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Deutscher Juristentag.

Debatte über parlamentarische Untersuchungsausschüsse.

Köln , 14. September. ( Eigener Drahtbericht.) Auf der Tages­ordnung des Deutschen Juristentages stehen eine Reihe von Berhand lungsgegenständen, die für die weiten Schichten der arbeitenden Bevölkerung von größter Wichtigkeit erscheinen. Dieses sind die Frage der parlamentarischen Untersuchungsaus schüsse in ihrer Beziehung zum Strafverfahren und zur Unab­hängigkeit des Richtertums, die Frage der Ausdehnung der 3u ständigkeit des Staatsgerichtshofes, das Problem der Einschließung für Ueberzeugungsverbrecher und die Frage der Haftung der Berufsvereine der Arbeitgeber und Arbeitnehmer für unzulässige Kampfhandlungen.

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Aeußerst bedeutungsvoll war der Berlauf der Verhandlungen

die parlamentarischen Untersuchungsausschüffe. Der Berichterstatter Professor Dr. Jacobi Leipzig stellte sich im großen und ganzen auf den Standpunkt, daß die Untersuchungs­ausschüsse in ihren Rechten nicht eingeschränkt werden dürf: ten, daß die Forderung des Gutachters Rosenberg, die dahin ging, daß die parlamentarische Untersuchung eines Verbrechens erst unannehmbar sei und daß es notwendig erscheine, durch ein Reichsgesetz das Verfahren der parlamentarischen Untersuchungs­ausschüsse festzulegen. Genoffe Dr. Kurt Rosenfeld erklärte, daß von irgendwelchen Eingriffen der parlamentarischen Ausschüsse in die Unabhängigkeit der Richter feine Rede sein tönne. Die Frage­stellung sei aber im Falle einer möglichen Kollision zwischen Recht­sprechung und parlamentarischen Ausschüssen, welches von beiden Interessen von größerer Bedeutung ist, das Interesse des Staates an der Beseitigung gewisser Mißstände oder das Interesse an einer geordneten Rechtspflege. Die Antwort fönne nicht zweifel. haft sein. Zudem habe die Pragis der parlamentarischen Aus­schüsse ihre Nützlichkeit erwiesen. So habe ihre Tätigkeit dazu ge= führt, daß die Bestimmungen zur Abgabe von Postkrediten ge­ändert wurden, daß der Minister für Volts wohlfahrt in Verbindung mit der Höfle Affäre durch einen entsprechenden Erlaß be= stehende Mängel beseitigt habe, daß im Herbst ein Gesetz dem Reichs­tag vorgelegt werde, das die Untersuchungshaft regelt ufw. Im weiteren wandte sich Rosenfeld gegen die Forderung des Bericht erstatters Jacobi, den parlamentarischen Ausschüssen das Recht der Beeidigung der Zeugen zu nehmen und die Einforde rungen von Aften durch Behörden oder öffentliche Beamte zu unterlaffen.

Die Ausführungen des Genossen Rosenfeld wurden von einem großen Teil der Versammlung mit Beifall aufgenommen. Im gleichen Sinne äußerten sich auch die Genossen Goldschmidt und Edstein. Auch zwei Vorsigende von parlamentarischen Aus­schüssen, ein Volksparteiler und ein Zentrumsmann, sprachen sich für die nicht einschränkung der Ausschußbefugnisse aus. Er­wähnenswert ist u. a. noch die Rede des Rechtsanwalts Isberg, der die Kritik an den parlamentarischen Ausschüssen durch den Hin weis parierte, daß diese ja erst einige Jahre ihre Tätigkeit aus­übten, während z. B. trotz des 50jährigen Bestehens der Straf­prozeßordnung fürzlich ein Fall passiert sei( er meint damit die Magdeburger Rolling Affäre), wo eine blinde Frau nach einer Gegenüberstellung mit der in Frage kommenden Berson vereidigt wurde.

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Das gefälschte Testament.

Eine Profefforsgattin der Fälschung überführt.

In der nächsten Schwurgerichtsperiode wird die Verhandlung gegen die 40 jährige Professorsgattin, Frau Dr. Heffolde Schnabel, geb. Gräfin v. Leiningen, stattfinden. Frau Dr. Schnabel ist der Testamentsfälschung angeklagt. Nach ihrem eigenen Geständnis hat sie nach dem Tode ihres Gatten ein Teftament aufgefeht, nach dem sie Universalerbin wurde. Frau Schnabel ist die Haupttochter der reichsunmittelbaren Familie Alt­leiningen- Westernburg in Heffen.

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Professor Dr. Schnabel, der aus Lemberg stammte umb jüdischer Ronfession war, seit langen Jahren in Deutschland lebte, lernte während des Krieges in einem Lazarett die Gräfin Leiningen fennen, die von einer fatholischen Frauen organi. fation als Pflegefchwester ins Feld gesandt worden war. Professor Schnabel verlobte fich mit der Gräfin schon während des Krieges und beachteten wissenschaftlichen Arbeit einen Ruf an das Robert- Koch­tam 1922 nach Deutschland zurück, nachdem er auf Grund einer viel Institut für Infektionskrankheiten erhalten hatte. Der Profeffor be­wohnte mit seiner Gattin, die er sehr liebte, das der Gräfin gehörige Besigtum auf der stillen Blani 3- Insel, verkehrte jedoch in der Botsdamer Gesellschaft nur sehr wenig. Im November 1924 trat der Gelehrte eine Forschungsreise nach Ostpreußen an, wo in einigen Er Bandfreifen rätfelhafte Krankheitsfälle aufgetreten waren. infizierte sich dort an der Ruhr und starb, nachdem man ihn schwerkrant nach Berlin gebracht hatte, hier in einer Klinik. Nach dem Tode Prof. Schnabels tauchte plötzlich ein Te sta ment des Gelehrten auf, in dem er seine Gattin zur uni perfaler bin seines gesamten Besizes machte, während seine eigene Familie, mit der der Verstorbene stets in bestem Frieden lebte, leer ausging. Die Berwandten Prof. Schnabels zweifelten das Testament vom ersten Tage an. Die Schreibfachverständigen gelangten sehr bald zu der Ansicht, daß das Testament in der Tat eine Fälschung sein müsse. Frau Prof. Schnabel wurde auch durch die Wirtschafterin ihres Mannes belastet, die bekundete, daß Frau Brof. Sch., die mit der Familie ihres Mannes nicht sehr gut stand, furz vor dem Tode des Professors seinen Schreibtisch geöffnet und die dort vorhandenen Papiere gesichtet und an sich genommen habe. 3m Papierforb fanden sich auch einzelne Papierfeßen, auf denen Im Schreibübungen in der Handschrift Schnabels angestellt waren. Der Untersuchungsrichter legte der Witwe, die bei den bisherigen Ver­hören stets geleugnet hatte, sich der Urkundenfälschung und des Betruges schuldig gemacht zu haben, überraschend die aufgefundenen Beweisstüde vor, und unter der Wucht der Tatsachen legte Frau Prof. Schnabel dann ein umfangreiches Geständnis eb. Sie erklärte, daß ihr Gatte, der förperlich sich sehr wohl und rüstig fühlte, nicht daran gedacht hatte, ein Testament zu machen, daß er Falle seines vorzeitigen Ablebens Universalerbin werde. Da Frau ihr aber bei Lebzeiten stets erklärt habe, er wünsche, daß fie im Prof. Schnabel mit der Familie ihres Mannes aber in Unfrieden lebte, befürchtete sie, daß die Verwandten ihres Mannes auch auf das ihr persönlich gehörige Befigtum bei Potsdam Anspruch erheben würden, da sie mit ihrem Manne in Gütergemeinschaft gelebt habe. Sie habe deshalb vorbeugen und sich selbst sicherstellen wollen, um so mehr, als das Vermögen ihres Mannes nicht sehr beträchtlich gewesen sei.

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Die

Die Villa auf der Blanib, zu der man nur durch lleber fetzen gelangt, macht einen unheimlichen Eindrud. unteren Fenster find vergittert, der Garten vollständig verwahrloft und nur ein bissiger Hund läuft umher. Jeder, der zur Villa gelangen will, muß vorher die Worte: Mare, Mare" rufen. Es erscheint auf diesen Ruf ein 18 jähriger, sehr hübscher junger Mann, das einzige Wesen, das in der aus acht Zimmern und Nebengelaß bestehenden Billa hauft. Mag führt der Frau Profeffor den Hausstand voll ständig allein, macht mit ihr Ausflüge und wird von ihr sehr bevor Zu dem Prozeß ist kein Beuge geladen, da die Frau Schnabel geständig ist.

Genosse Dr. Kurt Rosenfeld und eine Anzahl anderer parteigenössischer Juristen beantragten mit Rücksicht darauf, daß die Untersuchungsausschüsse weder die Unabhängigkeit der Richter, noch die Durchführung von Strafverfahren beeinträchtigen, in erster Linie von allen Forderungen auf Aenderung der Ber fassung Abstand zu nehmen. Im Falle der Ablehnung dieser Entschließung beantragten die Genossen, daß man wenigstens für die Untersuchungsunterschüsse fordern müsse das Recht der Verzugt. eidigung, das Recht auf unbeschräntte Borlegung von Aften und das Recht der Gigungspolizei gegen un­gebührlich auftretende Auskunftspersonen.

Sozialdemokratische Kundgebung.

Köln , 14. September. ( Eigener Drahtbericht.) Am Montag abend beschäftigte sich in Köln eine sehr start besuchte öffentliche Bersammlung mit der deutschen Klassen und Parteijustiz. Die Kundgebung, in der eine Anzahl namhafter, aus Anlaß des Juristentages in Köln weilender fozialdemokratischer Juristen sprachen, gestaltete sich äußerst eindrucksvoll. Als erster Redner sprach Reichstagsabgeordneter Dr. Rosenfeld, der sich besonders mit den jüngsten Vorgängen in Magdeburg befaßte und die Forderung erhob, daß gegen alle Verfehlungen des Richter tums die Arbeiterklasse geschlossen und einig ankämpfen müsse. Reichstagsabgeordneter Kirschmann- Köln tezeichnete die heutige Justiz als das schwärzeste Kapitel in der neuesten deutschen Geschichte. Der neue Staat sei noch kein Rechtsstaat geworden. Notwendig sei es auch, daß man in Deutschland den Strafvollzug ändere. Auf diesem Gebiet fönne man von außerdeutschen Ländern noch mancherlei lernen. Besonders stürmisch begrüßt, sprach der öster. reichische Nationalrat Dr. Eisler, der sich mit den Rechtsverhält. nissen in Oesterreich beschäftigte, die er als ebenso dunkel und verworren bezeichnete, wie die in der deutschen Republik. Der ehe. malige Bundeskanzler Dr. Renner aus Wien wies darauf hin, daß sowohl in Desterreich wie in Deutschland die neue Verfassung grundsätzlich an der Justiz nichts geändert hat. Die Sozialdemo­tratie lehne das Berufsrichtertum innerlich nicht ab, wohl aber sei fie gegen die Auswirkungen, in denen sich das Berufsrichtertum vollziehe. Landrichter Ruben Berlin geißelte die Schifanen, denen republikanische Richter in Deutschland ausgesetzt sind. Der Richter müsse sich als ein Teil des Volkes fühlen, in dessen Namen er Recht spricht. Ruben verlangte die Heranbildung eines Laienrichtertums, das sich den Berufsrichtern an die Seite stellen könne.

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Bom deutsch - polnischen Schiedsgericht in Paris bereift eine Kommiffion aus fünf Mitgliedern( drei Neutralen, einem Bolen und einem Deutschen ) zurzeit Polen , um die Liquidationsfälle, in benen gegen ein Butterbrot liquidiert wurde, zu prüfen. Die Kom­mission wird nach Abschluß ihrer Feststellungen dem Schiedsgericht ein Gutachten unterbreiten. Bei vielen Liquidationsfällen muß auch noch die Frage der Staatsangehörigkeit geflärt werden, weil Bolen seinerzeit eine ganze Menge deutschstämmiger Polen furzer­hand zu Reichsdeutschen gestempelt hat. Auch hierfür muß noch in Ausführung des Wiener Vertrages ein besonderes Schiedsgericht eingesetzt werden.

Schüsse am Schwielowsee .

Ein Vorfall, der noch der Aufklärung bedarf und der wieder einmal mit den herren v. Rähne auf Behow in Zusammen­fchaft. Am Sonntag abend wurde von zwei jungen Leuten aus Berlin hang gebracht wird, beschäftigt zurzeit die Potsdamer Staatsanwalt­beim Landjägerposten in Pezzow die Anzeige erstattet, daß fie beim Angeln im Schilf des Schwielowsees unweit des Besitztums des Herrn v. Kähne plöglich Schüsse gehört hätten und gleich darauf von mehreren Schrotförnern getroffen und ver legt worden seien. Die Anzeige wurde an die Staatsanwaltschaft in Potsdam weitergeleitet, die sofort die notwendigen Ermittlungen aufnahm, und zwar zunächst auf Schloß Behow selbst, da nach den Vorfällen früherer Jahre der Berdacht nahe lag, daß Herr v. Kähne oder sein Sohn die Urheber dieser Schüsse gewesen seien. Beide bestritten bei einer Bernehmung aber auf das entschiedenste, am letzten Sonntag überhaupt nur ein Gewehr in der Hand gehabt zu haben. Ebenso hätten sie an diesem Tage auf ihrem Befigtum weder Schüsse noch Hilferufe gehört. Da diese Darstellung auch von anderen Beugen bestätigt wurde, scheint es sich tatsächlich um einen noch un­bekannten Schüßen zu handeln, der vielleicht im Schilfe auf Enten gejagt und dabei. ohne sein Wissen die Angler durch abirrende Schrotfugeln verlegt hat. Die Ermittlungen der Potsdamer Staats­anwaltschaft nehmen ihren Fortgang.

Ein Taxameter mit Quittungsdrucker.

Bon einer bekannten Uhrenfabrik wurde fürzlich auf dem Hof des Polizeipräsidiums in der Magazinstraße ein Tarameter vorgeführt, der nicht nur alle bisher bekannten Funktionen und Bor­teile der auf dem Markte befindlichen Apparate umschließt, sondern noch als Neuheit einen Zusatzapparat bringt, durch den nach jeder Fahrt zwangsläufig eine Quittung für den Fahrgast über den zu entrichtenden Fahrpreis ausgehändigt wird. Die Quittung in Bon- Format zeigt den Fahrpreis, Zuschlag, das Datum und die Nummer der Tage an. Eine auf Beraniaffung und unter Aufsicht der Abteilung II des Bolizeipräsidiums in Anwesenheit des Re­gierungs- und Baurates Schupphan vorgenommene Probefahrt zeigte die einwandfreie Funktion des Apparates. Der Schuß und der Bor­teil, den das Publikum durch eine derartige Einrichtung genießt, ift offensichtlich. Nicht nur, daß die verabreichte Quittung als Belag zu betrachten ist, fann an Hand der auf der Quittung enthaltenen Angaben eine eventuell anzubringende Reklamation jederzeit verfolgt werden. In etwa einem halben Jahre sollen die ersten Tarameter mit Quittungsdrucker solange dauert noch die Herstellung von Werkzeugen für eine Serienfabrikation in Betrieb genommen werden.

Jugendweihe.

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Die Jugendweihe der Arbeiterschaft Groß- Berlins , die am Sonn­Reichspräsident von Hindenburg beendete seinen Urlaub und tag im überfüllten Schauspielhaus stattfand, war ein lebendi tehrte nach Berlin zurüd. ger Ausdruck künstlerischer Kraft und starker Empfindung, so daß fie Jugendliche wie Erwachsene gleichermaßen in ihren Bann zog. Ein Orgelvortrag und ein Adagio für drei Celli schufen gleich an­fangs die feierliche Grundstimmung. Der Berliner Boltschor unter Leitung Dr. Zanders ließ darauf, ach auf!" aus den Meistersingern und Morgenrot" in den hohen Raum flingen. Eine Weiherede Dr. Lohmanns, von Herzen kommend, zu Herzen gehend, mandie Das Leben empfingen. Wieder feßte das Liebermannsche Cello- Trio fich eindringlich an die jungen Menschen, die hier ihre Beihe für mit einem Schubertschen Adagio ein. Ihm folgte der Berliner Boltschor mit Gorge nur nicht" und vor allem dem ergreifenden Mozartschen ,, Reichet euch die Hand". Hieran baute fich als Kuppel­frönung Franz Rothenfelders schöner Sprechchor Der Herbst geht über die Heide ", der von dem Florethschen Sprechchor meisterhaft wiedergegeben wurde. Erstaunlich start wirkten dabei

Anläßlich der Tagung des Hauptausschusses des deutschen Städtetages am 17. September in Stettin findet am Freitag, den 17. September, vormittags um 8 Uhr, im fleinen Saal des zweiten Obergeschosses des Städtischen Konzerthauses( am Königstor) eine Gruppenfigung der SPD. - Delegierten statt. Es ist Pflicht aller Parteigenossen, welche die Tagung befuchen, so zeitig in Stettin einzutreffen, daß fie an diefer Sigung teilnehmen fönnen. Die Kommunalpolitische Zentralstelle beim Parteivorstand( SPD .) Der Reichsminifter der Finanzen Dr. Reinhold tritt nach Be­endigung seiner Besprechungen mit der hessischen Regierung einen etwa vierwöchigen Erholungsurlaub an, den er in Spa nien verbringen wird. Seine Bertretung führt Staatssekretär Dr. Popit.

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auch zwei jugendliche Sprecher, die aus der Frische ihrer Emp findung heraus Heinrich Witte, der wie immer mit starter Ge ftaltungstraft fprach, mitsamt den mitschwingenden Teilchören die nach dem großen Gelübde des Sprechchors die Orgel ein, die Willi Schöpfung des Dichters zum Erlebnis werden ließen. Wieder setzte Taeger meisterhaft spielte. Letzte Worte zum Geleit gab der Weiheredner auf den Weg und drückte zwei Jugendlichen für alle symbolisch die Hand. Als Ausklang spielte die Orgel Freude, schöner Götterfunken", und langfam, leider ohne gemeinsamen Gesang als letztes startes Bekenntnis, verließ die Menge die Jugendweihe. Kunstausstellung in Neukölln .

Die Deutsche Kunstgemeinschaft, die den Erwerb guter Originalkunstwerte auch Minderbemittelten durch monatliche Teilzahlungen ermöglichen will, veranstaltet in Berlin zum ersten Male für einen einzelnen Bezirk eine besondere Kunstausstellung. An die Bevölkerung des Verwaltungsbezirks Neukölln wendet sie sich mit einer Auswahl von Werfen namhafter Künstler, von Del­Körnerparts ausgestellt sind. gemälden, Plastiken und Graphiten, die im Palmenhaus des

Bei der Eröffnung, die am Sonntag stattfand, waren Bertreter der Kunstgemeinschaft, der Stadt Berlin und ihrer Bezirke zugegen. Im Namen des Bezirksamts Neukölln , unter dessen Mit­mirfung die Ausstellung zustandegekommen ist, begrüßte Stadtrat Genoffe Dr. Löwenstein die Gäfte. Er wies darauf hin, daß in dieser Zeit der Verarmung und des allgemeinen Mangels es weiten Kreisen der Bevölkerung noch schwerer als sonst wird, in den Besiz guter Kunstwerte zu gelangen. Die Befriedigung des unsthungers der Minderbemittelten dürfe nicht einem gewinnsüchtigem Unternehmertum überlassen bleiben, das mit scheinbar billigem, aber tatsächlich wertiosem Kitsch und Schund die massen abspeist. Die Deutsche Kunstgemeinschaft habe den Weg ge­zeigt, gute Kunst in das Volf zu tragen, und Proben davon wolle diese Ausstellung bieten. Als Vertreter der Deutschen Kunstgemeinschaft sprach Prof. Hans Baluschet. Die Kunst­gemeinschaft wolle den massen dienen, die nach Kunst verlangen, und zugleich den Künstlern, die nach Brot hungern. Baluschek hob hervor, daß im Ausschuß der Deutschen Kunstgemein­schaft angesehene Künstler aller augenblicklich herrschenden Kunst­richtungen fißen. Auch die Neuköllner Kunstausstellung bietet Werke der verschiedensten Kunstrichtungen.

Die Ausstellung wurde sofort nach der schlichten Eröffnungs­feier dem allgemeinen Besuch freigegeben. Sie bleibt geöffnet vom 12. September bis zum 30. September in den Nachmittags­stunden von 2 bis 6 Uhr. Der Zutritt ist unentgeltlich. Großes Bubenkopfschneiden.

Der Werbeabend der Fachabteilung des Arbeit. nehmerverbandes des Friseurgewerbes am Sonn­tag bei Haberland leitete die Arbeiten für das tommende Winter­den gewerkschaftlichen Bestrebungen der Gehilfenorganisation wurde halbjahr ein. Die enge Verbindung zwischen den fachlichen und besonders hervorgehoben. Die Versicherng, daß in der Fachabtei lung das Beste an beruflichen Leistungen geboten wird, wurde durch die Tätigkeit der Frisierenden, worunter neun der Fachlehrer, voll­auf bestätigt. Frisuren aus langem Haar wurden der Bubikopf­mode angepaßt, Phantasiefrisuren gezeigt, Bubiföpfe geschnitten oder nachgeschnitten und den verschiedensten Formen frisiert. Nagelpflege, Wafferfrisuren am Kopf, Schminten, furzum alle Broze­duren, die zum richtigen Auffragen" gehören, wurden vorgenom men und nachdem im einzelnen furz erläutert. Die Arbeiten fonnten durchweg als erstklassig bezeichnet werden.

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Der Werbeabend sollte insbesondere nach außen hin von der Bedeutung der Fachabteilung Zeugnis ablegen, die sie sich in Fach­freife bereits errungen hat. Die Aufnahmelisten für die Kursus­teilnehmer mußten geschlossen werden, da die Teilnehmerzahl sich nicht über einen gewissen Kreis hinaus erstrecken fann, wenn Maffenausbildung vermieden werden soll. Die Fachabteilung darin ihren Werbeabend als einen guten Erfolg buchen.

Felix Fechenbach spricht über Polizei, Justiz und Fememorde in Bayern " heute abend 8 Uhr in der Repu blitanischen Redner- Bereinigung" Anhaltftr. 11. Republikaner als Gäeft willkommen. Eintritt frei.

Die Typhusepidemie wächst weiter. Der Ursprung des Erregers noch nicht geklärt. Hannover , 14. September. Die furchtbare Tphusepidemie in Hannover ist trotz aller gegenteiligen Berficherungen der städtischen Körperschaften noch immer nicht zum Stillstand gekommen, vielmehr läßt sich feststellen, daß die Krankheit von Stunde zu Stunde an Ausbreitung gewinnt. Heute vormittag sind durch den Magistrat auf Grund der Aufnahmen in den Krankenhäusern und in den besonders hergerichteten Schulen 879 Perfonen als eingeliefert fest­gestellt worden. 17 Todesfälle sind bis heute morgen zu beklagen. Tatsächlich ist die Zahl der Erfrankten aber noch wesentlich höher, da es allmählich schwierig wird, geeignete Unterkunftsräume für die Behandlung der Kranken zu schaffen. Heute vormittag hat sich die Stadt veranlaßt gesehen, eine weitere Schule zu schließen und als Lazarett umzuwandeln, nachdem die gestern erst hergerichtete Schule in der Betristraße schon besetzt ist.

Die städtischen Körperschaften Hannovers stehen dem Anwachsen der Epidemie zemlich ratlos gegenüber, und es iſt mit Ausnahme der Schuhimpfungen, die heute nachmittag um 4 Uhr beginnen sollen, noch nichts geschehen, um dem Uebel grund­sichten über die Ursachen der Erkrankungen sehr weit auseinander, legend zu steuern. Bedauerlicherweise gehen in Hannover die An­und dieser Streit der Meinungen scheint auch die Initiative der Stadtverwaltung nicht gerade fördernd zu beeinflussen. Während die von der Regierung beauftragte Untersuchungstoinmission ebenso wie die Gesundheitspolizei der Ansicht sind, daß die verfeuchte Ricklinger Wasserleitung als Berbreiter der Infektion in Frage tommt, erklärt die Stadtverwaltung, daß eine Sperrung dieser Werte folange nicht durchgeführt werden könne, als nicht flar erwiesen sei, daß auch tat­fächlich von dort her die Krankheitserreger fommen. Die Regierungs­ftellen ihrerseits haben sich aber auch nicht entschließen können, der Stadt die Sperrung dieser Wasserquelle aufzuerlegen, und dieses Hin und Her hat viel dazu beigetragen, die Unruhe in der Stadt zu erhöhen. Zahlreiche Bürger verlaffen mit ihren Familien die Stadt und suchen jetzt bereits in der Umgegend Hannovers in fleineren Städten und Dörfern Unterkommen, bis die Seuche den Höhepunkt überschritten hat.

Zur Eindämmung der Typhusepidemie in Hannover hat das Rote Kreuz, wie wir erfahren, in den letzten Tagen bereits fünf Baraden mit je 20 Betten nach Hannover gefchickt. Eine sechste Barade ist im Abtransport begriffen. Außerdem sind zwischen Berlin und Hannover andauernd Autolaftwagen unter­megs, in denen außer den Baraden Hunderte von Einzelbetten befördert werden.

Hannover , 14. September. ( TB.) Nach einer Meldung der städtischen Pressestelle Hannover über den Stand der Tphus­erfrankungen liegen im Krankenhaus I 383, im Hilfskrankenhaus Haltenhoffstraße 319, im Krantenhaus Siloah 177 Kranke. Bisher sind 17 Fälle tödlich verlaufen.

Hannover , 14. September. ( Eigener Drahtbericht.) Während sich bisher alle gemeldeten Typhusfälle auf die Stadt Hannover be zogen, tommt jetzt vom Landratsamt des Kreises Linden die Nachricht, daß in fünf Orten des Kreises ebenfalls Typhusfälle einwandfrei festgestellt worden sind. Es handelt sich wahrscheinlich um eine Uebertragung der Seuche aus Hannover .