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Der Prozeß gegen Sam'täLsrat Dr. Soehme. Ter Reserveoffizier kam zu oft bei ihm durch."

Dresden , S. Oktober. Gegen 3 Uhr nachmittags wurde die Oefscntlichkeit wieder hergestellt. Unter allgemeiner Spannung wurde dann die Schwägerin Dr. Boehmes, die Gattin de­verstorbenen Justizrats Boehme, aufgerufen, die erklärte, von dem Recht der Zeugnisverweigerung keinen Gebrauch zu machen. Frau Boehmes Schwester war zudem die erste Gattin des Angeklagten. «Eine Woche nach dem Tods meiner Schwester hiell Boehme um mich an. Ich war jedoch mit seinem Bruder schon heimlich verlobt, und da versuchte er, die Verlobung zu- hintertreibend Die Zeugin bezeichnete die dritte Frau Boehmes als ungebil- det und launenhaft. Sie habe sich bei Boehme nie wohl ae- fühlt und oft zu ihm gesagt:Ich schenke dir das ganze chaus(in Großröhrsdorf ) und noch 50 003 M. dazu, wenn du mich freiläßt.* Die Streitigkeiten dauerten an, und acht Tage vor dem Tode der Gattin habe Boehme gesagt:So kann es nicht weitergehen." Vors.: Wie faßte denn Ihr Mann den Tod der Schwägerin auf?" Zeugin: Er meinte:Der Just hätte sich lieber auch gleich er- schießen solle n." Vors.:Der Angeklagte hat nach dem Tode Ihres Gatten Sie für eine Bürgschaft des Toten in chöhe von 2S<XX) M. in Anspruch genommen und das Geld von Ihnen er- halten." Zeugin:Ja, er hat mich, als ich nicht gleich bezahlen konnte, auspfänden lassen." Staätsanwalt Canzler:Hat Ihre Schwägerin Ihnen erzählt, daß Dr. Boehme sie vom Rabcnstein stürzen wollte?" Zeugin:Jawohl, wir haben sie deshalb auch beruhigt. Unter noch größerer Spannung wurde die Tochter Dr. o e h m e s, Frau Irene Vogt aus Berlin , vernommen. Staatsanwalt Canzler beantragte, den Angeklagten während der Dauer der Vernehmung abzuführen. Frau Vogt fügte hinzu:Die Anwesenheit meines Daters stört mich nicht. Auch will ich klar- stellen, was in den Zeitungen bezüglich einer Schuld am Tode meiner Mutter und meines Bruders behauptet worden ist. MeinVaterhatdarankeineSchuld."(Dr. Boehme bricht bei diesen Worten zusammen und weint vor sich hin.) Auf Befragen des Vorsitzenden schilderte Frau Vogt, daß in den Jugendjahren das Verhältnis ihres Vaters zu ihr das beste gewesen sei. Erst 1316 sei es zu Differenzen gekommen infolge einer übergroßen Strenge des Vaters. Dann habe sie keine Auskunft über ihr

Erbteil bekommen können. Mit chilfe ihres Onkels wurde das ihr zustehende Erbe von 43 000 M. ermittelt. Da der Sanitätsrat jedoch ins Feld ging, blieben die Verhandlungen in der Schwebe, und der Vater habe ihr monatlich etwa 5>0 M. geschickt. Um des Geldes willen sei es stets zu Differenzen gekommen." Ein Geschworener:Ist es richtig, daß Ihr Vater die Erbschaftsverhandlungen damit einleitete, daß er Sie ohrfeigte?" Zeugin:Vater war leicht beleidigt. Der Reserveoffizier kam zu oft bei ihm durch." Vors.:Es muß aber damals recht heftig gewesen sein, denn früher haben Sie gesagt, daß Ihr Vater Sie so durch das Zimmer ge- schleift habe, daß Sie um Hilfe riefen." Zeugin(sehr leise):Es war auch so." Staatsanwalt:Sie haben auch an eine Bekannte nach dem Unfall geschrieben:Wie leicht hätte der Schuß auch mich treffen können." Zeugin:Ja." Justizrat Knoll:Hat Ihr Vater Sie denn als erwachsener Mensch öfter geschlagen?" Zeugin:Ja." Fabrikbesitzer Gebler-Radebeul, der Bruder der ersten Frau Boehmes, bekundete, daß die erste Che offenbar gut gewesen sei. Sein Vater habe jedoch dem Schwager nicht mehr getraut, als er ihn bei der Erbschaftsregelung bei Kincr großen Lüge ertappte. Bei der tödlichen Erkrankung seiner Schwester habe sich Dr. Boehme äußerst gemütsroh gezeigt. So habe er die fiebernde Frau eine halbe Stunde im Schnee stürm laufen lassen, und habe es als zu teuer bezeichnet, einen Wagen zu nehmen. Seine verstorbene Schwester habe ihm kurz vor dem Tode gesagt:Mein Mann gibt mir Medizin, von der ich weiß, daß ich sie nicht nehmen darf." Der Angeklagte habe wegen Verleumdung von feinem Bruder eine Pistolenforderung bekommen, die er freilich ablehnte. Dr. Boehme:Mein Bruder hat mich gefordert, weil ich seine damalige Braut vor ihm warnte und ihr mitteille, daß mein Bruder an Syphilis litt." Vors.:Das war dieselbe Dame, der Sie in Verbindung mit dieser Mitteilung einen Heiratsantrag gemacht haben." Zeuge:Dr. Boehme hat feine Praxis in der gröbsten Weise vernachlässigt. Er ließ die Patienten stundenlang warten, ehe er aus der Wohnung ins Sprechzimmer ging." Das Gericht beschloß dann nach kurzer Beratung, die Zeugen Frau Vogt, Frau Boehme und Herrn Gebler nicht zu vereidigen, da sie Verwandte des Angeklagten ersten Grades sind. Sodann wurde die Verhandlung auf Montag früh 9 Uhr vertagt.

Tapetenflunöern... Der Berliner weiß bekanntlich auch den unangenehmsten Dingen einen humorigen Beigeschmack abzugewinnen, also hat er die Wanze Tapetenslur.der getauf:. Trotz dieses friedlich an- mutenden Namens läß: sich aber leider nicht ernsthaft leugnen, daß benannte Ftschan das grausamst« Raitdtier der Berliner Fauna darstellt. Eln ausgesprochenes Rachtwesen, ist die Wanze erfüllt von blutgierigsten Instinkten und überfällt harmlos Schlummernde, um sie aufs schmerzhafteste zu verletzen. Wohl ist der Mensch im Rah- kämpf dem einzelnen Tiere weit überlegen, das Entsetzliche aber ist, daß die Wanze in Nudeln auftritt und nach kaum verlöschtem Lichte zu immer erneuten Angriffen schreitet. Nach dem Tode strömen zudem die Tiere einen auf die Nerven gehenden Geruch aus. Scherz beiseite! Nach naturwissenschaftlichen und praktischen Er- fahrungen ist die Wanzenplage im Frühjahr und im Spät- j o m m e r am oerbreitetsten, und so ist es kein Wunder, daß gerade bei dem besonders warmen Oktober dieses Jahres sich das Un> geziefer ungemein peinlich bemerkbar macht. Immer wieder hört man die Klagen der Mieter und Untermieter! Berlin leidet unter dieser Seuche seit Jahrzehnten, und es ist dies beileibe nicht auf eine besondere Unsauberkeit oder Unachtsamkeit des Berliners zurück- zuführen. Die Verhältnisse sind, namentlich in den proletarischen Vierteln, wo die Wohnungen zumeist dicht aneinander gedrängt liegen, stärker als der gute Wille des einzelnen. Kleinliche Palliativ- mittelchen, wie Insektenpulver, führen fast nie zum Ziele, und selbst eine ausgeräucherte und gründlich und systematisch des- infizierte Wohnung wird durch eine Invasion aus der Nachbarschaft umsomehr bedroht, als die Wanzen sich außerordentlich vermehren. Wie dieser Plage im großen abzuhelfen ist, scheint zurzeit leider noch unklar. Soviel aber ist sicher: Die Wanze ist ein empfindlicher Feind der Nachtruhe, und gerade der Großstädter, desien Nerven schon an sich stärksten Anforderungen ausgesetzt sind, hat eine ge- sunde Nachtruhe doppelt nötig. Es wäre deshalb des Schweißes der Edlen wert, nach einem Mittel zu fahnden, durch das der zunehmenden Aerwanzung der Berliner Wohnungen wirksam zu begegnen ist.

Zpantali im Sier. Seinen Freund aus Ulk vergiftet. Der an die Tat eines Geiüffskranken erinnernde frivole Scherz des Lagerange st ellten<Bruno Schwirz, durch den ein blühendes junges Menschenleben vernichtet worden ist, erhielt vor dem Erweiterten Schöffengericht Schöneberg seine gerichtliche Sühne. Schwirz hatte seinem Freunde Jäger fünf Gramm Zyankali ins Bier geschüttet und Jäger war, als er das Bier ausgetrunken hatte, unter qualvollen Leiden an den Folgen der Der- giftung verstorben. Der Angeklagte, ein recht intelligent aussehender junger Mann von 25 Jahren, der sich sehr gewandt auszudrücken verstano, äußerte in der Verhandlung nicht eine Spur von Reue über die traurigen Folgen seiner verwerflichen Tat. Er war o o l l t o m- wen gleichgültig dagegen und äußerte sogar, daß er sich nicht schuldig fühle. Der verstorbene Jäger trage selbst die Schuld, weil er das Bier ausgetrunken habe. Der Angeklagte behauptete näm- lich, daß er vorher schon die Glasröhre am Stammtisch gezeigt hätte urü» einen Vortrag über die Gefährlichkeit des Zyankali gehalten habe. Als Jäger dann etwas später über Kopfschmerzen klagte, nahm Schwirz die Glasröhre aus der Tasche und schüttete den In- halt in Jägers Bier, indem er sagte:Danach ha st du keine Kopfschmerzen m e h r". Die Andeutung des Zlngeklagten, daß Jäger gewußt habe, daß es sich um ein scharfes Gift handelte, und daß er wohl habe Selbstmord verüben wolfor, wurde in der »nchfolgeuden Beweisaufnahme nicht bestätigt. Nur die Braut und j/e Schwägerin wollen das gehört haben, alle anderen Stammtisch- genossen aber nicht. Im Gegenteil waren diese alle der Meinung, und nach ihrer lleberzcugung auch Jäger, daß es sich um A s p i r i n oder Pyramidon gehandelt habe. Der Angeklagte hatte die fünf Gramm Zyankali nämlich in einem Glasröhrchen, das früher Pyramidon enthalten hatte. Er gab zu, daß er mit dem Besitz eines so gefährlichen Giftes habe renommieren wollen. Er habe aber auch sehr viel getrunken. Kaltblütig antwortete er auf die Frage des Vorsitzenden, was er mit dem Gift gemacht habe: Dieses Gift habe ich Jäger ins Bier geschüttet. Vors.: Weshalb? Angekl.: Es sollte vielleicht ein Ulk sein. Gewissermaßen wollte ich demonstrieren, daß es ein schweres Gift ist. Vors.: Es ist doch sonderbar, daß Jäger das Bier getrunken hat, wenn Sie vorher gesagt haben sollten, daß sie Gift hineinschütten. Weshalb haben Sie nicht verhindert, daß er es trank? Angekl.: Ich hatte auch die Absicht, ihm das Glas aus der Hand zu schlagen, kam aber nicht mehr dazu. Nach den Bekundungen der Sachverständigen genügte schon ein geringer Bruchteil der Giftmenge, um einen Menschen zu töten. Der Staatsanwalt beantragte wegen fahrlässiger Tötung und Diebstahls 2 Jahre 3 Monate Gefängnis. Das Schöffengericht kam zu der Annahme, daß der Angeklagte sich einen Ulk machen wollte und dann in seinem halbbetrunkenen Zu stände nicht mehr die Energie gehabt habe, aufzupassen, daß kein Unheil geschehe. Es erkannte wegen Fahrlässigkeit, wegen der frivolen Handlungsweise des Angeklagten, durch die ein blühendes hoffnungsvolles Menschen- leben vernichtet wurde, auf 2 Jahre und einer Woche Gefängnis. Der Hauserverfall blüht. Zu dem ArtikelDer Häuserverfall blüht eine Notwohnung in der Waschküche" in Nr. 451 desVorwärts" vom 29. September 1926 teilt uns das Wohnungsamt Prenzlauer Berg mit: Mit dem Hausgrundstück Schliemannstr. 11 befaßt sich das Wohnungsamt Prenzlauer Berg seit dem 12. August 1925. An diesem Tage ging beim Wohnungsamt ein Schreiben, unterschrieben von mehreren Mietern dieses Hauses, ein, in welchem vom Woh- nungsamt gefordert wurde, den Vermieter zur Vorlegung eines Ver- wendungsnachweises der für die Ausführung von notwendigen Instandsetzungsarbeiten gesetzlich festgesetzten Mietzuschläge und zur besseren Sauberhaltung des Hauses zu zwingen. Wohnungsmäugcl sind in dem Schreiben nicht genannt.... Am 30. September 19Ä wurde deshalb eine Besichtigung des Hauses Schliemannstr. 11 von Amts wegen angeordnet. Bei dieser Besichtigung wurden so um- fangreiche Schäden auf dem Hausgrundstück Schliemannstr. 11 fest- gestellt, daß deren Beseitigung einen Kostenbetrag von 10 000 M. erfordert. Dem Vermieter wurde nun vom Wohnungsamt eine Abschrift vom Besichtigmigsbericht mit der Aufforderung übersandt, umgehend die Beseitigung der Mängel zu veranlassen. Es wurden dann mit dem Vermieter Termine vereinbart, bis zu welchem die Mängel ihrer Dringlichkeit nach abzustellen waren. Als der Ver- mieter diese Termine nicht innehielt, wurden Zwangsmaß- nahmen angeordnet. Die Zwangsmaßnahmen konnten aber nach einem Monat ausgesetzt werden, weil wir feststellen tonnten, daß nun der Vermieter das Fortschreiten der Arbeiten sörderte. Die letzte Nachbcsichtigung auf dem Hausgrundstück Schliemannstr. 11 hat ergeben, daß der größte Teil der Arbeiten ausgeführt und die Beseitigung der Rcstmängel in Austrag gegeben ist. Daß bei so um- fangreichen Arbeiten Schutt und Schmutz auf den Höfen vorüber- gehend liegt, ist unvermeidlich: ebenso, daß ein Flurfenster und eine Wohnungsscheibe nicht viele, wie im Artikel angegeben beschädigt werden. Das Gitter des Gullyloches ist schadhaft und wird in Ordnung gebracht. Durch die Berüstung der Hoffronten ist ein Feld des Hoszaunes auf dem zweiten Hofe eingedrückt worden. Tis Instandsetzung ist angeordnet. Die Beseitigung der Dachschäden wird, soweit dies noch nicht geschehen, vom Wohnungsamt ge- fordert.,,, Schuld daran, daß jo umfangreiche Mängel auf dem

Hausgrundstück Schliemannstr. II entstehen konnten, sind nächst dem Vermieter die Mieter bzw. die M i e t e r v e r t r e t u n g, die erst dann, als der Zustand einen katastrophalen Charakter annahm, den Weg zum Wohnungsamt fanden. Das Wohnungsamt hat dafür gesorgt, daß in verhältnismäßig kurzer Zeit der größte Teil der Schäden beseitigt worden ist und die Restmängel in kürzester Zeit verschwinden." Die Mietervertretung hatte uns bald nach Erscheinen der er- wähnten Ausführungen mitgeteilt, daß der größte Teil der Schäden beseitigt worden fft und daß olle Mieter des Hauses demVorwärts" für die Unterstützung der Angelegenheit ihren Dank aussprächen. Ein Angriff auf das Wohnungeamt war weder in unseren Ausfüh- rungen enthalten, noch von der Mietervertretung beabsichtigt.

das Volt hat schon öas Urteil gesprochen. Auch ein Beitrag zur Strafjustizreform. Eine ganz persönliche Auffassung über die heutige Stvafjustiz entwickelte der vielfach vorbestrafte Gelegenheitsarbeiter Ludwig, der sich alsDichter" undSchriftsteller" bezeichnet, vor dem Schöffen- gericht Mitte, vor dem er sich wegen Einbruchdiebstahls im Rückfalle zu verantworten hott«. Er war in einen Neubau«ingedrungen und hatte die Kleidungsstücke der dort beschäftigten Arbeiter ge- stöhlen. Man hatte Ihn aber noch rechtzeitig erwischt und ihm die Beute wieder abgencmmren. Ehe der Dieb der Polizei übergeben wurde, hatten die empörten Arbeiter ihn tüchtig ver- droschen.Für mich fft die Sache erledigt," so begann der An- geklagte sogleich, nachdem er dem Gericht vorgeführt worden war: das Volk hat das Urteil gesprochen. Sie urteilen doch im Namen des Volkes? Nicht? Na also? Das Volk hat gesprochen und mich furchtbar verhauen. Da kann ich doch nicht zweimal für dieselbe Sache abgestraft werden." Vors. Landgerichtsdirektor Gayl: Ihr« Keile nehmen wir Ihnen doch auch nicht. Angekl.: Also, Herr Richter, für mich fft die Sache abgemacht. Vors.: Nun machen Sie mal erst Angaben über Ihr« Person. Sie sind zweimal vorbestraft, und zum Teil recht erheblich. Angekl.: Das ist auch«in« Sache, die hier nichts zu tun hat. Ich habe die Strafe erhalten und abgesessen, und damit sind die alten Sachen erledigt. Vors.: Es ist doch eine große Gemeinheit, Arbeiter, die sich sauer ihr Brot verdienen müssen, zu bestehlen. Angell.: Ich habe doch schon gesagt, daß ich meine Keile vom Volksgericht weghabe. Früher hat der König Recht gesprochen, und der König brauchte sich um dos Bolksurteil nicht kümmern. Jetzt können aber die Voltsgerichte nicht doppelt urteilen. Die Sache geht mich also nichts an, und fi« Ist für mich erledigt. Sprachs, dreht« sich mn, öffnete die Tür, die von der Anklagebank direkt zur Treppe ins Gefängnis führt und verschwand. Die Justizwachtmeister wollten dem widerspenstigen Angeklagten nacheilen und ihn zurück- holen. Der Vorsitzende winkte ab, da das Gericht auch ohne den An- geklagten fertig werden könnte. Nach stattgehabter Beweisaufnahm« gab das Schöffengericht dem Angeklagten als Zusatz zu der bereit» erfolgtenLynchjustiz des Volkes noch 2% Jahre Zuchthaus und längeren Ehrverlust._ Ein Lehrer stiehlt 80 Zentner Bücher. Demnächst hat sich der Berliner V o l k s s ch u l l e h r e r Schumacher unter der Anklage zu verantworten, im Laufe der letzten Jahre verschiedene wissenschaftliche Institute, vor allem das Zoologisch« Museum der Berliner Universität, um mehrereZent- ner wissenschaftlicher Literatur und Tausende von wissenschaftlichen Präparaten bestohlen zu haben. Schumacher be- schäftigte sich in seiner Freizeit mit Insektenkunde und erwarb sich bald ein solches Ansehen, daß ihm das Zoologische Museum und die Entomologische Gesellschaft(für Insektenkunde) gewiss« Ver» trauensstellungen einräumten. So verwaltete er die Gruppe Wanzen des Museums: außerdem hatte er bei der Gesellschaft die Stellung eines Bibliothekars inne. Schon vor Jahren waren Gerücht« aufgetaucht, daß Schumacher sowohl aus dem Museum wie aus der Bücherei verschiedenes Material ssch angeeignet hatte. Als der Verdacht immer stärker wurde, lieh die Entomologische Gesell- schast Schumacher vor einem Jahre oerhaften. Bei einer Haus- suchung fand man etwa 80 Zentner wissenschaftlich« L i t e r a t u r, die zum großen Teil widerrechtlich in den Besitz Schu- machers gelangt war. Außerdem entdeckte inan 15 000 bis 20 000 Insekten, die größtenteils dem Zoologischen Museum der Berliner Universität gehören. Bei den Büchern waren die Eigentums st empel unkenntlich gemacht oder entfernt. Bezirksausschuß für Arbeiterwohlfahrt Fülining durch die Polizeiausstellung zum ermäßigten Preise von 1. M. Am Donnerstag, den 14. Oktober, vorm. 10 Uhr, pünktticb Treffpunkt: Aussteilunrishallen am KaissrdammPolizei-Ausstellung"(Kasse). Anmeldungen für die Teilnahme werden roch bis Mittwoch früh angenommen Im Frauensekreteriat, Berlin SW 68, UndenstraSe 3, 2. Hof, 2 Treppen,

Lehrer Schumacher, der sich in seinem Schulamt nichts zuschulden kommen ließ, bezeichnet sich als unschuldig, da er die Diebstähle in einem Trance-Zustand begangen habe. Mit dieser Entschuldigung verträgt sich aber schlecht, daß Schumacher auch die Kartothekz-ttel entfernt hat. Ein Werberuf für die neue Schule. Nach einer Mitteilung des Genossen Rektor Schultz-Neukölln (als SPD. -Vertreter in der dortigen Schuldeputation) weisen wir zu dem Aussatz in der Morgcnnummer vom Freitag darauf hin, daß Neukölln eine ganze Reihe neuer Schulen inunserem Sinne hat, die nicht nur forttausend Ausstellungen veranstalten, sondern ständig ihre Klassen für Besucher gern offen hatten. Wer sich durch Vorträge noch nicht vom Wert der neuen und weltlichen Schule überzeug: hat, der gehe als Gasthörer und schaue selbst, wie diese Kinder selbständig arbeiten. Für die Ellcrn Neuköllns und Interessierte aus Kreuzberg kommen zur Umschulung jetzt folgende Schulen in Frage: 6. Schule (Rektor Bethge), 6. Schule(Rektor Bonitz), 15. und 16 Schule (Rektoren Liesigk und Mildebrath), 31. Schule(Rektor Wittbrodt). 32. Schule(Rektor Jensen), 41./42. Schule(Rektor Schultz,. 45./46. Schule(Rektor Casparius). Dazu kommen weltlich« Klassen in der 8. Schule am Hertzbergplatz. Wir benutzen diese Gelegenheit, auch in den anderen Bezirken Berlins die Arbeitnehmerschaft aufzufordern, jetzt ihre Kinder in die welt lichen Schulen umzumelden. Man erfährt die Lage der zuständigen weltlichen Schule auf jedem Bezirksamt oder beim Genossen Schröter, Lindenstr. 3, jür Neukölln bei den genannten Lettern. 3000 M. Belohnung. Trotz häufiger Warnungen vor der Annahme falscher Reiche- banknoten gelingt es Fälschern, in erster Linie Nein« Gewerbe- treibende mit falschen Noten zu betrügen. Wer die Verhaftung der Hersteller dieser Noten und Beschlagnahme des Falschmünzer- geräts veranlaßt oder hierzu beiträgt, hat Anspruch auf einen seiner Mithilfe entsprechenden Teil obiger Belohnung. Die Reichsbank belohnt auch diejenigen Personen angemessen, durch deren Mithilfe die Festnahme von wissentlichen Bcrbreitern falscher Reichsbanlnoten gelingt. In verdächtigen Fällen benachrichtige man die Polizei. Anleitungen zur Prüfung der Reichsbanknotcn auf Echtheit werden von den Kassen der Reichsbank kostenlos ab- gegeben. Zigareitenfchleuderei und kein Ende. Der Kampf gegen die Schleuder«! beim Zigarettenvsrkauf will nicht zur Ruhe kommen. Bekanntlich liegen die Ding« so: die Zigarette ist ein sogenannter Markenartikel und eine große Anzahl von Zigarettenfabriken, und zwar in allererster Linie die, welche den allergrößten Umsatz erzielen, verkaufen ihre Ware sowohl an Engros - Händler als auch an Kleinhändler nur unter der Bedingung, daß die von ihnen vorgeschriebenen Kleinverkausspreise innegehalten werden. Je nach der Höh« des Quantums, das von dem Fabrikanten verkaust wird, wird ein Rabatt gewährt, der nach Abrechnung der Banderolen- steuer bis zu 40 Proz. beträgt. Dabei erhält der Abnehmer einen Dreimonatskredit und«inen Extrarabatt(Skonto ), wenn er vor Fälligkeit bezahlt. Es fft nun ganz natürlich, daß Klein- Händler, die großen Umsatz erzielen und die infolgedessen wegen des Kaufs von großen Quanten und weil sie in der Lag« sind, bar zu zahlen, den Höchstrabatt genießen, daß diese sich mit einem geringeren Verdienst als 40 Proz. begnügen. Wenn sie aber versuchen, etwa 20 Proz. dem Publikum in Form von Preisermäßigungen zukommen zu lassen, dann beantragen die Zigarettenfabriken einstweilige Ver- fllgungen gegen dieSchleuderer", damit diese ihr« Zigaretten teuerer, d. h. zum festgesetzten Kleinverkaufspreis« verlausen. Sie haben mit ihrem Antrag auf einstweilige Berfugungen auch bei einem Teil der Gericht« Glück. Ein anderer Teil der Gerichte stellt sich allerdings auf den durchaus berechtigten Standpunkt, daß jeder Kaufmann feilte Ware zu dem Preis« abgeben kann, zu dem es ihm beliebt. Preis- Vereinbarungen in bezug auf den Verkaufspreis verstoßen gegen das Prinzip der freien Konkurrenz, das doch gerade von der kapitalistischen Wirffchost stets in den Vordergrund gestellt wird. Es soll durchaus nicht verkannt werden, daß die kleineren Geschäfte unter dieserSchleuderkonkurrenz" leiden. Gerade cm Zigarrengeschäft gibt es aber auch eine Reihe von Existenzen, die dieses Geschäft nur nebenher betreiben und noch ander« Verdienstquellen haben, von denen sie leben können. Im übrigen verkaufen selbst die renommiertesten Firmen des Zigarrenklein- Handels alle Zigarettenmarken unter den festge» fetzten Kleinverkausspreise n. Aber auch ander« Firmen, die«in großes Filialnetz von Zigarrenläden in Berlin haben, ver- kaufen ihre War« zu sogenannten Schleuderpreisen, allerdings auf Umwegen. Sie schicken Preiskataloge in die Fabriken, in die Ge- fchäftshäiffer. schicken Ausweise dorthin und wer mit diesem Ausweis zum Einkauf kommt, erhält dieselben Rabatffätz«, die in sogenannten Schleudergeschäften gegeben werden. Gegen die Schleuderet selbst ist praktisch wenig zu machen, denn sie hat ibre letzte Ursache darin, daß die Läuser die hohen von den Fabriken festgefetzten Preis« nicht zahlen können und ganz ausbleiben und daß deshalb die Verkäufer, wenn sie nicht den Laden schließen wollen, versuchen müssen, unter allen Umständen einen Umsatz zu erzielen,...