Unterhaltung uttfl AAjssen
Zwei Nächte unS ein Tag. Don Heinz Liepmana. Ein« Fliege in der Dämmerung. Sie wächst vor mir und wird eine Riesenspinne, größer als ich. Gierige, schleimige Krallen, Nüstern voll Blut und Wut. Stunden- lang watet mein Entsetzen in ihr. Wenn sie lange sert ist. starrt man noch voll Grauen und Wollust auf einen leeren Fleck. Sie ist fort, merkt man. Die Kerze tropft auf einen Holztisch. Bald wird sie gestorben sein,— sie flackert hohläugig durch einen riesigen Raum, will Leben hauchen in eine finstere kahle Kammer und keucht doch nur schwindsüchtig zum Ende. Durchsichtig wird die Kerze, warm und weich das Wachs. Wie gut, wie zärtlich ist sie! Bald ist sie gestorben und es ist dunkel und still hier. Man träumt von wunderbaren Dingen. Das Drama ist an- genommen, man geht zu den Proben.—.Quatsch, Sie,"— schreit man den Regisseur an,—.der Diener muß andauernd sterben, ver- zucken,— was, Phrase?— Herr, ich mache keine Phrasen, wenn man so gehungert hat wie ich, macht man keine Worte ohne Sinn,"— und man spielt vor, wie der Diener andauernd stirbt, weil er dumm ist und leidet, denn die größte Tragödie ist die des lächerlichen Menschen. Und dann die Aufführung. Ich überspringe die Akte, das Schreien und Weinen der Menge,— dann aber am Schluß, holen sie mich und sie danken mir und plötzlich ist die ganze Welt voll befriedigter Sehnsucht und Glück und ich sage leise, ganz leise, daß es nur die neben mir Stehenden hören,(aber die sagen es weiter und so wissen es nachher alle), ich sage:„Wartet nur, wartet, ich schreibe noch mehr, noch viel mehr, ihr!" Wunderbare schlanke Frauen mit Köpfen wie griechische Gemmen lächeln mir süß und vertraut tief in die Augen und ich werde in einem Hotel mit schnee- weißen Betten wohnen,— draußen sind Teppiche, daß ich endlich einmal lautlos ruhig bin, am Tage. Ja, das träume ich. Mein Herz quillt über, ich sage zu allen du und umarme meine Freunds und dem Intendanten schlage ich auf die Schulter. Ich bin ganz satt, mein Smoking ist mit Seide gefüttert, aber ich ziehe die Jacke aus, hoho,— seht, mein Hemd ist weiß, blütenweiß und nicht ge< flickt,— o nein, und wie der Smoking sitzt! Ja, so träume ich! Und dann erwache ich. Das Dienstmädchen ist von unten ge- kommen, sie ist im Hemd und ihre Kerze flackert in meiner Kammer. Sie bringt mir Kirschsuppc und dafür küsse ich sie; sie erzählt mir leise auf meinen Knien, was sie alles erduldet bei ihrer Herrschaft, — ich höre nur ihre Stimme, ihre müde, monotone,— sage: .Armes!" und streiche ihr über das Haar. Da geht sie,— die zitternde unglückliche Kerze schillert noch etwas durch die Ritzen der Bodentür. Ich höre die nackten Füße des Mädchens die Toeppe hinunterschleichen. Und denn ist es still. Ganz still.— Ich löffle die Kirschsuppe aus. Sie ist wohl rot, ich kann sie nicht sehen, die Kerze ist oerlöscht. Der Löffel klappert. Ich habe nur einen Tisch und einen Stuhl in der Kammer. Run lege ich mein Gesicht auf meine Hände und blicke seitwärts zur Luke hinaus. Man hat d»' Augen offen ohne rechtes Bewußtsein. Ich bin so müde. Langsam ist der Himniel fahl geworden, ich glaube, es ist jetzt kühl geworden draußen, die Traurigkeit der Sterne,— wie sie einsam sind!— verschwindet im Nebel. Der Mond wird schal und war doch auch einmal ein Mysterium. Jeden Morgen wird er schal. Der liebe Gott gibt uns Beispiele: Sei beständig! Ach, der liebe Go!t--—. Und so wird es denn Tag. Da bellen Hunde, Schritte auf der Straße von schweren Schuhen, langsam tappen wohl Arbeiter zur Fabrik, ein frühes Pferd rollt, ohne daß ich es sehe, einen klappernden Milchwogcn vorbei und das Geräusch verschwindet langsam in der Weite. Im Hause erwachen kleine dünne Schreie durch Tapeten, Türen werden geschlagen und dann fahren die ersten Elektrischen, rasselnd, klingelnd. los, der Friede und die Stille sind erledigt, der Verkehr beginnt zu toben, und so entsteht dann der Tag, während ich zur Luke hin- aussehe, den weißwehenden Wölkchen noch, die zerfetzt und angst. voll über den Horizont jagen: ich mit dem Kopf auf meinen Händen. Elisabeth Bcrgner hat mir ein in Lcder gebundenes Buch ge. schenkt. Es ist.Hunger" von Knut Hamsun und ich lese es manch. mal, ich habe es sorgfältig bewahrt. Darin steht sehr viel von einem Menschen, der Hunger hat. Es ist ein Bruder, der das ge- schrieben, und eine Schwester, die mir das geschenkt hat, aber das Hungern ist doch ganz anders. Ich bin nur müde und an mein«n Fingern sind die Nägel ab- gebrochen,— so scheint e aber sie sind noch da, die Finger fühlen sich nur so stumpf an. Ich spüre jede Erschütterung des Hauses und erwache. Es ist wie eine stille zerschlagene Geige, die nie mehr spielen kann, um mich. Ich bin müde und wenn ich an etwas denken will, etwas phantasieren will, kann ich es nicht. Welleicht kommt der Geldbriefträger. Dann springen Schritte empor in meine Kammer. Ich liege immer noch auf meinen Händen und rege mich nicht, denn ich träume ja wohl und will den Traum nicht zerstören. Ich höre die Tür aufgehen, denke: Still, still, sonst versliegt alles!— Und es ist wirklich das Mädchen, das sich über mich neigt, kalte Luft strömt herein. Sie hat wohl die Türe offen gelassen, sie neigt sich über mich und ihr Duft dehnt sich nach mir aus, dann geht sie auf den Zehenspitzen und denkt wohl, ich schlafe. Nun will ich aufstehen und ihr sagen, daß ich gar nicht schlafe. Aber ich verlier« alle Kraft, Blut tanzt vor meinen Augen, ich will die Hand heben, aber ich verliere das Bewußtsein. Und sie, aus die ich gewartet habe, Stunden, Stunden, unbeweglich, gelauscht auf jeden Schritt an der Treppe, mit Herzklopfen und entsetzlicher Sehnsucht, sie ist fort, fortgegangen. Ich erschrecke, erwache. Es ist Nachmittag, ich spüre es, denn die Sonne scheint mir ins Gesicht. Der Geldbri«fträger war wieder nicht da. Kein Mensch war da. Wieder eine Nacht wird sein. Und das erfasse ich wie ein kleines Kind und denk« an alles, an das Verlassensein und die Not und die freudlose, bittere Nacht und ich weine, ein Kind, in Mitleid mit mir selbst: ich schluchze, ich heule wie ein Tier, ich spreche mein zitterndes, unsagbares Leid aus mir heraus in Stößen, die mich erschüttern und hin und her werfen. Und dann schlafe ich ein mit meinen nassen Tränen. Als ich erwache, ist es dann wieder Nacht. Blau, tief, gut, der Horizont,— gelbe Sterne, die Welten sind, scheinen gelb und immer gelber auf mich zu springen. Meine Stirn schlage ich hohl an den Tisch, weil sie fiebrig ist und»ah, erwache wieder, sehe, daß ich aufrecht in der Kammer stehe und jage:„Mutter ". Hundertmal. monoton. Dan erwache ich zum drittenmal durch einen dunklen Klang in der Still«, der wie auf Flügeln schwebt, und erschrecke. aber es ist ja meine eigen« Stimm«, die spricht. Nun schweige ich,
aber das Schweigen ist noch schlimmer.- Jetzt habe ich Berzweiflung im Herzen. Wirklich: Verzweiflung. Ich kann nichts mehr tun, meine Finger sind weiß und hängen wie Beutel herunter. Ob ich wohl schlafe oder wache? Ich bin im Tanzlokal, froh und mein Herz ist überweit. Licht, Leiber, Lampen, Lächeln, Lärm! Alles für mich. Die Kapell«, pralle Weiber mit Schenkeln, rückt auf mich zu, mit Jazz:„Für dich, mein Schatz, Hab ich was mit- gebracht!" Und sie haben alle Tablette mit dampfenden, prallen Würsten, aus denen, sticht man hinein, Saft spritzen wird. Da fliege ich in den Himmel und Petrus sagt zu mir:„Du hast ausgelitten, alle deine Novellen sind gedruckt und du kannst nach Spanien reisen und dort endlich den Roman schreiben, den du schon immer schreiben wolltest!"— Vor Glück fange ich an zu weinen, da erwache ich in meiner Bodenkammer, weil die Tränen über die Runzeln meines Gesichtes laufen, als wäre ich ein Greis, und ich bin doch erst einundzwanzig Jahre alt. Es ist heller Tag, die Sirenen vom Hafen schreien zur Arbeit, Straßenbahnen klingeln, Autos brummen, Leute rufen und es kann ja sein, daß heute der Geldbriefträger kommt. Zwei Nächte und ein Tag sind vergangen, jetzt geht es weiter so, Tag, Nacht, Tag, Nacht, Tag, Nacht. Und irgendwann wird es dann doch wohl anders.
.Mal herhören, Ihr Kerls! vereidigt seid Ihr aus die Republik und gehorcht wird vsa jetzt ab Seiner Sgl. Hoheit. dem Prinzen Wilhelm!"
Die Heilung der Welt. Eine Stunde bei Rabindranath Tagur. (Europa und Asien — die Universität der Mensch. heit— da s indische Volkstheater.) Don Armin T. Wegner . t B e r l i n, im Oktober. Die leeren Hotelgänge atmeten Ruhe. Tagur war soeben aus dem Krankenhause von einem Besuch seines Sohnes zurückgekehrt, der gezwungen war, sich in Berlin einer Blinddarmoperation zu unterziehen. Erst in der Nacht von München gekommen, machte der Dichter einen etwas erschöpften Eindruck, denn diese Reise, die er nach Europa unternahm, um für seine in Santiniketan bei Kalkutta neu gegründete Universität zu werben, hat ihn in wenigen Wochen durch zahlreiche ausländische und deutsche Städte geführt. Trotzdem sprach ich ungestört fast eine Stunde allein mit ihm. Der väterlich gütig«, beinahe zu weiche Ausdruck seiner Züge erschien diesmal etwas strenger, gestraffter, die Falten oertieft, fast sorgen- voll, und wie immer verfloß das silberne Grauweis seines Bartes mit dem Grau seines weiten, faltenreichen Gewandes zu einer er- habenen Einheit. Im Grunde schien er etwas enttäuscht(obwohl er es nicht aussprach), daß seine diesmalige Reise nach Deutschland nicht jenen gleich tiefen Widerhall gesunden hat, wie das erstemal, als sein Erscheinen noch für die Vielzuvielen eine Sensation war und Deutschland aus der Depression jener Jahr« heraus leichter empfänglich und vielleicht auch noch gläubiger war, aus seinem Munde die Stimme einer neuen Verheißung zu vernehmen. Wir gingen von einer„Botschaft an Asien " aus, die der Ver- fasser dieser Zeilen gegen Ende des Krieges als eine Antwort auf jene Rede Tagurs über den„Nationalismus" geschrieben hat, die der indische Dichter an Japan richtete und in der er den Osten davor warnt, mit den Tugenden Europas auch die Fehler seiner milita- ristischen Zivilisation zu übernehmen. Europa und Asien , ihre gegenseitige Durchdringung, die er sich zum Lebensziel setzte, das ist das Problem, das ihn auch heute leidenschaftlich erfüllt. Wieder betont er seine Bewunderung und Liebe für Europa , für seine Schassenskrast, seinen Willen zur Tat. Er sieht das Verdienst des Westens darin, daß er das Wissen und Können für die Bezwingung der irdischen Materie so gewaltig oermehrt hat: aber es verknüpft sich für Tagur der Wunsch damit. Europa möchte die Zeit seines großen Einflusses auf der Welt dazu benutzen, um ihr auch ein n, enschliches Ideal zu schenken.„Wissen allein ist kein Ideal. Die Maschine der Zivilisation allein wird nicht bleiben, wenn sich nicht eine Idee für die Menschheit damit verbindet! Die Schwäche Asiens aber ist seine Passivität, es hat wohl ein« fein- und vielgestaltete Seele, es besitzt zahllose reiche und tiefe Indi- viduen, aber wenn sie hinaus gehen, verlieren sie im Kampf mit der Aktivität Europas zu leicht sich selber und gehen zugrunde." Beide einander näherzubringen, die zähe, mitunter brutale Seele Europas mit dem feinen, beinahe schmerzlichen Atem des Ostens zu verfchwistern, das ist der fast sanatische Wunsch dieses Dichters, der ja für uns stets nicht nur einer der bedeutendsten indischen Schriftsteller der Gegenwart war, über dessen endliche Größe man streiten kann, sondern vor allem auch einer der wesent» lichsten Träger jenes Asien , das aus einer jahrhunderalten Lethargie zum erstenmal wieder aufsteht, um aktiv und verbindend in die volitischen und kulturellen Geschicke der Welt einzugreifen. Dieser Ausgabe soll auch die neue internationale Universität „Bisoa-Bharati" dienen, die er seiner Schule im Mangrovenhain von Santiniketan anzugliedern im Begriff ist, und auf der neben den großen orientalischen Sprachen auch Gelehrte aller großen
Seilage Ses vorwärts
europäischen Völker als Gastprofessoren zu Worte kommen sollen. Die Länder des Westens zur Mitwirkung an dieser Universität aus- zurufen, das ist, sehr im Gegensatz zu der öffentlichen Meinung, die in seinem Auftreten nur die Kunstreise eines Dichters sieht, der wesentlichste Zweck dieser Weltreise Tagurs. Auf dieser Uni- versität, zu der alle Studierenden der Erde ohne Unterschied des Geschlechtes und der Nation Zutritt haben, und die ihre erste« Kurse bereits abzuhalten begonnen hat, werden die Religionen, die Literaturen, die Geschichte, die Wissenschaften des Hinduismus, des Buddhismus , des Islam, des Christentums und anderer Zivili- sationen in gleicher Weise zur Darstellung kommen, frei von allen Vorurteilen gegen Rasse, Staat oder Glauben und sollen so diese Hochschule zu einer wahrhasten Universität der Mensch- heit machen. Ihr Zweck ist, den Westen von der Einheit alles Lebens und Denkens in ganz Asien zu überzeugen und eine wahre Bruderschaft aller hier Studierenden des Ostens und Westens zu bilden, um so endlich die Grundbedingungen für die H e i l u n g d e r Welt zu schassen durch die freie Vereinigung der Ideen beider Hälften unseres Erdballes. Die große in Indien einzig dastehende internationale Bibliothek,. die musikalischen und malerischen Kurse, die der Universität an- gegliedert sind, hatten uns bereits zu den Fragen der K u n st hinübergcführt. Tagur sprach longsam, zurückhaltend, in einer etwas meditierenden Art, die aus jeder Antwort säst den Satzteil einer Predigt macht und das Gespräch für europäische Ungeduld nur langsam vorwärts bringt. Er hatte noch nicht geendet, als er auf meinen Lippen schon eine neue Frage las, die Frage nach der Neubelebung des indischen Theaters. Bereits bei seinem vorigen Besuch hatte Tagur die Ausführung seines„Postamtes" in der Berliner Volksbühne gesehen, die einen großen Eindruck bei ihm hinterließ. Besonderes Interesse und hohe Bewunderung zeigt er für die Organisation der Volksbühnen in Deutschland überhaupt, deren weitverzweigtes Gewebe fester Mitglieder ihm bisher etwas noch Unbekanntes war. Die Theater in Indien kennen eine solche Einrichtung nicht, doch hat sich dort eine andere Art von Volksbühnen seit langem er- halten. Es gibt zwei verschiedene Formen von Theater in Indien , das aus Europa eingcsührt amerikanische Ausstattungsstück, das in den Städten des Landes gespielt wird, nicht selten mit einer antienglischcn Tendenz: es ist oberflächlich und unoriginell und kommt für eine Neubelebung des indischen Theaters nicht in Frage. Do- neben aber lebt das alte indische Dorsthcater fort, das an die Kultusspiele anknüpft, und das man über das ganze Land zerstreut, selbst in den kleinsten Dörfern findet. Es ist eine Laien- bühne, bei der Spieler und Zuschauer in gleicher Weise mitwirken, eine Bühne, die unter Verzicht fast jeglicher Dekoration mit den allereinfachsten Mitteln eine tiefe Macht aus die Seele des Volkes ausübt. Ihr Wesen ist Verzicht auf jede Aeußerlichkeit, völlige Beschränkung auf den einzelnen Menschen, und gerade um dieser Primitivität willen, die das Seclisch-Ursprüngliche stärker ausleuchten läßt, glaubt Tagur, daß man von ihr eine Weiterentwick- lung des indischen Theaters erwarten kann. Diese Ansicht hat sich für ihn auch durch den Eindruck bestätigt, den die europäische Bühne auf ihn ausübt. Das Theater des Impressionismus und Naturalismus sowie die Kunst Max Rein- Hardts blieben ihm im Grunde fremd. Die Kulissen lenken die Aus- merksamkeit des Hörers vom Menschen auf der Bühne ab: das Schauspiel soll nicht in erster Linie ein Schau spiel sein, sondern Tagur erwartet alles vom gesprochenen Wort, von der Geste des Schauspielers, der bewegten Gestalt des Menschen. Den größten Eindruck hat er in dieser Hinsicht bisher vom japanischen Schau- spieler empfangen: allerdings, fügt er hinzu, kenne er die Russe.: noch nicht. Die Ungekünsteltheit, das innere Wesen sollen cnt- scheidend sein, und Tagur sprach den Wünsch aus, daß die ursprüng- liche Einfachheit der indischen Volksbühne auch auf das europäische Theater wirken möchte, das noch zuviel Wert auf äußeren Glanz legt. So zeigt sich, wie in der Welt der politischen Tat auch auf dem Gebiet der Kunst bei ihm das gleiche Bestreben: Fort mit der Maschinerie! Nur durch unmittlebare Einfachheit bannt und er- schüttert uns menschliche Tat und Größe. Hier wie dort ist das Bindende allein die Seele. Nur auf diesem Wege wird sich auch jene Einigung zwischen Europa und Asien vollziehen, jene hohe Vermählung von Tat und Leiden, wie sie dieser Dichter in seinen Träumen erschaut. Und ist dies nicht im Grunde die uralte Sehnsucht der Menschheit, wie sie in Europäern wie Schopenhauer, Levcadio Hearn, in Asiaten wie Rabindranath Tagur immer wieder zum Ausdruck kommt? Ist es nicht die handelnde Seele des Mannes gegen die duldende der Frau gestellt? Werden sie einander je ganz durchdringen? Und doch, können sie aufhören, einander mit leidenschaftlicher Liebe zu suchen? Tagur fuhr sich mit der Hand über die Stirn. Weilten seine Gedanken am Krankenlager seines Sohnes? Oder bei jener noch immer unerfüllten Weltmission, an der sein Herz hängt, und deren Vollendung sein alterndes Leben in schmerzliche Ferne gerückt sieht? Sein Auge war bewegt und verloren ins Weite gerichtet. Erst als ich ausstand, kehrte er wieder in die Welt um sich zurück. „Also, ich hoffe, aus Wiedersehen in Santiniketan!" sagte er lächeln? zum Abschied._
was teurer ist als Diamanten und perlen. Man nimmt ge. wöhnlich an, daß die teuersten Dinge auf Erden die Juwelen, die Perlen, das Platin� usw. seien. Ein Mitarbeiter der„Stampa" be- streitet das und behauptet, daß, wenn es auf Preise ankommt, die Düfte und die Gifte mit jenen tostspieliaen Dingen gar sehr in Weit- bewerb treten könnten. Den Rekord schlägt gegenwärtig das Rosen- öl oder die Rosenölessenz. Dieses vel kostete vor dem Kriege 6S bis 70 Lire das Kilogramm: heute beträgt der Preis 2600 Goldlire (1 Geldlire— 0,80 M.) und darüber. An zweiter Preisstelle steht das Mandarinenöl, das aus der Schale der Mandarine gewonnen wird. Bor dem Kriege kostete es 35 bis 37 Lire, heute muß es mit 2100 Goldlire bezahlt werden. Es muß allerdings hervorgehoben werden, daß man die Schale von 1500 Früchten braucht, um ein ein- ziges Kilogramm dieses Oels zu erlangen, und außerdem muß gesagt werden, daß das Mandarinenöl nur selten rein in den Handel gelangt, da es verhältnismäßig leicht gefälscht werden kann. Das Oel, das durch Destillation der Blüten der bitteren Orange erzielt wird, hat einen Marktpreis von 1450 Goldlire. Auch hier ist der hohe Preis leicht zu erklären: man braucht einen ganzen Zentner Orangen- blüten, um 75 Gramm Oel oder Essenz zu erzielen. Noch teurer als alle diese dustigen Sachen aber sind die Gifte oder mindestens gewisse Gifte. Man denkt hier sofort an die phantastischen Preise, die sür Kokain gezahlt werden müssen: aber weit kostspieliger noch als Kokain ist kristallisiertes Digitalin, das mit 13 000 Goldlire pro Kilogramm verkaust wird. Heiße Quellen sür Slraßenreinigung. Die Hauptstadt des Staates Utah in der Union erfreut sich eines ganz besonderen Bor. zuges. Während andere Slädre nach einem ausgiebigen Schne-fall beträchtliche Summen ausgeben müssen, um ihre Straßen zu reini- gen, während die geplagten Fußgänger ausgleiten und die noch beklagenswerteren Pferde zu Boden stürzen, fährt in Salt Lake City kurzerhand die Feuerwehr auf, deren Schläuche aus unterirdischen Quellen heißes Wasser liefern. Diese Quellen haben eine so hohe Temperatur, daß das Wasser selbst im Winter beim Verlassen des Schlauches 44 Grad hat. Um zu vermeiden, daß an Stelle des Schnees, den eine Zauberhond verschwinden läßt, eine nicht weniger unangenehme Eisschicht erscheint, läßt man die Spritzen mehrmals spritzen und erreicht damit, daß die Dämme und Fußsteige so sauber aussehen wie im Sommer.