Industrie und j Das Existenzminimum Der Kampf um die Neugestaltung des Finanz- a u s g l e i ch s, der den Anteil des Reiches und der Gemeinden an den Steuereinnahmen regelt, ist in ein neues Stadium getreten. In Erwiderung auf die Denkschrift des Deutschen Städtetages hat eine Reihe von Spitzenverbänden der deutschen Industrie- und Handelskreise, nämlich der Zentralverband des Deutschen Bank- und Bankiergewerbes, der Deutsche Industrie- und Handelst« g, die Haupt- gemeinschaft des deutschen Einzelhandels, der Reichs- verband der Deutschen Industrie und der Zentral- verband des deutschen Großhandels. Leitsätze ausge- arbeitet, die in einzelnen Punkten eine Annäherung an den Standpunkt der Gemeinden darstellen, im großen und ganzen jedoch eine Fortsetzung der bisher bereits von den Industrie- und Handelsunternehmern vertretenen Gedankengänge bedeuten. Diese Leitsätze gehen davon aus, haß der Druck der Ein- kommen- und Gewerbe st euer so groß sei, um eine durch- greifende Milderung erforderlich zu machen. Die Leitsätze fahren fort: Steuerliche Erleichterungen sind im übrigen für die Wirtschaft durch Einschränkung der öffentlichen Ausgaben auf allen Gebieten in Verbindung mit einer gerechten Lastenverteilung und durch eine wesentliche Vereinfachung und Rationalisierung des ganzen Steuersystem» zu schaffen. Diese Aufgabe ist nur durch eine zweckmäßige Ge- staltung des Finanzausgleichs zu lösen. Da» Finanzausgleichs- Problem muß in erster Linie als«in volkswirtschaftliches betrachtet werden: die wirtschaitlichen Interessen an Herabminderung der Steuerlast und der Vereinfachung des Systems müssen unter den heutigen Verhältnissen hierbei ausschlaggebend sein. Im einzelnen sind für die Gestaltung des Finanzausgleichs folgende Gesichtspunkte zu berücksichtigen: a) Die steuerliche Ueberlastung der Wirtschaft beruht zum großen Teil auf der Vielheit der Steuern und der Z e r- splitterung des Steuersystems in Deutschland . Nur eine durchgreifende Vereinfachung des Steueraufbaues und Schaffung fester Relationen zwischen den einzelnen Steuerarten kann hier Erleichterungen bringen. Diese beiden Maßnahmen werden aber in erster Linie durch die gegenwärtig ganz ungleich- artige und unübersichtliche Gewerbe st»uergesetzgebung derLänder stark gehemmt. Es bedarf daher einer Zusammen- fassung der Gewerbesteuergesetzgebung in einem Retchsrahmen- gesetz. In diesem muß Umfang und Bewertung des Gewerbe- ertrage» sowie des Gewerbekapitals an die im Rsichseinkommen- und Körperschaftssteuergesetz sowie im Reichsbewertungsgesetz fest- gelegten Grundsätze angepaßt werden. d) An Stelle der Vielheit der Steuerbehörden des Reiches, der Länder und der Gemeinden müssen einheitlichzusammen- gefaßte Behörden in Fortentwicklung der Gedanken de» Reichsbewertungsgesetzes treten. Bei der Zusammensetzung und Tätigkeit dieser Behörden ist die Mitarbeit der Länder und Gemeinden sicherzustellen sowie ihre Erfahrung auf dem Gebiete der betreffenden Steuern nutzbar zu machen. Die Vereinfachung der Verwaltung»st insbesondere auf dem Gebiete der Gewerbesteuern durchzuführen. c) Es bedarf eingehender Prüfung, ob und in welcher Form das im Finanzausglcichsgesetz für die Länder und Gemein- d e n in Aussicht genommene Recht, selbständig Zuschläge zur Reichscinkommensteuer zu erheben, in dem endgültigen Finanzausgleich aufgenommen werden kann. Jedenfalls käme für die Wirtschaft ein solches Zu- schlagsrecht nur dann in Betracht, wenn die sichere Gewähr besteht, daß derartige Zuschläge nicht das Maß einer v c r- nünftigen Gesamtbelastung der Wirtschaft in dem oben dargelegten Sinne überschreiten. Die bisher erörterten Kautelen gegen eine Uebcrfpannung der Zuschläge, insbesondere der Hinweis auf das Aussichtsrecht der Länder reichen nach dieser Richtung hin nicht aus. Der Gedanke der Selbllverantwortung der Gemeinden bei der Zuschlagserhebung kann sich nur dann aus- wirken, wenn diejenigen, die in den Gemeinden über die Steuern zu beschließen haben, auch unmittelbar von einer Erhöhung dieser Steuern mitbetroffen werden. ä) Das den berufsständifchen Vertretungen zustehende A n- h ö r u n g s- und Einspruchsrecht bei der Auferlegung der die Wirtschaft in besonderem Maße treffenden Gewerbesteuern, das bisher nur in einzelnen Teilen Deutschlands besteht, muß für das ganze Reich einheitlich weiter ausgestaltet werden. e) Eine neue organische Verteilung der Aufgaben zwischen Reich, Ländern und Gemeinden unter Berücksichtigung des Grund- gedankcns, daß
manzausgleich. soll versteuert werden. keine Aufgaben ohne Sicherstellung der hierfür erforderlichen Mittel auferlegt werden dürfen, ist notwendig. Daran muß sich die Vec- einheitlichung und Otfenlegung der Haushaltspläne, insbesoitdere der Gemeinden schließen, damit eine stete Uebersicht über die Finanzgebarung der öffentlichen Körperschaften möglich ist. Die bereits in die Wege geleitete Statistik über die Finanzgebarung der Länder und Gemeinden ist mit größter Beschleunigung fertig- zustellen und weiterzuführen. Eine baldige endgültige Ausgestaltung des Finanzausgleichs unter Berücksichtigung der vorerwähnten Gesichtspunkte liegt im dringenden Interesse der Wirtschaft. Sollte es mangels rechtzeitiger Fertigstellung der Finanzstatistik der Länder und Gemeinden zu einer kurzen Verlängerung des gegen- wältigen Finanzausglelchs-Provisoriums fiAimen— ein Aufschub, der der Wirtschaft angesichts der gegenwärtigen drückenden Steuer» belastung durchaus unerwünscht wäre—, so müssen in jedem Falle die vorerwähnten Gesichtspunkte bereits bei dieserVerlänge- rung berücksichtigt und insbesondere die Grundzüge der künftigen Gestaltung des Finanzausgleichs schon jetzt erörtert und in Richtlinien festgelegt werden. Diesen Leitsätzen sind zwei Gutachten von vr. d. e. Benno Becker , München , Senatspräsidenten am Reichsfinanzhof, und Profesior Dr. Albert H e n f e l, Bonn , beigegeben, die in großer Ausführllchkeit die Thesen der Industrie begründen, manchmal jedoch auch in einem Widerspruch zu den Forde- rungen der Unternehmer stehen. Die Erweiterung der Steuerrechte der Gemeinden, wie sie von den Unternehmern gefordert wird, läuft auf eine schwere zusätzliche Belastung der arbeitenden Massen hinaus. Davor, den Gemeinden ein unbeschränktes Recht der Erhebung von Zuschlägen zur Einkommensteuer zu geben, schrecken selbst die Industriellen zurück. Sie wollen die Zuschläge von vornherein begrenzt wissen, um die großen Einkommen nicht zu sehr zu belasten. Dagegen wollen sie mindestens unter bestimmten Bedingungen das steuerfreie Existenzminimum der Minderbemittelten mit zur Bestreitung der Gemeindelasten heranziehen, ohne eine bestimmte untere Grenze der zulässigen Besteuerung vorzu- ehen. Man denkt sich die Sache so, daß das steuerfreie Exi- tenzminimum herangezogen werden soll, wenn die Gewerbe- teuer und die Realsteuern eine gewisse Höhe über- ch r e i t e n. Dabei findet sich In dem Gutachten des Senats- Präsidenten Becker eine Stelle, die diese ganze Regelung rund heraus als p o l i t i s ch und bis zu einem gewissen Grade auch als wirtschaftlich unmöglich bezeichnet. Becker schreibt wörtlich: „Weiter fragt sich, ob die Heranziehung der lohnsteuerfreien Teile zu den Gemeindezuschlägen politisch erreichbar ist. Ich glaube: schwerlich! Alle die Gr ü n d e. dl« mit großer Wucht und mit Erfolg noch lürzlich gegen die Ausdehnung des Existenz- Minimums bei der Einkommensteuer geltend gemacht sind, werden auch gegen die Erstreckung der Gemeindezuschlöge auf die lohnsteuersreien Teile geltend gemacht werden Man darf auch nicht übersehen, daß die große Menge der Vevälkerung durch die Zölle und Verbrauchssteuern, weiter durch die meist gar nicht beachtete vcfördcrungssteuer und endlich auch die Umsahsteuer ent- sprechend unserer gesamten Notlage schon schwer genug belastet ist. Man wird auch nicht sogen können, daß die Arbeiter die auf die lohnsteuerfreien Teile entfallenden Steuerbetröge abwälzen könnten. Schließlich scheint mir die Heranziehung der lohnsteuerfreien Teile dem Zuge der Entwicklung zu widersprechen. die nach heftigen Kämpfen in dem gegenwärtigen Ergebnis vor- läufig ihren Abschluß gefunden hat und die dahin zu gehen scheint, ähnlich wie in England die Lohnsteuer immer mehr auf die einiger- maßen leistungsfähigen Lohnempfänger zu beschränken. Läßt sich aber politisch nicht erreichen, daß die lohnsteuersreien Ein- kommensteile durch die Zuschläge getroffen werden, so fällt damit die wesentliche und unerläßliche Voraussetzung für die Ge- Währung des Zufchlagrechtes. Dann bliebe als Sicherung der Wirt- fchaft gegen eine Ueberlastung durch Gemeindezuschläge nur das Genehmigungsverfahren."' Aber auch dieser Ausweg erscheint dem Berfasser des Gut- achtens als a b w c a i g. Er l e h n t mit Rücksicht auf die gegenwärtige Wirtschaftskrise das Zuschlagsrecht ab und beschränkt sich auf die Forderung nach einem Abbau der öffentlichen Ausgaben und Schaffung eines Lasten- ausgleichs für wirtschaftlich schwache Gemeinden. Man sieht, daß selbst ein van der Industrie als maßgebend anerkannter Gutachter in dieser für die Arbeiterschaft entscheidenden Frage anderer Meinung als der Unternehmer ist.
Vertagung i'n Lanösberg. Der Angeklagte Schulz über die„Schwarze Reichswehr ". Das zweite Verfahren der in Landsberg verhandelten Fem e m o r d a f f ä r e n hat am Dienstag nachmittag eine ebenso überraschende wie bedenkliche We n d u n g genommen. Noch am Vormittag hatte der Vorsitzende, Land- gerichtsdirektor Weßling, mit scharfen Worten den Ausdruck „Schwarze Reichswehr ' gerügt, weil es eine solche„nie ge- geben" habe. Aber wenige Stunden später, als der wegen An- stiftung versuchter und vollendeter Fememorde angeklagte Oberleutnant Schulz zum ersten Male vernommen wurde, da ergab sich aus seinen Darlegungen klipp und klar, daß die sogenannten„Arbeitskommandos", die ihm unterstanden, und bei denen dieses Verbrechen verübt wurde, eine zwar heim- liche, aber durch das Wissen und die Begünstigung der oberen Reichswchrstcllen durchaus„legale" Einrichtung gewesen sind! Diese Enthüllung ist in Wirklichkeit längst keine Enthüllung mehr. Am allerbesten ist das Ausland darüber unterrichtet, wie der Oberstaatsanwalt Rohrlack in der Montagsverhandlung mit Recht angedeutet hat. Auch in Deutschland waren die Dinge wenn auch nur oberflächlich, schon längst bekannt. Und wenn diese Aussage des Schulz fenfatio- nell w'rkte, so lediglich deshalb, weil zum erstenmal in öffentlicher Gerichtsverhandlung die Dinge beimrechtenNamengenannt wurden. Gerade diese Talsache aber scheint auf das Gericht einen so niederschmet- ternden Eindruck gemacht zu haben, daß es den ersten besten Vorwand— Nichterscheinen eines Zeugen— benutzte, um die Verhandlung ohne Festsetzung eines neuen Termins zu vertagen. Dieser Beschluß erscheint um so bedenklicher, als erstens ein zwingender Grund für die Vertagung nicht gegeben war und zweitens der Angeklagte Schulz außer den oben erwähnten Bebauvtungen, die in ihrein Kern richtig fein dürften, ganz unsinnige Angaben über eine angebsiche Förderung der .Llrbeitskommandos" durch den preußischen Minister Genos- sen S e v e r i n g gemacht hat. Für jeden, der über die Tätig» keit des Genossen Severing, besonders im Jahre 1923, Bescheid weiß, kann es keinem Zweifel unterliegen, daß diese Behaup- tungen des um seinen Kopf kämpfenden Schulz erkennbarer Unsinn sind. Wenn es einen Menschen gibt, der die„Arbeits- kommandos", genannt„Schwarze Reichswehr ", unablässig bekämpft hat und der sich dabei unauslöschliche Verdienste um die innen- und außenpolitische Konsolidierung der deutschen Republik erworben hat, so ist es gerade Genosse Karl Severing . Dieses Wirken Severings bedeutet— im Gegensatz zu der Tätigkeit mancher Reichswehrstellen— einen besonders wert- vollen Aktivposten für die deutsche Außen» Politik. Nicht zuletzt aus diesem Grunde halten wir es für un- erläßlich, daß die Angaben des Schulz so schnell wie möglich. sei es durch offizielle Erklärungen zuständiger Stellen, sei es durch eidlicheundöffentlicheZeugenausfagen, widerlegt werden. Da aber anscheinend der Prozeß bestenfalls erst in einigen Tagen wieder aufgenommen werden wird, gebietet das Interesse des Reichs, daß die zuständige Behörde, in diesem Falle das preußische Ministerium des Innern, unbeschadet um dos schwebende Verfahren die Aus- sagen des Schulz unverzüglich ins rechte Licht fetzt.
Ruth Iistber niedergeschrieen! AuS dem„Fall Heintg" ward ei« Fall Ruth! Gestern abend fand die vom„Rußlandkomitee" groß ange- . ndigte Versammlung zum„Fall Heinig" statt. Der Redner Beck wiederholte die unseren Lesern aus dem„Vorwärts" genügend be- kannte Begründung für die Verweigerung der Einreise- erlaubnis für-den Genossen Heinig. Beck sprach allerdings viel weniger über den Fall Heinig, als gegen die Gewerkschaften und die sozialdemokratische Presse, die Berichte von den„Rußland- delegationen" nicht bringe. Da sich Sozialdemokraten nicht bereit fanden, als Diskussionsredner die kommunistische Versammlung interessant zu machen, so meldete sich zu aller Ueberraschung Ruth Fischer . Erst verlegenes Schweigen in der Versammlung, dann Protest. Doch ließ die Versammlungsleitung sich herab, unter Protest der Versammlung für die einst gefeierte Führerin zehn Minuten Redezeit(!) zu bewilligen. Nachdem Ruth Fischer sich mit der Behandlung des„Falles Heinig" durch die Sowjetbureoukraten ein- verstanden erklärt hatte, wollte sie die Lehren aus solchen Vor- kommnissen ziehen. Wütender Protest stürm der Versomm- l u n g hinderte sie am Weitersprechen Erst nachdem die Leitung sich für ein Weitersprechen einsetzte, konnte Ruth Fischer auch die Parteispaltung tn Rußland besprechen. Sie suchte Sinowjew zu verteidigen, indem sie dre Opposition als die wahren Kämpfer für die Weiterführung der Oktoberrevo- l u t i o n feierte. Der schwache Beifall, den die engeren Freunde der Rednerin spendeten, wurde bald erstickt durch den stürmischen Protest, den die gut gedrillte Mehrheit der Versammlung ihr entgegenschrie. „Du hast die Partei gespalten!" rief man ihr zu. Und der Haupt. redner des Abends, Beck, hielt es für nötig, der einstigen Führerin im unverfälschten kommunistischen Phrasenkampf eine lehrreiche Standpauke über— Parteidisziplin zu halten! So wuchs sich der„Fall Heinig" wider Erwarten zu einem Fall Ruth Fischer aus. Die kommunistischen Dersammlungsbesucher hatten ein anderes Opfer ihrer„revolutionären Unfehlbarkeit" gefunden.
Matts Nachfolger. Dr. Goldenbergcr bayerischer Kultusminister. München , 2K. Oktober.(Eigener Drahtbericht.) In der am Dienstag nachmittag abgehaltenen Sitzung der Landtagsfraktion der Bayerischen Volkspartei ist endlich die Entscheidung über den Nachfolger des kürzlich zurückgetretenen bayerischen Kultus- Ministers Dr. Matt gefallen. Auf Vorschlag der Bayerischen Volkspartei wird nunmehr der Ministerpräsident im Einverständnis mit dem Landtag das Ministerium jür Unterricht und Kultus mit dem bisherigen Ministerialdirektor Dr. Goldenberger besetzen. Goldenberger entstammt der juristischen Beomtenlaufbahn. war zuletzt Bezirksamtmann in Niederbayern . Von diesem Posten wurde er im Jahre 191S unter Knilling als Referent in das Kultus- Ministerium berufen. Er bearbeitete hier lang« Jahre das st a a t s- kirchenrechtliche Referat und wurde in dieser Tätigkeit der eigentliche Verfasser des bayerischen Konkordats mit der Kurie und der gleichzeitig abgeschlossenen Staatsverträge mit den evangelischen Landeskirchen. Goldenberger steht im SO. Lebens- jähr und ist geborener Münchener .
Die literarische slkaSemiefektion. Eröffnung durch Minister Becker. Am gestrigen Dienstag Ist in der Akademie der Künste die neue Sektion für Dichtkunst feierlich eröffnet worden. Der Akademie- Präsident Max Liebermann hielt eine programmatische Be- grüßungsrede, in der er hervorhob, daß der erste Kultusminister der Republik Preußen, unser viel zu früh verstorbener Conrad Haenisch, die Idee einer literarischen Akademiesektton mit Begeiste- rung aufgenommen hat. Liebermann sagte auch jedem neuen Geist unvoreingenommene Förderung zu. Er begrüßte die neuernannten Mitglieder Fulda . Arno Holz , Thomas Mann , Hermann S t e h r und den Senator Petersen: der andere Senator B u r d a ch war durch Krankheit am Erscheinen verhindert. Dann mahnte der Präsident, nicht in einem unfruchtbaren Streit um die Form der Körperschaft zu vergessen, daß auch hier der Geist sich den Körper baue. Minister Dr. Becker führte au», daß die Sektion für Dicht- kunst die erste staatlich autorisierte Vertretung des deutschen Schrift- tums sei. Aus ihrem noch gar nicht ganz zu übersehenden Ausgaben- kreis hob der Minister die Frage der Dauer der gesetzlichen Schutz- frlst für Werk« der Literatur, die Schiller - und Nobelpreise, fowc« Maßnahmen zur Linderung dringendster Not der freien Geistes- arbeitcr hervor. Er stellte einen literarischen Staatspreis von 3000 M. In Aussicht und teilt« mit, daß die Witwe de, verstorbenen Ehrenmit- gliedes der Akademie, Eduard Arnhold , einen jährlich zu verleihen. den Literaturpreis von 2000 M. gestiftet hat. Nachdem der Minister dann noch weitere Ausführungen über das Verhältnis von Kunst und Staat gemacht hatte, sprach Thomas Mann in geist- voller Rede über dieses Thema, besonders über die dem Schriftsteller unentbehrliche radikale Freiheit, über die außergejellschaftliche Aben- teuerlichkeit und Unbedingtheit setner Existenz. Damit zielte Thomas Mann auf den Widerstand sehr bedeutender Schriftsteller gegen die neuerrichtete Literarische Alademiesettion, t« welchem Schritt der
Redner nichts weiter sehen will als die Anerkennung und amtliche Bestätigung schon bestehender Tatsachen, nämlich der beträchtlichen Hebung, die die Stellung des Schriftstellers in der deutschen Notion erfahren habe. Er versprach zum Schluß, daß die bevorstehenden Ergänzungowahlen mit vollem Freisinn und nur mit dem Sinn für Rang und Würdigkeit vorgenommen werden sollen. * Arno Holz läßt uns eine Erklärung zugehen, In dsr er zu- nächst Zustimmungserklärungen von Hugo Lederer und E r n st Schade zu dem von Arno Holz vertretenen Plan einer Deutschen Zlkademie der Künste mitteilte und die bereits bekannte Zustimmung Mar Liebermanns hierzu feststellte. Als einen Unsinn bezeichnet Holz es, daß Thomas Mann und Hermann Stehr nur dann ihr Stimm- recht dauernd ausüben könnten, wenn sie— gemäß den uralten Akademiebestimniungen— ihren„Wohnsitz in Berlin und in den mit Berlin im Vorortverkehr verbundenen Orten" nehmen würden. Einen solchen Nonsens mache er, Holz, nicht mit. Neue Statuten müßten aus der preußischen Zlkademie eine deutsche machen. Ein Entwurf dazu sei in Ausarbeitung unter Mitwirkung aller wesent- lichsten Akademiker und juristisch wi« staatsrechtlich geschulter Fach. kräfte._
Endzahlen der Abstimmung in Norwegen . Nunmehr liegen die gesamten Relultat« der Abstimmung über das Branntweinverbot in Norwegen vor. Für das Verbot wurden abgegeben 421 202 Stimmen, dagegen 631 426. Bei der Abstimmung im Jahre ISIS wurden für das Verbot 439017, da- gegen 304 673 Stimmen abgegeben. Danzig » vesahungskosten. Di« Botschaftertonferenz hat be- schloffen, die Kosten für die militärische Besetzung Danzigs bei Er- richtung der Freien Stadt auf 460 000 M. für die britische und rv' 1170 000 M. für die französische Lesatzung festzusetzen.