Stingl, der Post-Zriöericus. Ein unaufgeklärter Despot. Der Reichspostminister Stingl ist nicht nur ein großer Ver- ehrer des zweiten Friedrich von Preußen , sondern auch sein Nach- ohmer. Er regiert absolut. Aber immerhin gibt es zwischen diesen beiden berühmten deutschen Männern Unterschiede. Friedrich, der Freund Voltaires , war ein aufgeklärter Despot, Herr Stingl. der bayerische Volksparteiler, ist ein unaufgeklärter. Herr Stingl hat aus eigener Machtvollkommenheit verfügt, daß die bisher gangbarste Briefmarke der Republik , die lO-Pfennig- Marke, mit einem Monarchenkops zu schmücken sei.„Cor tel est son plaisir'— es macht ihm halt Spaß! Die Proteste der republikanischen Bevölkerung, die sich nicht verhöhnen lassen will, sind ihm gleichgültig, die Forderung nach Einberufung des Verwaltungsrats schlägt er in den Wind. Dieser Despot ist so unaufgeklärt, daß er scheinbar nicht einmal das Reichspostgesetz kennt, in dem es heißt: Der Verwaltungsrat hat den Reichspostminister in der Füh- rung der Geschäfte zu unterstützen und die Beachtung der durch Gesetz und Ausführungsbestimmungen aufgestellten Grundsätze zu überwachen. Zu diesem Zwecke ist er in allen wich- tigen Fragen der Verwaltung gutachtlich zu hören. Entweder Herr Stingl kennt dieses Gesetz nicht, oder er hält seinen Briefmarken-Erlaß für keine„wichtige Frage". Herr Stingl wird sich von der Wichtigkeit dieser Frage noch überzeugen müssen. Es ist interessant, daß gleichzeitig mit uns auch bürgerlich. republikanisch« Blätter den Boykott gegen die geplanten neuen lo-Pfennig-Marten ankündigten. Man sieht, der Gedanke liegt in der Luft. Ob es aber notwendig ist, aus reinem Uebermut«inen neuen Zankapfel ins Volt zu werfen, das ist ein« Frag«, die über den Machtberich des Herrn Stingl hinaus wichtig sst. Es wird dringend davor gewarnt,„Imponderabilien" zu unter- schätzen. Was diese unwägbaren Gefühlswerte bedeuten, hat sich schon bei Luthers Flaggenerlaß gezeigt, zu dem Stingls Briefmarkenerlaß das würdige Gegenstück ist.
Dorpmüllers Bestätigung. Einigung zwischen Reichsregierung und Reichsbahn ? Die Besprechungen zwischen dem Präsidenten des Verwaltungs- rats der Reichsbahn, von Siemens, und dem Reichsverkehrsminister Dr. Krahne über die zwischen beiden Instanzen noch zu klärenden grundsätzlichen Fragen scheinen, wie die TU. meldet, zu einer Ei ni- g u n g geführt zu haben. Die drei strittigen Punkte waren: 1. daß in künftigen Fällen vor der Ernennung des Gene- raldirektors der Reichsbahn zwischen der Reichsregierung und dem Verwaltungsrat eine gewisse Fühlungnahme erfolgen soll, 2. daß künftig auch bei der Ernennung eines Stellvertreters des Generaldirektors der Reichsbahn der Reichsregierung ein Be- stätigungsrecht zustehen wird, und 3. daß der Reichsverkehrsminister in Zukunft an den Sitzungen des Verwaltungsrates der Reichsbahn teilnehmen wird, um die Möglichkeit einer Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Jnstan- zcn zu schassen. Da über diese grundlegenden Fragen zwischen der Reichsre�ie- rung und dem Verwaltungsrat nunmehr eine Einigung erzielt sein dürste, wird mit der alsbaldigen Bestätigung des Ge- ncraldirektors Dr. Dorpmüller durch die Reichsregie. rung zu rechnen sein. Dorpmüller bekommt seine Bestätigung in der Gegenwart; der Verwallungsrat behält Recht in der Ge g e n w a r t. Der Reichs- regierung wird etwas versprochen für die Zukunft. Sie erhält die Taube aus dem Dache, der Siemensrat aber nimmt den Dorpmüller in die Hand!
Schwehlas Schwierigkeiten. Er muh slowarisch-klcrikalc Unterstützung erkaufen. Prag , 16. Oktober. (Eigener Drahtbericht.) Die neue deutsch - tschechische Regierung steht sich bereits vor große Schwierig- leiten gestellt. Schon die Mehrheit für die Regierungserklärung
Gefolei. Ein kritisches Nachwort zu der Ausstellung in Düsseldorf . Von Dr. Käthe Frankenthal. Gesundheitspflege— Sozialhygiene— Leibesübungen, also die Kunst, Gesundheit und Arbeitskraft zu erhalten. Fürwahr, ein wichtiges Problem für den Staat und für jeden einzelnen! Die 5— 6 Millionen Besucher, die die Gesolei zu verzeichnen hat, sprechen ja auch für das große Interesse, das die Gesolei gefunden hat. Wieviel Prozent davon auf das Konto der Vergnügungs- stätten kommen, wieviel auf das wissenschaftliche Material, das wag« ich nicht zu entscheiden! Die Vergnügungsstätten sind übersichtlich und leicht zu finden. Leider kann man nicht dasselbe von den anderen Ausstellungs- objekten sagen. Diese sind so geordnet, wie sie nach Ansicht der Aussteller am besten zur Geltung kommen, auch wenn dadurch das organisch Zusammengehörende ganz willkürlich aus- einandergerissen wird. Es ist daher selbst für den Fach- mann nicht leicht, alles Wichtige zusammen zu suchen, der weniger interessierte Ausstellungsbummler wird nicht allzuviel profitieren. Gewiß wird auch das große Publikum manches Anregende und Interessante dort sehen. Aber, wer zum Schluß begriffen hat, was Hygiene und Gesundheitspflege bedeutet, der muß besser ver- stehen, die Spreu vom Welzen zu scheiden, als es die Ausstellungs- leitung verstanden hat. Der Fachmann freut sich, alte Bekannte mal wieder in neuer Ausmachung und Zusammenstellung zu sehen. Aber wesentlich Neues findet und sucht er auch nicht auf der Ausstellung, dafür sind die Stätten der Wissenschaft da. Wessen Interesse dient denn schließlich eine solche Ausstellung in erster Linie? Dem der Aussteller und des Privatkapitals? Ja. auch diesem dient sie und hier brauche ich kein„aber" anzufügen! Ein Hauptfehler der Ausstellung ist, daß die ausstellenden Firmen Monopole erhielten. Man sieht daher nicht, was es auf jedem Gebiete wichtiges gibt, sondern man sieht nur, was die einzelnen Firmen zu leisten vermögen. Manchmal treibt die Reklamesucht merkwürdige Auswüchse. Zum Beispiel erfährt man an einer Stelle, daß das Schlafzimmer kühl und frisch sein soll und daß ausreichende Nachtruhe ein wesent- licher Faktor zur Gesunderhaltung ist. Dann ober nimmt die Koksreklame das Wort mit folgendem Sinnspruch: Ein Schlafgemach, das gut durchwärmt, Ist es, wofür ein jeder schwärmt. Das Schönste ist auf dieser Erden Nacht» lesen, ohne kalt zu werden!
Jeder Genosse, jede Genossin wirbt in dieser Woche Mitglieder der Partei Leser dem„Vorwärts" ist fraglich, da die Regierung selbst dann, wenn man ihr die Stimmen der Nationaldemokraten als sicher zurechnet, nur über 146 von 306 Stimmen zuverlässig verfügt. Sie ist unbedingt auf die Unterstützung der 23 slowakischen Klerikalen angewiesen, die aber plötzlich verschiedene Forderungen für ihre Teilnahme an an der Koalition stellen. Sie verlangen ein slowakisches Mini- sterium, das Schulreferat für die Slowakei , Befreiung der Kirchengllter von der Kirchenresorm und Konkordat mit dem Vatikan . Wahrscheinlich werden ihnen einige Zugestand- nisse gemacht. Damit zeigt sich schon heute, daß die Existenz der neuen Regierung nur um den Preis sozial und kulturell reaktiv- närer Konzessionen erkauft werden kann.
Ninöerheitenblock in polen . Gemeinsame Auslands-Jnformation. Warschau , 16. Oktober. (OE.) In einer hier abgehaltenen vor- bereitenden Konferenz von Dertretem der nationalen Minderheiten haben Vertreter der Deutschen (Senator Hasbach und Abg. Ulitz), Ukrainer , Weißrussen und Litauer teilgenommen. Es wurde die Gründung eines Pressebureaus beschlossen, welches das Aus- land über die kulturelle, wirtschaftliche und politische Lage der nationalen Minderheiten in Polen (mit Ausnahme der Inden , die der Organisation nicht beigetreten sind) informieren soll. Die Aus- gaben des Pressebureaus werden in französischer, englischer und deutscher Sprache erscheinen. Die deutsche Minderheit steht auf dem Standpunkt der L o y a l i t ä t gegenüber dem polnischen Staat. Dagegen nehmen die Ukrainer, die Weißrussen und die Litauer, die geschlossene Siedlungsgebiete bewohnen und sich als„Terri- torialvölter" bezeichnen, dem Staat gegenüber eine viel radikalere, national- revolutionäre Haltung ein. Für den 25. Oktober ist eine weitere Konferenz in Aussicht genommen. Es dürfte sich bei diesem Zusammenschluß nur um die b ü r g e r- l i ch e n Parteien der nichtpolnischen Völker handeln.(Red. d. ,33.*.)
Rom -pariser Konferenzpläne. Von der Thoiry-Gegnern betrieben. Paris , 16. Oktober. (Eigener Drahtbericht.) Eine amtliche Be- stätigung für die von einem Teil der Parsser Presse verbreiteten Gerüchte von der bevorstehenden Begegnung zwischen Driand und Mussolini liegt bisher nicht vor. Am Quai d'Orsay wird dazu er- klärt, daß bisher kein Meinungsaustausch darüber zwischen Rom und Paris stattgefunden habe. Der Gedanke einer italienisch-französischen Konferenz zur Bereinigung der zahlreichen zwischen beiden Ländern schwebenden Streitfragen wird hier vor allem von denjenigen unter- stützt, die der Politik von Thoiry ablehnend gegenüberstehen und in einer NeukonsolidierungderKriegsbündnisse das beste Mittel sehen, die Annäherung an Deutschland zu hinter- treiben. vie Haltung üer Raöikalsozialen. Paris , 16. Oktober. (Eigener Drahtbericht.) Die Hoffnung, daß der Parteitag in Bordeaux eine Klärung der innerpolitischen Situa- tion und eine offene und freimütige Aussprach« über die Vorgänge im Juli schaffen würde, hat sich nicht erfüllt. Die Entschließung, deren fast einstimmige Annahme die innerpolitisch« Aufeinander- setzung schloß, ist ein politisches Akrobatenkunststück schlimmster Sorte. Sie versucht so ziemlich allen Strömungen in der Partei gerecht zu werden, ohne sich nach der einen oder anderen Richtung festzulegen. Sie läßt jede Interpretation zu, und wenn
Auch die Kaffeereklame will sich an der Dolksaufklärung be- teiligen und läßt sich wie folgt vernehmen: Laßt euch doch nur nicht ängstlich machen, Mit Herzgift und dergleichen Sachen. Trinkt Kaffee, wie Natur ihn schafft, Er steigert Mut und Arbeitskraft! Gehört beides in das Kapitel„Erziehung zur Hygiene"! Ein besonders lehrreiches Kapitel sind die Toiletten der Hygiene- ausstellung, Benutzung tostet 15 Pf., Hände waschen 26 Pf. Was notwendiger und billiger ist, wird bevorzugt. 35 Pf. ist viel Geld und die Hände waschen muß man sich nicht unbedingt in der Gesolei, auch nicht, wenn man die Toillette benutzt hat. Ueberschrift: Erziehung zur Hygiene! Besonders eingehend ist in der Gesolei die Altoholfrage behandelt. Man sieht den engen Zusammenschluß zwischen Alkohol und Geisteskrankheit, zwischen Altohol und wirtschaftlichem und gesundheitlichem Ruin. Man sieht aber auch das Haus der Brauindustrie, wo der Altohol als bestes und ge- sundestes Nahrungsmittel gepriesen wird. In Deutschland wird nur 66 Proz. der Alkoholmenge konsumiert, die noch als mähig zu bezeichnen ist. Also muß der Konsum um 46 Proz. steigen! Gesufsa! Ein Bild zeigt einen fröhlichen Bierbruder, der sein volles Glas schwenkt. Ein Pfeil mit der Aufschrist„Prost" zeigt auf eine Tabelle. Die Tabelle enthält die Sterblichkeitsstatistik aus der Hamburger Choleraepidemie 1892. Die Brauer hatten eine Sterblichkeit von„nur" 6,9 Proz., dann kommen die anderen Berufe mit immer höheren, furchtbaren Zahlen. Und der fröhliche Trink- bruder auf dem Bilde schwenkt sein Glas und lacht. Lacht er vielleicht darüber, daß man dem Publikum unter der Firma „Hygieneausstellung" alles bieten kann? In einer anderen Abteilung macht sich die bekannte Reklame der L e b e n s s a l z e, Stuvkamp, Kruschen usw. breit. Diese Aus- stellung könnte wertvoll sein, wenn das Publikum darüber auf- geklärt würde, daß es unter dem Namen irgendeines„Lebens- salzes" für 3 Mk. dasselbe erhält, wie unter dem Namen„Karls- bader Salz" für 26 Pf. Vergebens sucht man nach einer der- artigen Aufklärung. Die ganze marktschreierische Reklame wird dem Publikum ohne Kommentar vorgesetzt, ohne darauf hinzu- weisen, daß ja doch die Käufer diese ungeheure Reklame bezahlen müssen! Das Dasogen-Kinderheim zeigt eine mit jedem modernen Komfort ausgestattete Säuglingsstation mit dazugehörigen Säug- lingen. Die Besucher sind begeistert, die Säuglinge etwas verdutzt über das nicht endenwollende Menschen- und Stimmengewirr«. Fragt man eine entzückte Frau, ob sie ihr Kind hierher legen möchte, so sagt sie„nein". Der Luxus von Sauberkeit und Pflege wirkt märchenhast schön. Aber, wie man in der Wirklichkeit, mit erschwinglichen Mitteln, ein Kind pflegen kann, da« lernen hier die Frauen nicht. Dagegen können sie sich genau unterrichte» über die
die„Ere Nouvelle" am Sonnabend die Forderung der Rückkehr zur Kartellpolitik herausliest, so hat das nicht mehr, aber auch nicht weniger Berechtigung als die von den Blättern anderer Richtung vertretene Auffassung, daß die Resolution im Gegenteil die neue Politik der Partei, d. h. ein Zusammengehen mit der Gruppe des Nationalen Blocks, billige. Sozialistische Antwort an Franklin-Bouillon. Paris , 16. Oktober. (WTB�) Der sozialistisch« Abgeordnete Vincent A u r i o l hat in einem Telegramm an Herriot gegen die Angriffe Franklin-Bouillons in schärfster Weise Protest erhoben, indem er darauf hinwies, daß die Sozialisten, als es schon 1924 und 1925 infolg« der Finanzpolitik wiederholt zu Meinungsverschieden- heiten mit Herriot gekommen war, die größte Diskretion gewahrt hätten.
Die neue Regierung Sethlen. Rekonstruiert zu Wahlbetrugszwecken. pudapest, 16. Oktober. (Eigener Drahtbericht.) Sieges- fanfaren ertönen— das neue Kabinett Bethlen ist da. Mit der Demission hat Bethlen es erreicht, einige ihm persönlich nicht ge- nehme Minister, so z. B. den Iustizminister Pesthy, durch ge- eignetere Männer zu ersetzen. Das Wahlgespenst droht; Anfang 1927 soll gewählt werden. Unter allen Rechtsradikalen herrscht eitel Freude. Bethlen— erklären sie— kann die Wahlschlacht nur mit Hilfe der rechtsgerichteten Organisationen gewinnen, d. h. also mit Hilfe des nackten Terrors. Bethlen weiß nur zu genau, daß trotz der mündlichen Abstimmung, trotz Gendarmerieaufgebot, Wahlbestechung und Einschüchterung der Wähler er ohne die völki- schen Stoßtrupps nicht siegen wird. Bethlen fühlt sich nicht sicher. Der stellvertretende Ministerpräsident Domherr Baß hält Hetzreden übelster Art gegen die sozialdemokratische Gefahr. Das Märchen von kommunistischen Sturmtruppen wurde erfunden, um den Re- gierungsterror zu begründen.
Ein Sonöerzug für eine Zeitung! Wie in Mussolinien„gespart" wird. Aus Chiasso wird uns geschrieben: In allen faschistischen Zeitungen liest man sehr viel über Wirt- schaftlichkeit und Sparmaßnahmen für die Staatssinanzen. Wie alles dies bei den italienischen Eisenbahnen in Wirklichkeit aus- sieht, davon erzählt die kommunstische Zeitung„Unita" ein Pröbchcn, das ihr Korrespondent aus Bologna berichtet. „Der„E o r r i e r e P a d a n o", das Organ des uitrafafchisti- schen Unterstaatssekretärs B a l b o im Wirtschaftsministerium, ist ein überglückliches Blatt. Der Mangel eines Zuges von Ferrara noch Bologna in der ersten Morgenstunde machte den Besitzern vom „Eorriere Padano" einigermaßen zu schaffen, da hierdurch ihr Blatt, das keinen Anschluß in Bologna fanh, nicht In verschiedene Gebiete zur selben Stunde wie die Konkurrenzblätter anderer Städte ge- langen konnte. Es sst nun«in« Lösung für die Schwierigkeit gefunden worden, die dem Herrn Balbo jede Sorge nimmt. Jetzt ist nämlich ein Zug zu seiner völligen Verfügung gestellt worden. Jeden Morgen kurz nach 2 Uhr fährt jetzt ein Expreß-Güter- z u g nach Bologna , der nicht eher abfahren darf, bis der Sack mit dem„Eorriere Podano" aufgegeben worden ist. Sollten keine Güter für den Transport nach Bologna vorhanden sein, so muß der Zug doch abgehen einzig mit Maschine und Gepäckwagen, lediglich zur Beförderung der genannten Zeitung."
Schüsse von der Parlamentsgalerie. In Mexiko . Monterev(Mexiko ), 16. Oktober. (WTB.) In der Abgeordneten- kammer des Staates Nueoo Leon kam es zu einer S ch i e ß e r e i, bei der drei Personen, darunter ein Beamter, getötet wurden. Der Zwischenfall wurde durch einen Tribünenbesucher ver- ursacht, der plötzlich aus noch nicht aufgeklärter Ursache auf die Abge- ordneten schoß.
viesseitige Verwendungsmöglichkeit der Vasogen-Präparate. Wenn also auch sonst niemand Nutzen von dieser Ausstellung hat, die Vasogen-Werke haben ihn sicherlich! Nun zu der Ausstellung der Krankenkassen. Hier laufen ja alle Fäden der Gesundheitspflege zusammen. Das Material ist auch des Studiums wert, weit wertvoller wäre es aber noch, wenn nicht der Kampf aller gegen alle in den Vordergrund gestellt wäre. Die freien Kassen beweisen, daß sie viel besser arbeiten, als die Zwangskassen, diese wieder zeigen, daß nur ihre Arbeit rationell sst, beide zeigen, wie die hohen Arztkostcn an ihrem Marke zehren und im Arzthause wird bewiesen, daß der Arztstand durch die schlechte Bezahlung der Kassen zugrunde gerichtet wird. Der Eingeweihte kennt diesen Streit, dem Laien wird es scheinen, daß sie alle Recht haben. Zu einer klaren Stellungnahme kann hier niemand kommen. Ein Bild verdient aber, besonders erwähnt zu werden. Die Berufs- lassen zeigen das Bild des Reichstages. Von rechts naht eine Reihe ehrsamer Bürger, von links zwei wüste, furchterregende Strolche. Die Unterschrift: Für die Forderung der Zwangskassen treten ein Sozialdemokraten und Kommunisten, alle übrigen Par- teien treten ein für die Forderung der Berufstassen! Gehört Bauernfängerei auch zur Hygieneausstellung? Wo so viel von Gesundheit die Rede ist, wird auch der Arzt zu Worte kommen müssen. Das Arzthaus zeigt die wertvolle Urkundensammlung und auch sonst manches Interessante. Dann aber kommen Statistiken, Bilder, Tabellen, die alle zeigen, was so ein armer, geplagter Arzt alles leisten muß. Wieviele Kilometer legt er bei seinen Krankenbesuchen zurück, verglichen mit dem Aequator und den höchsten Berggipfeln. Gleichzeitig wird aber vor dem Studium der Medizin gewarnt, weil die meisten Aerzte gar keine Beschäftigung finden. Ueber allem der Leitsatz: So viel leisten wir und so wenig bekommen wir bezahlt! Wenig angenehm berührt wendet man sich weiter. Aber was das nächste Kabinett bringt, das durfte nicht kommen! Eine Reihe von Dioramen, die in wirklich kindlicher Art an die Tränendrüsen appellieren. Ja, weinen könnte man, aber nicht vor Rührung! Man sieht hier den Arzt, stets voll Sorge und Aufopferung nur um seinen Patienten bemüht, den Arzt, der am Sterbebette seines Patienten vor Gram zusammenbricht. In der Erläuterung heißt e« wörtlich: „Wenn seine Kunst mit dem Tode ringt!" An die Liquidation denkt er in diesem Kabinette nie, das geschieht im nächsten Raum«. Besonderen Eindruck machte ein Bild. Ein gebrochener Mensch sitzt vor seinem bekümmerten Arzte. Im Hintergrunde erscheinen die drei Laster, die ihn zugrundegerichtet haben: Der Schnaps, dos Kartenspiel und eine Frau. Schnaps und Kartenspiel in einem wüsten Milieu, die Frau als Einzelfigur. Nicht» Dirnenhaftes. nichts Besonderes ist an der Figur zu sehen. Sie ist eben eine Frau— das ist Laster genug! Schleunigst verließ ich das Lokal. als Arzt und als Frau gleich peinlich berührt von den erlebten Geschmacklosigkeiten! Net», eine rein« Freud « ist die Gesolei nicht!