatsverwaltungen die Besoldung der etatsmäßigen Bersammlungen als„ Schüler" gehen, mit der Sittlichkeit beſtellt abgeordneten Dr. Porsch, Reichenbach- Neurode. Der genannte Abgeordnete wurde erst in der Stichwahl gegen den Sozial- Ranzleibeamten erhöht worden, was insgesammt 437 750. ist, dafür wollen wir nur ein, allerdings nicht sehr appetitliches demokraten Th. Metzner mit geringer Mehrheit, 10 122 gegen Beispiel anführen. Als der„ Chriftliche Verein junger Männer" Fassen wir die Mehreinnahmen des ordentlichen Etats noch in der Friedrichstraße hauste, war das Innere der auf dem 9748 Stimmen gewählt. Gegen die Wahl liegt ein Protest vorzusammen, so ergeben fich 110 977 901 f. bei den Betriebs Hose befindlichen Retirade, die von Bewohnern des Hauses höchst worin Stimmenkauf durch katholische Geistliche und grobe verwaltungen, 19 111 148 Mt. bei den Dotationen und der all- selten und von Passanten vielleicht nie, aber von Gästen des Drohungen von Unternehmern gegen ihre Arbeiter für den Fall, gemeinen Finanzverwaltung und 2521 385 Mt. bei den Staats- Vereins sehr fleißig benutzt wurde, mit Zeichnungen und Inschriften daß Mehner gewählt werden sollte, behauptet werden. Die Kommission beschloß Aussehung der Entscheidung und Erhebungen verwaltungen, in Summa 132 610 434 Mt. Die Mehrausgaben befudelt, wie wir sie unfläthiger und gemeiner faum jemals gesetzen sich zusammen: 55 112 484 Mr. bei den Betriebsverwaltungen, funden haben. über die behaupteten Unregelmäßigkeiten. 73 394 514 f. bei den Dotationen 2c., wogegen bei den Staats- Unsere sittsamen Gegner werden sich vielleicht ob des gänz Der„ Reichsanzeiger" veröffentlicht den preußischen Staats- verwaltungen eine Minderausgabe von 2 834 965[ Mt. veran- lichen Mangels an Prüderie, mit dem wir diesen Gegenstand hanshafts für 1891/92. Der Gtat, welcher heute von dem Finanz- schlagt ist; im Ganzen also ist eine Mehrausgabe von behandeln, entjeßen. Aber wenn man die Tiefe einer Rothlache minister im Hause der Abgeordneten eingebracht worden 125 672 033 Mt. veranschlagt. Der Mehrbedarf beträgt also ausmessen will, dann muß man mitten hineinspringen. Der Ge ist, veranschlagt die Einnahmen auf 1 720 834 749 W., die Ausgaben 6 938 401 Mt. sellschaft eines Stöcker und Konsorten kann es mit der Beauf denselben Betrag, und zwar im Ordinarium auf 1 670 452 177 fämpfung der Unfittlichkeit unmöglich Ernst sein. Daß die fitt Mart, im Extraordinarium auf 50 382 572 M. Gegenüber den liche Verwahrlosung der unbeaufsichtigten Jugend und das UeberVeranschlagungen für das laufende Etatsjahr ergeben, wenn der Handnehmen der Prostitution in den sozialen Verhältnissen bein den Etat für das letztere als außerordentliche Ginnahme eingründet ist, fangen unsere Gegner nun doch allmälig an einzus gestellte Verwaltungsüberschuß aus dem Jahre 1888/89 von sehen, und von diesem oder jenem wird es auch zugegeben. Da 4869 198 m., welchem eine gleich hohe, zur außerordentlichen fie aber nach wie vor das Heil von der Religion oder von der Schuldentilgung bestimmte einmalige Ausgabe gegenüberstand, Polizei erwarten, oder besser: zu erwarten vorgeben, obwohl ste außer Betracht gelassen wird, die Veranschlagungen der Einlängst aus Erfahrung wissen, daß diese Mittel wirkungslos find, nahmen für 1891/92 ein Mehr von 132 610 434 W., diejenigen so ist es klar, daß es ihnen um eine wirkliche Beseitigung der der Ausgaben im Ordinarium ein solches von 125 672 033 M., Das sechste Gebot. Anknüpfend an eine Gerichtsverhand- Uebelstände gar nicht zu thun ist. Das würde ja auch eine vollim Extraordinarium 2069 203 M. mehr. lung, in welcher eine Kupplerin für die Verleitung zweier Mädständige Umgestaltung der sozialen Verhältnisse erfordern, von Bei den staatlichen Betriebsverwaltungen ist in dem chen von 14 und 9 Jahren zu unsittlichem Lebenswandel den der unsere, auf ihrem Besitz festeingesessene Gesellschaft nun einOrdinarium gegen das laufende Jahr ein Mehrüberschuß gebührenden Denkzettel erhielt, jammert der Reichsbote" darüber, mal nichts wissen will. von 55 865 417 m. veranschlagt. Hiervon ist die Eisenbahn- daß die Kinder, deren Eltern den Tag über beschäftigt sind, Eine wirksame Bekämpfung der Unfittlichkeit ist allein von Verwaltung, für welche bei einer Mehrausgabe von 35 717 399 M. meist der Obhut und Fürsorge entbehren und sich selbst über der Sozialdemokratie zu erwarten. Wenn ihre Ziele ereine Mehreinnahme von 78 092 359 M. ausgeworfen ist, mit einem lassen sind, so daß sie dem Lafter anheimfallen müssen. Zwischen reicht sind, dann werden alle Kinder genügende Aufsicht haben, Betrage von 42 374 960 m. betheiligt; ferner die Verwaltung der den Zeilen des beweglichen Artikels ist deutlich der Hintergedanke und fein Mädchen wird sich aus Noth der Prostitution direkten Steuern mit einem Mehrüberschuß von 4 818 300 m. und geheime Wunsch des frommen Blattes zu erkennen, daß sich zu ergeben brauchen. Die Kinder werden über das Geschlechts ( und zwar 2 611 000 m. bei der klassifizirten Einkommensteuer, die Kirche der unbeaufsichtigten Kinder annehmen und Eltern leben belehrt, also mit allen Gefahren früh vertraut gemacht 2 160 000 M. bei der Klassensteuer, 1 238 000 bei der Gebäude- stelle an ihnen vertreten möge. Kinderhort, Sonntagsschule, werden. Die Ghen werden heiliger" fein als jetzt, denn sie wer fteuer und 482 000 M. bet der Gewerbesteuer); die Verwaltung Jünglings- und Jungfrauen Vereine sollen vermuthlich die Faben aus freier, d. h. durch feine äußeren Rücksichten eingeengter der indirekten Steuern mit einem Mehrüberschuß von 4,071 100 m.; milie ersetzen und der Verwahrlosung und Entſittlichung vor: Liebe geschloffen werden. Dann erst wird das Unfittliche, d. h. die Berg-, Hütten- und Salinenverwaltung mit einem Mehr- beugen. Hat doch erst fürzlich Prediger Dr. Wachsmann von der Widernatürliche, das gegenwärtig im Geschlechtsleben besteht, überschuß von 2737 147 M., die Forstverwaltung mit einem Bionsgemeinde, der obendrein noch nicht einmal zu den ver beseitigt und, was gut ist am sechsten Gebot, wahrhaft erfüllt Mehrüberschuß von 1418 000 m., die Domänenverwaltung mit ranntesten Pastoren gehört, in einer zur Förderung der Sonntags- werden. einem Mehrüberschuß von 180 650 M., das Seehandlungsschulen und Jünglingsvereine veranstalteten Gebetsversammlung Institut mit einem Mehrüberschuß von 298 000 M. geklagt, daß sich aus den Berliner Gemeindeschulen immer noch Die armen Unternehmer haben fürwahr unter einer allzu Bei den Dotationen und der allgemeinen Finanzverwaltung etwa 100 000 evangelische Kinder allsonntäglich ohne Erbauung schweren Last zu seufzen und immer noch werden ihnen neue ist ein Mehrbedarf von 54 283 366 m. veranschlagt. Hiervon ge- zu Hause und auf den Straßen umhertreiben“. Laften aufgebürdet. Da kann ein rechtlich denkender Mann es hören 30 519 276 M. zur öffentlichen Schuld infolge der Um- Wir stimmen dem Reichsboten" darin bei, daß zahllose nur ganz natürlich finden, wenn die Kapitalistenblätter mannhaft wandlung bezw. Kündigung von Eisenbahn- Prioritätsanleihen Eltern im harten Kampf ums Dasein gezwungen sind, ihre Kinder für die gequälten Herren Arbeitgeber" eintreten, ihre Aufgabe und Uebertragung solcher Anleihen auf den Etat der Staats- sich selbst zu füberlassen. Wir haben oft genug auf diese Zu- ist es ja ohnehin, für diese Stimmung zu machen. Und wenn schulden- Verwaltung. Ferner ist ein Mehrbedarf von 23 744 440 m. flände, welche allein durch die kapitalistische Produktionsweise und man es genau bei Licht betrachtet, so muß man allerdings bei bei der allgemeinen Finanzverwaltung veranschlagt. Lettere die damit verbundene übermäßig lange Arbeitszeit verursacht pflichten, daß dem Kapital heute schon zu viel aufgebürdet iſt. weist zwar eine Mehreinnahme von 19 128 128 M. infolge werden, mit Entrüstung hingewiesen. Aber das Mittel, welches man bedente nur zunächst, mit welcher Mühe der Kapitalist den höherer Ueberweisungen des Reichs( Bölle, Tabacksteuer, Reichs- der Reichsbote" anwenden möchte, um die üblen Folgen dieser Mehrwerth aus dem Schweiße und der schweren Arbeit seiner stempelabgaben) auf; es steht ihr aber eine Mehrausgabe von schreienden Mißstände, nämlich die Verwahrlosung der Jugend, Arbeit ,, nehmer" herauspressen muß, welche Anstrengungen e 42 872 568 m.( z. B. Erhöhung des Matrikularbeitrags Preußens vieder gut zu machen, fönnen wir nicht billigen. Durch fostet gegenüber der Begehrlichkeit der Arbeiter und gegenüber um 32 857 456. und Mehrüberweisung an die Kommunal- Sonntagsschulen und Jünglingsvereine werden sicherlich sehr deren Ünverstand für das Wachsen des Unternehmergewinns, für verbände aus den Erträgen der landwirthschaftlichen Zölle im wenige von unseren heranwachsenden Kindern vor geheimen ein angemessenes Sinken der Arbeitslöhne zu sorgen, und dann Betrage von 10 Millionen Mart) gegenüber. Jugendfünden und geschlechtlichen Ausschweifungen bewahrt. In aber vor allen Dingen vergegenwärtige man sich, daß der Ka Bei den eigentlichen Staatsverwaltungen ist die Einnahme den meisten Fällen macht gerade die Verquickung dieser Frage pitalist sich einem ungeheuren Risito" aussetzt, wie leicht kann um 2 521 385 M. erhöht, wovon 1760 000 M. an Kosten bei mit der Religion eine erfolgreiche Bekämpfung des Lasters un- ihm das, was für jeden vollblütigen Bourgeois der nervus rerum, Justizverwaltung; die Ausgaben dieser Verwaltungen ermäßigen möglich. Der Lehrer, welcher die Frage nicht vom naturwissen die Hauptsache ist, sein Geld verloren gehen oder im günstigerent sich um 2 834 965 M., da ihren Mehrausgaben von insgesammt schaftlichen Standpunkte aus behandeln darf, ist gezwungen, sich Falle, schlecht angelegt, einen geringeren Ertrag abwerfen, als 9 784 200 M. eine Minderausgabe bei dem Finanzministerium mit halb oder ganz unverständlichen Andeutungen um die Sache für den behaglichen Lebensunterhalt unumgänglich nothwendig ist. von 12 619 165 M. gegenübersteht, welche wesentlich daher rührt, herumzudrücken. In einer vom Männerbund zur Bekämpfung Der Arbeiter hingegen ist einer solchen Schreckniß nicht ausgeseht, er daß die Beträge für Besoldungsverbesserungen, welche in dem der Unsittlichkeit" einberufenen Versammlung gab fürzlich der fann zwar einmal einige Zeit arbeitslos werden, dann muß er aber, laufenden Jahre im Etat des Finanzministeriums stehen, in dem Wirkt. Geh. Ober- Regierungsrath Dr. Schneider eine Anleitung, wenn anders er ein ,, ordentlicher" und" sparsamer" Mensch gewesen neuen Etat den Spezialetats der übrigen Verwaltungen über wie das sechste Gebot in der Schule zu behandeln sei. Er gestand, ist, soviel zurückgelegt haben, um einen solchen Fall leicht er tragen find. daß ihm selbst dieses Gebot niemals in der Schule wirklich ertragen zu können und dann bekommt ein ,, tüchtiger" Arbeiter, Von den Mehrausgaben( 9 784 200 M., fiehe oben) klärt worden sei. Dieses Schicksal theilt er übrigens mit Hundert der Lust und Liebe zur Arbeit hat, zu der er ja geboren ist, be feien hervorgehoben: beim Finanzministerium 1 600 000. tausenden und Millionen anderer Menschen, denen es ebenso geErhöhung des Zivil- Pensionsfonds und 700 000 M. Wittwen- gangen ist. Trotzdem bot auch er in seiner Anleitung" nicht das und Waifengelder; bei der Bauverwaltung 655 511 M. Geringste von einer wirklichen Erklärung. Mit sittlichem Ernst" ( wovon 58 000 m. für Schaffung neuer Dienststellen, 43 915 M. und in strafendem Ton" vorgetragene Bibelsprüche genügen zur Unterhaltung der Binnenhäfen und 27 530 M. zur Unter- nicht, um einem Kinde, das seinen Geschlechtstrieb erwachen fühlt, haltung der Seehäfen); bei der Verwaltung für Handel und klar zu machen, warum es dies oder das lassen und sich vor Gewerbe 856 774 M.( insbesondere 256 708 Wt. in Veranlassung diesem oder jenem hüten soll. der Organisation der Gewerbe- Inspektion, 228 000 M. zur
Theater.
Wenn die Religion wirklich ein Mittel zur Berhütung der
und es bedurfte nicht erst der Hand des Sozialisten Loth, die mit unsicheren, knabenhaften Zügen ein Menetekel an die Wand Freie Bühne. Sonntag, den 11. Januar. Einsame Menschen. schreibt, un das Stück vor diesem zahlungsfähigen Publikum unmöglich zu machen. Drama in fünf Aften von Gerhart Hauptmann .
den
fanntlich immer Arbeit, wenn er nur welche annehmen will. Außerdem bedenke man, wie gering das„ Risiko" des Arbeiters gegenüber dem des Arbeitgebers" ist. Letzterer fann sein ganzes kapital verlieren, der Arbeiter hat hingegen höchstens seine Ge sundheit und sein Leben aufs Spiel zu sehen, wenn ihn ein Ver lust trifft, dann ist es höchstens der Verlust eines Armes oder eines Beines oder beider. Das ist heutigen Tages jedoch nicht mehr so schlimm, Arbeiter giebt es genügend und es kommt da
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trauen lassen. Seine Freunde betrachten ihn als einen Abtrünnigen, einen Kompromißler, und haben sich von ihm zurückgezogen. Nur einer ist ihm treu geblieben, der Maler Braun, der Mann der ansteckenden Unzulänglichkeit und Unzufriedenheit, Ich bin weit ab davon, gegen Gerhart Hauptmann den Vor- der nie dazu kommt, die Bilder, die er im Kopfe entwirft, zu Wer hätte an jenem denkwürdigen Sonntage, an welchem wurf zu richten, er habe in Hinblick auf dieses Publikum den malen. Johannes arbeitet an einem großen Werke. Nur langsam Vor Sonnenaufgang " zum ersten Male über die Bühne ging, Stofftreis aus fluger Berechnung verlassen, den er mit seinem die Arbeit von der Stelle; ungewiß ist ihr angesichts jener heulenden und tobenden Menge, die den jungen ersten Stück betreten hatte. Was ist natürlicher, als das Verrückt Dichter niederzischen, niederbrüllen wollte, wer hätte in den langen eines Dichters nachzuweisen, daß er nicht nur mit fräf- Ausfall: er hat neue Bahnen mit ihr eingeschlagen. Ohne alle Tagen nachher, als mit verschwindenden Ausnahmen die gesammte tiger Hand soziale Bilder zu malen, daß er eine bestimmte Ge- Anregung, ganz auf sich angewiesen, lebt er dahin. Er liebt seine Frau und sie ihn, aber sie kann ihm kein bürgerliche Presse Namens der beleidigten Kunst und Moral fellſchaftsschicht in greifbarer Anschaultchkeit vorzuführen vermöge, das unreife"," schmutzige" Stück verdammte, von dem nur eine sondern daß er es auch verstände, in seiner Seelenzergliederung Freund, kein Kamerad sein, denn ihr fehlt das volle Verständniß Szene, die Liebesszene zwifchen Loth und Helenen, eine halb- seltenen Problemen seltener Menschen nachzugehen. Das soziale für seine Arbeit. So ist er unruhig und launenhaft; er ist heftig spöttische Gnade fand, wer hätte da den Muth der Prophezeitung Moment ist in beiden letzten Stücken Hauptmann's zu dem zarten Wesen und hat, ohne daß er es wollte, das arme, nicht ausgelöscht, sondern nur zurückgetreten. füße Geschöpf so eingeschüchtert, so von seinem Unwerth überzeugt, gehabt, daß sich Gerhart Hauptmann binnen Jahresfrist bei der- ja auch felben Kritik fast allgemeine Anerkennung erringen, daß sein Freilich wird nur ein geübtes Ohr in den Einsamen fogeduckt", daß Frau Käthe sich selbst verkleinert und sich jedes brittes Drama„ Einsame Menschen " in der Freien Bühne" Menschen" das ferne Murmeln der unterirdischen Wasser sozialer eigene Wollen glücklich abgewöhnt hat. Wenn er diesen Mangel Das Publikum hörte es an Initiative bei ihr bemerkt, wird er von Neuem zornig, zornig jubelnde Aufnahme finden und, was in diesem Fall am meisten Unzufriedenheit und Anklage hören. bedeuten will ,. von dem geschäftskundigen Leiter eines ersten nicht; es brauchte sich nicht über eines der Gespenster zu ent- auf sich und auf sie. Dann aber rührt ihn wieder ihre sanfte HinNicht die gebung, ihr goldreines Gemüth, ihr„ Märchenherz". Doch diese Berliner Theaters zur öffentlichen Aufführung angenommen seyen, die jetzt schon am lichten Tage umhergehen. Armuth und das Elend erhoben ihr Gorgonenhaupt und ver- Stunden, sich die beiden guten Menschen wieder werden würde? Wie ist diese Aenderung des Urtheils zu erklären? Hat der darben den Herrschaften das Mittagessen: was man fah, war finden, sind mit der Zeit seltener geworden. Die Ungleichheit in Dichter oder die Kritik nachgegeben? die geistreiche Behandlung eines packenden Problems, war ein Wissen und Wollen zwischen Mann und Frau, die sich immer Es fann feinem Zweifel unterliegen, daß der Realismus als interessanter Mensch in glücklicher Lebenslage, der zwischen zwei mehr herausstellt und vertieft und die soziale Erniedrigung des Kunstform auf allen Gebieten dichterischen Schaffens den Sieg Frauen steht und dessen Ueberkultur seine Tragit ist. Und ge- Weibes und seine traditionelle Erziehung zur Ursache hat, ist die bereits errungen hat. Die Anerkennung der großen russischen, wonnen von dem Zauber intimer Beobachtung, einer fast voll- Ursache des Unglücks in dieser Ehe. Die Geburt des ersten französischen und norwegischen Romanziers, die Schäßung, ja fast endeten Meisterschaft in der Technik und dem sanft melancho- Kindes bringt die beiden Gatten einander nicht näher; im Gegenschon Ueberschätzung Ibsen's, das allseitige Gefühl, daß Deutsch - lischen Pathos des Vortrages jubelten die Zuschauer dem theil, auf der Frau liegt die ganze Last der beschwerlichen Pflege und bannt sie in die Kinderstube. land den gewaltigen Ausländern nichts Ebenbürtiges an die Seite Dichter zu. zu stellen habe, der sehnsüchtige Ruf nach neuer deutscher Kunst, die Erfolge Sudermanns mit seiner„ Ehre" Ludwig Fuldas mit dem Verlorenen Paradiese", in gewissem Sinne auch Wildenbruchs mit der Haubenlerche" und nun der Triumph HauptMit der Taufe des Erstgeborenen in dem stillen Hause am manns sind die äußeren Anzeichen dieses Sieges. " Vor Sonnenaufgang " wurde nicht seiner Form, sondern Müggelsee, das Johannes Vockerath, der einfame junge Privat- feinem Freunde viel erzählt hat. Sie will auf der Durchreise feines Inhaltes wegen abgelehnt. In der Sittenschilderung der gelehrte, bewohnt, hebt das Drama an; mit der Taufe, ob- Berlin fennen lernen und sucht den ihr im Uebrigen gleichgiltigen im Reichthum verthierten oberschlesischen Kohlenbauer, in der wohl Johannes, der begeisterte Darwinist und Schüler Häckels, Braun als einzigen Bekannten auf, um von ihm einige Dienste liebevollen Zeichnung der Erniedrigten und Beleidigten, der alle äußerlichen Religionsformen für sich längst überwunden zu erbitten. Knechte und Mägde des Bauernhofes, in der Figur des Lumpens hat. Doch er will seine gläubigen alten Eltern, die bei ihm zum Sat und Strebers Hoffmann witterte der Instinkt der bürgerlichen Besuch und zur Pflege der Wöchnerin sind, nicht betrüben. Zuhörerschaft eine vernichtende Anklage gegen die Gesellschaft, er sich doch auch seiner fromm erzogenen Braut zu Liebe kirchlich
Es ist das Problem der bürgerlichen Ehe, der glücklichen, aus einer Liebesheirath hervorgegangenen bürgerlichen Ghe, das zum Vorwurf dient. Dazu tritt in zweiter Linie das Problem findlicher Liebe und Gehorsams gegen die Eltern.
In diesem kritischen Augenblick ihrer Ehe, deren Wesen in der wundervollen Exposition des ersten Aftes angedeutet und in den folgenden Aften immer deutlicher entfaltet wird, tritt eine Fremde in das Haus ein, Anna Mahr, eine russisch- deutsche Studentin, die Braun in Paris kennen gelernt und von der er
Johannes nöthigt sie zum Bleiben. Ihr Geist, ihr Ver ständniß für seine Arbeit, ihre Selbstständigkeit im Denten und Leben, worin sie das wahre Widerspiel seiner Frau ist, nimmt
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