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Nr. 490 43. Jahrg. Ausgabe A nr. 250

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Der Borwärts" mit der illustrier ten Sonntagsbeilage Boll und Beit" fomie ben Beilagen Unterhaltung und Wissen"," Aus der Filmwelt", Frauenstimme, Der Rinder freund", Jugend- Borwärts" und Blid in die Bücherwelt" erscheint wochentäglich zweimal, Sonntags und Montags einmal.

Telegramm- Adresse:

Sozialdemokrat Berlin  "

Sonntagsausgabe

Vorwärts

Berliner Volksblatt

15 Pfennig

Anzeigenpreise:

Die einipaltige Ronpareille. zeile 80 Pfennig. Reklamezeile 5,- Reichsmart. Kleine Anzeigen" das fettgedrudte Wort 25 Bfennig ( auläffia zwei fettgedruckte Worte), jedes weitere Wort 12 Pfennig. Stellengesuche das erfte Wort 15 Pfennig, jedes weitere Wort 10 Bfennig. Worte über 15 Buch­ftaben zählen für awei Worte. Arbeitsmarkt Reile 60 Pfennig. Familienanzeigen für Abonnenten

Beile 40 Pfennig.

Anzeigen für die nächste Nummer müffen bis Uhr nachmittags im Sauptgeschäft, Berlin   SW 68, Linden­ftraße 3, abgegeben werben. Geöffnet Don 8% Uhr früh bis 5 Uhr nachm.

Zentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands  

Redaktion und Verlag: Berlin   SW. 68, Lindenstraße 3 Fernsprecher: Dönhoff 292-297.

Sonntag, den 17. Oftober 1926

Vorwärts- Verlag G.m. b. H., Berlin   SW. 68, Lindenstr.3 Bostichedkonto: Berlin   37 536- Bankkonto: Bant der Arbeiter, Angeftelten und Beamten, Wallstr. 65; Diskonto- Gesellschaft, Depofitentaffe Bindenfte. 3.

Ein Sonntag der Werbung.

Der Weg der Partei: durch Kleinarbeit zur Großmacht.

Heute ist ein Tag der Parteiarbeit. Dieser Sonntag, der Sonntag der Werbewoche der Sozialdemokra­tischen Partei Deutschlands  , ist der Parteipflicht gewidmet. Es wird heute nicht gewählt. Es fallen teine sichtbaren poli­tischen Entscheidungen, tein Wahlfieber und teine Stimmen zählung steht am Ende dieses Sonntags  - es gilt, Mitglieder für die Partei, Leser für den ,, Borwärts" zu gewinnen. Heute und in der folgenden Woche erproben wir unsere innere Kraft.

Boll Stolz sagen wir es: wir sind die stärkste politische Partei. Wir sind die Massenpartei der Arbeiter schaft. Viele Hunderttausende gehören zu unserer Organi­sation, viele Millionen geben ihre Stimme für unsere Partei. Unsere Gegner bekennen: die überwiegende Mehrheit der deutschen   Arbeiter sieht ihre politische Vertretung in der Sozialdemokratischen Partei.

Im Bewußtsein unserer Stärke fönnen wir es offen fagen: wohl sind wir start, doch noch nicht start genug. Wir müssen die Massenpartei des ganzen Boltes werden.

Bir dürfen es sagen, weil wir starf sind: noch ist die Zahl der Wähler, die sich zur Sozialdemokratie befennt, nicht start genug, um jedes Regieren gegen die Sozialdemokratie und die Arbeiterschaft zu verhindern. Noch ist die Zahl unserer organisierten Mitglieder und der Leser unserer Parteipreffe zu gering im Verhältnis zur Zahl unserer

Wähler!

Wir können sie nicht erfüllen, wenn wir untergehen im Streit des Alltags, wenn wir Zersplitterung der Arbeiterschaft dulden oder gar fördern.

und sozialen Forderung geprägt. Sie hat ihre Stimme für I rung des Tages hinaus find unsere Ziele und unsere Aufgaben. den Willen der Arbeiterschaft erhoben. Sie hat politische Macht, die lebendigen Massenkräfte des Boltes gesammelt für die idealen Zielsetzungen der großen Sozialisten. Unsere Parteifie ist für uns Führerin, Kampfgemeinschaft, Aus­druck unserer großen Bufunftshoffnungen.

In der Partei tritt der Genosse neben den Genossen, um im Streit der Tagesmeinung das große gemeinsame Ziel her­auszuarbeiten und den gemeinsamen Weg für den gemein­samen Kampf zu finden. In der Partei wird der Wille der Hunderttausende von Genossen zu einem großen, gemein­famen politischen Willen gesammelt. Durch die Partei schlagen wir unsere Wahlschlachten, werfen wir unseren Willen in die Wagschale, um die Führung des Volkes mitzubeſtimmen.

In der Partei lebt Wille, lebt Kritif, lebt Ringen und Erkenntnis, Ringen um Zielsetzung, Ringen um den Weg. Sier ist wahrhaft politisches Leben in der Demokratie.

Die Partei ist die Grundlage des demokratischen Staats­lebens. Ohne Partei fein Parlament, ohne Parlament teine Herrschaft des Boltes. Die Partei ist der Grund jeder Bolts­regierung.

Daran denten wir, wenn wir für die Sozialdemokratische Partei   zu werben.

Noch hemmt uns in der deutschen Republik die Viel­geftaltigkeit des Parteiweſens, noch schwankt die Regierungs­macht hin und her, noch kann der Kurs des Staates nicht ohne

Schwanken und unbeirrt in der Richtung des Fortschritts, des Gemeinwohls, des Sozialismus gehalten werden.

Ein großes Refrutierungsfeld liegt vor uns in der Arbeiterschaft. Rund fünf Millionen Mitglieder zählen die freien Gewerkschaften aber längst noch nicht eine Million Je stärker unsere Partei, um so größer und sicherer unser beträgt die Zahl der Mitglieder unserer Partei. Einfluß auf den Staat. Jeder Parteigenoffe mehr ist ein Ein noch größeres Rekrutierungsfeld für uns das ganze bemotratischen Partei ist die sicherste Bürgschaft für Fortschritt auf diesem Wege. Das Wachsen der Sozial­Bolk!

Berlin   ist republikanisch durch und durch. Jede Wahl Berlin   ist republikanisch durch und durch. Jede Wahl hat es bestätigt. Die Berliner   Sozialdemokratie hat alle anderen Parteien überflügelt. Jeder Wahlgang war ein glänzender Erfolg der Berliner   Partei­genossen, und darum fönnen wir es offen sagen: wir sind in der Reichshauptstadt organisatorisch noch nicht start genug! Darum gilt es, unermüdlich und systematisch zu werben. Darum reißt die Partei in dieser Woche ihre Kraft zusammen, damit politischer Wille und Werbetraft von ihr ausgeht. Darum gehen heute die Genossen und die Genossinnen frei­willig und unermüdlich von Haus zu Haus, darum ziehen sie werbend durch die Straßen.

Es ist heute Kampftag gegen den Indifferen

tismus.

Wir werben für unsere Partei und ihr sozialistisches Ziel. Wir werben, um Gemeinschaftsgeist zu wecken. Wer den Schritt vollzieht, aus einem Wähler zum Parteimitglied zu werden, der räumt in seinem Leben der Politik, der Arbeit für das Gemeinwohl, einen größeren Raum ein als bisher, der entschließt sich, mit Festigkeit politischem Willen Ausdruck zu verleihen.

Wer abseits stand und nun sich zur Sozialdemokratischen Partei bekennt, der erfüllt eine Staatsbürgerpflicht, eine wahr­hafte Gemeinschaftspflicht: denn das Wohl der Gemeinschaft zu fördern das ist das höchste Ziel der Sozialdemokratie. Gegen Indifferentismus, für Gemeinschaftsgeist dafür merben mir.

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Partei! Partei! Wer sollte sie nicht nehmen, Die noch die Mutter aller Siege war!"

Nur in der Partei und durch die Partei können wir politisch wirken. Die Partei, unsere Partei war es, die die Arbeiterbewegung, klein und schwach in den Anfängen, an die Schwelle der Staatsmacht geführt hat, die Demokratie auf dem Wege von der Forderung zur verbrieften Verfassung, die sozialistische Idee an die Schwelle der Berwirklichung heran.

Die Partei war es, die den Willen der Massen der deut fchen Arbeiterschaft gesammelt hat. Sie hat ihn zur politischen

tommende Einheitlichkeit des deutschen   Regierungssystems,

eine Bürgschaft für die Stabilität des politischen Lebens und des Kurses des Staates in der Richtung des gesellschaftlichen

Fortschrittes.

Je größer unsere Bartei- um so stärker unsere Macht im Parlament und Regierung zur Verwirklichung unserer Ziele. Darum werben wir heute und in aller Zukunft für unsere Bartei. Denn unsere Partei ist unsere Hoffnung.

Wir werben, indem wir wirken und indem wir werben, wirken wir!

Für uns haben die großen Sozialisten gewirkt und geworben, auf dem Felde des Geistes und dem Felde des Parteikampfes mit feuriger Begeisterung und gläubiger Hoffnung unter Hingabe der Persönlichkeit und des ganzen Lebens.

Für uns haben die Hunderttausende und Mil­lionen von Namenlosen gearbeitet und geworben, die das stolze Gebäude der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands   errichtet haben- belohnt nicht durch Nachruhm, sondern durch das Bewußtsein treuester Pflichterfüllung für ein großes Gemeinschaftsziel.

Ein Weg voll harter Arbeit und Kampf, voll Siegesjubel und Trauer über Rückschläge, ein Weg, der durch schwerste Erschütterung und Spaltung zu Einheit und Aufstieg führte. Eine große Tradition!

Rückwärts erst den Blick auf unsere ftolze Geschichte- dann vorwärts auf die Kämpfe und Aufgaben der Zukunft! Ueber alle Maßen groß, über allen Irrtum und alle Verwir

Erste Werbebeilage des Vorwärts": ,, Schutz der Arbeit"

ns Peter Graßmann: Die Sozialdemokratie führt. S. Aufhäuser: Volksstaat und Sozialpolitik. A. Freymuth  : Sozialdemokratie und Beamte. Ferner Aufsätze über Arbeitslosenschutz, Arbeitsinvaliden, Kriegsopfer, Unfallversicherung.

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Hemmung und Rückschlag und Irrtum, Widerstand der Gegner und Dumpfheit des Indifferentismus wir über­winden sie nicht, wenn wir nicht, den Blick auf das große Ziel gerichtet, in treuer unablässiger Arbeit wirken und werben. Werben wollen wir, in dem sicheren und unbeirrten Be­mußtsein, daß unser Weg zum Wohle des ganzen Volkes führt, daß mit uns die Zukunft ist.

Nach schweren Kämpfen innerhalb der Arbeiterbewegung find wir zurückgekehrt zur Einheit der Partet. Nun werben wir für die Einheit der Arbeiterbewegung, für die Einheit des Voltes.

Das ist der Sinn der Kleinarbeit für die Partei, der unsere Werbewoche gewidmet ist. Unsere großen Lehrmeister haben das stolze geistige Gebäude des deutschen   Sozialismus er richtet, unfere Politiker und Staatsmänner haben in diesem Geifte gearbeitet: nun gilt es, durch treueste Kleinarbeit das ganze Bolt für uns zu gewinnen, heute und in der Zukunft, Mann für Mann, Frau für Frau. Aus den Einzelnen werden die Tausende, aus den Tausenden die Millionen.

Wer einen Parteigenossen wirbt, der stärkt unsere Macht. Durch Kleinarbeit zur Großmacht! Treue zur Partei, Arbeit für die Partei: und unser der Staat und die Zukunft!

Ein unmögliches Gutachten.

Reichsjustizministerium gegen Reichstagsausschus.

Der Femeausschuß in München   verhängte in seiner Röhm Geld­

Sigung vom 11. Oktober über den Zeugen ö h m eine Ge It. strafe von 300 Mart, weil er sich weigerte, auf Fragen des Berichterstatters Dr. Levi zu antworten. Im Anschluß daran wurde in der Deffentlichkeit die Frage der Straf­befugnis des Ausschusses erörtert, zu der sich nunmehr auch das Reichsjustizministerium durch ein Gutachten geäußert haben soll, das der Abgeordnete Troßmann( Bayer. Volkspartei) gewünscht hat. Das Wesentliche dieses Gut­achtens ist folgender Abschnitt:

des Untersuchungsausschusses nur die finngemäße Anwendung der Da Artikel 34 der Reichsverfassung auf die Beweiserhebungen Borschriften der Strafprozeßordnung zuläßt, entfällt für den Unter­suchungsausschuß die Verhängung von Strafen, deren Rechtsunter­lage sich nicht in der Strafprozeßordnung, sondern im Gerichtsver fassungsgesetz findet. Die in den§§ 177 und 178 des Gerichtsver fassungsgesetzes dem ordentlichen Gericht eingeräumte Strafbefugnis steht daher dem Untersuchungsausschuß nicht zu. Wird von Ber fonen, die vor dem Untersuchungsausschuß erscheinen, eine Störung Borsigende des Untersuchungsausschusses somit auf die Befugniffe der Ordnung der Sizung oder eine Ungebühr begangen, so ist der beschränkt, die sich aus der parlamentarischen Ordnungsgewalt und aus dem Hausrecht ergeben. Die Mittel der Ordnungsge­walt find in der Geschäftsordnung für den Reichstag   näher be stimmt. Wenn die Vorschriften der Geschäftsordnung sich auch ihrem Wortlaut nach nur auf Abgeordnete, Regierungsvertreter und Tri­bünenbesucher beziehen, so dürfen doch ihrer entsprechenden Anwen dung auf Auskunftspersenen, die vor dem Untersuchungsausschuß er. scheinen, teine Bedenten entgegenstehen. Geld- und Haftstrafen sind als Mittel der Ordnungsgewalt in der Geschäftsordnung weder vor­nung eingeführt werden. Dies könnte nur durch Gesez ge= gesehen, noch tönnten sie durch eine Erweiterung der Geschäftsord­schehen."

Dieses angebliche Gutachten des Reichsjustizministeriums Boraussetzungen aus und erweckt aus den verschiedensten in seinen Schlußfolgerungen von völlig falschen Gründen den Anschein, als ob es nicht in Berlin  , son­dern in Müncher, in der unmittelbaren Umgebung des Herrn Dr. Gürtner entstanden sei. Röhm erhielt 300 Mark Geldstrafe, nicht auf Grund des Gerichtsverfassungsgesetzes, wegen ungebührlichen Betragens, sondern wegen 3eug­nisperweigerung auf Grund des§ 70 der Straf­prozeßordnung. Der Untersuchungsausschuß des Reichstages hat in diesem Falle wie jedes andere Gericht zur Erledigung