gegenüber am säumigsten. Gejagtes Will> ist sie aber jeder BehSrde, die irgend etwas zu fordern hat oder doch zu haben glaubt. Und nirgends ist so«in Finanz- oder Wohlfahrtsamt genauer beim Steuer» eintreiben oder bei der Rückforderung verauslagter Summen, als bei der Frau ohne Mann, die das Kunststück fertig bringt, eine Familie zu ernähren.
Zwei Attentäter. Zum Prozcft von Leiferde . Das Verbrechen von Leiferde wird den Hildesheimer Richtern in dem Prozeß, der, wie bereits gemeldet, am 3. November beginnt, in tatsächlicher Beziehung nur wenig Kopfzerbrechen machen. Um so schwieriger wird die psychologische und rein menschliche Lösung der Aufgabe sein, vor der das Gericht stehen wird. Zwei Vermutungen löste die Eisenbahntatastrophe von Leiferde in bezug auf den möglichen Verbrecher im ersten Augenblick aus: Es kennte nur ein Räuber oder ein Wahnsinniger gewesen sein. Erst später entstand der Streit: Verbrechen oder Un- glück, Vorsatz eines Uebeltäters, oder Fahrlässigkeit der Eisenbahn- Verwaltung? Der Zufall, durch das Gewissen Webers verkörpert, spielte beide Attentäter der Polizei in die Hände. Sein Geständnis machte jedoch dem Streit, ob es sich um ein Unglück oder ein Ver- brechen handelt, kein Ende. Die Katastrophe wurde nun aber zum Cisenbahn-Verbrechen-Unglück. Die hohe Zahl der weiteren Eisenbahnkatastrophen lieferte für die Behauptung, daß die Eisenbahn nicht freizusprechen sei, immer neue Begründungen. Die Frage lautete nun: Hat die Fahrlässigkeit der Eiseubahnoerwaltung oder die Mißwirtschaft, die da herrschen soll. dem Verbrechen von Leiferde Vo r s ch u b geleistet? Aber selbst wenn das der Fall gewesen wäre, wird hiermit ein Teil der Schuld von den Attentätern auf die Eisenbahnvcrwaltung abgewälzt? Und nun zu dieser Schuld selbst! Ihr Maß steht in diesem Augenblick noch nicht endgültig fest. Erst die öffentliche Hauptverhandlung wird die Lösung bringen. Selbst dann aber, wenn das Gesetz den Richtern die Möglichkeit gewähren sollte, den Attentätern das Leben zu lassen, wird die Höhe ihrer objektiven Verantwortlichkeit für das von ihnen angerichtete Unheil eine unermeßliche bleiben. Von der Stärke ihrer Phantasie, von der Empfindsamkeit ihres Nerven- systems, von der Art ihres Gemütslebens wird es abhängen, wie sie Zeit ihres Lebens an der Tat tragen werden. Denn die höchste Strafe ist die Qual der Borstellung von der eigenen Schuld. Bon einer gewissen Presse wurde,, wo die Ergebnisse der polizeilichen Vernehmung allein aus interessiertem Munde bekannt ge- worden waren, verlangt, daß das Strafgesetzbuch durch eine Gcsetzesnorm ergänzt werde, die Eisenbahnattentate mit dem Tode ahnden soll«. So wird für die Erweiterung des Anwendungsgebietes der Todesstrafe Stimmung gemacht. Ihre Fürsprecher wollen wissen, daß die Attentäter zugegeben hätten, nicht allein mit dem Tode der Passagiere gerechnet, sondern an die Unoerineidlichkeit des tödlichen Ausgangs für viele gar nicht ge» zweifelt zu haben. Mehr noch, sie hätten beabsichtigt, die getöteten �Pasiagiere auszurauben. Diese letzte Behauptung läßt an der Rickitigkeit der übrigen zweifeln: denn wie hätten die Attentäter hoffen können, die in umgekippten Wagen eingeschlossenen Passagiere auszuplündern? Ist denn wirtlich jedes Mittel gut-genug, wenn es gilt, die Sensation wachzuhalten und den blutrünstigen Instinkten zu fröhnen. Wer tiefer zu blicken vermag, ist nicht allein von dem Unglück von Leiferde erschüttert, das zum Schicksal der zwanzig Passagiere und ihrer Angehörigen wurde. Erschüttert ist er auch von dem Un- geheuerlicher, des Seelenlebens der Attentäter Gestern noch ist der eine Hcrnslebrer und Maler, der andere Techniker. Ueber Nacht werden sie Urheber eines Verbrechens, wie wir es selten erlebten. Und da entsteht die Frage: Wie konnte das geschehen? Ueber die inneren Voraussetzungen für das Zustandekommen des Derbrechene, die in der Veranlagung der Attentäter selbst lagen, wird man erst nach persönlicher Bekanntschaft mit ihnen während der Haupt- Verhandlung entscheiden können. Die außer ihnen liegenden Ur- fachen fordern aber bereits jetzt zu einer Stellungnahme heraus. B I e l l e I ch t waren es die Zustände bei der Eisenbahnoer- waltung, die das Verbrechen mit verschuldet haben: bestimmt waren es aber die wirtschaftlichen und seelischen Nöte unserer Zeit. Die Arbeitslosigkeit, die innere Entwurzelung, das Vagabundentum mit all seinen Gefahren, hat wie bereits in vielen anderen Fällen, so auch hier junge Menschen, die es sonst vielleicht nie geworden wären, zu Verbrechern gemacht. Schlesinger war In dem Zlllgenblick vom Schicksal gezeichnet, als er, nachdem man ihn auf seiner Arbeitsstelle verleumdet hatte, fein Hab und Gut verteilte und somit unter seine Vergangenheit einen Strich machte. Nun war er nur noch ein Spielball äußerer Umstände. Und über die Kartoffel und Feldfrüchte der Wanderschaft kam er zum Verbrechen von Leiferde . Hier entsteht die aktuelle Forderung: Vermehrt die Stätten. die Ruhepunkte auf dem Wege des rastlosen Manderns der Er- werbslosen von beute fein sollen. Gebt ihnen ein Dach über dem Kopf, ein Stück Brot in den Magen,«in Wort des Zuspruchs für das Herz. Dadurch wird mehr als ein Verbrechen verhindert. Nicht aber durch die Todesstrafe. Selbst das schauerlichste Verbrechen sollte aber nicht imstande sein, Sozialisten von ihrer weltanschau- lichen und triminalpolitschen Einstellung gegen die Todesstrafe abzubringen. Diese trifft nicht so sehr die Mörder, wie die Gesellschaft, die sie verhängt.__ Ein hartes Urteil. Wir hatten gestern über das Urteil des Landgerichts II/ be- richtet, das unter dem Vorsitz des Lanaerichtsdirektor Bomb« gegen den 2ljährigen Mechaniker Herbert Ollsson gefällt wurde und 2H Jahre Zuchthaus betrug. Erst vor wenigen Tagen haben auf der Versammlung des Reichsoerbandes der deutschen Presse Richter ein« Kritik der Presse nicht nur als berechtigt, sondern auch als wünschens- wert erklärt. Wenn irgendwo, so erscheint sie diesmal am Platze. Zwei junge Menschen werden auf dem Heimwege nach unerlaubten Schießübungen vom Förster aufgefordert, die Waffen herzugeben. Sie suchten jedoch Deckung hinter Bäumen und schössen, wie der Förster selbst zugab, ohne zu zielen, blindlings darauf los. Der eine von den beiden jungen Leuten wurde bei der Schießerei von dem Förster erschossen. Der Staatsanwalt hatte sich aber nicht mit der Anklage des oersuchten Totschlags begnügt, obgleich aus der Aussage des Försters hervorging, daß ein Totschlag gor nicht be-
absichtigt war, sondern hatte angenommen, daß der Angeklagte, der sich eines ganz geringen Vergehens schuldig gemacht hatte, ver- sucht hätte, sich der Ergreifung auf frischer Tat bei Unternehmung einer strafbaren Handlung zu entziehen. Der Staatsanwalt betonte ganz besonders den Umstand, daß es sich in diesem Falle um einen Kommunisten handle. Dieser Umstand mag auch dazu beigetragen hoben, daß der Staatsanwalt fünf Jahre Zuchthaus beantragte und das Gericht auf zweieinhalb Jahre Zuchthaus erkannte. Wäre aber derselbe Antrag gestellt und das gleiche Urteil gefällt worden, wenn es sich nicht um einen 21jährigen Zlrbeiter, sondern um einen völkischen Jüngling, den Sohn„ehrbarer" Bürger, gehandelt hätte? Die Antwort erscheint nicht zweifelhaft. Hier wurde ein unbe- scholtener Arbeiter, der einen außerordentlich sympathischen Ein- druck machte, den seine Tat reute, und der durch den Tod seines Freundes genügend gestraft war, im Gerichtssaal verhaftet, um von der Arbeit weg ins Zuchthaus geschickt zu werden. Sollte die an- Öekündigte Revision resultatlos verlaufen, so wäre es unter allen Umständen angcheigt, in diesem Falle auf dem Gnadenwege das Urteil zu mildern.
Kommunale Konferenz Dienstag, den 2. lNooember, abends S Uhr, im Rathaus, Königstraße lStadtSerordncteiisitzuügSsaal). Tagesordnung: Unsere kommunale Politik in Berlin Die Wahlen zum Magistrat«.die letzten Vorgänge im Ralhanse Referent: Genosse Richard Krille. Zur Teilnahme sind berechtigt: Die SPD. -Stadt- und BezlrkSvcrordneten, die Magistrats- und BezirkSamtSmiigiieder, die Mitglieder des Bezirks- Vorstandes und die Abteilungsleiter.— Ohne Mitgliedsbuch lein Zutritt. Vezlrksverbaud Berlin SBV„ kommunale» Sekretariat.
Nur ein kleiner MeineiS. Wenn man der Frau Unterkunft gewährt. Man wäre fast versucht zu sagen: Der Falscheid ist eine Dolkskrank- heit. Soviel steht auf alle Fälle fest: das Bewußtsein von der Pflicht zur Wahrheit fehlt manchem Zeugen im Gerichtssaal nur zu häufig. Die Erziehung zur Wahrheit müßte im Hause und in der Schule beginnen. Die Angst ist es aber— beim Kinde leider allzu oft cme berechtigte Angst—, die die Lüge in der Regel zur Gewohnheit werden läßt. Dieses Mal war der Meineid wieder in einem Ehefcheidungs- prozeß geschworen worden. Und die Lüge war allzu durchsichtig, als daß kein Meineidsprozeß hätte angestrengt werden können. Wer hätte dem K. in dem Ehescheidungsprozeß glauben sollen, daß er mit der Frau N., die er bei sich aufgenommen und die Monatelang bei ihm gewohnt hatte, nicht intimen Verkehr gepflegt hätte? Und dazu war er auf folgende Weise gelangt. K. hatte mit dem Ehepaar N. einen fröhlichen Abend in einer Gastwirtschaft verlebt. Plötzlich wurde aber der Ehemann, höchst wahrscheinlich von Eifersucht ge- plagt, ausfallend gegen feine Frau. Die Beschimpfungen setzte er auch auf dem Wege nach Hause fort. Kaum hatte sich K. von den Eheleuten getrennt, als ihn Frau N. einholle und ihn bat, sie für diese Nacht bei sich aufzunehmen, zu dem erzürnten Mann könne sie doch nicht. Er tat es, aus Mitleid natürlich. Und dann zog sie zu ihm und blieb da. Eines Tages eröffnete sie ihm, daß sie in anderen Umständen sei und daß sie in diesem Zustande bereits zu ihm gezogen fei. Er behielt sie bei sich, auch nachdem sie niedergekommen war: der Mann, meinte sie, würde ja doch für das Kind aufkommen müssen. Dieser hatte aber bereits eine Ehescheidungsklage ange- strengt. Nun geriet Frau N. in Sorge: wurde sie zum schuldigen Teil erklärt, so brauchte der Mann keine Alimente zu zahlen. Dos mußte vermieden werden. Und so bat sie den K.. auf dem Gericht auszusagen, daß sie zwar bei ihm gelebt Hobe, aber daß zwischen ihnen stets das berühmte Schwert gelegen habe. Und er tat es auch. Natürlich glaubte ihm kein Mensch und am wenigsten der Staats- anmalt. So stand der 62Iährige K., der zwar verheiratet ist, doch mit seiner Frau in Trennung lebt, als reuiger Sünder vor dem Landgericht kl. Das Gericht verurteilte ihn zu b Monaten Ge- f ä ng n i s. Wäre er bei seiner Aussage, die er auch hätte verweigern dürfen, nicht Gefahr gelaufen, sich durch den zugestandenen Ehebruch strafbar zu machen, so wäre eine Zuchthausstrafe unausbleiblich ge- wesen. K. kann von Glück sprechen. Auch Bewährungsfrist ist ihm in Aussicht gestellt worden._ Generalversammlung öer Konsumgenossenschast. Am Montag, den 1. November, abends 6K Uhr, findet im Lehrervereinshaus. Alexanderplatz , die o r d e n�? lich e Generalversammlung statt. Die Generawersamrt�- lung beschäftigt sich neben den Berichterstattungen, der Genehmigung der Bilanz und der Verteilung der Erübrigung mit der Wahl von sieben Aufsichtsratsmitgliedern und deren Ersatzpersonen. Nur bei vollzähliger Anwesenheit der Vertreter der Fraktion„Genossen- s ch a f t s a u f b a u" ist es möglich, unserer Fraktion die ihr auf Gnind ihrer Stärke zustehenden Mandate zu sichern. Darum darf kein Vertreter der Fraktion„Genossenschaftsaufbau" in dieser Ge- neralversammlung fehlen.
Die täglichen Verkehrsunfälle. Im Verlauf des gestrigen Tages ereigneten sich wieder eine ganze Reihe von schweren Verkehrsunfällen. Beim Ueberholen eines Last- krastwagens in Siemensstadt bei Spandau wurde der Jöjähriae Motorradfahrer Ingenieur MaxMehiow aus der Akazienallee 44 in Charlottenburg überfahren und erheblich oerletzt. Mit einer schweren Kopfverletzung wurde der Verunglückte in das Paulinenstift zu Spandau gebracht. Die Schuld soll den Benin - glückten selbst treffen.— Am Alcxanderplatz vor dem Kaufhaus Tietz wurde die öüjährige Ehefrau Berta A. aus der Konigstroße von einem Motorradfahrer zu Boden geschleudert. Frau A. erlitt innere Verletzungen. Sie wurde zur nächsten Rettungs- stelle gebracht.— An der Ecke Turm- und Emdener Straße wurde der 73jäHrige Arbeiter Robert Bande aus der Ottostr. 11 von einem Straßenbahnwogen der Linie 44 angefahren. B. zog sich eine schwereKopfoerletzungzu und mußte in das Moobiter
Krankenhaus übergeführt werden.— Em weiterer schwerer Un« fall ereignete sich vor dem Hause Frankfurter Allee 343. Hier wurde der 51jährige Arbeiter Karl Schröder aus der Blumentolstr. 14 von einem Straßenbahnwagen der Linie 63 Übersahren. Die Feuer- wehr befreite den Verunglückten und sorgte für seine Ueberführung in das Krankenhaus am Friedrichshain , wo er bedenklich da- niederliegt. Bor dem Hause Schievelbeincr Str. 21 wurde gestern abend gegen �8 Uhr der Vjährige Knabe August Polles aus der Islandstr. 16 von einer Kraftdroschke erfaßt und über- fahren. Das Kind erlitt schwere innere Verletzungen und wurde durch einen Wagen des Städtischen Rettungsamtes in das Virchow-Krankenhaus geschafft. Der Zustand ist sehr bedenklich,
Neformationsfeier öer Herliner Schulen. Zur Aufklärung für die Eltern. Die in den letzten Tagen verbreitete Nachricht, daß für Berlin ini Abwendung von letztjähriger Gepflogenheit der 2. November als Re- sormationsfciertag in den Schulen gefeiert werden sollte und daß an diesem Tage die Kinder zur Kirche geführt werden würden, hat in weiten Kreisen der Elternschaft begreifliche Unruhe Hervorgerufen Eine Aufklärung über den Sachverhalt ist deshalb unerläßlich: Maßgebend für die Behandlung des Refarmationstzedankens sä? alle Berliner Schulen sowie für ganz Preußen ist ein Crlaß�des Ministeriums für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung vom 15. cep» tember d. I., der durch Rundoerfügung vom 30. September den Schulen von Berlin und Provinz Brandenburg bekanntgegeben. worden ist. Dieser Erlaß regelt aber nur die Frage des Unterrichts- ansfalls am Reformationstage und das Mindestmaß der geforderten Würdigung. Er bestimmt, daß der 31. Oktober, sofern ein Wochentag in Frage kommt, schulfrei sein soll, auch für die nichtevangelischen Schüler, wenn ein fruchtbringender Unterricht für sie allein nicht gewährleistet ist. DicAbhaltungbesondererSchulfeiern ist in dos Belieben der Schul- gestellt. Verbindung mit Kirchenfeiern bleibt ebenfalls der Anregung der Schule uberlasien. Wo keine besondere Feier van der Schule veranstaltet wird, ist der Bedeutung des Tages— hier handelt es sich also um die von der Schulbehörde den Schulen auferlegte Mindestleistung— in einer nächstliegenden Religionsstunde oder in sonst etwa üblichen Wochen- schlußandacksten in würdiger Weife zu gedenken. In einem Schlußsatz wird die Anwendung des Erlasses auch auf FSlle ausgedehnt, in denen an gewissen Orten anderweitige Tage als Gedenktage der Reformation herkömmlich festliegen. Die evangelischen Schulen in ganz Preußen, und das sind leider noch immer fast alle— mit Ausnahme der katholischen und weltlichen— haben danach also, am 31. Oktober, sofern Wochentag vorliegt, schulfrei und sie sind ver- p f l i ch t e t, des Reformationstages in einer dem schulfreien Wochen- tag nächstliegenden Rcligionsstunde zu gedenken. Darüber hinaus können Schiflsciern oder in Verbindung mit Kirchenfciern ab- gehaltene Schulfeiern an diesem freien Wochentage veranstalret werden. Solange Kinder eine evangelische Schule besuchen, werden sie, schulrechtlich betrachtet, auch verpflichtet sein, an diesen Schul- feiern teilzunehmen. Wer seinKind amRcligions unter» richt teilnehmen läßt und damit A sagt, muß in diesem Falle auch B sagen. Die Teilnahme an einer mit kirchlicher Feier verbundenen Schulfeier kann unseres Erachtenz billigerweisc von keinem Kinde verlangt werden. Di« solche gemein- same Feiern veranstaltenden Schulen werden in dieser Hinsicht auch kaum einen Druck ausüben. Sofern es doch geschehen sollte, kann die Zurückbehaltung des Kindes bedenkenlos erfolgen, da die mit dem Kirchcnbesuch möglicherweise verbundene strenggläubige Beeinflussung selbst evangelischen Eltern' nicht zugemutet werden kann. Wenn Vater oder Mutter ganz einwandfrei verfahren wollen, dann geben sie der Schule kurz Nachricht, daß das Kind an einer kirchlichen Feier nicht teilnehmen soll. Durchaus nötig ist diese Benachrichtigung aber nicht. Daß diese Frage der Rcformationsfeier in Berlin in diesem Jahre überhaupt aufgetaucht Ist, verdanken wir der e v a n g e l i- s ch e n Regsamkeit des bisherigen verantwortlichen Leiters des Berliner Schulwesens, dem bürgerlichen Stadtrat B e n« ck e. In den letzten Jahren galt auch für die Berliner der 31. Oktober als Refor- mationsfeiertog. Wäre eine anderweitige Anregung unterblieben, dann hätte in diesem Jahre nach dem Wortlaut des Ministerialeriasses des Reformationstages in den Schulen überhaupt nicht gedacht zu werden brauchen, d» der 31. Oktober als Sonntag den evangelischen Kreisen durch die abgehaltenen Kirchenfeiern reichlich Gelegenheit zum würdigen Gedenken gegeben hätte. So hat es aber eine hohe Schulverwaltung unier Führung des glücklicherweise verflossenen Schulgcwaltfgcn Beneck« für nötig be- fundcn, unter Berufung auf den Schlußsatz des Ministerialerlasses den 2 November als früheren herkömmlichen Reformationsgedenktag hervorzuziehen und deswegen bei der Schulbehörde noch einmal aus- drücklich anzufragen. Das Provinzialschulkollsgium konnte deshalb auch nur antworten, daß der Erlaß für Berliner Schulen diesmal und in Zukunft aus den 2. November Anwendung findet. Berlin wird also schon in diesem Jahre zu dem schulfreien 2. November kommend Und unter� Umständen werden an diesem Tage von der Kirche auch für die Schulen besondere Feiern veranstaltet, zur aus- schließlichen Benutzung für die von orthodoxen Rektoren und Lehrer- kollegien beeinflußten Schulen. Das Spielchen wird erst wieder zu- Nichte, wenn der 2. November in Jahren zwangsläufig auf einen Sonntag fällt. Wenn dann nicht schon wieder die Berliner Schulvcr- waltung soweit ist, daß sie, nach dem Grundsatz: wie es gerade paht, auf den 31. Oktober zurückgreift, können wir uns immerhin glücklich schätzen.___ Hanszinsftenerstundnnge« für Erwerbslose. Vom Nachrichtenamt des Magistrats wird mitgeteilt: Don der monatlichen Wiederholung der Anträge auf Haus- zinssteuerstundung durch die Hauseigentümer und Mieter kann, ab- gesehen von den Ausnahmen für Sozialrentner, Kleinrentner usw. noch den bestehenden Bestimmungen vorläufig nicht abgesehen wer» den. Um aber bei den Erwerbslosen wegen der erforderlichen Mittellosigkeitsbeschcinigungen einen übermäßigen Andrang des Publikums in den Arbeitsämtern zu verhindern, soll künftig in allen Fällen, wo bereits im Oktober eine Mittellosigkeitsbescheini- gung erteilt worden war. in den künftigen Monaten auf diese Bescheinigung verzichtet werden. Die Arbeitsämter werden deshalb den Erwerbslosen künftig nur leere Antragsformulare aushändigen, die nur hinsichtlich der Angaben für die Mieter und Hauseigentümer auszufüllen und der zuständigen Steuerkasse ein-