г
allen Besizsteuern zusammen. Die Lohnsteuer allein brachte einen Mehrertrag von 612 Millionen, die Umsatsteuer 538 Millionen, die Beförderungssteuer 82 Millionen und die Zölle und Verbrauchssteuern 450 Millionen. Selbst wenn man annimmt, daß ein Teil der Umsatzsteuer nicht auf die Preise der Waren aufgeschlagen werden konnte und infolgedessen von den Unternehmern aus dem Gewinn zu entrichten war, so wäre das nur ein Aus gleich dafür, daß die Vorauszahlungen auf die Einkommen und Körperschaftssteuer gerade in dieser Zeit zum wesentlichsten Teile abgewälzt worden sind. Die Ueberschußwirtschaft der vergangenen Jahre fann also niemals eine Herabsetzung der Steuern derjenigen Schichten rechtfertigen, die zu diesen Ueberschüssen fast nichts beigetragen haben.
Die letzte Instanz.
Ein Ministerialbeamter gegen die Regierung.
Im Hugenbergschen Tag" polemisiert ein höherer Ministerialbeamter" gegen die Umbildung im Reichsfinanzministerium. Die Polemit ist auf den Ton gestimmt: jede Aufwartegeldsegung höherer Beamter, die den Rechts parteien angehören, ist rechtswidrig und verfassungswidrig. Im übrigen sucht diese Bolemit eines höheren Ministerialbeamten" die Regierung und ihre Verordnung nach Kräften verächtlich zu machen. Sie spricht von einem Beschluß der Minister der Reichsbanner parteien", von„ biederem Augenaufschlag und sozialer Salbung" der Begründung, von einem ,, apofryphen KabinettsStatt dessen aber hat Herr Dr. Reinhold die Herab- beschluß in später Nachtstunde". Eine Bolemit, die ein segung der Einkommensteuer und die Ermäßi- höherer Ministerialbeamter" im Kaiserreich schwer hätte gung der Realsteuern in Aussicht gestellt und ver- büßen müssen. sprochen, daß fünftig die Geschäftsbilanzen die Grundlage der Steuerveranlagung werden sollen. Er hat wieder den Grundsah aufgestellt, daß die Ausgaben sich nach den Einnahmen zu richten haben, und daß der endgültige Finanzausgleich zu einer Berminderung der gesamten Steuerlast führen müsse. Ueber die Gestaltung des Finanzausgleichs, wie sie Herrn Reinhold und dem Reichsverband der Industrie vorschwebt, wird noch im einzelnen zu reden sein. Ob es für die Reichsregierung zwedmäßig ist, dieses an und für sich sehr schwierige Problem, bei dem nicht nur finanzielle und soziale, sondern auch verfassungspolitische und verwaltungsrechtliche Gegenfäße bestehen, zum Borstoß für eine plutotrafische Neuordnung unseres Finanzwesens zu be. nußen, erscheint uns außerordentlich zweifelhaft.
Dem Grundsaß, daß die Ausgaben sich nach den Einnahmen zu richten haben, widersprechen wir aber aufs
Aber warum zu dieser Polemit im Tag" nicht die Punkte aufs I setzen? Die Umbildung im Reichsfinanzministerium hat auch den Ministerialrat Kühnemann betroffen, der besonders wegen seiner reaktionären Beamtenpolitif angefeindet wurde. Herr Kühnemann hat sich bis zum äußersten gewehrt. Er hat sich beim Reichspräsidenten beschwert und eine Intervention erreicht, die erst an dem entschiedenen Hinweis des Finanzministers auf seine Zuständig feit und Verantwortlichkeit ein Ende fand.
Die Gegenwehr der Betroffenen hat die Umbildung verzögern, aber nicht aufhalten können. Nun bleibt ihnen als letzte Beschwerdeinstanz die Hugenberg- Presse.
-
Die Sorgen des Wilhelm Pieck . Oder: Wie vermeidet man eine Parteispaltung. Wilhelm Pied ist der Organisationsbonze der KPD . An
wörtliche Auszüge aus den Dokumenten der Opposition bringt, wird den bedauernswerten Gläubigen erzählt, der Vorwärts" solidarifiere sich mit der Opposition. Dabei weiß jedes Kind, daß die arme Rote Fahne" um so mehr auf den Vorwärts" und die Sozial demokratie fluchen muß, je offenkundiger in Rußland und in Deutschland der Bruch mit der alten tommunistischen Taktik wird. Die Rückzugskanonade eines Wilhelm Pied und seiner jungen Leute fann doch niemand darüber täuschen, daß die Russen das Rommando geben: Bolldampf rüdwärts! und daß man dabei ob man will oder nicht bei der Sozialdemokratie landen wird. Einstweilen wird man vielleicht 30 Führer" hinaus. werfen und dann erflären:-nun ist die Partei gerettet. Halten wird die Rettung" gerade eine ganze Woche. Wilhelm Pieck ist fein Cäfar.
-
Einfuhrscheine und Butterzoll.
Beschlüsse des handelspolitischen Ausschusses.
In der heutigen Sitzung des handelspolitischen Ausschusses wurde über Einfuhrscheine und Butterzoll nur furz debattiert. Nachdem der Regierungsvertreter aufgefordert hatte, der Regierung den Zeitpunkt für die Aufhebung der jetzt gültigen Bestimmungen über die Wertbestimmung der Einfuhrscheine zu überlassen, und dieser Antrag gegen die Stimmen der Sozialdemo traten abgelehnt worden war, nahm die Mehrheit des Aus schusses einen Antrag der Deutschnationalen und der Deutschen Bolfspartei( 3wischenruf Hilferding: Partei Ga ŋ1- Jarres) an: Der Ausschuß wolle beschließen, die Reichsregierung zu ersuchen, die Wertbestimmung der Einfuhrscheine in den ersten Tagen des Ottober 1926 mit den geltenden Zollfäßen in Ueberein. stimmung zu bringen.
Die Sozialdemokratie beantragt, statt des in Kraft getretenen autonomen 3olls von 30 M. den bis zum 1. Auguſt d. J. in Kraft gewesenen Zoll von 22,50 m. bis 31. Dezember bestehen
schärfste. Er stellt nichts anderes dar als einen Sieg taltschnäuzigem 3ynismus wird er von niemand übertroffen. Er zu lassen. Genossin Wurm erinnert an die Versprechungen der rein materieller Interessen über soziale Pflichten. dient jeder Richtung mit gleicher Treue und Hingabe. Wie Regierung wie des Zentrums, den autonomen Zoll nur als Vers Die Aufgaben und dürfen nicht lediglich bestimmt werden nach der an und für handlungsgrundlage zu betrachten, ihn aber nicht in Kraft fich geringen Neigung der Bürger, Steuern zu zahlen. Sie 34 sezen. Genosse Hilferding erhebt den Vorwurf, daß die Handelshaben sich vielmehr von dem Wohl der Allgemeinpolitik der Regierung sich vollkommen in den alten Bülow. heit und der pflichtgemäßen Fürsorge für die fchen Bahnen bewege, und von den Veränderungen in der großen Schichten der notleidenden Bevölkerung zu richten. weltagrarischen Produktion seit dem Kriege von den Führern der Und wenn insbesondere Herr Dr. Reinhold seinem Grunddeutschen Handelspolitik teine Notiz genommen werde. Nach langer Debatte wird der Antrag der Sozialdemokratie abgelehnt, und sag, die Ausgaben müssen sich nach den Einnahmen richten, zum Kampf gegen die„ Saboteure der revolutionären Arbeit" auf der finnische Handelsvertrag mit Wirkung ab 1. Oktober an genommen, wodurch der Butterzoll auf 27,50 M. festgelegt wird.
die Ankündigung folgen läßt, daß er die Einnahmen ermäßigen werde, so tann das trog aller gegenteiligen Versiche. rungen nur als Absicht aufgefaßt werden, die bereits bestehenden sozialen Berpflichtungen ein zuschränken. Denn wenn die so oft angekündigte Berwaltungsreform etwa in den Dosen verabfolgt wird, deren erste die Umbildung des Reichsfinanzministeriums ist, dann wird man noch in hundert Jahren auf ihre materiellen Auswirkungen warten fönnen.
Alles in allem möchten wir feinen Zweifel daran laffen, daß die Rede des Herrn Dr. Reinhold unsere Befürchtun gen gegenüber seiner Politik und seiner Persönlichkeit nur no verstärkt hat. Wie wollen uns andererseits aber auch v einer Ueberschäzung dieser Dresdener Rede hüten. Denn schließlich ist sie doch nur eine Rede und keine Handlung. Und wenn nicht alle Anzeichen trügen, dann muß man gerade bei Herrn Dr. Reinhold sehr scharf zwischen Reden und Handeln unterscheiden. Deshalb wollen wir hoffen, daß unsere Kritit Herrn Reinhold vor unüberlegten Schritten bewahren wird, obwohl er deren so viele angekündigt hat.
Der Reichsinnenminister Dr. Külz hat bei seinem Besuche in Wien anläßlich der Tagung des Vereins für Kommunalwirtschaft den Ministern der österreichischen Bundesregierung wie dem Bürgermeister der Stadt Wien , Genossen Seib, Besuche abgestattet und überall eine besonders freundschaftliche Aufnahme gefunden.
Interview mit Mutter Wolffen.
Bon Hans v. 3 wehl.
Gerhart Hauptmann wohnte in den drei Jahren, in denen seine erften naturalistischen Werte eine Revolutionierung der deutschen Theaterliteratur herbeiführten, zuerst in Friedrichshagen , dann in einem Landhause in Erfner in der Nähe der Friedrich- und Fürstenwalder Straße, das einem Rentier Lassen gehörte, dem Rentier Krüger vom Biberpelz" und in dem auch die Mutter Wolffen mit ihrer Familie angesiedelt war. Das Haus in Erfner, in dem jegt ein Restaurant unter dem Namen„ Kurhaus" betrieben wird, erinnert heute äußerlich in nichts mehr an die historische Mission, die es in der Dramatik ausgeübt hat. Der Rentier Krüger ist tot, aber die Muter Wolffen, eine 81jährige Frau Heinze, ist heute noch als Befizerin eines einfachen Häuschens in der Wilhelmstr. 42 in Erfner ansässig. Im Borderhaus, das sie vermietet hat, wohnen vier Arbeiterfamilien, in einem ärmlichen Seitengebäude des Hofes, nur mit Küche und einem Stübchen mit der Aussicht auf einen fruchtbaren Garten, hält sich das Urbild der größten Komödie der neueren Literatur verborgen, eine Gestalt, die, ohne es zu ahnen, den hervor. ragendsten Darstellerinnen unserer Zeit, wie der Else Lehmann , die Möglichkeit einer unendlichen Bereicherung ihres Schaffens ge geben hat.
Auf einer Steintreppe im Abendschein fißt ein altes Mütterchen, schmal und flein, mit noch nicht ganz erbleichtem, gescheitellem Haar auf einem runden Köpfchen, mit freundlichen, heiteren Gesichtszügen und sehr flugen, intelligenten Augen, grauen Kazenaugen, mit denen sie heute noch beim Schein einer ganz fleinen Nachttischlampe ohne Brille lesen kann und auch halbe Nächte lieft. Nach den ersten Worten, die man mit dieser Frau gesprochen hat, wird es einem sofort klar, daß sie wirklich die Mutter Wolffen ist.
Ich frage sie zunächst nach Gerhart Hauptmann .„ Freilich," fagt sie, ben hab' ich gut gekannt. Er war ein guter Mensch aber missen Sie, damals war er eben noch zu jung, auch wegen seiner Heirat. Sein Bruder aber, der Karl, das war der richtige Mann. Na ja, und damais fonnte er auch wohl in der Dichtung noch nicht soviel verdienen wie jetzt."
Und haben Sie mit ihm mehrere Jahre im selben Haufe gewohnt?"
Ja, natürlich, und später zog Hauptmann dann nach Charlotten burg , fam aber noch mal als Sommergast wieder." Und haben Sie den„ Biberpelz " auch einmal auf der Bühne gesehen?"
Ja, einmal im Leffing- Theater."
" Und was haben Sie dazu gemeint?"
" Na, ich habe dazu gelacht und gesagt: Ihr seid ja alle dumm." Nach einer Pause fuhr sie fort: Wissen Sie, die dummen Men schen glauben immer, daß es sich wirklich alles so zugetragen hat, mie der Dichter es schreibt. Aber der Hauptmann hat natürlich vieles dazu erfunden."
Nach dieser Rehabilitation forschte ich weiter nach dem Rentier Krüger. Dies ist unzweifelhaft der vorhin erwähnte Rentier Lassen gewesen, der von der alten Frau genau so als betriebsamer, charakter. fester und leicht erregbarer Mann geschildert wird, wie er von Hauptmann übernommen wurde,
Cafar liebt er feine Leute um sich, die sich allzuviel Gedanken machen oder sich durch irgendwelche Intelligenz auszeichnen. Das it immer gefährlich und schädlich. Nur ist er selbst im Nur ist er selbst im übrigen fein Cafar- weiß Gott nicht! Die Unterschriftensammlung der 700 hat jetzt sogar ihn dazu gebracht, sich schriftstellerisch zu betätigen. Ganze anderthalb Spalten widmet er einem Artikel, der fordert. Wieviele solcher Spaltungen hat Pieck , der bewährte Hausfnecht der KPD., schon mitgemacht! Das Rezept ist bei ihm immer dasselbe: alle sentimentalen Gemüter werden gerührt durch den Hin. weis auf die furchtbare Gefahr, in die die Partei von gewissenlosen Leuten gebracht wird; die armen, bedauernswerten prächtigen, ehrlich- revolutionären Arbeiter sind die Verführten; die Intellektuellen, die Kaffeehausliteraten, die„ Artisten", die Leute mit eigenen Gedanten, das sind die Verbrecher und Verführer. Die Berführer wirft man hinaus, die Verführten fehren in den Schoß der Kirche zurück. Also heißt die Parole:
„ Schärffter Kampf den Machern der Unterschriftenfammlung, den Fraktionsmachern, den Parteischädlingen, den Saboteuren jeder revolutionären Arbeit! Diese Elemente haben jetzt flar ihr Gesicht gezeigt, ihnen gegenüber die gesamte Front der Parteimitgliedschaft! Je stärker die Partei ihre revolutionäre Arbeit erfüllt, je weniger die Parteigenossen sich durch die Parteidiskussion von diesen Elementen abhalten laffen, ihre revolutionäre Arbeit unter den Arbeitern zu erfüllen, je stärker die Partei genossen den Kongreß der Werttätigen vorbereiten und damit die Voraussetzungen für die weitere Steigerung der Bewegung und eines ernsten Kampfes für die revolutionären Forde rungen schaffen, je mehr wird es der Maslow Ruth. Fischer Urbahn- Gruppe unmöglich gemacht werden, die Parteigenossen zu desorganisieren, fie mit Mißtrauen gegen die Parteileitung und untereinander zu erfüllen und die Parteieinheit in Gefahr zu bringen." Damit das Rezept wirtsamer fei, bekommt es eine weitere leider auch nicht neue Note. Ruth Fischer- Maslow Urbahns find Mensche wisten! Weil der Vorwärts" Weil der Vorwärts"
-
,, Und Ihr eigener Mann, Mutter Wolffen?" Nun, er war Schiffsbauer und ein stiller und ruhiger Mensch und er mochte auch ganz gern einen trinken, aber er war fein Säufer. Ich sag's, wie's ist.
-
"
-
Und dann war da noch die Pumpliese", sagte die alte Frau. Aha, die Frau Motes."
" Ihr Mann hat auch gedichtet; er hieß...... hatte ein lahmes Bein.
Im„ Biberpelz " ist Motes bekanntlich ein Einäugiger. Haben Sie auch gewaschen, Frau Heinze?" Freilich.
Bo denn?"
" Ra beim Rentier Laffen und beim Amtsvorsteher." Aha, der Herr von Wehrhahn!
Was war denn das für ein Amtsvorsteher?" " Er hieß Herr von Busse, war ein ganz Scharfer und braufte bei jeder Gelegenheit auf."
Hier mischte sich eine Nachbarin ein und sagte, daß der Amts. vorsteher fie auch einmal gefährlich angeschnauzt hätte, als sie zur Abstempelung einer Inralidenfarte bei ihm erschienen war. Wie man weiter hörte, ist Wehrhahn inzwischen gestorben. Was machen Sie denn jegt. Frau Heinze?"
Mein Mann ist 23 Jahre tot, und ich habe das Häuschen und den Garten, da hat man den ganzen Tag zu tun. Und manchmal gehe ich auch in die Heide, fürs Holz."
-
„ Und Ihre Kinder? Sie hatten wohl mur Mädchen?" " Ja, drei. Zwei find tot, und die eine ist im Rheinland verheiratet, aber es geht ihr nicht gut."
War eine Ihrer Töchter bei dem Rentier in Stellung?" " Nein, aber die Zweite war, als sie noch ein Schulmädel war, vielfach bei Hauptmanns im Hause und ist auch mit ihnen gereist. Sehen Sie, hier habe ich noch eine Photographie von dem kleinen Joo Hauptmann, dem guten Jungen."
Sie schaute traumverloren über das Bild und fragte, ob ich nicht wüßte, wo dieser Junge geblieben wäre; sie hätte nie wieder etwas von ihm gehört. Und es war ganz, als ob man die Szene aus dem Biberpelz" sähe, in dem Mutter Wolffen das kleine Philippchen liebfost, weil sie selbst teinen Sohn hat, und ihre eigene Tochter daneben steht. Dieser rührende Zug aus dem Schauspiel hat sich bis zu dem 81. Lebensjahre der Frau erhalten.
"
Und die Schiffer?"
die Steine aus den Ralfbergen fuhren, aber ich hatte mit ihnen Bon Schiffern weiß ich nichts. Früher gab's hier wohl einige,
nichts zu tun."
Dafür erzählte sie mir aber, daß Hauptmann in feiner Erfnerzeit sehr sorgfältig die Handwerker und Arbeiter beobachtet habe, die in das Haus tamen. Ein von der Frau immer wieder mir gegenüber wiederholtes Bekenntnis lautete: Ich bin geradezu und ich war helle; darauf tönnen Sie sich verlassen. Und Humor habe ich auch, selbst heute noch, das fönnen Sie glauben!"
-
Die Sprechweise der alten Frau war ganz die der Mutter Wolffen und als ich von ihr schied, hatte sie mir einen Apfel aus ihrem Garten in eine Tasche geschmuggelt und rief mir, ganz als ob Sie den seligen Julian meinte, freundlich- energisch nach:" Macht aber auch das Tor zu!" ( Borabdruck aus der„ Volfsbühne."),
•
Regierung nunmehr getroffen habe, den vom Ernährungsministerium Auf Anfrage der Genoffin Wurm, welche Vorkehrungen die hervorgerufenen Schwierigkeiten in der Gefrierfleischver. orgung zu begegnen, gibt ein Vertreter des Ernährungsministeriums die formelle Erklärung ab, daß sofort eine Aus. gleichsmenge von 5000 Tonnen für den Monat September hergegeben worden sei, und daß ab 1. Oktober die monatliche Belieferung mit 10 000 Tonnen gesichert wäre.
-
Poincarés Schatten hinter Briand . Frankreichs Außenminister beklagt die unaufhörliche Polemit zwischen Deutschland und Frankreich ). Paris , 14. September. ( WTB.) Minister des Auswärtigen Briand hat nach einer Meldung der Agence Havas gestern abend in Genf den Journalisten erflärt, er habe feine neue Unter redung mit Dr. Stresemann gehabt, jedoch würden sie beide wenigstens noch einmal zusammenfommen, um über die Mittel zur Durchführung der Abkommen von Locarno sich zu ver ständigen. Diese Abkommen seien auf Verträgen basiert. Die Durchführung eines Vertrages aber sei schwierig für zwei Länder, die durch unaufhörliche Polemit gegeneinander aufgebracht würden. Müßten nicht aber Locarno und der Eintritt Deutschlands in den Völkerbund die Lage vereinfachen und die Anwendung der Verträge erleichtern?
Rabindranath Tagur redet und fingt. Rabindranath Tagur, der nach dem großen Saal der Philharmonie zu einem Vortrag eingeladen hatte, sprach vor einer dichtgedrängten Menge. Er sprach englisch und in seinem Heimatdialette. Er segte die fröhliche und harmonische Lehre auseinander, die da erreichen will, daß der arme Mensch sich hier schon auf unserer häßlichen Erde ein Himmel reich bereitet. Wir müssen uns nur daran erinnern, daß der Mensch der Herrscher und Schöpfer aller weltlichen Dinge ist. Nichts int der Welt besitzt Wirklichkeit durch sich selber. Alles, was eristiert, Steine und Blumen, Gewässer und Sterne, Freuden und Schmerzen, Niedriges und Erhabenes, der ganze Kosmos in seiner scheinbaren Unzulänglichkeit, alles was geschaffen wurde, alles was geschaffen ist und noch geschaffen sein wird, lebt nur, wenn der Mensch ihm Leben gewährt. Der Mensch ist der Schöpfer aller Schöpfung, er ist darum auch der Schöpfer aller Wirklichkeit und Wahrheit. Er ist darum endlich auch Schöpfer jener höchsten Wahrheit, die wir das Göttliche nennen. Der Indier verfügt über das Geheimnis, das alle Apostel, Religionsstifter und Settierer besaßen. Er ersetzt durc entzückende Worte das, was im Geldbeutel und im Magen fehlt. Gewiß, um Freude an seiner Beredsamkeit zu finden, darf man nicht übermäßig von Daseinsbeschwerde überbürdet sein. Hat man Hoffnung, nicht vollständig in das Meer des Elends hinausgeschwemmt zu werden, so faßt man noch mehr Hoffnung, indem man dem Indier zuhört. Hat Rabindranath Tagur die gedantliche Darstellung seiner Lehre beendet, dann beginnt er, in benghalischer Sprache seine Gedichte vorzutragen. Er fingt, er fintt sichtbarlich in sein klingendes Innere hinein. Schließt man die Augen, so vermeint man, daß nicht ein kraftvoller Greis dort auf der Bühne der Philharmonie tönende Verse standiert. Man vermeint, es rege fich dort eine Sybille, um mit heller, hallender Frauenstimme freudige Wahrheiten zu verkünden. Diese Dichterstimme des indischen Propheten ist besonders merkwürdig. Es geht von diesem Manne ein Strom der Begeisterung und der Labfal aus, obwohl wir uns gestehen müssen, daß er uns nur für Augenblicke beruhigt. Das, was er lehrt, fann nur eine 3erstreuung sein. Eine Stüße und ein Stab kann es nicht sein.
Hans Reimann lieft auf ein Einladung der Boltsbühne E. V. am 17., abends 8 Uhr im Bechsteinfaal, Lustiges aus seinen Werken. Einlaßkarten für 1 Mart sind in den Geschäftsstellen und Zahlstellen der Volksbühne fowie an den Tiekschen Theaterfassen erhältlich.
Ciferarische Nachfoorfiellungen. Das Trianon- beater bereitet für diefe Spielzeit einen Bhilus von literarischen Nachtvorstellungen unter Spielleitung von Prof. Herbert Hirschberg vor. Am 17. Eeptember, 11 Ubr, gebt erstmalig das breiaftige Drama. Die Enterbten von Bittor von Bialon in Szene. Diese Nachtvorstellungen werden kurz vor 1,1 Uhr beendet sein.
Cine Ausfellung photographischer Bildnisse veranstaltet das Photographische Atelier Nini nnd Carry es aus Frankfurt a. Main in den Räumen der Buch- und Kunstbandlung Reuß& Pollad, Kur fürstendamm 220. Die Ausstellung wird am 15. September eröffnet.
Ein deutsch - schweizerisches Städlebundtheater. Die Städte Konstanz . Schaffhausen und Winterthur haben eine Theatergemeinschaft in der Form beschloffen, daß der Theaterbetrieb in ben drei Städten unter dem Namen Bereinigte Stadttheater Konstanz- Schaffhausen- Winterthur" dem seitherigen Bodensee - Städtebundtheater in Konstanz übertragen wird.