m c I n s ch a f t s g e d a n k e n zur Geltung zu bringen. Aber überall nmß dabei angeknüpft werden an Bestehendes, historisch Gewordenes, das umgestaltet, aber nicht ausgelöscht werden kann. Ob wir auf dem Wege der Gesetzgebung— in Reich, Staat oder Gemeinde— sozialistische Gedanken durchzusetzen suchen, oder auf dem Wege der freien organi- satorischen Arbeit, überall sind wir genötigt, an die U m- f o r m u n g des Vorhandenen zu gehen. Es ist leicht, von dem „neuen Menschen" zu reden, der gestaltet werden müsse, aber schwer, für diesen Begriff eine andere Unterlage zu finden, als die sachliche Umgestaltung der Existenzbedingun- gen der Menschen"überhaupt. Es scheint uns deshalb nicht unbedingt erforderlich, in diesen Dingen mit überspitzten Begriffen zu spielen, wie das vielfach auch auf dieser Kulturtagung geschah. Ob„Reformismus " oder„Reoolutionarismus", ob„Rationalismus" oder„Seele" — das sind für die praktische Wirksamkeit sozialistischen Kulturstrebens nur akademische Unterscheidungszeichen. Denn schließlich muß all unser Wollen münden in den Sozialismus, der die Wirtschafts- und Lebensform der sozialen Gemein- schaft bedeutet. Diese neue Form der Gemeinschaft unter Aufhebung der Gesellschaftsklassen wird aber nicht an einem Tage plötzlich vor uns stehen, sondern jeder Tag, den wir im Streben nach ihr schaffend vollenden, muß uns dem Ziele näher bringen. Jeder Tag bringt aber auch neue Probleme und neue Aufgaben, die wieder zu meistern sind. Da ist es gut, gelegentlich Rück- und Vorschau zu halten, um die Strecke zu errechnen, die noch vor uns liegt, aber auch die Steigung, die wir schon erklommen haben. Ein solcher Augenblick der Rast und des Ueberschauens sollte die Kulturtagung in Blankenburg sein. Selbstverständlich, daß rüstige Wanderer glauben, noch schneller zum Ziele eilen zu müssen. Selbst- verständlich, daß von anderen gemahnt wird, nicht den Weg und die Nachkommenden zu vergessen. Stürmender Optimis- mus und ruhige Berechnung trafen hier zusammen. Beide streben demselben Ziele zu. Ueberwog auf der Kulturtagung mehr das theoretisierende Moment, so kam in der ihr folgenden Reichskonferenz der Bildungsausschüsse mehr die Praxis zum Wort. Hier, wo die Männer der Wirklichkeit und der organisatorischen Arbeit berieten, klang es zwar zuweilen nüchterner als dort, aber schließlich ist diese Arbeit an der Arbeiterklasse und für sie ein überaus wertvolles Stück sozialistischer Kulturarbeit. Nur ein Stück aus dem großen Bilde, das die sozialistische Be- wegung in ihrer Gesamtheit darbietet, aber ein lebhaftes und farbenfrohes Spiegelbild echt sozialistischen und proletarischen Kulturwillens.
Westarp will warten. Das deutschnationale Echo zumParteitag der Volkspartei Graf Westarp hat als Vorsitzender der Deutsch - nationalen Volkspartei von seinem Parteitag Handlungs- freiheit erhalten, um seine Partei in die Regierung zu führen. Nach dem Parteitag der Volkspartei bleibt ihm nichts übrig, als diese Vollmacht zu benutzen zum— Abwarten. Er konstatiert in der„Kreuzzeitung ", daß der Parteitag der Volkspartei mit folgendem Ergebnis geendet habe: „So muß man alles in allem als Ergebnis des Kölner Parteitages buchen, daß die Deutsche Volkspartei die von den Herren vom Staatsrat vorgeschlagene Arbeitsgemeinschaft abgelehnt hat. Man mag diese Tatsache beklagen. Man muß ein st weilen mit ihr rechnen." „Die Kölnische Zeitung " spricht aus, der volksparteiliche Partei- tag bringe eine Stockung auf dem Wege zur Bildung einer trag- fähigen Regierungsmehrheit. Wir beharren, unbeirrt durch persönliche Empfindlichkeiten, bei der zur Ueberwindung dieser Stockung geeigneten Politik, die wir auf unserem Kölner Parteitag vorgezeichnet haben." Herr Graf Westarp will nach wie vor in die Regierung. Er steckt die bitteren Wahrheiten ein, die Stresemann den
Deutschnationalen versetzt hat. Wohl polemisiert er dagegen — aber mit ängstlichem Bemühen, nichts zu verderben. Er klagt über die„Zeugnisse von verhaltener K a m p f l u st", die Stresemann abgelegt habe, seine eigenen Ausführungen sind ein Zeugnis von schlecht verhohlener Enttäuschung. Die Deutschnationalen stehen weiter vor der Tür. Graf Westarp wartet._
Der tzohenzollern-Vergleich. Der Vergleich, der zwischen der preußischen Staatsregierung und den Hohenzollcrn zustande gekommen ist, beruht aus den letzten Abfindungskompromißbeschlllssen des Reichstages, die bekanntlich nicht endgültig zur Annahme gelangt sind. Das preußische Finanz- Ministerium hat auf Grund dieser Kompromißbcschlüsse. die noch eine schiedsgerichtliche Entscheidung vorsahen, eine Wahr- scheinlichkeitsrechnung aufgestellt, wieviel danach dem Staat und wieviel den Hohenzollern zufallen würden. Danach ergab sich, daß die Hauptlinie der Hohenzollern etwa SdOOOO Morgen Land und etwa 6 bis 7 Millionen in bar erhalten würde. Daß es sich hierbei um einen erheblichen Fortschritt gegenüber dem früheren Vergleich Handel, ist daraus zu ersehen, daß in dem Veraleichsentwurf von 1925 der Hnuptlinie der Hohen- zollern 339(MX1 Morgen und 30 Millionen zufallen sollten. Von den Rcichstagskompromißvorschlägen ausgehend, gibt der neue Ver- gleich den Hohenzollcrn 250 000 Morgen Land, also 50 000 mehr als nach den Reichstagsbeschlüsscn, wogegen die Hohenzollern auf Schloß und Park Bellen ue, Schloß und Park Babels- b e r g mit Inventar, Schloß und Park Wusterhausen und verschiedene Nutzgrundstücke in der Breiten Straß« in Berlin , in Karlshorst , Potsdam und Nitolskoe verzichten. Die Albrecht-Linie verzichtet in dem neuen Vertrag zugunsten des Staates auf 20 000 Morgen Land und Forst und behält etwa 60 000 Morgen. Die Karl-Linie verzichtet auf 27 000 Morgen und erhält etwa 70 000 Morgen. Bei der Karl-Linie handelt es sich hauptsächlich um F l a t o w- K r o j a n k e, bei dem es sehr zweisel- hast war, wohin es nach den letzten Reichstagsbeschlüssen fallen würde. Die Barentschädigung der Hohenzollern ist in dem neuen Vergleich auf 15 Millionen Mark festgesetzt. Von den Werten, auf die die Hohenzollern in dem neuen Vergleich verzichten, sind bei der Erhebung des Wchrbeitrages Schloß und Park Bellevue mit 34 Millionen, Babelsberg mit 15 Millionen und die übrigen Objekte mit 9 Millionen veranschlagt worden.
Die Monarchisten in Dapern. Stille, stille, kein Geräusch gemacht... Die Stärke der monarchistischen Bewegung in Bayern ergibt sich aus einem offiziellen Schriftstück, das aus der Zentralleitung des„Heimat- und Königsbundes„In Treue fest!" stammt und in dem von der Führung dieses Bundes Rechenschaft abgelegt wird über die äußere und innere Entwicklung des Bundes seit dem März 1925. Damals übernahm der Freiherr von Aretin , der Redakteur der von dem Dolchstößler Coßmann herausgegebenen„Süddeutschen Monatshefte", die geschäftsführende Landesleitung des Bundes, mit dem sich dieser Tage die b a y e- rische- Königspartei verschmolzen hat. „Als erstes," so heißt es in dem Dokument,„ist anzustreben, daß die Bewegung des Bundes, die als Organisation der Wähler- massen gedacht ist, iius der N e.r e i n s m e i e r« i herausgehoben wird. Dabei muß möglichst geräuschlos gearbeitet werden, weil es nur schädlich ist, wenn schon bei dem Ausmarsch die Aus- merksamkeit der Gegner bewirkt wird. An eine gewaltsame Aende- rung der freistaatlichen Verfassung ist seit 1923 nicht mehr zu denken. Dies wäre vielleicht dann möglich, wenn die radikale Linke einen Umsturz versuchen würde. Die Haupttätigkeit des Bundes bleibt darauf gerichtet, das konservative Element der bayerischen Be- völkening zu stärken, es zu organisieren und einen bestimmenden Einfluß auf die Leitung der bürgerlichen Parteien zu gewinnen. An eine durchgreifende Tat ist erst dann zu denken, wenn der Bund die Mitglicderzahl von 130 000 bis 140 000 erreicht hat. Die Mit- gliederzahl beträgt aber heute erst etwas über 50 000. Die Baye-
rische Volkspartei ist bereits überflügelt. Der Bund besitzt in fast allen bayerischen Kreisen hauptamtlich angestellte Sekretäre, nachdem die ehrenamtlichen Sekretäre und die Vereinsoorständc be- feitigt werden konnten. Diesen Krcissekretärcn ist im wesentlichen der Aufstieg des Bundes seit Jahresfrist zu danken. Von 540 po- litischen Gemeinden in Obcrbayern bestehen in 175 Ortsgruppen des Bundes, von den 954 in Niederbayern in 60. von den 1085 in der Oberpfalz in 263, von den 1007 in Mittelfranken in 260 und von den 1121 in Oberfranken in 160. In Schwaben und Unterfranken sind die Ziffern weniger befriedigend. In den derzeitigen 50 000 Mitgliedern sind lediglich die aktiven Monarchisten erfaßt Ihre Ziffer muß und kann gesteigert werden, und zwar aus den Reihen der gleichgültigen Monarchisten. Das gelingt um so leichter, wenn man die vorhandenen Vorurteile gegen den Separatismus beachtet und nach dieser Richtung weniger geräuschvoll arbeitet. Damit wird eine Reihe von Schwierigkeiten umgangen. Finanziert wird der Bund im wesentlichen durch freiwillige Spenden, wobei der Mittelstand und die kleinen Beamten eine staunenswerte Opfer- Willigkeit zeigen. Die straffe Durchorganisation des Bundes wird in zw e i bis drei Jahren vollzogen sein." Der Bericht ist ein Zeichen dafür, daß die bayerischen Mo»- archisten sich mit den neuen Verhältnissen noch nicht abgesunden hoben. Der Bericht dürfte in seinen zahlenmäßigen Angaben st a r t übertrieben sein. Aber selbst wenn man nur 50 Prozent der einzelnen Behauptungen als richtig anerkennt, bleibt eine starke Aktivität der bayerischen Monarchisten festzustellen. Die besoldeten Agitatoren müssen„geräuschlos" den monarchistischen Honig ver- schleudern. Die heutige monarchistische Taktik erfordert selbstverständlich riesige Geldsummen, denn die Königsbllndler haben jetzt besoldete Kreisselretäre angestellt, um planmäßige monarchistische Propa- ganda treiben zu können. Wer finanziert heute die sehr kostspielige monarchistische Organisation? Da fließen zunächst die freiwilligen Spenden, und da werden die Taschen der Wittelsbacher herhalten müssen! Bezeichnenderweise betätigten sich die monarchistischen Kreis- sekreiäre besonders in der Propaganda gegen die Fürsten - c n t e i g n u n g. Der Kreissekretär in Bamberg , der vom Oktober 1925 bis zum Juni 1926 über 40 Ortsgruppen errichtet haben will, rühmt sich 50 fränkische Zeitungen zum Kampf gegen die Fürstenenteignüng ausgepeitscht zu haben. Die monarchistischen „Aktivisten" scheuten sich auch nicht bei diesem Kampfe vor der An- wendung terroristischer Mittel, daß in einzelnen Gemeinden, in denen die monarchistischen Ortsgruppen arbeiteten, keine Ja- st i m m e abgegeben wurde. Der bayerische Monarchistenbund will sich die Geistlichkeit ge- fügig machen, damit ihnen in den Ortsgruppen wirksame Agitatoren für König Rupprccht erstehen. Bisher fanden die Biindler nämlich. daß die Geistlichen ihnen vielfach eine kalte Schulter zeigten. Die geistlichen Herren sind natürlich durchweg Mitglieder der Bayerischen Volkspartei , die sich doch nicht so ohne weiteres zum Lakai der Witt-lsbacher herabwürdigen läßt. Die Geistlichkeit hat ihre Sonder- interessen und läßt sich nicht einfach von Berchtesgaden und München gängeln._
Wanzen-Größenwahn. Der„Deutschen Zeitung" gewidmet. Eines Tages wurde die Wanze größenwahnsinnig.„Ich stinke und steche, und die Menschen jucken sich, wenn ich sie berühre," so sagte sie,„warum soll ich nicht auch töten können?" Von da ab bildete sie sich ein, sie könne töten. Herr Bacmeister und die„D e u t f che Zeitung" haben vor einiger Zeit eine Stinkbombe gegen den Genossen Sevcring ge- warfen, so daß sich alle anständigen Leute die Nase zuhielten. Jetzt erzählen sie, der Gestank habe Sevcrings Gesundheit erschüttert, sie hätten ihn gestürzt. Größenwahnsinn der Wanze! Gefängnis wegen anlimililaristischer Propaganda. Das fron - zöfische Kriegsgericht in Trier verurteilte einen Buchhändler aus Koblenz zu 2 Jahren Gefängnis, weil er gemeinschaftlich mit Franzosen antimilitaristische Flugschriften unter den Besatzungs- truppen verteilt hatte. Wegen des gleichen Vergehens wurde ein Mann aus Düren in Abwesenheit zu 5 Iahren Gefängnis verurteilt.
Shaw: Mensch unö Uebermensch Lessingthealer. Hallo, dieses Feuerwerk, wenn sich im phantastischen Vorraum von Himmel und Hölle der steinerne Komtur, Don Juan Tenorio , der Teufel und die liebe Donna Anna über ihre Herzensange- legenhciten unterhalten! Die Männlein und Weiblein, ewige Ge- schöpfe der Dichterphantasie und der mozartischcn Unsterblichkeit, zer- grübeln sich die Köpfe darüber, ob es möglich sein wird, den wahren tlebermenschen eimal in die Welt zu setzen. Soll der Uebermensch im Himmel geboren werden, wo alles Harmonie und gähnende Langeweile ist oder wird er der Pilger zum Höllenschlund sein, wo Gottes ungehorsame Geschöpfe zwar schmoren, wo aber für jederlei Vergnügungen gesorgt ist? Shaw, der Lustigmacher, haut den Knoten der schwierigen Frage mit großer Zivilcourage entzwei. Selbst der steinerne Komtur, um dessen Pferd und Helmzier es so reaktionär geistert, zieht die abwechslungsreiche Hölle dem Himmel vor, wo die Unsterblichen nur gähnen. Diesen Akt brachte man früher nicht auf die Bühne, da inan ihn für undramatisch hielt. Nun hat der Regisseur Martin die Shawsche Burleske durch die Vision unterbrechen lassen, und es wird der Akt der Diskussionen bei- nahe zum stärksten Stück. Denn hier werden Gedanken zu Ende gedacht und geredet, die uns verflucht bedrängen. Wir wollen näm- lich, alle, wofern wir uns an ein Ideal festgesogen haben, irgend- wie an de» Uebermenschcn heran. Und zum Henker, nur im Traum gelingt es, die Wirklichkeit wegzuwischen und ein ganzer Held zu sein, und kein kleiner, leidenschaftlicher Knirps. Weil Shaw sich vor 25 Jahren vornahm, zu beweisen, daß auch der stärkste Frauen- Verführer Don Juan nur ein Spießer und im Gespann der bürgcr- lichen Ehe enden inuß, kam ihm beinahe die grüne Galle hoch, weil er das schwierig« Problem nur so dürftig lösen konnte. Es gibt keinen Don Juan , es gibt nur den hartgesottenen Junggesellen, der schlichlich doch zu Kreuze, d. h. zum Standesbeamten kriecht. Shaw fühlte sich so wenig als Meister des Problems, daß er über sein Theaterstück eine dickleibige Philosophie herumschrieb. Er wollte be- zeugen, daß das Heldentum nur ein Maulheldentum sei. Er ordnet die Welt also nicht, wie die Maulhelden es wollen, aber er schreibt einen famosen Schwank, dessen kleinbürgerliches Ende durch raffinierten Witz und jene Pointen vorbereitet wird, die auch den Menschenfeind trösten und versöhnen. Von dem Absoluten, das sich die Philosophen und Sittenprediger ausdenken, bleibt nicht viel übrig. Doch die Albersweisheit, die jedermann mit seinem knappen gesunden Menschenverstand bewältigt, ist so fröhlich, daß man schließlich das Zusammenschrumpfen der Ideale als eine sehr anständige Weltlösung akzeptiert. Man glaube um Gotteswillen nicht, daß dieser Bernard Shaw ein Revolutinär ist. Die Eng- länder, die ihm von Staats wegen zu seinem 70. Geburtstage einen Fußtritt gaben, waren sehr borniette Leute, Bernard Shaw ist
nämlich der artigste Hüter jeder Ueberlieferr�ng. Er zappelt nur eine Weile lang, um sich loszureißen. Dann unterwirft er sich schnell dem bürgerlichsten Gesetzbuch mit all seinen Paragraphen. Nur besteht sein großes Talent darin, daß er immer wieder diesen Prozeß des Zappelns so dramatisch beschreibt. Wenn Eugen Klöpfer , von Anfang an furios und prustend in Gelächter, verrät, daß er trotz seiner brennenden Don Juan -Gelüst« endlich doch um die kleine Hand der kleinen Anna anhalten wird, so hilft der Schauspieler prächtig der Absicht des Dramatikers. Klöpfer wählt ein kollossales Tempo, um den ge- sunden Menschenverstand schleunigst zum Finish zu bringen. Seine Leistung ist eine wahre Sportleistung des Komödianten. Mit Hurra beritt er die Bühne, mit Hurra verläßt er sie, als der Vorhang zum letztenmal fällt. Seine Adjutantin vom anderen Geschlecht ist Frau Carola Neher , die gerade soviel Verstand und Grazie aufbietet, daß sie über die Durchschnittsklasse der nonnalen Back- fische hinüber hüpft. Ein Augenblick, und aus dem süßen Mädel wird ein Weib. Das Schnippische und Neckische ist schwer zu ver- menschlichen und vor der faden Süßlichkeit zu bewahren. Frau Neher überwindet die Natur, die sie auf die gefährliche Butter- und Honigseite des Daseins hinüberwarf. Eugen Burg , Irmgard Richter, Ulrich Bettat, Wilhelm Dieterle und vor allem auch Karl E t t l i n g e r, der die krausen Menschen so köstlich spielt, wirkten als gehorsame Mithelfer des Regisseurs Karl- Hein; Martin. Man freute sich sehr und klatschte dankbar Beifall. Max Hochdorf .
Ikeueinstiidieruiig der„Tvildenle". Im Jahre 1889 war in Berlin die„Freie Bühne" gegründet worden, die dem dramatischen Ausdruckswillen der Jugend dienen wollte und tatsächlich eine neue dramatische Richtung einleitete. Der erste Dichter, mit dem die „Freie Bühne" an die Oeffentlichkeit trat, mar Henrik Ibsen . Heute kann man kaum noch begreifen, daß die Vorstellungen damals eine Sensation gebildet und zu hitzigen Meinungskämpfen geführt haben. Es hat seinen eigenen Reiz, wenn jetzt, drei Jahrzehnte später, Ibsen auf dem Spielplan erscheint. In der„T r i b ü n c" sah man gestern die„W i l d e n t e". Wenn Ibsen dem Wahrheitsfanatiker die Lebcnskompromißler, die ideale Forderung der Lebenslüge gegen- überstellt, wenn er das Problem aufrollt, ob Erkenntnis der nackten Wahrheit oder hoffende Illusion t!as Glück bedeutet, so weckt er bei lins nicht mehr brennendes Interesse. Es ist nicht mehr unser Problem. Ibsens Mission scheint erfüllt, seine Gedankengänge sind allgemein geworden. Wir wissen, daß die Wahrheit oft bitter ist. und den holden Traum vom Glück zerstört. Zuweilen kommt uns sogar der Zweifel, ob Ibsens Fragestellung überhaupt jemals ein Problem gewesen ist. Was uns heute nach niit Bewunderung erfüllt, das ist die Gestaltungskraft des norwegischen Dichters, die dramatisch gespitzte Zurichtung des Schauspiels. Von Anfang an ist der Zu- schauer mit Spannung geladen. Das präzis laufende Räderwerk der grandiosen Konstruktion tritt zutage, und doch greift der Dichter tief in unsere Seele. Hjalmar, der Mann mit der Lebenslügc, ist bei dem Regisseur Eugen Robert Alexander Moissi . Seine
Stimme sinkt, die Unwahrhaftigkcit seines Charakters versucht er schon durch gewollte Grandezza in der Tongebung auszudrücken. Da er aber den ganzen Abend über in geziert großer Geste verharrt. so wird er überdeutlich und überzeugt nicht mehr. Wir verstehen nicht, daß an diesen hohlen prahlerischen Menschen ein so klares und unpompliziertes Wesen, wie seine Frau Dina, geglaubt hat, der Ilka Grüning menschlich ergreifende Züge leiht. Die Besetzung des Hjalmar machten auch die prächtigen Leistungen Albert Steinrücks, Hermann Vallentins und Lothar M ü t h e l s nicht weit. Dgr. „Das märchenhaft schöne Finnland" ist ein Film betitelt, der jetzt in der Urania läuft. Diese Bilderreise ist nicht nur eine angenehme optische Angelegenheit, sie bietet auch reiche Möglich- leiten der Belehrung. Man ging bewußt vor, in straffer Zusammen- fassung alles dessen, was man zeigen wollte. So sieht man zuerst die Bauten und Wahrzeichen Finnlands , bei stolzer Namennennung derer, die sie schufen. Als Crnährungsquelle der Bevölkerung spielt die Landwirtschaft eine große Rolle: daher werden landwirtschast- licher Groß- und Kleinbetrieb vorgeführt, und das Leben und Treiben in den Genossenschnftsmolkereien, von denen jede noch einen Schweinehof hat, wird eingehend veranschaulicht. In den großen Genossenschaftsgebäuden bedienen viele fleißige Hände die Maschinen, die u. a. die Butter waschen, salzen und kneten. In Kühlwagen der Eisenbahn wird dann die Butter nach den Hafenstädten be- sördert, von wo aus sie per Schiff die Reise nach ihrem Bestim- mungsort antritt. Finnland mit seinen ausgedehnten Wiesen hat eine natürliche Grundlage für die Viehzucht und laut Statistik kommt auf jeden dritten Einwohner eine Kuh. Finnland ist aber auch das Land der Wälder und es ist ein eigenartiger und unver- geßlicher Anblick, wenn man 4 Millionen gefällter Stämme treibend in einem Flusse sieht. Eine Zellulose- und Papierfabrik, mit deren Einrichtungen man sehr genau bekannt gemacht wird, verarbeitet täglich 50 000 Stämme. Finnlands Wasserkraft, prächtig dargestellt in den Aufnahmen der brausenden Wasserfälle, ist erst zu einem Drittel nutzbar gemacht. Ferner vergaß der Film es nicht, vom Sport ausgiebig zu berichten. So war man Zeuge des begeisterten Empfangs siegreich heimgekehrter Sportsleute, während unter all den vorgeführten Sportarten für uns wohl das Pferderennen auf der Schncebahn erhöhten Reiz hat. e. d. Aulomobilräder aus Gummi. Automobilräder, die ganz au» Gummi hergestellt sind, soll nach der„Gummi-Zeitung" die Au- stralian Rubber Co. Ltd. auf den Markt bringen. Infolge der Elastizität des Gummis ist die Dämpfung von Straßenstößen derart gut, daß dieses Rad keines Luftreifens und Schlauches bedarf. Das Rad ist damit auch nicht den Gefahren von Reifen- Pannen ausgesetzt, soll leicht niontierbar und auswechselbar sein und garantiert den vierfachen Dienst leisten. Die Kosten sollen so- aar geringer sein als bei einem gleichen Rad mit Bereifung. Das Rad soll außen aus Vollgummi bestehen und innen eine Gummi- korkeinlage besitzen._