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Internationale gewerkschaftliche Werbewoche!

Parteigenoffen und Gewerkschafter, tut eure Pflicht!

Deutscher Städtetag.

Die Gemeinden und die Finanzreform.

E. R. Steffin, 17. September. ( Eigener Drahtbericht.) Unter Starter Beteiligung begann heute vormittag in Stettin die diesjährige Tagung des Hauptausschusses des Deutschen Städtetages. Unter den Gäften bemerkte man u. a. den Reichsinnenminister Dr. Külz und den preußischen Innenminister, Genossen Severing. Auch die Ministerien wie die Presse waren auf der Tagung zahlreich vertreten. Das erste Referat hielt der Präsident des Deutschen Städtetages Dr. Muhlert über das Problem der Reichsfinanzreform.

Dr. Muhlert ging bei seinen Ausführungen von der These aus, daß die deutschen Städte und Gemeinden, deren starte finanzielle Rotlage er im Gegensatz zu der in der Deffent­lichkeit weitverbreiteten Auffassung schilderte, und durch Beispiele belegte, bei einer endgültigen Regelung des Reichsfinanzausgleichs unbedingt wieder nicht nur zu formeller, fondern auch zn materieller Selbstverwaltung tommen müßten.

Rückwirkungen von Locarno . Ausführungsbestimmungen des Rheinland­

Befriedungsabkommens.

Koblenz , 17. September. ( TU.) Die Verordnung Nr. 310 der Rheinlandkommission, die als Verordnung zur Aufhebung der ge­famten Schutzverordnungen" bezeichnet wird, hat folgenden Wort­laut:

Die Rheinlandtommiffion verordnet in Erwägung deffen, daß die Ab machungen von Locarno in den besetzten Gebieten eine Atmosphäre der Entspannung und der An­näherung herbeiführen sollen, in Beträftigung ihres Wunsches, die gedeihlichen Beziehungen zwischen der Bevölkerung und den deutschen Behörden einerseits und den Besatzungsstreitkräften andererseits zu fördern und am Werte des Friedens zwischen den Rationen mitzuwirken auf Grund des Abkommens vom 10. Septem­ber 1926 folgendes: Die Berordnungen Nr. 27, 70, 90, 116, 292 und 293 sowie die Anweisung 26( die sogenannten Schuhverordnungen) werden aufgehoben.

Die Rheinlandkommission verordnet auf Grund der am 10. September 1926 zwischen den in der hohen Interalliierten Rheinlandkommission vertretenen allierten Regierungen einerseits und der deutschen Regierung andererseits erfolgten Bereinbarungen, die am 17. September 1926 in Straft treten und die Maßnahmen betreffen, welche aus Anlaß der Räumung der sogenannten Kölner 3one beiderseits ergriffen werden fönnen, um gemäß dem Geiste der Abmachungen von Locarno , die von beiden Seiten gewünschte Befriedung zu fördern, in Erwägung deffen, daß es der hohen Rommiffion zusteht, Bestimmungen zu treffen, um in dem besetzten Gebiet die Ausführung gewiffer Maßnahmen sicher zustellen, was folgt:

Die Berordnung Nr. 311 der Rheinlandtommiffion, die als Er forderte infolgedeffen bei der demnächst bevorstehenden Neu- Berordnung zur Ausführung gewisser im Anschluß an die Räumung regelung die Rüd tehr zum Zuschlagsrecht der Geber fogenannten Kölner Zone vereinbarten Maßnahmen" bezeichnet meinden. Muhlert polemisierte eingehend gegen die ftarte Rom - wird, hat folgenden Wortlaut: munalfremdheit der Instanzen in Reich und Ländern und ins. besondere auch gegen die Angriffe, die von der privaten Wirtschaft gegen die Gemeinden erhoben würden. Er wies auch eine Reihe einzelner Behauptungen des Reichsfinanzministers Dr. Reinhold in seiner Dresdener Rede zurüd. Insbesondere betonte er den 3u­sammenhang zwischen den Steuererhöhungen der Städte und der späteren Anspannung der Realsteuern und dem Steuerabbau des Reiches. In seinem vorsichtigen nach allen Seiten hin sorgfältig ab­gewogenen Referat ließ Muhlert die Frage offen, ob es nicht möglich sei, daß das Reich bei der Reichseinkommensteuer von feinem jezigen 25 Proz. betragenden Anteil wieder auf den früheren Sah von 15 Prozent zurüdgehen fönne, um die finanziellen Schwierigkeiten der Gemeinde zu erleichtern. Sehr stark betonte er die Notwendigkeit einer definitiven Regelung der Hauszinssteuer. Er fündigte zum Schluß das Erscheinen einer Denkschrift der deutschen Städte an, in der sie zu den wichtigsten gegenwärtigen innerpolitischen sie berührenden Problemen Stellung nehmen werden.

Im Verlauf der Debatte ergriff. a. auch der preußische Innenminister Severing das Wort und erklärte, daß er auf Grund seiner Erfahrungen und als Kommunalaufsichtsminister sich für ver­pflichtet halte, die Gemeinden gegen die scharfen Angriffe, die gegen fie gerichtet werden, zu verteidigen. Wenn die Gemeinden zur Zeit ihrer größeren Geldflüffigkeit eine gewisse Bodenvorratswirtschaft getrieben hätten, und wenn fie ferner Sportpläge, Stadions und öhnliches angelegt hätten, dann hätten sie damit mur eine weitsichtige und dem wirklichen Interessen der Bevölkerung dienende Bolitit gerrieben. Er bekannte sich persönlich als Anhänger der Rückkehr zum Zuschlagsrecht der Gemeinden.

Auch der Reichsinnenminiffer Külz fand freundliche Worte für die Bedürfnisse der Kommunalwirtschaft.

Den Standpunkt der Industrie vertrat der frühere Reichswirt­schaftsminister Hamm , auf deffen Rede hin allerdings Oberbürger­meister Böß feststellte, daß auch nach diesem formell entgegentom. menden Ausführungen Hamms die Industrie und die Wirtschaft immer noch nicht den Gedanken aufgegeben haben, auf dem Wege über gefeggeberische Maßnahmen die Bewegungsfreiheit der Ge meinden einzuengen. Hamm hatte betont, daß der Gegensatz der Wirtschaft zu den, Gemeinden nach Einführung des allgemeinen Wahlrechts verschärft worden sei.

Für die sozialdemokratischen Delegierten fprach der Berliner Stadtverordnete Genoffe Reuter. Er betonte, daß es eine Rüdfehr zu den früheren Methoden der Kommunalwirtschaft vor dem Kriege nicht mehr geben fönne, und daß namentlich auf städte­baulichem und wohnungspolitischem Gebiet den Gemeinden Aufgaben erwachsen seien, die als unabweislich bezeichnet werden müffen. Er mies darauf hin, daß die Rückkehr zum freien Zuschlagsrecht nur dann Sinn haben würde, wenn die Verleihung des Zuschlagsrechts ohne Klausel und ohne Begrenzung nach oben hin erfolge.

Unter allen Umständen müffe kategorisch der Gedanke des Reichs­finanzminiffers abgelehnt werden, den Gemeinden den bisher fteuerfreien Betrag des Existenzminimums zur Einkommen­

besteuerung bei dieser Gelegenheit frei zu geben.

Auch er betonte die Notwendigkeit, zu einer endgültigen und dauernden Regelung zu kommen, auch auf dem Gebiete der Hauszinssteuer, damit die Gemeinden für längere Zeit eine sichere Basis für ihre wichtige Arbeit haben.

Die bis in die Mittagsstunden sich hinziehende Diskuffton endigte

mit der

einstimmigen Annahme einer Refolution,

Artikel 1:

tischen friminalpolizeiligen Ermittelungen teil­zunehmen.

Bei der Auswahl der abzuordnenden Beamten wird maßgebend sein müssen, daß die bei der Kriminalpolizei gewonnenen Erfahrungen eine möglichst weitreichende prattische Verwertung finden. Ferner wird Wert darauf zu legen sein, daß die abzuordnen­den Beamten geeignet sind, das Gelernte durch Vorträge einem weiteren Beamtenkreise zu vermitteln. Demgemäß werden von den ftaatsanwaltschaftlichen Beamten in erster Linie Abteilungsvorsteher wegen ihres größeren Wirkungsfreifes in Betracht tommen. Doch sollen besonders tüchtige und geeignete Dezernenten nicht aus gefchloffen sein. Für die Abordnung von Untersuchungsrichtern tommen vorwiegend jüngere Beamte in Frage, deren Beschäftigung als Untersuchungsrichter über den 1. Januar 1927 hinaus in Aus sicht genommen ist. Von den abgeordneten Beamten wird nach Ab­lauf der Beschäftigungszeit Bericht über ihre Wahrnehmungen und Erfahrungen gefordert werden.

Die gefürchteten Emigranten.

Auch Primo de Rivera find sie fatal. Madrid , 17. September. ( WTB.) Amtlich wird ein Tele­gramm bekanntgegeben, das Primo de Rivera an den spanischen Botschafter in Paris , Quinones de Léon, gesandt hat und in dem es u. a. heißt, füdfranzösische Tageszeitungen sprächen von Berfolgungen, die direkt auf dem französischen Gebiet durch spanische Agenten gegen Emigranten geführt würden. Dies sei vollkommen unwahr. Derartige Verfolgungen fänden nicht einmal in Spanien felbft statt.( Da gibts ja auch keine spanischen Emigranten. R. d. B.) Die spanische Regierung beschränke thre Beschwerden bei der franzöfifchen Regierung auf ein Mindestmaß, weil sie den guten und freundschaftlichen Willen fenne, mit dem die französische Regierung ihrer Pflicht zur Ueberwachung der Emigranten, die de facto. Ber­schwörungen anzettelten, nachkommen. Die spanische Regierung ertenne auch den großen demokratischen Geist Frankreichs und feiner Regierung gegenüber allen denen an, die ihre Gastfreund­schaft in Anspruch nähmen. Es sei bedauerlich, daß man das politische Regime in Spanien ungeprüft und ohne genaue Kenntnis verurteile. Dieses Regime habe auf seine Art einen demo­den. Die spanische Regierung vernachläffige die Ueberwachung der revolutionären Emigranten nicht, handle aber nicht selbst außer­halb Spaniens und übertreibe Beschwerden nicht, da sie den guten Willen anerkenne, mit dem alle Regierungen ihren Pflichten auf diesem Gebiet nachtämen.

In den zwei Wochen nach dem Infrafttreten der oben er­wähnten Abmachungen übergeben die zuständigen alliierten Behörden in den verschiedenen Besatzungszonen den deutschen Be- tratischen Kern, den seine Gegner eines Tages erkennen wür­hörden die deutschen Reichsangehörigen, die in den Gefängnissen der besetzten Gebiete in haft sind und von den Militärgerichten wegen Taten verfolgt werden bzw. verurteilt worden find, die sie im Ruhrgebiet , in den Brüdentöpfen Duisburg , Ruhrort und Düsseldorf und in der sogenannten Kölner Zone begangen haben. Ausgenommen find mur folche Personen, die ein Ber brechen gegen das menschliche Leben mit Lobes. erfolg begangen haben.

Artikel 2:

Alle vor den allierten Gerichten bwz. vor den deutschen Ge richten, vor lehteren in Sachen, in welchen fie auf Grund der Verordnungen der Kommission befaßt worden sind, anhängigen Strafverfolgungen anläßlich von Straftaten, die feit Beginn der Besetzung bis zum 1. Februar 1926 in den besetzten Gebieten begangen worden sind, werden endgültig einge ftellt. Eine neue Strafverfolgung fann auf Grund dieser Straf­taten nicht eingeleitet werden. Die wegen folcher Straftaten ver­urteilten bzw. verfolgten und in den Gefängnissen der besetzten Ge­biete in Haft befindlichen Personen werden freigelaffen.

Borstehende Bestimmung betrifft nicht Strafverfolgungen oder Berurteilungen wegen Straftaten des gemeinen Rechts oder der Spionage. Inzwischen beglichene Geldstrafen oder Ge richtstoften werden nicht erstattet.

Artikel 3:

Diefe Berordnung ist im Brüdentopf Rehl anwendbar. Artikel 4:

Diese Berordnung tritt am 17. September in Kraft.

Richter und kriminalpolizeiliche Praxis. Einführungskurse in die Tagesarbeit der Kriminalpolizei. Der Amtliche Preußische Bressedienst schreibt:

Es ist erwünscht, daß den Beamten der Staatsanwaltschaft und den mit der Strafgerichtsbarkeit betrauten Richtern mehr als bisher Gelegenheit gegeben wird, die Tätigkeit der Kriminalpolizei durch unmittelbare Anschauung fennen zu lernen. Hierdurch follen Renntniffe auf einem für die Rechtspflege wichtigen Gebiete vermittelt, und es soll zugleich ein enges und verständ nisvolles Zusammenarbeiten zwischen Justiz behörden und Polizei gefördert werden. Rach einer Allgemeinen Berfügung des Justizministers beab. fichtigt diefer daher im Einvernehmen mit dem Minister des Innern, in nächster Zeit eine Anzahl staatsanwaltschaftlier Beamten und von den richterlichen Beamten zunächst einige Untersuchungsrichter zu einer einmonatigen informato­rischen Beschäftigung bei den kriminalpolizei­lichen Dienststellen einiger größerer Polizeiverwaltungen ab. zuordnen. Die Beschäftigung soll sich nicht auf das bloße Anhören von Vorträgen und auf die Besichtigung friminalpolizeilicher Einrich­tungen beschränken, sondern es soll den Beamten ein gründ­licher Einblid in die prattische Tagesarbeit der Kriminalpolizei vermittelt werden. Zu diesem Zwecke ist geplant, die Beamten den Leitern der, verschiedenen kriminalpolizei lichen Dezernate, besonders den mit der Bekämpfung des gewerbs­und gewohnheitsmäßigen Berbrechertums betrauten Dezernatsleitern, den Leitern des Revierdienstes, des Erkennungsdienstes, des Fahn Frankreichs Truppenmacht an der italienischen Grenze ist, nach dungsdienstes usw. zur Unterweisung und Mitarbeit zuzuteilen. Auch wird ihnen Gelegenheit gegeben werden, an prat. amtlicher französischer Erklärung, nicht verstärkt worden.

deren Wortlaut während der Berhandlung festgestellt worden war. In dieser Resolution wird auf die Verschlechterung der Finanzlage der Städte hingewiesen, eine endgültige Regelung des Finanzausgleichs gefordert und auf die Notwendig feit der Herstellung eines gleichen einheitlichen und systematischen Lastenausgleichs hingewiesen. Im allgemeinen fonnte man auf der Tagung nur den Eindrud gewinnen, daß die deutschen Städte und Gemeinden nach den jahrelangen An­griffen der Wirtschaft gegen sie sich endlich auch in der Deffentlichkeit zu einer energischeren Gegenoffensive aufraffen.

Neuer Terror in Bulgarien .

Ein Appell an die Oeffentlichkeit.

198)

Die Berliner Gruppe der Bulgarischen Volksstudentenschaft Im Ausland" ersucht uns um Beröffentlichung folgender empörender Tatsachen, deren traurige Wahrheit uns auch schon aus anderen Quellen bekannt ist, so aus unserem Sofioter Bruderblatt, dem Rarod"( Das Bolt), und auf die wir bereits furz hingewiesen haben:

Die Demokratie" japticheffs zeigt ihr wahres Gesicht. Was in Bulgarien bis jetzt faum vorgefallen ist, wird nun nach rumänischem Borbild eingeführt: Judenverfolgungen! So wurden in Sofia friedliche Juden, bulgarische Staatsbürger, ge= martet; ein Jude ist vor der russischen Kirche in Anwesenheit gemarterte der Polizei mißhandelt worden; in Rasgrad wurde dem Rabbiner zum Hohn der Bart abgeschnitten. In Lom Juden in Ladjene ein Jude, Mitglied des Konsistorialrates, gemartert. Es reihen sich

neue Einzel- und Maffenmorde:

-

in Sltwen, Jelesna, Bjala- Woda, Lasura, Kurudjiewe, Gabromzi, Lechtschewo, Bresnit, Radomir wird gemartert, einge. äschert, Blut vergoffen.

Im Dorf Jelesna begeht die Polizei Brandstiftungen und Maffenvernichtungen, wobei der Gemeindevorsteher, ein 70jähriger Greis, graufam mißhandelt wurde.

Anfangs Auguft ist in Sofia der Arbeiter Christoff in seiner Wohnung durch Schlagringhiebe ermordet worden. Die Mörder sind nicht ermittelt".

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Am 5. September sind mehr als 400 junge Arbeiter darum Derhaftet worden( wie das offizielle Regierungsorgan Präpo rets" melbete), weil sie Vorbereitungen für einen Jugendtag getroffen und Aufrufe gegen den Nationalismus verbreitet haben. Die faschistischen Offiziere haben auf ihrem legten Kongreß die Re­gierung aufgefordert, die Jugend im nationalen Haß, Chauvinismus, Rafernengeift und religiösem Obsturantismus zu erziehen. Jeder, der es wagt, die reaktionäre Politit der heutigen Regierung nicht au billigen, wird als Kommunist und Berräter hingestellt, und das genügt, ihn außer Gefeß zu stellen. Darum verhaftete man auch den 55jährigen Schriftsteller A. Strafimiroff, der sein gan­zes Leben für den Aufbau der bulgarischen Nationaltultur gearbeitet bat; aber er ift tein Anhänger der Ljaptfdjeff und Zantoff. Er hat ihnen ins Geficht geworfen, daß fie ihr eigenes Bolt so hinge­fchlachtet haben, wie es die Türfen nicht getan haben, daß sie

das Land in mittelalterliche Dunkelheit stoßen.

Die Regierung aber wirft den franken Straſchimiroff ins Ge

fängnis!

Hunderte müssen den Weg durch die berüchtigten bulga­rischen Polizeiwachen nehmen, um nachher Invaliden zu bleiben. Andere fommen vor Gericht und werden in die Kerker gefchickt. Wieder andere werden beim Fluchtverfuch" für immer das Land der Ljapticheff- ,, Demokratie" verlassen.

-

Die bulgarischen Volksstudentenschaften appellieren an die fortschrittliche öffentliche Meinung Europas , eine mächtige Protest­melle zu organisieren, um die Abrechnung mit diesen schamlosen und die Kultur schändenden Vorgängen in Bulgarien zu erfämpfen!

Auf zum Massenaufmarsch der Gewerkschaften

nach Treptow am Sonntag, den 19. September 1926