Ehrungen Molkenbuhrs.
Zur Feier seines fünfundsiebzigsten Geburtstages.
Bum fünfundsiebzigsten Geburtstage des Genossen Molkenbuhr haben zahlreiche Arbeiterorganisationen ihre Glück. wünsche dargebracht, teilweise durch persönliche Besuche, durch zahlreiche Blumenspenden und durch Telegramme. Ungefähr alle gewerkschaftlichen Organisationen haben Glückwünsche geschickt, desgleichen zahlreiche parteigenössische und demokratische Politiker. Von den vorliegenden Telegrammen erwähnen wir die folgenden: Die sozialdemokratische Reichstagsfraktion telegraphiert:„ Dem verdienstvollen Vorfämpfer der deutschen Arbeiterklasse und der deutschen Sozialpolitik sendet zum fünfundsiebzigsten Geburtstag die herzlichsten Glückwünsche."
Reichskanzler Marg telegraphierte: 3ur Bollendung des fünfundsiebzigsten Lebensjahres sende ich Ihnen in Erinnerung an Ihre langjährige Zugehörigkeit zum Deutschen Reichstag herzliche Glückwünsche. Reichskanzler Marr."
Der Reichsarbeitsminister telegraphiert: Anläßlich Ihres fünfundsiebzigsten Geburtstages gedenkt Ihrer mit herzlichen Wünschen und Grüßen Reichsarbeitsminister Dr. Brauns." Genosse Albert Thomas , der Direktor des Internationalen Arbeitsamts in Genf , telegraphiert:„ Habe mit allen anläßlich der Völkerbundsversammlung in Genf anwesenden sozialistischen Freunden das Telegramm zu Ehren Ihres fünfundsiebzigsten Geburtstages unterzeichnet. Möchte dem ein bewegtes Gedenken an die während unserer Jugend in Deutschland gemeinsam verbrachten Monate beifügen. Möchte ferner die herzliche Dankbarkeit aller aus drücken, die mit Ihnen für die Arbeiterversicherung und den Arbeiterschutz arbeiten, sowie für die hervorragenden Dienste, die Sie von Anfang an unserer Bewegung geleistet haben. Albert Thomas ." Auch die Parteiorganisationen der Wahlkreise, die Molkenbuhr früher im Reichstag vertreten hat, haben sinnige Angebinde geschickt.
Hugenberg- Methode auf Reisen.
Das Ausland wird angelogen.
Ein Sonderberichterstatter Hugenbergs bereift Afien und berichtet darüber im„ ,, Lokal- Anzeiger". In der indischen Hafenstadt Karachi besuchte er ein Café, wo er sich als Deutscher zu erkennen gab. Der Bericht über diesen Besuch sieht so aus:
Im Augenblick hatten mehr als zwanzig ihre Stühle herbeigerückt Seit dem Kriege hatten fie feinen Deutschen mehr gesehen. und fingen an mich auszufragen und machten Augen wie Teetaffen und dann wie Wagenräder, als ich ihnen von den großen Kanonen und den gewaltigen Flugzeugen erzählte, die wir leider nicht haben. Da leuchteten alle Augen. Ein Summen ging durch den Saal. Ah, Deutschland ! Ah, der Kaiser , Rußland , Hindenburg , Mustafa Kemal Pascha! Noch eine Weile log ich weiter. Aber das Lügen fiel mir schwer. Diese Leute glaubten wenigstens noch an etwas. Wer glaubt noch an etwas bei uns?"
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Der Lokal- Anzeiger" auf Reisen. Methode Hugenberg auf Reisen. Es wird gelogen im Inlande wie im Auslande. Es wird gelogen, daß sich die Balken biegen. Und man prahlt auch noch damit. Echt„ Lokal- Anzeiger". Echt Hugenberg. Freilich: Wer glaubt noch an etwas bei uns?" Ein etwas unfreiwilliges Geständnis, aber ein sehr beschämendes Geständnis. Das Eingeständnis des völligen moralischen Banterotts.
Abschluß der Kriminalistentagung. Beleidigung, Feststellungsverfahren, Strafverfahren, Richterliches Ermessen.
Bombenwurf gegen den Wagen.
Rom , 11. September. ( Stefani.) Als heute vormittag furz nach 10 Uhr das Automobil Mussolinis, der von der Villa Torlonta zurückkehrte und sich auf dem Wege nach dem Palazzo Chigi befand, den Platz der Porta Bia durchfuhr, warf ein junger Mann namens Ernesto Giovanni, von Beruf Steinmez, eine Bombe gegen den Wagen. Die Bombe traf das Geitenfenster des Automobils, fiel dann auf die Erde und explodierte, während der Wagen seine Fahrt fortsette. Durch die Splitter wurden vier vorübergehende Personen leicht verlegt, die in ein Spital gebracht wurden. Giovanni wurde sofort durch die Polizisten, die Mussolinis Automobil begleiteten, verhaftet. Giovanni, der im Jahre 1908 in Castelnuovo di Carfagnana geboren wurde, erklärte, er sei an diesem Morgen vom Auslandezurüdgetehrt und befize teinen Paß. Mussolini ist gänzlich unversehrt. Das Direktorium der faschistischen Partei richtete an die Parteimitglieder eine Botschaft, in der u. a. gesagt wird: Gott hat Italien noch einmal gerettet. Mussolini blieb unversehrt und nahm sofort seinen Platz auf der Kommandobrücke wieder ein; er befahl, daß eine Repressalie geübt werden solle. Man muß dem Befehl des Führers gehorchen. Die Kundgebung schließt mit den Worten: Es lebe Italien ! Es lebe Mussolini !
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Giovanni erklärte auf der Polizei, daß er aus Frankreich eigens zu dem Zwecke gekommen sei, um das Attentat auszuführen. Er habe in einem Café in der Nähe der Porta Pia die Stunde der Borbeifahrt Mussolinis abgewartet. Giovanni trug einen Revolver mittleren Kalibers und Dum Dum Geschosse bei sich.
Da es unmöglich ist, direkt aus Italien wirklich zensurfreie und darum glaubhafte Nachrichten zu erhalten, müssen wir zu den römisch- offiziösen Attentatsmeldungen unseren Vorbehalt aufrechterhalten. Wir fönnen zurzeit noch nicht wissen, ob die Bombe gegen das Auto Mussolinis bestimmt Mussolini wieder einmal populär zu machen. Es ist nicht zu verkennen, daß die Aktien des faschistischen Geschäfts in der legten Zeit einen Kursrückgang infolge der inneren StreitigItaliens zeigen. Wir betonen auch einem Attentat auf Mussofeiten in der Faschistenpartei, wie der ungünstigen Finanzen lini gegenüber, daß die Sozialdemokratie nach wie vor alle Akte des persönlichen oder sachlichen Terrors verwirft, selbst wenn er gegen so brutale Gewaltpolitiker wie Mussolini gerichtet ist, der während seines ganzen politischen Lebens, fei es als Sozialist wie als Faschist, in zynischer Weise die Gewaltanwendung gegen den politischen Gegner verteidigt hat.
So schrieb dieser Duce" 1910 in der ,, Lotta di Claffe" ( Klaffenkampf) anläßlich des Bombenwurfs im Theater Columbus zu Buenos Aires :
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Wenn eine republikanische oder eine taiserliche oder eine bourbonische Regierung dem Bolte einen Maultorb anlegt oder es
wert ist die Annahme des Antrages Prof. Hippels, der sich für die Haftung des Täters, für die unverschuldeten Folgen feiner Tat ausfpricht auch ein Rückschritt.
So trennt man sich von der diesjährigen Kriminalistentagung fomplizierten Frage des richterlichen Ermessens nicht gelungen. mit dem Gefühl des Unbefriedigtſeins. Es ist ihr die Klärung der Sie hat die Erwartungen enttäuscht. Die Nichtbefolgung des WunBonn, 11. September. ( Eigener Drahtbericht.) Die Kriminalisten- sches der Innsbruder Versammlung, das Problem des Vertrauens tagung nahm heute ohne weitere Zwischenfälle ihr Ende. Zu betonen in die Strafrechtspflege auf die Tagesordnung zu setzen, hat sich wäre höchstens die persönliche Bemerkung des Genossen Dr. Kurt bitter gerächt. Rosenfeld , in der er gegen die gestern aufgestellte Behauptung Prof. Kohlraufch's, als habe er in seiner Rede in der Juristischen Gesellschaft die unheilvolle Debatte über das Vertrauen zur Justiz heraufbeschworen, Stellung nahm. Genosse Rosenfeld erflärte, daß es gerade Prof. Kohlrausch gewesen sei, dessen eigenartige Berteidigung des Ebert Urteils einerseits und dessen Ausspruch über die Fülle der angeführten Fehl sprüche- sein diesbezügliches Goethe- Zitat: Getretener Quart wird breit, nicht start" zur Erwiderung herausgefordert haben. Prof. Kohlrausch brach darauf in seiner Entgegnung seiner gestrigen Behauptung die Spize ab, indem er erklärte, daß er bereit fei, zuzugeben, daß auch er am fraglichen Abend eine temperamentvolle parteipolitische Rebe gehalten habe.
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Im übrigen war der Verhandlungstag der Anhörung der Borträge des Justizrats Lowesenste in Berlin und Prof. Engel hardt Heidelberg zum Thema„ Wahrheitsbeweis und Wahr nehmung berechtigter Interessen nach dem Strafgesetzbuch 1925" unter Abstimmung über die Anträge zu den beiden Verhandlungsgegen ständen gewidmet.
Verteilung der Aufgaben.
Genf , 11. September. ( Eigener Drahtbericht.) Die von der Einzelheiten der neuen Bestimmungen für die Wahl des Rates zu ersten Kommission eingesetzte Unterkommission, die sich mit den beschäftigen hat, einigte sich im Prinzip über folgende Punkte: Die Dauer der nichtständigen Mandate wird auf drei Jahre feftgesetzt. Jedes Jahr wird ein Drittel dieser nichtständigen Mandate erneuert. Im Prinzip find die nichtständigen Mitglieder nach Ablauf ihres mandats nicht sofort wieder wählbar. Eine Ausnahme fann nur mit 3weidrittelmehrheit der Bollversammlung beschlossen werden, jedoch höchstens für drei der nichtständigen Mandate. Der Uebergangsbestimmung, daß ausnahmsweise die Wiederwählbarkeit der 1929 ausscheidenden nichtständigen Mitglieder schon bei ihrer fommenden Wahl festgelegt werden soll, wurde zugestimmt. Der norwegische Vertreter erklärte sich jedoch nur unter Vorbehalt einverstanden. Er wird zunächst Die Thesen der beiden Referenten gipfelten im großen und noch einmal mit seiner Regierung in Verbindung treten. Man ganzen in folgenden Säßen: Die leichte Beleidigung sei für straflos hofft, daß er dann am Montag feinen Vorbehalt zurückzieht. zu erklären, aber das gefeßliche Strafminimum zu erhöhen. Ferner Als 1929 wiederwählbare nichtständige Katsmitglieder kommen feien die leichtfertigen Beleidigungen auch dann für zunächst Polen und China in Frage. Das bisher von strafwürdig und strafbar zu erklären, wenn in ihnen berechtigte Dr. Benesch vertretene nichtständige Mandat wird der rum eigene, fremde oder öffentliche Intereffen wahrgenommen werden. nische Gefangenenmörder- Ministerpräsident Averescu übernehmen. Schließlich fei gegenüber der Aufstellung oder Berbreitung ehren. Das bisher schwedische Mandat erhält Holland . Belgien rühriger Behauptungen dem Verlegten, ohne Rücksicht auf ein Ber - behält sein bisheriges nichtständiges Mandat auf ein weiteres Jahr. schulden des Beleidigers eine Feststellungsklage dahin zu gewähren, Die Unterkommission sezte zur Formulierung der oben gefenndaß die Behauptung sich nicht bewahrheitet habe. Das Festzeichneten Vereinbarungen ein Redaktionskomitee ein, das bis Monstellungsverfa ren fann mit dem Strafverfahren tag abend seine Arbeit beendet haben soll. Am Dienstag wird dann nicht verbunden werden. Das Feststellungsverfahren soll be die Vollkommission sich mit diesen Formulierungen befassen, so daß sonderer Regelung unterliegen, u. a. dann, wenn die ehrenrührige am Mittwoch vormittag die Völkerbundsversammlung die Beschlüsse Behauptung von einer Behörde oder einem Beamten in Ausübung verabschieden kann. Am Mittwoch oder Donnerstag dürfte seiner Amtsbefugnisse aufgestellt wurde. Die Klage wurde dann die Wahl des Rates erfolgen. gegen die Behörde, andernfalls gegen die Person des Beleidigers zu richten sein. Gegenüber Urteilsfeststellungen in einem Verfahren, an dem der Verlegte als Angeklagter oder Partei beteiligt war, soll die Feststellungsklage nicht stattfinden. Das Gericht soll bezüglich des Umfangs der Beweisaufnahme auf die Anträge der Parteien nicht beschränkt sein. Endlich soll auch der Presse die Möglichkeit gewährt werden, für sich den§ 193, der die Wahrneh= mung berechtigter Interessen zubilligt, in Anspruch zu nehmen.
In der fünften Kommiffion( für soziale Angelegenheiten) be. grüßte der Vorfizende den deutschen Vertreter, Genossen Breit scheid, mit herzlichen Willkommensworten. Breitscheid wurde von der Kommission für die Bollversammlung als Berichterstatter über die russischen Flüchtlinge bestimmt. Der französische Senator Bams begrüßte diesen Beschluß und hieß gleichzeitig den Genossen Breitscheid herzlich willkommen.
V. Sch. Genf , 11. September. ( Eigener Drahtbericht.) Das Redaktionsfomitee besteht aus Scialoja, Loucheur, Motta und dem Holländer Limburg. Loucheur- Frankreich machte noch einen Vorstoß, um die Wahlaussichten Bolens zu vergrößern, indem er beantragte, daß abgegebene weiße Stimmzettel bei der Fester fiel aber damit durch. Ferner wurde beschlossen, daß die Wiederwählbarkeitskandidaten entweder von dem kandidierenden Staat selbst oder von einer Gruppe von fünf anderen Staaten vorbereitet werden müffen. Theoretisch ist demnach alles geregelt, praktisch dürfte es aber noch erhebliche Schwierigkeiten geben. Sie sind verstärkt durch den angekündigten Austritt Spaniens . Es ift nicht zu leugnen, daß die ganze Reform des Böllerbundrates vor allem dar um vorgenommen wurde, um Brasiliens und Spaniens , mehr noch als Bolens Ansprüche zu befriedigen; jet, nachdem diese beiden lateinischen Staaten ausgeschieden find,
Die Thesen der Referenten fanden nur zu einem gewissen Teil die Zustimmung der Versammlung. Größeres Interesse beanspruchte die Abstimmung über die An. träge zum Thema„ Richterliches Ermessen". Wie nicht anders zu erwarten war, wurde der Antrag des Genossen Rosenfeld u. Gen. der die Erweiterung in das richterliche Erstellung der Zweidrittelmehrheit nicht mitgezählt werden dürften, messen zurzeit für unzulässig erklärt, abgelehnt. Desgleichen wurden auch die einschränkenden Anträge Alsbergs Berlin und Druder Leipzig abgelehnt. Zugestimmt der festeren Umgrenzung der Tatbestände und der These, die dahin ging, daß das Absehen von der Strafe mit dem Prinzip der Strafrechtspflege unvereinbar_sei ein unverständlicher Rückschritt, der mit der modernen Strafrechtstheorie undereinbar ist und dem Geist der IKV. ins Gesicht schlägt. Die oben angenommenen Anträge stellen sich im allgemeinen auf den Boden des Entwurfes und bedeuten ein Zugeständnis an die Erweiterung richterlichen Ermessens. Bemertens
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wurde nur
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außerhalb der Menschheit stellt, so braucht man nicht über Gewalt zu schreien, die der Gewalt antwortet, auch wenn einige Unschuldige zum Opfer fallen"
In dem gleichen Blatt definierte Mussolini den individuellen Terror folgendermaßen:
Sind die Terroristen Helden oder Narren? Fast immer sind es Helden, Narren sind es nie... Man muß im Gegenteil anerkennen, daß Terrorakte ihren Wert haben und manchmal den Beginn sozialer Umwälzungen anzeigen."
Am 23. September 1911, nach der Ermordung des russischen Ministerpräsidenten Stolypin schrieb Mussolini : ,, Stolypin hat sein Schicksal verdient. Der Mann, der die hei lige Geste des Rächers gemacht hat, muß verherrlicht werden."
Man fönnte uns entgegenhalten, daß all dies der revoTutionäre Mussolini geschrieben habe; aber für seine Faschistenzeit genügt die Sammlung von Verteidigungen der systematischen Gewaltanwendung aus dem Popolo d'Italia" unter der Leitung Mussolinis. Wir beschränken uns darauf, wiederzugeben, was Mussolini in seiner Rede auf dem Faschistenkongreß 1924 gesagt hat:
durchaus moralisch, jedenfalls moralischer als Kompromiß Ihr wißt, wie ich von der Gewalt dente. Diese ist für mich und Kuhhandel."
mit der Ueberschrift:„ Tod dem Verräter!" Und am 13. März 1924 schrieb Muffolini einen Artikel Ob vielleicht der Attentäter aus diesen Artikeln den Entschluß zu seiner Tat gefaßt hat?...
Rom , 11. September. ( TU.) Mussolini erklärte heute nachmittag, daß er entschlossen sei, mit allen ihm zur Verfügung stehenEnde zu bereiten. Es sei ihm gelungen, Streife zu verbieten,
den Mitteln zukünftigen Attentatsversuchen ein es werde ihm auch gelingen, die periodischen Anschläge gegen sein Leben zu verhindern, nicht wegen seiner eigenen Person, sondern dürften der gerechten Strafe nicht entgehen. um der Ruhe des Landes willen. Verbrecher am italienischen Volk
Der Terror beginnt.
Rom , 11. September. ( Eigener Drahtbericht.) Die Gebäude der wenigen oppositioneren Zeitungen find bald nach dem Bekanntwerden des Attentats mit starter militärischer Befehung belegt worden. Ob zum Schuhe gegen faschistische Ueberfälle oder aus welchen Gründen sonst, darüber wird man erst später etwas erfahren. Der Bombenwerfer wird als„ Anarchist" bezeichnet. Es wird behauptet, daß er, trotzdem er( nach Stefani) erst 18, nach späteren Meldungen 22 Jahre zählt, schon während des Krieges- also als Zwölf- oder Sechzehnjähriger! also als Zwölf- oder Sechzehnjähriger! fich als„ Agitator" betätigt habe.
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erkennt man auf einmal, daß man viel zu viel nichtständige Sige geschaffen hat. Man weiß tatsächlich nicht, wie man sie eigentlich vernünftigerweise alle befeßen soll. Dies um so mehr, als drei Staaten nur auf ein Jahr gewählt werden. Und es scheint bei feinem der bis jetzt in Aussicht genommenen Staaten die Neigung zu bestehen, diese undankbare Rolle zu spielen. Deshalb ist man neuerdings bemüht, die Länder, die nach den Bereinbarungen ausscheiden sollten, dafür zu gewinnen, daß sie sich bereit erklärten, für ein weiteres Jahr zu bleiben: das sind Schweden , die Tschechoslowakei und Uruguay . Es wird nicht allzu große Mühe fosten, die Herren Benesch und Guani zum Bleiben zu bewegen. Aber die schwedische Regierung erklärt, daß sie an den Bestimmungen des Turnus festhalte und nach einer vierjährigen Ratstätigkeit entschlossen sei, nicht wieder zu kandidieren.
Genf . 11. September. ( Eigener Drahtbericht.) Stresemann tauschte heute Besuche mit Vandervelde, Briand und Chamberlain aus. Diese Besuche sind als Einleitung der für kommende Woche, noch vor der Abreise Briands und Chamberlains, in Aussicht genommenen Verhandlungen über die Rheinlandbesa hung und andere wichtige Fragen zu betrachten. Der Reichsaußenminister äußerte sich über das Ergebnis der Besprechungen sehr befriedigt.
Bei
V. Sch. Genf , 11. September. ( Eigener Drahtbericht.) dem kurzen Höflichkeitsbesuch Briands wurde nur wenig über Politik gesprochen; es werden ihm aber mehrere Zusammenkünfte folgen, die ernſteren Charakter haben dürften. Bedeutend länger war die Unterredung, die Vandervelde mit Schubert hatte und an der zuletzt auch Stresemann teilnahm. Das erklärt sich schon daraus, daß Bandervelde fofort nach ihrer Beendigung ab. reisen mußte. Hier war die Unterhaltung schon wesentlich fonfreterer Natur. Soviel fann mit Bestimmtheit gesagt werden, daß fie auf beiden Seiten einen vorzüglichen Eindruck hinterließ. Die ausgezeichneten Vermittlerdienste, die Genosse Vandervelde schon in Locarno geleistet hat, sind noch in bester Erinnerung und trugen zu der Verbesserung der deutsch - belgischen Beziehungen erheblich bei.
Der Athener Monarchistenputsch.
Erledigt und abgetan.
Paris , 11. September. ( Eigener Drahtbericht.) Aus Athen wird gemeldet, daß die Zahl der Opfer bei dem jüngsten Aufstand über 50 betrage, die Zahl der Toten allein über 30. Ueber 12 Stunden dauerte der Straßentampf. Es war den Aufständischen eine Zeitlang gelungen, alle Verbindungen zwischen den Regierungstruppen und der Provinz abzuschneiden. Zahlreiche Munitionsdepots und Arsenale wurden geplündert. Mehrere hundert Offiziere und Mannschaften werden vor den Kriegsgerichten erscheinen. Ge neral Kondylis soll im Besitz von Dokumenten sein, die beweisen, daß die Republikanische Garde" mit den Monarchist en unter einer Decke steckte. Zahlreiche Kommunist en wurden, besonders in Athen und Saloniti, verhaftet. Die Nachricht, daß General Plastiras mit Truppen gegen Athen marschtere, hat sich als unrichtig herausgestellt, vielmehr hat Plaftiras ein Glüd. wunsch telegramm an Rondylis gesandt. Es scheint festzustehen, daß das ganze Komplott von der monarchistischen Partei ins Wert gesetzt worden ist. Kondylis beabsichtigt, am 24. Otto be r allgemeine Wahlen stattfinden zu laffen.