). Seilage ües Vorwärts
Nr. 512<- 4Z.�ahrgang M* mr W Sonnabend, 30. Oktober 1426
Oktoberfahrt auf märkischen Gewässern. Der Wind weht winter- lich. Er treibt die stahlgrauen Wogen voran, daß sie mit weißen Kämmen dahinstürmen und ihren Lauf nur widerwillig von den Usern hemmen lassen, während der Wind seine Stärke an den Bäumen mißt mid nicht übel Lust zu spüren scheint, auch sie in eilige Bewegung zu versetzen. Rund um die Müggelberge geht heute die Fahrt. Nur wenige Boote sind auf dem Wasser. Die Bahn ist frei. Nur Wind und Wellen erzwingen Aufmerksamkeit und die Landschaft, die in jedem Augenblick andere Farbentöne zeigt, wenn mehr oder minder dunkle Wolken den Glanz der Sonne mildern oder ihn gänzlich zum Verschwinden bringen. Gktobenvetter. In Erkner bsgmnt die Fahrt. Der Dämerihsee schickt Woge auf Woge gegen da» Ufer. Es ist nicht leicht, abzukommen und die Spitze des Bootes herumzudrehen. Endlich liegt der Kirchturm von Erkner hinter uns und dos Boot strebt, von harten Paddelschlägen getrieben, dem jenseitigen Ufer zu. Die beiden Fahrtzeichen am Ausgang der Müggelspree sind das erste Ziel. Kurz vor der Mün- dung liegt eine flache Stelle im See, die an warmen Tagen dem Fallbootfohrer erlaubt, mitten im See auszusteigen und ein er- frischendes Bad zu nehmen. Dann wendet das Boot scharf nach Süden und nimmt seinen Kurs auf den Gosener Graben. In der Ferne winkt die Schillerwarte aus den Gosencr Bergen , heute ein lockender, scheinbar unendlich weit entfernt liegender Punkt. Das Wasser des Gosener Grabens läßt den Wind, der über die Seen weht, hier kaum empfinden. Die Landschaft ist friedlich geworden. Zur linken dehnen sich weite Wiesen, zur rechten aber grenzt sie alsbald der Wald ein, der von den Müggelberge» herabsteigt. Jetzt im Oktober ist der Graben fast ohne jeden Verkehr. Im Sommer aber ist es selten ein Vergnügen, ihn zu durchfahren. Dann drängen sich oft die Boote dicht beieinander und mancher leise und leider auch laute Fluch ertönt. In zahlreichen Bogen windet sich der Graben zur Försterei Fahlenberg hindurch, die nun einsam, verlassen daliegt. Unter der Brücke zieht ein seltsames Gefährt, ein Kahn, hoch mit Heu beladen, fast wie ein cheuwagen auf dem Lande. Träge nur kommt er voran und hemmt die Fahrt unseres Bootes, das vor- wörts soll, weil die kurzen Tage langen Ausenthalt nicht mehr gestatten. Endlich gelingt es, an dem Hindernis vorbeizuschlüpsen und wieder freie Fahrt zu gewinnen. Der Graben öfinet sich, wird M Ii Ilster und breiter, und endlich ist der Gosencr Berg dicht vor uns. Der Seddinsee nimmt uns stürmisch in Empfang. Der Kirchturm des Dörfchens Gosen hob sich seit langem aus wirrem Gezweig und chölisergiebeln heraus. Dichte Schilfinseln sperren den Weg zum Ufer Zwei Fabrikschornsteinc strecken sich in den Himmel und ver- suchen, das Landschaftebild zu stören. Die Schillerwarte auf dem Essener Berge aber herrscht unbestritten über dem See. Ihr An- blick ruft die Erinnerung wach an manche Sonnemvendfeier der Ar- beiterjugend, die hier mit urwüchsiger Freude gefeiert wurde. Seddinwall, die große Insel des Sees, liegt vor uns, auf einer Seetonne hat sich eine Möse niedergelassen, die dem Boot, trotzdem
es dicht vorüberfährt, kaum irgendwelche Beachtung schenkt. Ruhig verharrt sie auf dem einsamen Hochsitz mitten im See. Der Wind bläst aus Südwesten. Wir aber fahren jetzt in dem Schutz, den uns der Schmöckwiher Werder gewährt, durch ruhiges, von keinem Wind- hauch getrübtes Wasser. Ein Motorboot jagt an uns vorüber, hinein m den Oder-Spree -Kanol, der zunächst nach Fürstenwalde führt. Die hohen Heckwellen des mit voller Motorkraft laufenden Schiffes lassen unser leichtes Fahrzeug auf und nieder tanzen. Aber dieser Tanz in reiner Luft macht Freude, zeigt er doch wieder einmal, wie sicher ein gutes Faltboot auf dem Wnsier ist. Unter der großen Brücke, die den Kanal kurz nach seinem Anfang überspannt, liegen schwere Kähne. Es hat den Anschein, als wollten sie sich nie mehr von der Stelle rühren. Halbrechts winkt die Krampenburg. Die Fahrtstraße wird unübersichtlich. Die Inseln, die den Langen See vom Seddinsee trennen, oersperren die Fernsicht. Bald erscheint links die Brücke, die sich über die Enge zwischen dem Seddin- und dem Zeulhenersee schwingt. Fast im rechten Winkel dreht da» Boot ob, um Schmöckwitz zu umgehen. Dort liegt auch das Bootshaus neben dem Restaurant Storchnest, das im vergangenen Jahre einem Brande zum Opfer fiel. Mit ihm verbrannten mehr als ein halbes hundert Boote, die zum Teil nicht versichert waren, so daß viele Wasierfreunde einen für sie nur schwer ersetzbaren Schaden erlitten. Rechts liegt jetzt die Einfahrt zur Krummen Lanke, dem schmalen Wasserarm, der zu dem mitten im Walde gelegenen Müggelheim führt, das der in weiten Kreisen durch seine Nahirfchilderungen bekannte Kurl Grottewih so liebte. Der herrliche Lange See hat uns aufgenommen. Di« Türme auf den Müggelbergen grüßen zu uns herunter. Die Eonne ist schlafen gegangen. Dickes, schwarzes Gewolk erscheint dort, wo die Abendröte verschwand. Der Wind, der gewöhnlich mit der Sonne schlafen geht, wird jetzt erst emsig tätig. Blitze leuchten zur Erde nieder. Schwere Tropfen beginnen zu fallen. Die helle Lampe eines Bootshauses verheißt Rettung. Wir werden geblendet von feiner Helligkeit, als wir es ansteuern. Und während draußen der Regen prasselt, sitzen wir, wohlgeborgen, unter dem schützenden Dach. Durch den Müggelsee. Eine Woche danach schwimmt unser Schifslein wieder auf dem Langen See. Das Wetter ist unbeständig. Bald lacht die Sonne. bald weint der Himmel. Die Spritzwosserdecke macht das Boot dicht, Regenmäntel schützen vor allzu großer Nässe. Der Wind kommt aus Nordosten. Im seillichen Anprall der Wogen geht unser Boot durch das Wasser. Noch ragen uns zur rechten die Müggeltürm«. Wir laufen Marienlust an. Im Windschutz fahren wir fast mühelos. Dort oben unter dem hölzernen Turm ist eine Nein« Berliner Sehenswürdigkeit: das Heimatmuseum aus den Müggelbergen. Ein einziges, nicht allzugroßes Zimmer beherbergt es. Funde sind es aus der Urzeit dieser Landschaft. Topsscherben zeigen den mannig- falligsten Schmuck. Waffen, Zierat. Schnitte durch die Schichten der Müggelberge. Karten, die die Fundstätten aufzeigen, und endlich Lichtbilder von den Fundstätten selbst vervollständigen die kleine Sammlung, die unter der Leitung des Märkischen Museums hier mitten im Fundgebiet errichtet wurde. Die Sammlung ist klein.
Aber sie hat den großen Vorzug, daß sie von jedem Besucher über- sehen werden kann. Wer hier aufmerksam verweilt, wird sein Wissen wirklich vermehren können. Im Geiste sieht er vielleicht die Ureinwohner der Mark, wie sie in einer Landschaft, die anders war als dre heutige, in primitiver Weise ihr Leben fristeten. Damals, als noch Eichen statt der Kiefern die Dünen bedeckten, die wir heute Müggelberge getaust haben, mag es kein Vergnügen gewesen sein, sie zu durchwandern. Die religiösen Atzjchauungen, die Sitten und das ganze Leben der Ureinwohner werden verständlich, wenn man sich mit der kulturgeschichtlichen Entwicklung eines Volkes beschäftigt. Das kleine Museum auf den Müggelbergen redet eine deutliche Sprache. Längst liegen die Türme hinter uns. Grünau ist da. Das Freibad ist verödet, das Sportdenkmal, die Häuser der bc- kannten bürgerlichen Sportvereine und endlich die Lokale, die«n Sommer den fast endlosen Strom der Ausflügler aufnehmen, alles das macht im Regen und in seiner trostlosen Verlassenheit jetzt einen trüben Eindruck. Der Regen läßt zuweilen nach. Da entdecken wir zwei große schwarzrotgoldene Fahnen an hohen Masten: die viel- befehdete wassersportableilung des Reichsbanners. Prächtige Segel- boote liegen am Steg vor dem neuen Bootshaus. Nicht allzuweit davon entfernt liegt das schmucke Bootshaus des Rudervereiu» „vorwärts", eines der schönsten der freien Wassersportverbändc. Allmählich schieben sich Fabriken in die Landschaft. Köpenick , die Stadt der Wäscher ist da. Krangerüste, Kohlenladeonlagen und Werkstätten stehen am Ufer, seit wir den südlichen Arm des Teltow - kanals passierten. Köpenicks Kirchen winken. Endlich gehen wir durch einen kleinen Kanal, der durch den Kietz zur Müggelspree führt. Eine große Filmfabrik hat sich breit an das Ufer hingelegt. Daneben ein Kabelwerk. Bootshäuser, die Albatroswerke, Ver- gnllgungswtale, ein wenig Wald begleiten unsere Fahrt. Und nun ist Friedrichshagen da, jener Ort, der in der deutschen Literatur- aeschichte seinen Platz behaupten wird. Hier arbeitete Gerhart Hauptmann . Hier entstand sein Drama„Einsame Menschen ". Unsere Gedanken eilen voraus, an den Ansang unserer Fahrt nach Erkner , dort lebt noch heute das Urbild der Müller wolffen, dort fand Hauptmann auch das Vorbild für seinen typisch-preuhischen Amt- mann Wehrhahn. Dort schrieb er das„Friedenssest". In Friedrichs- Hagen aber hatte sich eine richtige Künfklertolonie. der„Vlufenhof am MügAelfee" gebildet. Schriftsteller wie Bruno Wille , Bölsche, die Gebrüder Hardt u. a. waren hier heimisch. Hier in Friedrichs- Hägen wird jetzt ein inkerefsantes technisches Bauwerk vollendet: ein Tunnel unter dem Wasser, dessen Röhren man fix und fertig her- stellte, bevor man sie in zwei Teilen in den Sand der Müggelsorce bettete. Bald wird man zu jeder Tageszeit von dem«inen Ufer der Spree zum anderen wandern können und niemand braucht sich zu beeilen, wenn er sich im Gewirr der Müggelberge verirrt, so daß er erst in später Nachtzeit Friedrichshagen erreichen kann. Wir fahren am Nordufer des Müggelsees, wiederum im Windschutz der Bäume, vorüber an dem großen Wasserwerk der Stadl Berlin , vor- über an dem Freibad nach Rahnsdorf , dorthin, wo der Mall der Rettungsstation und ein Seezeichen winken. Jetzt haben w'r die Müggelberge auf der anderen Seite. Wieder grüßen die Türme. Zwischen Nadelbäumen leuchtet das helle Laub der Birken. Der Müggelsee, der bei Ostwind gerade in der Nähe von Rahnsdorf ein
Der Weg des blinden Bruno. 37s Roman von Oskar Baum . (Schluß.) Er steckte die Uhr wieder ein. Seltsam, daß er nun immer- während genau wissen würde, wie viel Uhr es unten bei den Menschen war! Wohl, damit er so recht fühle, wie ruhig dort alles nach seinem Verschwinden weiterging. Er nahm vor, sie bis zum letzten Verlöschen seiner Kraft und seines Bewußtseins immer genau aufzuziehen. Vielleicht würde es regnen, bevor er starb. Die einzige Abwechslung, auf die er hoffen konnte. Verzweiflung packte ihn. Er erhob sich, stemmte die Fußspitzen fest ins Erdreich und beugte sich vor. Nach irgendeiner Richtung wollte er einen Sprung machen. Es würde hier schon eine Stelle geben, wo man im Augenblick tot sein konnte. „Hallo! schrie da jemand von fernher. „Hallo!" antwortete Bruno. Er wollte es antworten. glaubte, zu schreien, aber kein Laut kam aus seinem Halse. Die Füße zitterten. Sausen füllte seine Ohren. Doch es war keine Zeit für solche Schwächen. Er hielt sich aufrecht, zog die Luft kühlend durch die zusammengepreßten Zähne ein. „Hallo!" rief er jetzt ganz laut und anhaltend. Atemlos blieb er so mit vorgestrecktem Kopfe stehen. Nach einer ganz kurzen Pause ein zweites Hallo weit näher und er antwortete jubelnd und erleichtert zwei-, dreimal, dann bald schon aus nächster Nähe, und er erkannte die Stimme des Führers, dessen eilige Schritte er nun auch ganz deullich auf sich zukommen hörte. „Ich Hab' sie lang' warten lassen, was?" fragte Hanfele und holte tief Atem. „War nicht so schlimm," sagte Bruno mit mühsamem Lächeln,„wo waren Sie denn?" „Sie haben vielleicht glaubt, ich komm nimmer?" sagte Hanlele lachend,„ich bin nur Edelweiß suchen'gangen: Hab mich bis zuweit gewagt und könnt' unser Plägl nicht gleich wiederfinden." „Ja, warum sagten Sie denn nicht ein Wort, daß sie weggehen? Ich rief und rief...." tagte Bruno, nicht als Vorwurf, nur erstaunt. „Ach so!" brummte Hanfele.„dran Hab' ich nicht gedacht! Und nach einer Weile:„Es tut mir leid!" Bruno lächelte. Ja, konnte er denn verlangen, daß der Bauer sich in die Natur eines Blinden einleben, einfühlen solle? „Es tut mir leid," wiederholte der Führer nach einiger Zeit nochmals und war auf dem weiteren Wege viel freund- ljcher und aufmerksamer.
Und als sie wohlbehalten und munter gegen Abend(jar nicht mehr spät nach Kals kamen, beglückwünschte Hanfele chn und sich begeistert und glaubte, ihm eine besondere Freude und Ehre zu bereiten, wenn er ihm versicherte, er werde noch seinen Enkeln und Urenkeln von dieser seltenen und so vorzüglich verlaufenen Tour erzählen. *** Bruno gehörte nicht zu den Menschen, die die Erregung und Erkenntnis einer bedeutsamen Stunde, sobald'ste wieder im Alltag stehen, wie ein verworrenes und übertriebenes Traumgesicht belächeln, verwinden und in chrer vorherigen Gedankenrichtung verharren. Aber als der Entschluß der Heirat feststand, erschien seine Ausführung durchaus nicht mehr so einfach und glatt wie vorher. Der Einspruch von Vilmas Vater war zu erwarten. Und Vilma selbst— woher wußte er denn eigentlich mit solcher Sicherheit, daß er nur zu sprechen brauchte? Allein schon die Art, wie er die Frage stellen, mit welchen Worten er beginnen wollte, hatte mehr als die übliche Be- deutung und Schwierigkeit. Es galt, die Gütige, Zarte vor einer beklemmenden Situation zu bewahren, in der sie sich davon mitbestimmen ließe, daß ihr Nein allzu verletzend für ihn wäre. Aber die Schwierigkeiten stärkten ihn auch hier nur wieder und trieben ihn mit gedoppeltem Willen vorwärts. Und als er vor ihr faß, und sie feine Erregung sogleich merkte, besorgt und geängstigt in ihn drang, ihr doch den Grund zu sagen, erschienen ihm alle die vorbereiteten vorsichtigen Wendungen lächerlich! Jede Ueberlegung war Unsinn! Wußte er nicht, als ginge es in ihm selbst vor. was sie empfand? Traumhafte Selbstverständlichkeit regierte ihn und die Worte spielte die geringste Rolle in dieser glücklichen Stunde. *** Bruno hatte Vilma lange um diese Reise bitten müssen. Er hatte auch selbst geglaubt, daß er nur die Freude ihrer Eindrücke haben würde, daß nur durch die Uebersetzung ihrer Genüsse vielleicht etwas wie ein Schimmer der Weltbuntheit, ein Ahnen der Erscheinungen hinter Dämmerschleiern für i h n abfallen würde. Aber je mehr die Verschiedenheit der Umgebung feine Beobachtungstalente auslöste, desto unbefangener wurde seine doppelte Art der Aufnahme, die unwillkürliche seiner Sinne und die Ergänzung durch die geliebten Augen. Vilma hatte nicht das rechte Talent, zu beschreiben und zu schildern. Sie sah vielleicht zu leidenschaftlich, zu viel, zu genau und empfand in ihrer Gewissenhaftigkeit zu sehr den Abstand zwischen lebendig Beschautem und der Wiedergabe.
Auch war ihr Verhältnis zur Sprache nicht zu gepflegt und intim. Um so ideenreicher war sie, unermüdlich in Versuchen. seine eigenen Aufnahmemöglichkeiten zu unterstützen, zu steigern. Wie sehr er auch die Ausführlichkeit, die Einzelheiten ihrer Schilderungen entbehrte, die sie durch hilflos eifrige Be- geisterungsrufe zu ersetzen suchte— er hätte ja doch nur ein unwahres Ersatzgesamtbild zusammenleimen können: einen Phantasiebetrug. Sie aber zwang ihn, das wenige ihm von der Natur Gegebene zu entwickeln: es wuchs zur denkbarsten Leistung. So erlebte er wahrer, kräftiger innerhalb seiner Umgrenzung. Und er kam den Urtönen der Dinge in manchen Augenblicken näher als andere. Es war eine Entdeckungsreise, jeder Tag brachte ein Stück unbekannter Welt. Freundliche Bauersleute ließen sich bei der Erntearbeit durch ihre Gesellschaft stören. Vilma lernte und lehrte Bruno Garbenbänder aus Kornstroh flechten. Es ging ihm bald gar nicht so langsam. Er saß auf weichem Rasenabhang: Lieder klangen in unfreiwilligem Kanon oder sonstigem Kontrapunkt des Zufalls von verschiedenen Feldern. Sicheln und Sensen klirrten und rauschten in den Halmen zu den Reden der Weiber. Da. fern ein Sensendengeln, ein lautes, offenes Mädchenlachen, Männerrufe, schwere Wagen knarrten und über allem Vögel, das Nähmafchinensurren der Heuschrecken und dünnes, dunkles Summen der Insekten. Keine Pastorale hat dieses Instrument, fühlte er. In einer tiefen Ergriffenheit war ihm plötzlich die Wirk- lichteit des Augenblicks wie eine zauberhafte Erscheinung, wie ein Bild seines Lebens, das nun vor ihm lag. Ein Fest der Arbeit und der frohen bewegten Hingabe an die natürliche Entwicklung. War nicht Vilma selbst wie eine Verkörperung dieses heiteren Getriebes, dieser friedlichen Lust der Gemein- samkeit, des gläubigen Vertrauens zu dem wohltätigen Sinn allen Geschehens? Wie erdichtete Sinnbilder einer spielerischen Phantasie spiegelten sich Menschen und Dinge ineinander. Gab es nicht eine Zeit, da diese freie Fläche von schlichter nährender Frucht- barkeit Urwaldwildnis war nud vordem einmal totes, starres Eis? Wandelten sich die Versuche, zu leben, nicht auch im Stoff und verlohnte sich nicht, auch in der Entwicklung der Aeonen dieser Versuche? War keiner geringer im Kreislauf, wie viel ihm auch von den Möglichkeiten der anderen abging? „Du weinst?" fragte Vilma erschrocken, die sich zu ihm umgewandt hatte, und ihn, die Kornhalme in untätigen Händen, auf seinem Rasen sitzen sah. „Nein, nein," sagte er lächelnd und streichelte sie, die sich zu ihm herabbeugte,„aus Freude nur, aus ein wenig über- triebener Freude und Dankbarkeit!"