?ustizöebatte im Lanötag. Der Magdeburger Skandal. — Erklärungen des Justizministeriums. In der Mittwochssitzung des Preußischen Landtags stellte zu» nächst Abg> Pieck(Komm.) den Antrag, die kommunistischen Miß. trauensanträge gegen die Regierung mit auf die Tagesordnung zu setzen. Der Antrag wurde abgelehnt. Nunmehr tritt das Haus in die Weiterberatung der zum Magdeburger Iuflizskandal eingebrachten großen Anfragen der Sozialdemokraten und Kommu- nisten ein. �bg. Srückner(Soz.): Die preußische Justiz hat in den letzten Jahren umfangreiche Belastungsproben aushalten müssen. Ich kann das Zugeständnis des deutschnationalen Abg. Seelniann nur unterstreichen, daß ein- zelne Organe der Rechtspflege oersagt haben. Aber daß es sich nicht nur um einzeln« handelt, beweist die Tatsache, daß das Magdeburger Richterkollegium sich hinter Kalling gestellt hat. Entstanden ist die Magdeburger Fehljustiz auf dem Boden der antisemitischen Hetz«. Hat doch z. B. das„Deutsche Tage- blatr am 20. August die Forderung nach Freilassung des un- schuldigen Haas als unverhllllte Schamlosigkeit der jüdischen Presse und der jüdischen Partei bezeichnet.(Hört! hört! links.) Hat doch die ganze Rechtspress« behauptet, daß Haas Reichsbannermann sei oder gar, daß führende Linkspolitiker an feinen Geschäften beteiligt wären. Di« Sozialdemokratie kann sich rühmen, daß sie für bedrängte, zu Unrecht beschuldigte Personen eingetreten ist, unbekümmert dar- um, welcher Konssssion und welcher Partei sie angehören. Wenn Richter n»r noch Diener der Parlelleidenschaft und des religiösen Vorurteils sind, dann hört die Rechtsprechung überhaupt auf. (Lachen und Zurufe bei den Kommunisten.) Wenn auch den Kommu- nisten Ihr dauerndes Zusammenarbeiten mit den Völkischen gewisse Verpflichtungen auferlegt, sollten sie sich doch in der Verteidigung der Völkischen nicht übernehmen.(Sehr gut! bei den Sozialdemo. traten.) Herrn Köllings Verhalten mag man jetzt als Fehltritt preisgeben. Aber wie steht es mit dem Landgerichtsrat R e s ch k«, der für Solling den Schutz der Reichsregierung und des Reichetaoes angerufen bat. Die Angriffe gegen Hörsing, weil er einen Justizmord verhindert hat, erinnern an die gelegentlich« Polizeipraxis, einen Mann, der einem Ertrinkenden rettet, wegen unbefugten Badens oder Erregung öffentlichen Aergernisien in Stra e zu nehmen.(Heiterkeit.) Trotzdem hält die„Börsenzeitung * daran fest, es gäbe keinen Fall Kölling, sondern einen Fall Hörsing- Haas.(Sehr wahr bei den Völkischen.) Nach genau dieser Methode hat die Reaktion Ebert zu Tode gehetzt und Seoering unansgeseht geschmäht. Aber jetzt, da er schwer erkrankt zurückgetreten ist, schreibt der „Berliner Lokal-Anzeiger*:„Jetzt, wo Severing der politischen Macht entsagt hat, sei ihm wahrheitsgemäß bescheinigt, daß er mit reinen Händen den Staatsdienst verläßt, zu dem er sich nicht gedrängt hat.*(Lebhaftes hört! hört! links.) Der vechaftete Mörder Schröder hat bereits wenige Tag« nach seiner Verhaftung gestanden. Aber, so hat er ausgesagt,„man glaubte mir nicht, man sagt« mir, ich fei verrückt*. Man wollte kein Geständnis haben. Man wollte, daß Schröder Theater spiele, als ob er der Assessor K u ß m a n n wäre.(Heiterkeit.) Noch nach dem Geständnis der Hilde Götze hat Kölling der Presse mit- geteilt, das Netz seiner Ermittlungen ziehe sich enger und enger um Haas zusammen. Statt den Mörder ausfindig zu machen, hat man Haas intensw gefragt, ob er zum Reichsbanner gehöre oder dem Reichsbanner Geld gegeben hätte. Di« kommunistische Presse hat diese erbärmlich« Parteijustiz gebilligt. Der kommunistische Redner zum Fall Magdeburg hat fast ausschließlich aufunsgeschimpst ober ich versichere den Kommunisten, sie können über uns reden, schreiben und lügen, was sie wollen, die vernünftigen Ar- beiter gehen darüber einfach zur Tagesordnung über.(Sehr gut b. d. Soz.) Für uns Sozialdemokraten ist es eine furchtbare Vorstellung, daß unschuldige Menschen dem politischen Vorurteil der Richter zum Opfer fallen. Ich erinnere an den Fall Dreyfu», den Fall Ziethen, den Fall Höste. Ich rufe in Jhx Gedächtnis, daß man den Mann, der die 28 Morde des Denke aufgeklärt hat, aus diesem Anlaß wegen Vettelns zu vier Wochen Hast verurteilt hat. Ich erinnere Sie an den Feuerbund-Fall in Schle- j i« n. wo es zwei gerissenen Schwindlern gelang, den Unter- suchungsrichter zu bewegen, ein halbes Dorf unschuldig in Unter- suchungshaft zu stecken. Leider gibt es solcher Fälle tausende. Nun denken Sie an d i e O u a t e n der unschuldigen Untersuchungs- gefangenen, etwa im Untersuchungsgefängnis Königs- berg, das wir jüngst vom Rechtsausschuß aus besichtigt haben. Da gibt es noch eine amtlich so bezeichnete„Weiber-Abteilung*, wo 19jährige unkersuchungsgefangene Mädchen mit Dirnen und kupplerinneu zusammengesperrt werden.(Hört, hört!) Der Landtag muß alles tun, um zu ver- hindern, daß weiter so leichtfertig mit den Untersuchungs- gefangenen umgesprungen wird. Staatssekretär Dr. Fritze hat am Sonnabend ausgeführt, der Kriminalkommissar Tenholt habe wissent- lich nichts unterlassen, was die Ausklärung habe verzögern können. Wisienttich vielleicht nicht; aber es ist doch ein Glück, daß im Notiz- buch des Haas das Telexhonamt Ohle aufgeschrieben war. Wenn dort Stephan. Uhland oder Humboldt gestanden hstte, hätte die Nachsor- gung nach dem Mittäter dieses Namens wohl noch einige Monate uern können. Ist es wissentliche oder unwissentliche Ungerechtigkeit, wenn auf eine Betrugsanzeige in Breslau der Oberamisanwalt vor Vernehmung der Beschuldigten schreibt:„Ge- schäftsmäßiae Betrüger, exemplarische Straf« am Platze?* Unser Antrag verlangt eine gründliche Nachprüfung. cck die Aufsicht über Kölling seine Mißgriffe nicht verhüten konnte, eine gründliche Reform der Untersuchungshast und eine durchgreifende Reform des Disziplinarverfahrens; zur Reform der Untersuchungshast verweise ich auf den Entwurf des republikanischen Richterbundes und des Hamburger Anwaltsoereins. Wir wollen im Rechtsausschuß praktische Arbeit leisten, damit wir die preußischen Iustizverhältnisse durchgreifend bessern.(Lebh. Beifall b. d. Soz.) Staatssekretär Dr. Fritze: Die Anregungen der Sozialdemo- kratie find sehr beachtlich: das Justizministerium ist zur Mit- arbeit bereit. Wir haben den Generalstaatsanwalt in Naumburg angewiesen, den Fall Kölling restlos aufzuklären. Wir werden auch gegen Verfehlungen von Richtern mit allem Ernst und Nachdruck eingreifen. Aber wir glauben nicht an politische Voreingenommenheit, Kölling war der Sache nicht ge- wachsen und hat bei den ersten Angriffen die Nerven verloren. Durch Erlaß vom 8. September hat der Iustizminister besondere Vorsicht bei der Wahl der Untersuchungsrichter angeordnet. Der preußische Richtcrverein hat soeben erst m Kastel seine unerschütter- «che Treue zur Weimarer Verfassung bekundet. Abg. Elchhoff<D. Vp.): In Magdsburg war der Verdacht gegen Haas gleich nach dem Verschwinden von Helling ganz allgemein. (Widerspruch links.) Schröder hat sich dies« össenstiche Meinung für sein Lügengebäude zunutze gemacht. Nach Erledigung des Falles hätte stch Operpräsident Hörsing mehr zurückhalten sollen. Abg. Obuch(Komm.) verlangt gesetzlichen Schutz gegen den Mißbrauch richterlicher Gewalt. Der Magdeburger Justizskandal sei kein Einzelsall. Abg. Dr. Falk(Dem).: Köllwg hat als Mensch und Richter kein« der Eigenschaften, die als Vormissetzung für den Richterstand gefordert werden. Hoffmamis Suspendteruna war ein« Selbstverständlichkeit. Die Angriffe des Abg. Seelmann(Dnat.) auf Hörsing sind völlig unberechtigt. Hierauf vertagt sich das Hau» auf Donnerstag, 12 Uhr.— Auf der Tagesordnung stehen Weiterberatung de» Magdeburger Justiz- fkandal» und Crwerbslofen-f ragen.
Rlünchen, 13. Oktober. (Eigener Drahtbericht.) Im Anschluß an die Vernehmung des Abg. Timm wird noch einmal der Kriminal- beamte G l a l e r wegen des Telephongesprächs verhört. Er erklärt, er muffe aucb neuerdings aussagen, daß das Telephongespräch bei ihm einen anderen Eindruck hervorrufen mußte als bei den Herren, die das Gespräch mst anhörten. Aus die Frage Levis, ob ihm der M o r d ü b e r f a l l auf Dobner in seinen Einzelheiten bekannt gewesen sei, erwidert der Z e u g e: Es war mir allerdings bekannt, daß Dobner verprügelt wurde.— L e v i: Es war Ihnen damals doch bekannt, daß der Mord an der Sandmeier sich unter ganz den gleichen Umständen abgespielt bat wie der Fall Dobner?— Zeuge: Von diesen Dingen habe ich lediglich gehört.— Wg. K e m p k e s: Was haben Sie sich gedacht, als der Ausdruck„Beiseitemachen* beim Telephongespräch drei- und viermal sich wiederholte?— Zeuge: Ich habe mir dabei nichts gedacht.(Bewegung im Ausschuß.) Der Zeuge wird dann vereidigt und entlasten. Es folgt die Vernehmuna des Zeugen S e r a I n g, der den Ab- geordneten Gareis am Abend vor der Ermordung von einer Versammlung nach Hause begleitet hatte. Der Zeuge berichtet ein- gehend über seine Beobachtungen in der Mordnacht, die bekannt sind.
habe, der in der Mordnacht nach dem tödlichen Schuß davongeeilt war. Der Zeuge konnte das damals nicht, weil Schweighart bei der Gegenüberstellung die link« Schulter schief trug. Er hatte den Untersuchungsrichter darauf aufmerksam gemacht, erhielt aber keine ausreichende Erklärung dafür. Nach wenigen Wochen traf er Schweighart auf der Straße bei völlig gerader Haltung an und der Zeuge glaubte bestimmt eine Aehmtchkeit mit dem Flücht- ling in der Mordnacht festzustellen. Jedenfalls habe die Größe, Figur und Haarfarbe übereingestimmt.— Abg. Schäffer: Wie kamen Sie dazu, sich Gareis zur Begleitung anzubieten? Sie waren damals doch kein Parteiangehörige'r der USP.— Zeug«: Doch, ich war USP.-Mann und ich habe mich Gareis zur Begleitung angeboten, weil mir die Stimmung gegen ihn bekannt war und weil kurz vorher der Ueberfall gegen den Abgeordneten S a e n g e r stattgefunden hatte.— Abg. Schäffer: Wissen Sie, daß Sie unter dem Verdacht der Ermordung bzw. Mittäter- s ch a f t standen?— Zeuge: Ja. Ich habe lange Zeit unter polizeilicher Beobacktung gestanden, und zwar wegen des Verdachts der Mittäterschaft. Wie soll ich aber dazu kommen, einen Partei-und Gesinnungsfreund zu ermorden?— Abg. Unter. leitner: War damals nicht eine große Hetze gegen Garels deshalb, weil er sich in der Dobner-Affäre so fair betätigt hatte?— Zeuge: Damals bestand freilich eins sehr große Hetze. Es wurde sehr oft darauf hingewiesen, daß es überhaupt nur dem Eareis zu verdanken gewesen wäre, wenn in der Dobner-Pracher-Afsäre Licht gebrocht würde. Der Zeuge soll nun vereidigt werden,— Abg. Schäffer protestiert dagegen und bemerkt, daß Seraing unter der Beschuldigung der Mittärerschoft stehe.— Abg. L e v>: Ich habe mich von Ansang an im Fall Garcis jeder kritischen Betrachtung enthalten. Ich habe das, was ich zum Fall Gareis und zu der llnkerfuchungsmethode im Fall Sareis zu sagen gehabt hätte, unterdrückt. Wie die Akten Gareis von der Münchencr Polizei geführt worden sind, das ergibt folgende Tat- fache: Gareis ist am 9. Juni ermordet worden und am 10. abends haben bereits die Ermittlungen begonnen. Die Akten bc- ginnen mit der Vernehmung des Seraijxg vom 12. August 1921. Der erste Satz lautet darin:«Vorstehende Personalien sind richria. Ich wurde außerehelich geboren.* So beginnen am 12. August 1921 die Akten„gegen den Mörder von Garet«*. Ich sehe den schwersten Vorwurf gegen die bayerische Justiz darin, daß sie alle diese Morde nicht zu einem Gesamtkomplex vereinigt hat. Während man zwei andere Fälle von einer Abteilung der Polizeidirektion an die andere verwies, wurde der Fall Gareis an das Bezlrkskriminalkommistariat verwiesen. Der Kriminalkommissar Herold verhörte bereits am 10. Juni eine Zeugin Ragler. Sie sagte au»:„Als ich in die Freistraße einbog, bemerkte ich vor mir einen Mann, der bald darauf quer über die Straße gegen das Haus Gareis zuging. Plötzlich sah ich, daß zweifellos dieser Mann z u e r st zwei, dann nochmals zwei Schüsse abgab, worauf ich aus Angst fortlief. Ich bemerkte, daß der Mann nach der anderen Richtung ebenfalls davoneilte.* Die protokollarische Riederschrist ist von Herold nicht gemacht worden, sondern die Aussage der Zeugin siel unker den Tisch. Erst auf eine anonyme Anzeige hin hat man die Zeugin wieder auf- aegrisfen, sie aber in einer Weise vernommen, daß alle konkreten Angaben zerstreut wurden. Kriminalkommissar Herold hat mit einer geradezu erstaunlichen Hartnäckigkeit an dem Verdacht gegen Seraing sestgehaiten und dadurch versäumt, die wichtigsten Spuren zu verfolgen. Gegen Seraing liegt praktisch nicht der mindeste Tatverdocht vor. Es war eine Konstruktion des Polizeitom. missars Herold.— Abg. Landsberg: Ein Zeuge ist dann nicht zu vereidigen, wenn ein Verdacht der Teilnahme in Frage käme. Ich frage, ob einer der hier anwesenden Herren den geringsten An- Haltspunkt dafür hat, bah bei diesem Zeugen ein Tatverdacht vor- liegt. Wenn ein urteilslosor Kopf bei Irgendeiner Gelegenheit auf einen Verdacht gekommen ist, der geradezu unsinnig ist, so ist das kein Verdacht, der die Vereidigung unzulässig machen würde. Auch die Abgeordneten Schulte, Brodaus und K e m p k e s schließen sich dieser Auffassung an und verlangen die Vereidigung des Zeugen. Die Dcutfchnationalen ziehen nach längerem Hin und Her ihre Bedenken zurück. Die Vereidigung kann vollzogen werden. Als letzter Zeuge wird C a s a l e t, ein ehemaliger Eni« waffnungskommissar, vernommen. Er hatte vor dem Untersuchungsrichter bezeugt, damals sei das Gerücht umgegangen, daß Gareis an die Entcntekommission ein ganzes Verzeichnis von Waffenvarrätcn verraten habe. Man hat es in seinen Kreisen als eine gewisse Genugtuung und Resrledigunq empfunden, als die Tötung Gareis' bekannt wurde. Der Zeuge nimmt diese früher gemachten Aussagen auf seinen Eid und wicoerholl sie.— Abg. Landsberg: Sie sagen, es ging da» Gerücht, daß Gareis Waffenlager an die Entente verraten hat. Irgendwelche Anhaltspunkt« für die Wahrheit hatten Sic nicht und trotzdem sagen Sie, hat man die Nachricht von der Er- mordung in Ihren Kreisen mit Befriedigung aufgenommen. Ich kann eine solche abgrundtiefe Verrohung nicht glauben und es bäumt sich alles in mir auf Soll das wirklich richtig sein? — Zeuge: Ich kann nur sagen, daß Abg. Gareis ein linksge- richteter Fanatiker war. Ich hält« es für sehr wahrscheinlich, daß die Mitteilung von dem Verrat der Richtigkeit entsprang, denn
irgendwoher müssen doch die 20 Millionen Denunziationen an die Entente gekommen sein.— Vors.: Wo haben Sie denn das her? — Zeuge: Das Hab« ich gelesen.(Bewegung.) Das hat ein englischer Offizier gesagt.— Vors.: Sie glauben das, was ein englischer Offizier sagt?— Zeuge: Ja.— Abg. Landsberg: Ich wiederhole: Bestand tatsächlich in den Kreisen, denen Sie nahe- standen, Befriedigung und Genugtuung über die Er- mordung von Gareis?— Zeuge(nach längerem Schweigen): Ja! In anderen Ländern wurden Landesverräter mit dem Tode bestraft. — Bors,(streng): Darüber sind Sie nicht gefragt worden.— Da- mit wird die Beweisaufnahme geschlossen. Der Femeausschuh tagte am Mittwoch nachmittag noch in g e- heimer Sitzung, um über die Frage der Würdigung der Münchener Verhandlungen zu beraten. Diese Sitzung wurde gegen 3 Uhr abgebrochen und um 5(S Uhr wieder aufgenommen; um 6 Uhr war sie zu Ende. Das Ergebnis dieser Beratungen wurde in der anschließenden öffentlichen Sitzung bekanntgegeben. Der Vorsitzende nahm zunächst Gelegenheit, auf einen am Mitt- woch vormittag im Reichstag gestellten Antrag der völkischen Arbeits- gemeinschaft zurückzukommen. Es handelt sich um den Antrag, daß der Reichstag beschließen möge, die Kosten des Femeaus- Uu s s e s, die sich aus mehrere hunderttausend Mark belaufen en, auf die Urheber der Einsetzung des Ausschusses, den Abge- ordneten Dr. Levi und die sozialdemokratische Partei abzuwälzen. Dazu erklärte der Vorsitzende: Die willkürliche Kostenfestsetzung in dem Antrag sei ungeheuerlich gegenüber der Wirklichkeit. Die Ge- samtkosten des Ausschusses in München betragen noch nicht ein- mal 600 Mark, und die Kosten, die vorher entstanden, sind b e t weitem nicht so hoch, wie es in dem völkischen Zlntrag heißt. Ihre gesamte Höhe läßt sich im übrigen noch nicht übersehe». Es ist ober gar nicht daran zu denken, daß die Kosten des Femeaus- fchusses auch nur annähernd den im völkischen Antrag genannten Betrag erreichen. Dann erteilte der Vorsitzende dem Abg. Levi das Wort zu folgender Erklärung: „Aus den Akten war bei mir der Eindruck entstanden, als ob der Schritt des G a d e m a n n bei den Staatsanwälten i» Augs- bürg, der die Enthaftung und schli-ßliche Aufhebung der Verfolgung von des Mordes an Härtung verdächtigten Personen voranging, auf die Initiative des jetzigen Iustizministers und damaligen Landgerichtsrats G ü r t n e r zurückgehe. Nach dem Ergebnis der in München stattgefundenen Beweisaufnahme stehe ich niHt an. zu erklären, daß dieser Eindruck sich nicht ausrcchlerhalten läßt, Herr Giiriner vielmehr lediglich im Auftrag des Iustizministers einen Vortrag der Slaoisanwallschast entgegengenommen und dem Justiz- minister weitergegeben hat.* Anschließend verlas der Vorsitzende selbst zwei Entschließungen de» Ausschusses. 1.„Im Anschluß an die Erklärung des Berichterstatters Dr. Levi ist der Ausschuß schon jetzt i» der Lage, festzustellen, daß die gegen den jetzigen bayerischen Justizminister erhobenen Vorwürfe der Grundlage entbehren. Insbesondere ist es für widerlegt zu erachten, daß der jetzige Iustizminister irgendwie in den Fällen Härtung oder Gareis in die schwebende Untersuchung eingegrissen oder seinen Einfluß geltend gemacht hat, um den Fortgang de» Ver» fahren» zu hemmen. 2.„Der Ausschuß ist nach dem Abschluß der Zeugenvernehmung in München nicht in der Lage, zu den Straftaten in den Fällen Sandmeier, Dobner, Härtung und Garcis schon jetzt in eine grundsätzliche Erörterung der wesentlichen Fragen seine, Ausgabetv- treises einzutreten, weil die Prüfung des umfangreichen Materials ohne genaues Studium der stenographischen Berichte nicht möglich und auch die Beweiserhebung im ganzen noch nicht beendet ist.* Der Vorsitzende erklärte dann, daß der Ausschuß damit a m Ende seiner Tätigkeit in München angelangt sei. Er stellte außerdem fest, daß die Arbeiten des Ausschusses im allgemeinen ordnungsgemäß und reibungslos sich vollzogen haben: Wir wollen die Vorkommnisse, die e» gegeben hat, nicht allzu tragisch nehmen. Solange die Einrichtung der parlamentarischen Untersuchungsaus- schüsse in Deutschland und unser« staatlichen Verhältnisse so um- stritten sind, und solange Untcrsuchungsausgaben, wie die unseren, starken politischen Stimmungen in der össentlichcn Meinung begegnen, wird es immer schwer sein,«in volles Verständnis für die Rechte und Pflichten eines solchen Ausschusses zu finden. Ich glaube. daß auch die unfreundliche Haltung mancher hier vernommenen Zeugen mehr auf die mißverständlichen Anschauungen der betrefsen- den Zeugen zurückzuführen ist. Die Erwägungen, die es angezeigt erscheinen ließen, den Ausschuß nach München zu verlegen, haben sich als zweckmäßig und gerechtfertigt erwiesen. Der Ausschuß war tat- sächlich in der Lage, seinen Aufgaben besser g e r e ch t zu werden, als wenn er in der Rcichshauptstadt getagt hätte. Damit schloß der Vorsitzende die Sitzung. Der Ausschuß trat dann noch zu einer weiteren nichtöffentlichen Sitzung zusammen. Ein unauffindbarer Zeuge. Der Femeausschuß wollte den Zeugen N e u n z e r t vernehmen. Er ist an den Fememorden beteiligt. Dieser Zeuge ist u n a u f f i n d- bar. Er ist seit 2 Monaten nicht noch Hause gekommen. Wer ist Reunzert? Die„Münchencr Post* schreibt: „Der junge Reunzert stand �eit Herbst 1919 in einem seh« warmen Freundschaftsverhältnis zum Exkron- prinzen Rupprecht. Reunzert ist verheiratet mit der Tochter des Gutsbesitzers Ezermack, eines besonderen Freundes von Rupprecht. Bei der Vermählung war Rupprecht von Wit- telsbach Trauzeuge. Der junge Reunzert war aber auch po< litischer Verbindungsmann zwischen Einwohner- wehrleitung und dem Exkronprinzen. Diese Rolle eines Verbindungsmannes zu Rupprecht von Wittelsbach hat der junge Reunzert im März 1920 ebenso durchgeführt wie im Herbst 1923. Die ganz positive Frage an den bestorientierten Bekannten des Neunzert, den Generalfeldmarschall a. D. Rupprecht von Wit- telsbach» ob er direkt oder Indirekt irgendwelche Schritte zugunsten des R. unternommen habe, würde die kriminalistische Sachlage in d e m Sinne ganz erheblich vereinfachen, daß der Täter- und Berschworenenkreis wieder auf den Personen- kreis verengt werden kann, der schon früher in Untersuchung stand. Um nicht mißverstanden zu werden: Bei der Person des Exkron- Prinzen Rupprecht handelt es sich lediglich um die Frage, welch« Ein- flüsie die plötzliche Freilassung der Neunzert und Genossen mitbewirkt habe».*
Die demokratische Landtagssraktto» hielt am Mittwoch «ine Fraktionssitzung ab, in der die Geschäftslage besprochen wurde. Di« Entscheidung über die Frag«, welche Stellung die Fraktion gegenüber den Abgeordneten Greßler und Herrmann- Breslau , die gegen die Hohenzollernvorlage ge- stimmt hatten, einnehmen soll, wurde vertagt. Die Stellung- nähme der Demokraten zur Hohenzollernvorlage war durch einen Beschluß festgelegt, der höchsten» Stimmenthaltung zuließ.
Die Revssion de» Volksopfer-Schieber» Dr. Meister in Dresden ist vom Reichsgericht verworfen worden. Es bleibt bei den vier Jahren Gefängnis für seine Unterschlagungen. Da» Redeverbot des Schweizer Bundesrates gegen dt« Vertreter der Internationale anläßlich der jüngsten Exekutivsitzung in Zürich rechtfertigt« Bundesrat H ä b« r l i n auf ein« Interpellation des Nationalrats Gen. G r a b e r damit, daß Eds F i m m e n sein« Teil- nähme an einem Eisenbahnerkongreh in Bellinzona mißbraucht habe, um den Bolschewismus zu verherrliche»,