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Nr. 500 43. Jahrg. Ausgabe A nr. 255

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Der Borwärts" mit der illustrier ten Sonntagsbeilage ,, Bolt und Zeit" sowie den Beilagen Unterhaltung uno Wiffen", Aus der Filmwelt", Frauenstimme", Der Kinder­freund", Jugend- Borwärts" und Blid in die Bücherwelt" erscheint wochentäglich zweimal, Sonntags und Montags einmal.

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Zentralorgan der Sozialdemokratifchen Partei Deutschlands

Redaktion und Verlag: Berlin SW. 68, Lindenstraße 3 Sonnabend, den 23. Oktober 1926

Fernsprecher: Dönhoff 292-297.

Das Programm von Thoiry.

Aussprache zwischen Briand und Hoesch.

William- Bertrands, für die er sich, nach seinen Angaben, die Zustimmung weiterer Parlamentarier gesichert hat. Dennoch wäre die Bedeutung dieser Erklärung, falls fie wirklich authentisch ist, nicht zu unterschäßen. Denn sie be­sagt u. a.:

Paris , 22. Oftober.( Eigener Drahtbericht.) Ueber den Be-, we gig. Es handelt sich nur um eine private Erklärung fuch, den der deutsche Botschafter von Hoesch am Freitag bei Briand gemacht hat, wird von amtlicher deutscher Seite in Paris folgendes kommuniqué verbreitet: Der deutsche Bot­schafter von Hoesch hatte am Freitag vormittag eine Unterredung mit dem franzöfifchen Außenminister Herrn Briand . Die Unter­redung bedeutet die erste Fühlungnahme des Botschafters mit dem Außenminister nach seiner Rückkehr. Es wurden dabei in großen Zügen die durch die Unterredung von Thoiry auf­geworfenen Probleme berührt. Briand reist am Freitag für drei bis vier Tage aufs Land. Nach seiner Rückkehr, das heißt in der zweiten Hälfte der nächsten Woche, foll eine neue Unterredung des Botschafters mit Herrn Briand stattfinden."

In dem amtlichen Kommuniqué, das von franzöfifcher Seite dazu ausgegeben wird, heißt es außerdem, daß Herr von Hoefch mit feinerlei präzisen Borschlägen an Herrn Briand herangetreten sei und die beiderseitigen Sachverständigen gegenwärtig im Begriff feien, die einzelnen Punkte, die das fo­genannte Programm von Thoiry bilden sollen, auszuarbeiten. Dieses Programm intereffiere im übrigen, so schließt die amtliche franzöfifche Auslaffung, nicht nur Frankreich und Deutschland , sondern alle Unterzeichner des Friedens von Bersailles.

Die Erklärung des Abgeordneten William- Bertrand. Die Dresdener Neuesten Nachrichten" versichern auf Grund eingehenden Materials, das sie von ihrem Pariser Korrespondenten erhalten haben, daß die von uns als offen­bare Mystifikation gekennzeichnete Erklärung radikal- sozia­listischer Abgeordneter auf dem Parteitag von Bordeaux authentisch fei. Sie stamme vom Abgeordneten der Charente William Bertrand, der sie im Namen feines Bezirksverbandes und unter ausdrücklicher Zuftim mung anderer Bezirksverbände, sowie einer größeren Anzahl anderer Parlamentarier ihrem Korrespondenten übergeben habe.

Unsere Angabe, daß es keinen radikalen Abgeordneten Bertrand gebe, müssen wir dahin forrigieren, daß ein 2b­geordneter William- Bertrand, der unter diesem Doppelnamen im französischen Parlamentsverzeichnis unter dem Buch­staben," registriert ist, tatsächlich existiert. Wenn indessen in manchen Blättern jene Erklärung als eine Resolution des radikalen Kongresses von Bordeaug bezeichnet worden ist, so ist das, mie mir bereits festgestellt haben, völlig ab

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Für die Erwerbslosen.

Die Regierungsparteien vernünftiger als die

Regierung.

M

,, 1. Ich hätte die Annullierung aller Kriegsschulden begrüßt, sowohl der deutschen Schulden an Frankreich wie auch der französischen Schulden an England und an die Vereinigten Staaten . Diese Hoffnung ist jedoch enttäuscht worden.

2. Ich bezeichne mich als Anhänger einer fofortigen Räumung des linken Rheinufers und der Rüdgabe des Saargebietes nur unter den zwei folgenden Bedingungen: a) daß Deutschland durch Trans ferierung gut fundierter Werte Frankreich hilft, die Be­friedigung seiner inneren und äußeren Gläubiger zu erleichtern und b) daß die deutsche Regierung diesen Vorschlag nicht als einen Att der Schwäche betrachtet, sondern als Beweis des Friedens willens des französischen Bolles.

3. Ich glaube, daß die französisch- deutsche Verständigung nur das Vorspiel einer allgemein europäischen Befriedung zum Zwecke der Errichtung der Vereinigten Staaten von Europa ( Baneuropa) im Rahmen des Böllerbundes bildet.

Auge, und ganz besonders die Beseitigung des polnischen Korridors Daher faffe ich auch eine Revision des Versailler Vertrages ins und die Rückgabe Danzigs zu Deutschland unter dem Borbehalt, daß Polen Handelsfreiheit durch deutsches Gebiet rechtlich gewährt erhält. und daß die von rein poinifcher Bevölkerung bewohnten Gebiete Boien endgültig verbleiben. Diese Revision muß ihre Ergänzung durch die schärfere. Anpassung der Berträge von Trianon und Saint Germain an das Selbstbestimmungsrecht der Völker erhalten.

4. Die Vereinigten Staaten von Europa werden nur errichtet werden nach Schaffung eines Modus vivendi zwischen den europäi­ichen Staaten und der USER., wobei jede Propaganda jenseits der Grenzen beiderseits zu unterlassen märe.

5. Ich erkläre, daß die überwältigende Mehrheit des franzöfifchen Boltes einer Anerkennung der Schulden an England und Amerika abgeneigt ist und jedem Vertrag. der Frankreich einen Tribut auf­erlegen follte, die direkte Verständigung mit Deutschland vorziehen würde."

Diese Erklärung ist so aufsehenerregend, daß, wenn fie tatsächlich von zahlreichen Parlamentariern der radikalen Partei gebilligt wurde, sie wirklich geeignet wäre, neue Per fpeftiven zu öffnen.

Die auf Beranlaffung des Landbundes eingeleiteten Berhandlungen haben nun dazu geführt, daß die Chriftlichsozialen die kandida­fur des Seipelianers Dr. Rintelen zurüdzogen. Zum Landeshauptmann ist bereits der christlichsoziale Abgeordnete Profeffor Dr. Gürtler gewählt. Die energische Affion der sozial­demokratischen Abgeordneten hat also zum vollen Sieg geführt. Der Eindruck dieser Tatsache in der ganzen Republik wird wahrhaftig nicht gering fein und das Ansehen Seipels ganz gewiß nicht ver­größern.

Vorwärts- Verlag G.m.b.H., Berlin SW. 68, Lindenstr.3

Boftschecktonto: Berlin 37 536 Bankkonto: Bank der Arbeiter, Angestellten und Beamien, Wallstr. 65; Diskonto- Gesellschaft, Devofitentaffe Lindenfte. 3.

Orgesch/ Reichswehr / Fememorde

Psychologische Randglossen zu den Münchener Verhandlungen.

Von K. Mayr, Major a. D.( München .)

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In einer der zahllosen Bernehmungen aus Anlaß eines Fememordes" hat ein verständiger unterer Kriminalbeamter über einen der führenden Desperados einmal ausgesagt: Ich suchte B. in seinem Bureau auf. Er faß auf einem Stuhl und machte einen sehr knabenhaften Eindruck, so daß ich ihn zu­nächst für einen Bureauangestellten hielt. Auf meine Frage ( nach der Verwendung eines Autos der Landesleitung der Einwohnerwehr", auf dem ein Mord passiert sein mußte) geriet er in große Verlegenheit; er fagte, im Interesse des Staates fönne man das nicht sagen; er wisse ja auch gar nicht, wie ich politisch eingestellt sei."-Schon diese Schilderung erschöpfte die Situation: Knabenhafte unreife hineingestellt in Staatsgeheimnisse"! Kaum jemals ist( wohl nicht einmal in amerikanischen Bräsidentenwahlen!) eine derartige Summe von Geld, redne­rischer Betriebsamkeit und Druckerschwärze verausgabt wor den wie zugunsten der Organisation Escherich 1919 bis 1921 zunächst in Bayern , dann im ganzen Reich. 1920 war sie eine Dachorganisation geworden, in der alle möglichen Einzel­verbände, so auch der Jungdeutsche Orden sich untergestellt hatten. Sie war ab 1919 geschaffen worden, nachdem die Tragikomödie der Münchener Räteregierung vornehmlich württembergische Hilfe beseitigt war. Einige hundert Mann, durch preußische, sächsische, thüringische, fränkische und Sonderkorps heranführte, spielten damals faum eine Rolle. die der Befreier Münchens ", der General von Epp, als Die Marinebrigaden, andererseits haben sich in dem gleichen Maße als sie sich 1919 zögernd furchtsam an die Stadt heran­Maße als sie sich 1919 zögernd furchtsam an die Stadt heran­gefühlt, unnötig brutal in der Stadt aufgeführt. Kappist ist Escherich nicht gewesen, wohl aber Mandatar jener im unter deren Druck das bayerische Ministerium Hoffmann Rahmen der Einwohnerwehr stehenden Freiwilligenbataillone, seine Position aufgab. Diesen historischen Titel fann ihm nicht einmal der spätere volksparteiliche Reichstagsabge= in die Reichswehrkasernen, bis in die Offiziersversammlungen ordnete Karl von Schoch streitig machen, der damals bis drang:" Sie müssen handeln, Herr General, wenn Sie nicht handeln, so tue ich es."

Die

Die Orgesch," so heißt es in einem Werbeblatt von 1920, Dingen." Tatsächlich war ihre Gliederung im großen und ,, befaßt sich nach ihren Satzungen nicht mit militärischen als Stabschef" die Leitung organisiert nach dem Muster im einzelnen eine rein militärische. Ein Generalstäbler hatte etnes Armeekommandos. Zahllose Waffendepots! Bestände bis herab zum Leibriemen, der Feldflasche und den teuersten optischen Instrumenten! Nicolai- Abteilung war in diesem Miniaturhauptquartier ein­Kraftwagenparts! Sogar eine gerichtet. Gelder in Hülle und Fülle! Die Klippe der ,, ehren­amtlichen" Beschäftigung war mit honorigen Aufwandent­fchädigungen umschifft. 3war sollte die Orgesch keinen Der vom Sozialpolitischen Ausschuß des Reichstags eingesetzte parteipolitischen Charakter tragen". Aber schon in der baŋe= Unterausschuß beschäftigte sich am Freitag eingehend mit den An­rischen Einwohnerwehr war feit 1919 fyftematisch mit der trägen auf lmgestaltung der Erwerbslosenfürsorge. Säuberung von sozialistischen Elementen begonnen. Die Sozialdemokraten verlangten eine allgemeine Escherich- Hefte", eine fostspielige Maffenpublikation, ver­Erhöhung der Unterstüßungsfäße um 50 Proz. Das 3entrum raten beffer als alles sonst den rein konservativen Charakter. forderte eine Erhöhung der Säße für die Ledigen um 20 Proz. Der Landeshauptmann wird schließlich Reichshauptmann. und eine Erhöhung der Gesamtunterstützung um 10 Proz., die be­Zum äußeren Zeichen, daß, wie bei allen großen konser­sonders den kinderreichen Familien zugute fommen soll. Der Ver­Wien, 22. Ottober.( WIB.) Zu Beginn der heutigen Verhand­vativen, in der Ordnungszelle" inszenierten Theateraktionen treter der demokratischen Fraktion sprach sich für eine lungen mit den Beamten sprach Bundeskanzler Seipel die Mahlo auch hier, Dr. Heim der geheime Macher sei, erfolgt die Erhöhung der Säße für die Ledigen aus und stimmte auch der an­geregten Erhöhung der Gesamtunterstügung zu. Er bezeichnete eine friftungen Nervosität hervorriefen. Er tänne fich mit einer etappen nung aus, teine Ultimaten zu stellen, weil derartige Be­Aufhebung der Unterstützungsdauergrenze, die jetzt 52 Wochen beweisen Balorisierung der Gehälter nicht befreunden, hege da­trägt, als notwendig. Wenn das nicht durchzuführen wäre, müßte gegen großes Intereffe fürdie Angleichung des österreichischen die Unterstützungsdauer mindestens um drei Monate verlängert Beamten rechts an das deutsche Beamtenrecht, wo fein werden. Die Vertreter des Zentrums sprachen sich weiter dahin aus, Streit recht bestehe, jedoch die berechtigten Bedürfnisse der Bennige Berbindung zum ehemaligen Kronprinzen Rupp= daß die Unterstützung der Ausgesteuerten weiter den Gemeinden amtenschaft gesetzlich festgelegt seien. überlassen wird, das Reich aber verpflichtet werden sollte, mindestens 80 Proz. dieser Aufwendungen zu ersetzen. Bon deutschnationaler Seite wurde die Einführung von Lohntlassen gefordert.

Die Beratungen wurden dann abgebrochen. In der nächsten Sigung des Unterausschusses am Dienstag nachmittag soll die Re­gierung sich über die finanzielle Wirkung der einzelnen Vorschläge

äußern.

Sieg der steirischen Genossen.

Rintelen erledigt.

Graz , 22. Oftober.( Eigener Drahtbericht.) Die radikale O b-

Seipel und die Beamten.

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Das deutsche Beamtenrecht ist schon lange in Ausarbeitung be­griffen, wie es schließlich aussehen wird, bleibt abzuwarten; aber für Anschluß- Borarbeit eintreten zu sehen die Beamten wie immer es gestaltet wird und so erfreulich es ist, Herrn Seipel drüben fordern vor allem jetzt eine Besoldung, die ihnen gestattet, den Hungerriemen gerade nur etwas zu lockern. Und da muß ge­handelt, nicht zugeredet werden!

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Stellvertretender Landeshauptmann wird eine Kreatur des Erhebung des Landeshauptmanns" zum Reichshaupt­mann" im historischen Rathaussaal zu Regensburg". Bauerndoktors, der Geometer Kanzler. Der ministerielle Plazhalter des Dr. Heim, der Herr von Kahr, gilt als der präsumptive Disponent des Machtinstruments Orgesch". recht wird aufgenommen und gepflegt. Ethos und Geld­beutelintereffe werden vermählt; denn es geht darum, so heißt es, daß ,, die Staatsautorität gesichert ist und der Wieder­aufbau unserer zerrütteten Moral und Volkswirtschaft un gestört vor sich gehen kann".

ff ruftion der sozialdemokratischen Abgeordneten im fleirischen Sechste Werbebeilage des Vorwärts: Reichswehr zusammen mit den Bolizeikräften wahrhaftig als

Landtag gegen die Wahl des in den Bankskandalen schwer tompro­mittierten chriftlich- sozialen Führers und gehäffigen Antifozialisten Dr. Rintelen zum Landeshauptmann hatte die kleine Gruppe des Landbundes zu dem Verfuch getrieben, dem Kampf ein Ende zu machen. Gewaltige Rundgebungen der steirischen Arbeiter hatten das Vorgehen der sozialdemokratischen Fraktion nicht nur gebilligt, sondern ihnen auch jede Unterstüßung verbürgt. Internationale

Politik. Emile

Vandervelde: Völkerverständigung. Otto Wels: Internationale Friedensarbeit. Wolfgang Schwarz: Das Problem der Abrüstung. Adele Schreiber: Ausland und Sozialdemokratie.

Reichswehrtreifen einzubilden, daß in der Dr­3u gleicher Zeit aber schien man sich in gesch( der Zusammenfassung bewaffneter Verbände) der neu­zeitliche Notersaz der allgemeinen Wehr= pflicht gefunden sei. Eine Organisationsform, gesäubert obendrein von allen dolchftößlerischen Elementen! Denn ein rein innenpolitisches Polizeibedürfnis konnte doch unmöglich vorliegen. Innenpolitisch mußte das Machtinstrument" der start genug gelten. Nein, das Zusammenspiel von Reichs­wehrstellen mit der Orgesch fonnte, dies war das Gefühl in den ,, vaterländischen" Boltsschichten, nur außenpolitisch motiviert sein. Der Name Orgesch" in weitestem Sinne natürlich verstanden einschließlich auch ihrer Verbindung zur Schwarzen Reichsmehr! Nur deshalb wird( im ,, Bolfs= empfinden"!) der Waffenverrat, auch in den Spalten

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