Industriellen sieht man wohl ein Stück guten Willens, nicht aber jene Kenntnis der vielleicht dem Unternehmertum hart erscheinenden Erfordernisse, deren Erfüllung die Voraus- s e tz u n g für ein Zusammenwirken ist. veutschnationales Entsetze«. Die Rede Dr. Silo erbe rgs auf der Tagung des Reichsverbandes Hot in der deutschnationalen Presse Entsetzen hervorgerufen. Die„K r e u z- Z e i t u n g" nennt ihn einen „Marxistenfreund" und schreibt: „Sehr befremdend mußte es wirken, wenn ein Industrieller, Dr. Silverberg» auf der Tagung des Reichsoerbandes der Industrie noch an eine Zusammenarbeit mit der Sozialdemokraue glauben kann. Ja, seine Ausführungen sind von der Presse, die immer wieder für die„Qiroße Koalition" arbeitet, direkt als eine Aufforderung der Industrie für eine solche Regierung-erweiterung aufgefaßt worden. Wir können uns nicht denken, daß die Mehrzahl der Industriellen den Standpunkt Silverbergs teilt. Sollte sich der Reichsverband der Industrie solche Anschauungen, die nur Wasser auf die Mühle des Marxismus gießen. zu eigen machen, so dürften doch verschiedene Kreise der Industrie solche ausgesprochene Linksorientierung nicht mitmachen, und wir würden es nur für richtig halten, wenn sie in diesem Falle einer Organisation den Rücken kehren, die ebenso wie die demo- kratischc Partei Vorspanndienste für den Marxismus leistet." Die Ausführungen Siloerbergs haben nur eine Be- ziehung zum Marxismus: sie sind ein Beispiel für die krasse Ignoranz, die im Lager der Industriellen über den Marxis- mus herrscht. Aber die„Kreuz-Zeitung " meint ja auch nicht den Marxismus — sie meint die Arbeiterbewegung, und sie ist entrüstet über jeden Versuch, der Arbeiterbewegung gerecht zu werden, zumal wenn ein solcher Versuch die bequemen Agitationssck�agworte der„Marxistentöter" zerschlägt.
Die angebliche Geßler-Reöe. Eine Fälschung. Die Hugenberg-Preste berichtete gestern von einer ongeb- liehen Rede des Reichswehrministers in Königsberg , in der Dr. Geßler gesagt haben sollte, der Kamof gegen den heutigen Staat und seine Verfassung werde gegenwärtig am schärfsten von der Sozialdeino- k r a t i e geführt. Dazu teilt uns Herr Dr. Geßler, der gestern aus Königs- berg zurückkehrte, mit, er habe dort überhaupt keine Rede gehalten, sondern sich nur in einer Unterhaltung mit ein paar Parteifreunden vertraulich über die gegenwärtige politische Lage geäußert. Dabei sei es ihm nicht eingefallen, eine derart unsinnige Bemerkung zu machen, wie sie ihm unter- stellt worden sei.__ Zlach müßt ihr sein! Wir haben die Leute von der„Kreuzzeitung " nie für tief- sinnige Politiker gehalten, hätten aber doch nicht geglaubt, daß die Debatten, die in den letzten Tagen um die Regierungssrage geführt worden sind, ihnen schon zu hoch sein würden. Es ist aber so: hetzst st«. bekennen freimütig: „Aus bestimmter parteipolitischer Absicht wird die Frage eben Immer mehr kompliziert, ja man könnte vielleicht sogar sagen, auch bewußt zu stark politisch vertieft." Soll das heißen, daß deutschnationale Politik mit Politik eigentlich nichts zu tun hat, sondern nur mit Geschwätz? Oder soll das heißen, daß das Verständnis der Kreuzzeitungs- leute aufhört, wenn eine politische Eituatton da« seichte Gewässer der Flachheit verläßt? Oder soll es heißen, die Auelastungen des Chefs der„Kreuz- zeitung ", des Grasen W e st a r p, sollten nur als Flachheiten, als politische Platitüden angesprochen werden? Arme flache Seelen!
folgte und unterstützte die Sozialdemokratie alle Regungen g e n o s s e n s ch a f t licher Organisation, die unter Erziehung ihrer Mitglieder zu verantwortlichem Denken die freie Selbstbestimmung der Verbraucher, Kreditnehmer und Landwirte zu gemeinwirtschaftlichem Wollen aufrief. Sie förderte die Gemeinwirtschaftstätigkeit in den K o m m u n e n. diesen feinorganisierten Zellen staatlicher Gebundenheit. Sie suchte der Entfaltung aller derartigen Regungen die not- wendige Freiheit gegen die Konkurrenz der Prioatinteressenten zu sichern, suchte das organische Wachstum des So- .zialismus zu fördern, wo mechanisches Aufbauen ebenso zweck- los wäre, wie wirres Niederreißen. * So blieb ein großes Feld frei, auf dem das P r i» vatkapital herrschte und noch herrscht, wo— abgesehen von unvermeidbaren Ansprüchen des Staates und der sozialen Gemeinschaft— keinerlei Fessel die private Unternehmerinitiative beschränkt. Dabei sahen wir die Fehl- schlüge des Privattapitals und zogen aus ihnen neue Nah- rung für die tlafsenüberwindende Idee des Sozialis- mus; dennoch mußten wir den Kapitalisten oft genug ge- währen lassen, obwohl sich bei der wachsenden sozialen Not der zwangsläufigen Folg« kapitalistischer Fehlschlage d«nn oft die Faust in der Tasche ballte. Wenn es in der Zeit steigender Arbeitslosigkeit und wachsenden Elends der Massen infolge mangelnder Rationalisierung keine Maschinen- stürmer gab, so ist dies das Verdienst ökonomischer Schulung und gewerkschaftlicher Disziplin der breiten Massen, ein Erfolg der langjährigen Erziehungstätigkeit der Arbeiter- organisationen. Der Kapitalismus ist eben an diesen Stellen, wo er nicht revolutionär überwunden werden kann, für uns ein ähnliches Instrument der Wirtschaft, wie für die Technik die Dampf- Maschine. Dieses wundervolle Wertzeug, dem wir die Industrialisierung der Welt verdanken, gibt in der Regel nur ein Viertel, selten wenig mehr an Kraft her, als es an Energie in Form von Brennstoffen verzehrt. Drei Viertel der Leistung gehen ungenutzt in die Luft. Trotz dieser ungeheuren Verschwendung, trotz Elektrizität und Benzin- motor kann die industrielle Arbeit auch heute noch nicht auf die Dampfmaschine verzichte». Die Technik muß suchen, den Nutzgrad der Maschinen zu steigern, neue Konstruktionen an Stelle der alten zu setzen. Die Zerstörung der Dampf- Maschine, nur weil sie oerschwendet, wäre zugleich die V e r- nichtung der Arbeitsmöglichkeit für Millionen Menschen. So mußte auch die sozialistisch organisierte Arbeiterschaft an zahllosen Stelle» die Fehler und Mängel des Kapitalis- mus Hinnehmen. Auch hier wäre Zerstörung Unsinn ge- wesen. Darum leisten die Kohlenarbeiter die Notstands- arbeiten auch in Zeiten des Streiks und schützen so die Pro- duktionsmittel der Kapitaliften vor der Vernichtung. Und aus dem gleichen Grunde haben wir sogar ein Interesse daran, daß der Kapitalismus, wo er nun einmal aus irgend- welchen Gründen nicht beseitigt werden kann, richtig und mit dem größten Wirtsevaftserfolg für die Gesamtheit, nicht aber nur für Aktionäre, Direktoren und Aufsichtsräte arbeitet. Darum traten die Gewerkschaften für eine R a t t o n a l i- sierung der Betriebe ein. Weil dieser Wille zum Erfolg für die Gesamtheit immer nur dann erzielt werden kann, wenn, der Profit eingeschränkt wird, der die Trieb- scher der kapitalistischen Wirtschaft ist, oerschließen die kapitalistischen Interessenten ihre Augen vor der Tatsache, daß oft, ja in der Regel, die sozialistischen Forderungen den Nutzgrad der Wirtschaft zu steigern vermögen. * Nun kommt Herr Siloerberg mit jener abgeschmackten Forderung nach einem Verzicht der Arbeiterschaft auf den Klassenkampf, eine Forderung, die nur aufs«eue die Unkenntnis der Unternehmer von der Klassenkampf- ideologie beweist. Klastenkampf ist die notwendige Ausein- andersetzung der austtrebenden Arbeiterschaft mit der Herr-
Deutsche im /luslanö. Von Paul Gutmann. Schauplatz der Handlung: Die ehemals frei« Reichshauptstadt Eger, eine der wichtigsten Städte Deutschböhmen«, Hort de« Deutsch- tums im Böhmerland. Hier entdeckt der Fremde keine tschechische Aufschrist, wie im nahen Marienbad , wo sämtliche Straßenschilder, Wcgtaseln, Aeschäftsschilder vor der deutschen Bezeichnung die tschechische zeigen müssen. Auf dem schönen altertümlichen Markt- platz verkündet stolz eine Tafel die Wohnstätte Schillers, der hier feine Studien zur Wallensteintrilogie gemacht hat. Wir begeben uns nach ermüdeter Wanderung in das süddeutsch anmutend« Wirtshaus, besten Tische fast voll besetzt sind. In einer Nische steht der einzige leer« Tisch, auf dem sich eine kleine Standarte befindet. In welchen Farben? Schwarzrotgold, sind wir in Deutschland ? Nein, dort würde man vergeblich einen Gasttisch suchen, auf dem die Reichs- färben, das Symbol der deutschen Einigkeit, den Gast begrüßen. Aber hier, in der Tschechoslowakei , sind dies« gartxn heiligstes Symbol der Zugehörigkeit zur deutschen Sprachgemeinschaft, zur deutschen Gesittung. Draußen hält ratternd ein Auto, von dessen Vorderseite eben- falls ein Fähnchen herabhängt: schwarzwethrot, mit dem Kreuz der alten Kriegeflagge. Das alte Deutschland , da« sich für da« neue hält, naht: ein beleibter Herr, ein« Dam«, zwei Herren mit Schmisten im Gesicht. Sie begeben sich In dem wohlbekannten Siegerschritt Ins Lokal. Kein Platz mehr, außer dem Stammtisch mit der schwarzrot- goldenen Fahne. Die Wirtin gestattet, daß ausnahmsweise Fremde dort Platz nehmen. Entsetzen befällt die Gesichter der deutschen Helden. Will sich die Wirtin etwa einen Spaß erlauben? Nach halblauter Unterredung bequemen sich die Neogermanen zum Nieder- setzen:„Hören Sie," schnarrt der eine und zeigt auf das schwarz- rotgolden« Fähnchen,„nehmen Sie bitte da» Ding da weg." Und dl« guten treuen Deutschen im tschechischen Staat sehen mit kindlicher Verständnislosigkeit zu, wie ihr Heiligtum auf Geheiß von Deutschen entfernt wird. » Wanderung durch den Hradschin zu Prag , die Burg der böh- mischen Könige, der deutschen Kaiser, setzt auch Wohnstätte des Prä- fidenten der tschechoslowakischen Republik. Ein Wort, das dem Deutschen fremd ist, kehrt in allen Erklärungen des Führer» mit einer Art stolzer Betonung wieder, dos Wort: Republik. „Hier ver» anstaltet die Republik ihre Empfänge",„hier läßt die Republik Aus- grabungen vornehmen",„hier wird die Republik ein Denkmal er- richten". Ein paar Edeldeutsche werden bereits durch diese wieder- holte Nennung des verhaßten Wortes nervös. Aber die Höhe ist noch nicht erreicht. Als der Führer nach Besichtigung einer Kapelle erklärt, daß sie nicht mehr benutzt wird, weil der Präsident keine Religion mehr hat— so drückt er sich au»— da halten sich die
schenden Unternehmertlassc um das soziale Recht. Klassen- kämpf ist jede Handlung, die zur Hebung des Massenwohl- standes dient, ist der Kampf um den Arbeitsertrag, um den Schutz der Schwachen, um die Geltung im Staat und in der Gesellschaft. Fordern nicht selbst die deutschnationalen Ar- beiter ihr Recht in ihrer Partei, ohne daß man ihnen diese Form des Klassenkampfes verdenkt? Hat doch der Reichs- verband gestern und vorgestern betont, daß er selbst ein „körperlichesundgei st iggesundes" Arbeiter- Heer haben will. Trotzdem aber will er die notwendigen Sozialausgaben dafür beschränkt wisten. Also werden die Arbeitervertreter darum zu kämpfen haben, nicht mit Handgranaten und Radaudemagogie, sondern mit den legalen Mitteln, die ihr in der Republik zur Verfügung stehen und mit der Waffe ihrer politischen und gewerkschqft- lichen Organisation. Ein Verzicht der Arbeiterschaft auf diesen Kampf wäre gleichbedeutend mit dem Verzicht auf den Fortschritt. So kann es auf diese Forderung nur eine Antwort geben: ein klares Nein. »- Die Arbeiterschaft kann aber auch nicht das Recht des Unternehmertums auf die Führung der Wirtschaftspolitik zugestehen. In verfassungsrechtlichen, in sozialen und in außenpolitischen Fragen hat die Sozialdemokratie seit Jahren und Jahrzehnten, im neuen und im alten Staat, oftmals bahnbrechend gewirkt. Das geschah oft genug gegen den Widerstand der Unternehmer. Heute bejaht das Unternehmer- tum die Republik , den Dawes-Plan , das Recht der Arbeiter- schaft an der Führung der Staatsgeschäfte. Es geht geistig dieselben Wege, die die Arbeiterschaft vor- a n g e s ch r i t t e n ist. Eines Tages wird man auch wider- strebend anerkennen müssen, daß die Arbeiterschaft in den großen grundsätzlichen Fragen der Wirtschaftspolitik weites gesehen hat als das Unternehmertum. Darum können wir auch die Forderung nach einem Verzicht auf den ökonomischen Sozialismus, auf die Gemeimvirtfchaft nur mit einem Nein beantworten. Die Unternehmer von übermorgen oder die, die an ihre Stelle traten, werden längst erkannt haben, wie sehr dieses Nein berechtigt ist. Als Herr Silverberg noch Mitarbeiter von Stinnes war, haben beide im rheinisch-westfälischen Elektrizitätswerk das größte gemischtwirtschaftliche Unter- nehmen der Welt geschaffen, ohne sich daran zu stoßen, daß diese Mischung von privatem und gemeinwirtschaftlichem Betrieb der Vorläufer gemeinwirtschaftlicher Un- ternehmungsformen ist. Auch hier ging die P r a x i s ihren Weg, unbeirrt von den Vorurteilen der Führer. Will man sie nicht weiter gehen lassen. Wenn es eine politische Zusammenarbeit zwischen Ar- beitern und Unternehmern geben kann, so nur auf der Grund- läge wahrhafter Demokratie. Nicht Führer und Geführte treten einander gegenüber, sondern Menschen und Sachwalter von Organisationen, die wissen, wo ihre Jnter- essen auseinandergehen und welches Stück Weges für gemein- same Arbeit frei ist. Den Austrag der Meinungsverschieden- heiten kann man getrost der Entwicklung der tatsächlichen Machtverhältniste überlassen. Die Arbeiterschaft hat Grund» auf die Kraft ihrer Organisationen zu vertrauen. Die Sozialdemokratie, die nach oem Geständnis Silver- beras die überwiegende Mehrheit oer Arbeiterschaft zertritt, wird sich bei politischen Entscheidungen nur von den Not- wendigkeiten leiten lassen, denen sie ihre Existenz verdankt. Sie wird die Interessen der Hand- und Kopf- arbeite? wahrnehmen, ohne Rücksicht auf einladende Gesten der Unternehmer, noch auf das Geschrei der Kam- munisten. Wenn die Industriellen das Zusammenwirken mit der Arbeiterschaft suchen, so genügen nicht wohl« geschliffene Redewendungen. Sie werden durch Taten ihrer politischen Interessenvertretung und durch Achtung der Ansprüche der Arbeiterschaft beweisen müssen, daß in einer derartigen Zusammenarbeit die Rechte der Arbeiterschaft ihren Raum erhalten. Nach den bisherigen Reden der
Deutschen an einer Säule fest.„Wie? Wa»? Kein« Religion? Er war doch Protestant?"„Gewiß," antwortet der Führer,„aber jetzt hat er keine Religion mehr und erklärt auch in einem von ihm ver- faßten Schulbuch die Gründe, warum man keine Religion haben solle." Die Deutschen sind wie vom Schlag gerührt.„Na, bei uns wär's beinah auch so," sagt der eine,„aber Gott sei Dank, jetzt rührt sich wieder deutsche Zucht und Sitte." * Die Brunnenpromenade eines großen Kurorts. Ts ist schon spät am Morgen, der Schwann der Trinkenden hat sich verzogen. Am Brunnen befindet sich nur eine Dame mit einem Kind, zu dem sie etwas polnisch sagt, ferner meine Wenigkeit und ein deutscher Mann. Es läßt sich nicht feststellen, wer zuerst dort war, aber der Tag ist ja endlos lang, und wir suchen ja alle miteinander bloß Erholung. Die Dame reckt ihren Becher gegen das heilspendende Wasser. Da ruft der Berliner mit der autoritativen Stimme eines kaiserlichen Schutzmanns, wobei die Zornesader auf seiner Schläfe anschwillt:„Keine Ordnung im Leib, hier geht's der Reihe nach." Die Dame sieht mich halb fragend, halb lächelnd an. Ich kann ihr nicht helfen, denn ich gehöre ebenfalls zu der Nation, der Ordnung über Vernunft geht und die auch sonst ihre eigenartigen Begriffe hat.
Georg Kaiser : Zweimal Gliver'. Es geschah, daß die rotblonde Villenbesitzerin mit dem fabel- haften Portemonnaie und den knickebeinigen Lakaien ihren Freund verlor und im Varietä den Verwandlungskünstler Oliver erblickte. Oliver ähnelte vollkommen dem verlorenen Freund und so kaust sich die Dame, die die Mittel dazu hat, den Berwandlungskünstler, damit er den Freund in ihrem Klubsessel posiert. Doch Oliver hat außer seiner-Maske noch ein Herz und eine kranke Frau und eine Tochter, die er wie seinen Augapfel hütet. Da der Larietödirektor die Tochter verführt und da die Frau ihm im Gefängnis der Eifersucht hält, so ist es nicht oerwunderlich, daß Oliver bald den Verstand verliert, zumal da er auch bei der rotblonden Villenbesitzerin Feuer sängt. Eines Abends hat die rotblonde Dame mit ihrem Freund, der ganz unerwartet zurückkehrte, und der, wie man weiß, Oliver aufs Haar glich, in der Varieteloge Platz genommen. Pisfpasf schießt Oliver den Freund tot und glaubt, daß er sich selber erschossen hat. Das ist seine Tollheit, die noch weiter an den Tag kommt, da Oliver in der Irrenklinik präsentiert wird. Er hält den Irrendirektor für den lieben Gott und ist nicht von der fixen Idee abzubringen, daß er sich selber den Garaus gemach: hat. Di« Geschichte ist einfach und doch kompliziert. Sie wird erzählt in zehn Sketschs, die Georg Kaiser ein Schauspiel nennt, das im Theater in der Königgrätzer Straße gespielt wurde. Der Titel Ist verwaschen und der Sinn auch. Das ganze Stück ist von einem Literaten für Literaten gemacht, den Mittelmann aus dem Volke, aber wohl auch die klügeren Leute, geht da» Ganze nichts an. Immerhin amüsiert zeitweilig der Bluff. Der Bluff wird am stärksten, wenn Moilfi, der den todeswütigen Oliver spielt, auf einer richtigen Darietibühne al» Berwandlungskünstler
auftritt und sich ein» fix drei bald als Richard Wagner , bald al» tänzendes Illdlein und bald al» steppenden Dantee zeigt. Diese Kunststücke fanden denn auch Beifall, obwohl man zum Schluß nicht wußte, was der Dramatiker eigentlich mit diesem Intermezzo seines Fleißes gewollt hat._
Slabund-llrausführung. Das Ereignis dieser Woche: Uraus- führung de« Revolutionsschauspiel» Eromwell von Klabund im Lessingthenter. Sein Eromwell ist ebensowenig der sittenstrenge, schwärmerische Puritaner der englischen Geschichte wie das Schau- spiel dramatisierte Historie des gewissenhaften Wissenschaftlers. Klabund steht die Geschehnisse des 17. Jahrhunderts mit den Augen und den Sehnsüchten der Gegenwart. Die 24 bunten Bilder seiner historischen Revue enden— ein wenig gewollt und überdeutlich— in einem jubelnden Bekenntnis zur Republik . Der Titelheld K l ö p f e r und der Autor ernteten stürmischen Beifall. Dgr. Neue Holzschnittbücher von Arans Masereel. Der gute Erfolg des„Stundenbuches " von Frans Mafereel, durch den der flämische Holzschneider auch in Deutschland weiten Kreisen bekannt wurde. hat den Leipziger Verlag Curt Wolfs veranlaßt, dieses Buch jetzt auch in einer wohlfeilen Volksausgabe neu herauszubringen. In der gleichen Aufmachung erscheint noch ein zweites Holzschnittbuch von Masereel :„Die Sonne". Ein dritter Band mit Ä> Holzschnitten unter dem Titel„Gesichter und Fratzen" wird folgen. Schließlich illustriert Masereel eine neue, von Karl Wolfskehl besorgte Dr.-Coster-Ausgabe mtt 175 Holzschnitten. Tln christliche» Znslilut für Sozialwissenschast. Auf der Welt- konferenz der Kirchen zu Bern ist der Plan gefaßt worden, ein christliches Institut für Sozialwissenschasten zu errichten, das eine wissenschaftliche Erforschung der sozialen Probleme vom christlichen Standpunkt aus durchführen soll. Das Institut soll von einem inter - nationalen Komitee von Sachverständigen geleitet und unterstützt werden. Im Zusammenhang mit dieser Schöpfung denkt man daran. etne International« Zeitschrift in drei Sprachen ins Leben zu rufen, die ein geistige» Bindeglied zwischen den verschiedenen Kirchen bilden soll._
vi« ckttohe Berliner Annslansslellung, deren Schluß zum 31. August vorgesehen war, wird bi» auSgang« September verlängert. Iheatertarlenvorverkanf. Montag, den 6. September wird an den Theaterkassen des WarenbanseS Tietz, Leipzigerstratze,«lexanderplatz und Frankfurter Allee , Mitte September auch auf dem Kurfürstendamm , der Kartenvorverkauf für sämtliche Berliner Theater eröffnet. Der verband Venischer Erzähler hat silr den kommenden Winter die folgenden BoitragSveianstaltungen festgesetzt: Montag, 4. Oktober 1026, abend? 8 Uhr, Herrenhaus, Dichterabend Klabund , Sonntag, 7. Ok- »ober tSSö, mittag» IS Uhr, Herrenhaus. Morgenfeier zum SO. Geburtstag(B e 0 r g Engel», Sonnabend, 30. Ottober 1920. abend» 8 Ubr, Reichstag . Tichteravend Merhard Hauptmann, Sonntag. 7. November 1S26, abend? 8 Uhr. Dtchterabend Heinrich Mann , DornierS« tag, 18. November 1926, abends 8 Ubr. Dtchterabend Herbert Eulen- berg, Donnerstag, 9. Dezember 1SS6, abend» 8 Uhr, Herrenhaus. Dichterabend Stefan Zweig. — Nach Weihnachten werden lesen: Franz Werfel , Raoul Auernheimer und Franz® inj- ke», zusammen im Herrenhaus. Ferner finden zwei„Morgenfeiern der Jugend" im Herrenhaus statt.