Vonnerstag 21. Oktober 1926
Unterhaltung unö Wissen
Sellage des vorwärts
Ein schwieriger Srief. Humoreske von Edith Rode -Aebeloug. „Kommst du mit?" fragte sie.„ich will was zum Mittageffen einholen." »Ich habe keine Zeit," sagte er. »Hast du was zu tun�" sagte sie und näherte sich neugierig. „Ja. ich muß einen schwierigen Brief schreiben." „Huch— Geldangelegenheiten— na, ich danke." „Absolut keine Geldangelegenheiten." antwortete er streng,„es gibt doch noch andere schwierige Dinge außer Geldangelegenheiten'" „Nein, wirklich?" Sie verschwand. Er ihr nach:„Du, hör doch mal, wo willst du hin?" „Mittagessen kaufen." „Du legst wohl weiter keinen Wert auf meine Begleitung 1" sagte er. „Das kannst du dir doch denken," erwiderte sie und schnitt ein Gesicht. „Denn sieh mal," sagte er belehrend,„wenn wir zusammen gehen, kaufen wir doch nie was Vernünftiges! wir bleiben ja immer nur vor den oerkehrten Schaufenstern stehen, wo die teuren Dinge sind, die wir nicht bezahlen können." „Um Cotteswillen, du brauchst ja gar nicht mitzukommen," sagte sie mit einer großartigen Geste und verschwand. Sie ging. Sie ging wirklich! Er war zweimal an der Tür. um sich davon zu überzeugen und holte wie aus Zerstreutheit seinen Hut, besaß aber glücklicherweise so viel Charakterstärke, um ihn wieder an seinen Platz zu hängen. Das fehlte noch, sich auf. drängen— niemals! Aber es war doch ein starkes Stück von ihr— na, auch gut! Dann setzte er sich an seinen Schreibtisch. Es verging eine ganze Zeit. Eine lange Zeit. Eine ganz unglaublich lange Zeit. Hm. Schön. Wenn man nur Gewißheit hätte— dann könnte man seine Verhaltungsmaßregeln danach treffen, sich darauf einrichten. Zum Donnerwetter, wo war denn der Hut bloß hingekommen! Ihr nachgehen? Das fehlte noch gerade, unter keiner Bedingung! Da kam sie. „Bist du fleißig gewesen?" fragte sie. „Wo bist du gewesen?" fragte er. „Nun paß mal aus!" sagte sie und ergriff ein Paket. „Was Ist das?" „Eine Tändelschürze." Sie hielt sich das Ding vor und sah sehr zufrieden aus. „Wozu ist denn die?" „Na, wenn ich koche, verstehst du: ich ruinlere mir ja sonst alle meine Kleider beim Kochen." „Aber du kochst ja gar nicht," sagte er. „Mal werde ich es doch wn." sagte sie und schnürte ein anderes Paket auf. „Und was ist das?" „Ein Rest apfelgrüner Chiffon, kannst du das nicht sehen?" „Ja, aber das Stückchen langt ja nicht einmal zu einer Bluse." „Ach." sagte sie rasch gefaßt,„den kann ich mir so hübsch uin den Kops drapieren, siehst du. so!" „Ist das auch beim Kochen notwendig?" fragte er. Dafür bekam er eine Ohrfeige: aber er hielt sie fest und zahlte es ihr auf ander« Weise heim. Als sie bald danach den apfelgrünen Ghiffon vom Boden auf- suchte, sagte er? „Und wo ist nun das Esten?" „Das Esten?" gab sie geistesabwesend zurück. „Ja. sollen wir denn Tändelschürze mit apfelgrünem Chiffon esten?" „Henrik," sagt« sie,„sei setzt endlich mal vernünftig, dann werden wir mal zusammen überlegen, was wir zu Mittag essen können?" „Hast du denn wirklich gar nichts eingeholt! Was ist denn in dem Paket da?" „Ach nichts." Sie zog es ihm schnell weg. „Gib mal her." „Nein!" „Gib mal gleich her!" »Fällt mir gar nicht ein!— Uebrigens— du kannst es dir meinetwegen ansehen, bitte, es ist ein Fez." „Ein Fez? Wozu denn in aller Welt?" „Gott , den kann man doch immer gebrauchen. Er ist ganz «cht. Der Araber oder Türke, der ihn mir verkaufte, sagte.«« wäre gerade ein« sehr günstige Gelegenheit, well man die setzt unten nicht mehr tragen darf." Er drehte den Fez in der Hank:„Ja, nun versteh« ich, weshalb du nichts zu Mittag gekauft hast," sagte er. „Nicht wahr" meint« sie erleichtert,„sonst hätte ich ja kein Geld mehr gehabt, um den Fez zu kaufen." „Aber ich/ habe Hunger." „Den hast du Immer," antwortete sie ärgerlich. „Weil ich nie was Vernünftiges zu esten bekomme!" „Du ißt ja den ganzen Tag! Uebrigens— bist du mit deinem Drief fertig?" „Nein," sagte er und seufzte. „Was ist es denn eigentlich für ein Brief?" Sie ging neu- gierig zum Schreibtisch. „Ja— sieh mal—* fing er an. „Liebste Asta!" las sie„Was ist dos für eine Afta?" „Weißt du. Asta. Asta— ist ein« Frau." „Das konnte ich mir denken." „Und sie hat, sie hat an mich geschrieben— und gefragt, ob es wahr wäre, daß ich mich verheiratet hätte— und—" „Gott , jetzt wird mir alles klar!" rief sie und schlug die Hände zusammen,„du hast einfach ganz vergessen, deine Verlobung mit Asta zu lösen!" „Durchaus nicht," sagte er gekränkt,„durchaus nicht, ich war gar nicht mit Asta verlobt!" „Wer sie liebte dich wohnsinnig?" „Jawohl, da» tat sie," sagte er,„meinetwegen lache du nur." „Aber wo» hat dir denn dies« Asta geschrieben?" „Lies," sagte er und gab ihr den Brief. Sie las:„Sie will sich das Leben nehmen?" sagt« sie und sah auf,„sie flebt dich um eine Antwort an? Ja, aber, dann antworte ihr doch, Menschenskind!" „Was soll Ich denn antworten?" „Das werden wir gleich erledigt haben, ich werd« es dir diktter»n. Also:„Liebste Asta!"— Na, das hast du ja schon." »Ja," sagte er verwirrt
Das Manifest der Wirtfchastsführer.
v I e wollen die Zollmauer zwiftben den Ländern niederreißen!— Ehe wir kommen, wird es woht nichts werden l
„Gut. Also:„Tief ergriffen und erschüttert über Deinen lieben Brief, send« ich Dir hiermit die erflehte Antwort." „Mach keinen Unsinn!" ..... Ach ja, es ist wahr, allzu war— ich bin verheiratet. aber Dein teures Bild, süße Asta—" „Hör nun endlich mit dem Unsinn auf, hilf mir lieber wirklich." „Na, dann noch einmal von vorn:„Liebste Asta! Ich liebe für Zeit und Ewigkeit— vorläufig— eine Andere." „Begreifst du denn nicht," sagte er,„daß es«in wichtiger Brief ist. sie hat mir doch geschrieben, sie will sich das Leben nehmen!" „Ach, stimmt so," sagt« sie,„das hatte ich ganz vergessen. Also jetzt pah auf:„Liebste Asta!" „Das habe ich ja doch schon längst!" sagte er mutlos. „Dein Brief hat mich tief betrübt." Er sah aus„Das schreibe ich jetzt wirklich." sagte er. „Na also." sagte sie triumphierend, weiter:„Ich hatte geglaubt, daß Du Dich etwas mehr beruhigt hättest, und ich hatte gehofft, daß unsere Liebe—* „Deine," warf er ein. „Nein,— unsere— das klingt höflicher, also„unsere Liebe"— nein,„also" darfit du doch nicht mitschreiben!.... Unsere Liebe in eine wahre und tiefe Freundschaft sich verwandeln könnte. Tiefe unterstrichen. Hast du das? Laß mal sehen." Sie las über feine Schulter gebeugt. „Das klingt großartig, nickt? Na. weiter:... Daß Du mir den Kummer antun könntest—" „Saß das Kitzeln!" sagte er und schüttelte den Kopf. „Ich habe ja bloß dein Ohr geküßt." — Pause.— „Na," meinte sie,„sei nun vernünftig, also— wo sind wir stehen geblieben.... den Kummer antun. Dir das Leben zu nehmen.--" „Fällt Ihr gar nicht ein," sagte er.„so redet sie bloß immer!" „Also:....vermag ich nicht zu glauben! Strich unter vermag.... Dein Andenken< ist mir zu teuer.--* „Was hast du denn immerzu zu lachen?" fragte er etwa» gereizt. „Soll ich lieber weinen?" „Nein," sagte er etwas betreten. „.... zu teuer und rein, rein unterstrichen." „Warum soll ich denn alles unterstreichen?" „Weil di« vielen Striche sich so großartig machen. Hast du das, weiter:.. als daß ich es von einem derartigen Gedanken verzerren lassen möchte." „Verzerren?" wiederholte er zögernd,„na, meinetwegen, asso wa» weiter?" „Dann fetze noch hinzu:.... Ich werde mich Deiner stets voll dankbarer Ergebenheit erinnern und—" „Warte mal.... Dankbarer Ergebenheit und— ja. was denn nun noch?" „.... und hoffe, daß wir un» in einer nicht zu fernen Zukunf als Freunde wiedersehen werden. Dein—— Dein ehe- maliger--* „Einen Augenblick!... Freunde wiedersehen werden. Dein— wie sagtest du?" „Dein ehemaliger--* „Nein, das geht nicht." „Dein Henrik." „Auch nicht," sagte er nachdenksich. „Dein treuer Freund." „Ach wo!" »Hall mal." sagte er,..... Dein Dir ergebener Henrik."
„Mit Strich drunter!" sagte sie. „Wo runter?" „Unter Dein und ergebener. So, nun lies mal das Ganze!" „Brillant!" lagt« sie, als er fertig war.„Aber weißt du, ich.. Hab« von deinem schwierigen Brief Hunger bekommen." „Na, dann los," sagt« er,„jetzt stecken wir ihn nebenan in den Briefkasten und gehen dann gleich weiter ins Restaurant zuin Mittagessen." (Berich tist« Uebirsehuna au« dem Dänischen von Frida Erdmute Bösel.)
Die teuersten Tiere. Der Handel mit Tieren ist ein Geschäft, das viele Usberraschun» gen mit sich bringt, denn die Moden wechseln schnell, und ein Schoß- tier, das heute noch sehr begehrt und hoch bezahlt wird, kann im nächsten J�hre sehr viel weniger wert sein. So herrscht z. B. jetzt in England und in den Vereinigten Stdaten eine große Nachfrage nach deutschen Schäferhunden. Für einen preisgekrönten Hund dieser Rasse namens Caro wurden 40 000 M. geboten. Eine Arne- rikonerin kaufte aus einer Hundeausstellung im vergangenen Jahr einen deutschen Schäserhund für die Summe von 36 000 M. Aber auch die kleinen Hunde, die heute nicht mehr so beliebt sind, er- zielen doch bisweilen noch erstaunliche Preise. Ein kleiner Spitz brachte aus der letzten Hundeausstellung in London 10 000 M., so daß für ein Gramm dieses teuren Tieres etwa 10 M. angelegt wurden. Der Wert der Tiere richtet sich natürlich nach Angebot und Nachfrage, aber es ist nicht nur die Seltenheit, die berücksichtigt wird, sondern auch das Wesen und die Schönheit de» einzelnen Tieres. Affen sind sehr billig zu haben, aber dann sind ee böse und unerzogene Tiere, an denen der Besitzer keine Freude hat. Für kleine Affen muß man häufig bedeutend mehr zahlen als für große, denn sie werden eifriger begehrt Dasselbe ist mit Schild- träten der Fall. Kleine Tiere kosten im Verhältnis mehr als große, aber in neuester Zeit ist auch nach großen Schildkröten eine beträchtliche Nachfrage, da man diese nützlichen Tiere, die viele Insekten vertilgen, in den großen Gärten der Landhäuser hält und in der kalte» Jahreszeit im Wintergarten unterbringt. Manche kleinen Schlangen werden mit Hunderten von Mark bezahlt, wenn sie zu.einer Art gehören, die sich leicht aufziehen läßt und später eine stattliche Größe erreicht. Ein Paradiesvogelweibchen kann da- durch sehr wertvoll werden, daß es ein Ei legt, und solch ein Para- diesvogel wird von Naturforschern hoch geschätzt, tm man bisher über die Aufzucht verschiedener Paradiesvoaelärten noch sehr wenig weiß. 2000 M. für ein« Katze ist eine Menge Geld, aber für Chinchilla -Katzen, die preisgekrönt sind, werden solche Summen an- gelegt. Unter den wilden Tieren sind nach den Mitteilungen eines Händlers die Giraffen am teuersten Ein Tiger ist mehr wert als mehrere Löwen , aber ein toter Schmetterling kann soviel wert sei" wie zwei tot« Tiger, wenn er sehr selten fit.
Das Work„Buchstabe". Buchstabe heißt eigentlich soviel wie Buchenstab und gibt somit die ethymologische Bestätigung dafür, daß die Schriftzeichen anfänglich in Holz oder andere Gegenstände geritzt wurden. Unsere Vorfahren bedienten sich des Buchenholzes, indem sie auf Buchenstäben ihre Schriftzeichen cingniben. Auch bei den Kalmücken hat man ganze Bücher gefunden, die au» beschriebener Baumrinde bestanden. Wahrscheinlich haben auch die alten Römer ibre ersten Mitteilungen In Holz eingeritzt, wenigstens stammt das Wort„Codex "(alte Handschrift) von caudex, was in unserer Sprache Holzklotz bedeutet. Auch das Wort„Rune " hat einen ähnlichen Ur- sprung. So hat der- dänische Gelehrte Wormius schon im 17. Jahr- hundert nachgewiesen, daß das Wort„Rune " von dem dänischen „ren" kommt, was soviel heißt wie„eine Furche ziehen" oder „ritzen". Zluch das englische Wort für„schreiben"„write " heißt eigentlich ritzen. Der Gebrauch der Feder bürgert« sich in Europa erst im Mittelalter, ein. Man verwendete zunächst die persische Rohrfeder, später den Gänsekiel und erst seit etwa 100 Jahren kennen wir unser« heutige Stahlfeder.