Sonntag
31. Oktober 1926
Alus der Film- Welt
Die Filme der Woche.
R 13 513."
Die Abenteuer eines 3ehnmartscheines.
( UT. Kurfürstendamm.)
jezigen Inhaber des alten Wegener- Films gehen gegen den neuen Film mit einstweiligen Berfügungen vor, und der Schein des Rechtes ist für sie.
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Was entzückte uns an dem Wegener- Film? Und was entzückte uns wieder an dem neuen Film, in dem Konrad Beidt jetzt den Studenten spielt? Das Wunder ist des Filmes liebstes Kind." Hier hat der Film sein eigenes Terrain, sein unumschränktes Herrscher gebiet, hier fann er seine technischen Vorsprünge vor dem Theater und Ift nicht in unserer marenproduzierenden Verkehrsgesellschaft, in jeder anderen Kunst ausnüßen, um fonst Unmögliches zu realisieren, der alles zur Bare wird, das Geld als der konzentrierteste und um dem Phantastischen die Form des Wirklichen zu geben. Emers vollendetste Ausdrud, das equivalent aller Waren und der Regu- münzt die alte romantische Fabel aus, daß ein Mensch dem Bösen lator aller gesellschaftlichen Prozesse, der wahre Herrscher, das eigent- fein Spiegelbild verkauft und dafür zwar die Herrlichkeit der Welt Tiche Schicksal! Es fonnte einen Filmregisseur, der neue Wege sucht, einhandelt, aber sein Bestes, seine Seele, verliert und erst, indem daher sehr wohl reizen, einmal an der Hand eines gekennzeichneten er sein Spiegelbild wiedergewinnt, sich von dem Dömon loslöst. Der Behnmarfscheines einen Querschnitt durch die Gesellschaft zu ziehen verbitterte, von Geldsorgen bedrückte Student von Prag wird uns und in Berfolgung seines Weges, wie es zwischen den Menschen Beinmitten der fröhlichsten Studentengesellschaft vorgeführt diese ziehungen fnüpft und löst, wie es Abenteuer und Verbrechen verSzenen sind etwas zu breit geraten er ist eine Art Menschenanlaßt, wie es dem einen sein Glück und dem anderen sein Unglück verächter, den die Liebe nicht rührt und der feine Ueberlegenheit im bedeutet, mannigfache Schidfale aufzuzeigen. Freilich, so weit ging Fechten weidlich austoftet. Er ist reif für den Versucher, der sich ihm der Manuskriptverfaffer Béla Balasz nicht, das Chaos des in Gestallt des Wucherers Scapinelli naht. Das verschafft ihm die Lebens darzubieten, sondern er half dem Zufall nach und lenkte die Bekanntschaft mit der reichen Erbin, er schüttet einen Schatz von Wege der Banknoten in einen gewiffen Kreis von Menschen, die in Gold vor ihm aus und das alles für sein Spiegelbild. Wunderbar Beziehung zu einander stehen, herum und fonzentrierte die Handlung ist die Szene, wenn Scapinelli von einsamer Höhe aus eine adlige bei allen Ausflügen nach den verschiedensten Seiten hin, doch Jagdgesellschaft so zu leiten weiß, daß die junge Gräfin dem Studenten wesentlich auf ein paar Personen. Sache des Regisseurs Berthold zugeführt wird. Und dann erblüht ein Filmmunder nach dem anderen, Biertel war es, die vielen Details mit eigenem Leben zu befeelen wenn das Spiegelbild des Studenten aus dem Spiegel schreitet und und andererseits doch den Zusammenhang zu wahren und die notmit Scapinelli das Zimmer verläßt. Es beginnt ein Leben in Fülle wendigen Spannungen und Steigerungen zu erzeugen. Man wird und Glanz, aber an den Wegfreuzungen steht immer drohend die zugeben, daß er sehr viel wagte und feststellen, daß ihm nicht alles Gestalt des Spiegelbildes. Sie tötet seinen Gegner im Duell, sie wird gelang. Aber zweifellos hat er sich als Meister des belebten Details die Ursache, daß er ausgestoßen und gemieden wird, sie wird schließlich erwiesen, der auch dem fleinsten Teil Bedeutung und symbolhaften in voller Unheimlichkeit sein erbittertster Feind, mit dem er fämpft. Charakter verleiht. Es ist die Frage, ob das große Publifum bei Als der Student schließlich in sei altes Studentenquartier zurückkehrt, einem Film dieser Art bereits mitgeht, der zweifellos in vielem um dort Ruhe zu finden, weiß er sich feinen anderen Rat, als sein bedeutend filmgerechter ist als viele der landläufigen und erfolgreichen anderes Ich, das von ihm abgespalten ist, zu erschießen. Er trifft Bilderdramen. Vorläufig zieht der Filmbesucher noch eine gefchloffene natürlich sich selbst, fann aber sterbend im Spiegel feststellen, daß er Handlung vor, und die stärksten Filme, die wir überhaupt haben, sein Spiegelbild wiedergewann. Die Gefahr besteht, daß das Phan find nach diesem Muster gebaut. Trotzdem wird dieser andere Beg tastische im Film allzu deutlich wird und den Reiz des Ahnungs. auch seine Zukunft haben. Diesmal find die Gefahren noch nicht ganz pollen und Zauberhaften verliert. Das Wunder in der Phantasie ist umschifft, die in einer zu großen Lockerung der Handlung, in der ja immer größer als das der Wirklichkeit. Diese Grenzen sind nicht Zusammenhanglosigkeit der Ereignisse und dem Zerflattern des In immer inngehalten, aber der Regiffeur Henrit Galeen hat trotzdem tereffes bestehen. Nur so hervorragenden Photographen wie Helmar gute Arbeit geleistet. Nur fömnie das Ganze etwas mehr Tempo Berffi und Robert Baberste fonnten der ihnen gestellten haben. Mit Recht ist schon abgesehen worden von einer Schilderung Aufgabe gerecht werden; auch sie schlugen vielfach neue Wege ein, fte des alten Prag , es sind alles Atelierszenen, aber die nächliche Orgie geben Blide von oben und unten und von der Seite. Meisterlich 11. a. fönnte erheblich fürzer gefaßt sein. Alles Intereffe ist auf find einige der Abenteuer des Behnmartscheines im Bilde festgehalten, onrad Beidt tonzentriert, der den Studenten in den beiden wie er durch die Lüfte fegelt, wie er einer armen Bettlerin sich an die Spaltungen seiner Persönlichkeit darstellt und ihm von vornherein Sohle heftet und dann doch wieder von ihr verloren wird. Borden Charakter des Absonderlichen und Dämonischen gibt. Freilich ist er für den Studenten zu Anfang zu alt, sein Gesicht zu sehr verallem aber ist die Episode hervorragend gelungen, mie er der Spielball von Razen auf dem Dache wird, pom Regen in die Dachtraufe mittert, aber immer ist ein springender Elan in ihm und aus seinen gefchwemmt und schließlich in den Müllhaufen der Straße verfchlagen zufammengefniffenen Augen blitt es unheimlich. Grandios wirb er in den Schlußszenen, wo seine Mimit von allen Leidenschaften wird. Diese Episoden, die den Filmfenner freilich mehr als Handfungsfanatiter intereffieren, sind eine der Hauptreize des Films. Man perzerrt wird. Agnes Esterhazy ist als Gräfin eine falte Schönfönnte den Film danach als einen Film der Sachlichkeit und Reali- heit, Elizza la Porta ein nettes flawisches Kind, aber noch nicht täben bezeichnen. Aber freilich würde man damit dem anderen Inhalt reif für die Rolle, Schade, daß Werner Krauß als Soapinelli wenig gerecht: auch darstellerisch ist treffliches geleistet. Imogene nur in den ersten Szenen auftritt, er ist der geborene Berführer, er Robertson und Berner Fuetterer find ein sehr sympa. har so viel Faszinierendes in seinem Blid, daß man ihm alle künfte thisches Liebespaar, wenn fie auch beide ein paar Stufen zu hoch Mephistos zutraut. Es war der erste große Filmerfolg dieser Saison. spielen und insbesondere die Robertson für ein Arbeitermädchen gar zu füß ausfällt. Es wird deutlich, daß der Regiffeur auch die Nebenrollen und Episodenfiguren mit gleicher Bichtigteit wie die Hauptrollen behandelte. Agnes Müller ist so recht die arme Mutter aus dem Bolle, die wegen der Mordtat ihres Sohnes Robert( Walter Fran) in den Selbstmord flüchtet. Es erübrigt sich, alle Namen zu nennen; Ostar Homolta als lüfterner Direktor, Mally Delschaft als fedes Stubenmädchen, Renate Brausemetter als schwärmerisches Mädchen und Wladimir Sofoloff als Lumpenfammler seien besonders hervorgehoben, aber alle anderen verdienen gleiches Lob.
D.
Mit dem Studenten von Prag ist in unvergeßlicher Weise der Name Paul Begener verbunden. Es war eine Tat ersten Ranges, als Wegener, der ja dem deutschen Film auf seinen Anfangs. wegen als förderlicher Pate zur Seite stand, 1913 den ersten Studenten pon Brag spielte. Wie in Rübezahls Hochzeit" und feinen anderen Filmen entdeckte er für den Film Neuland, indem er seine technischen
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Möglichkeiten ausnüßte, um ihm das Reich der Phantake zu er
schließen. Dieser Wegener- Film ist wie so mancher gute alte Film
in Bergeffenheit geraten, imb auch der Verſuch der Ufa , ihn in ihrem Repertoiretheater, bas ja auch schon wieder eingegangen ist, neu zu beleben, bat teine Folgen gehabt. Jetzt hat Manns Heinz Emers fein Manuftript aufs neue verfilmen laffen durch die Sotal Flimgesellschaft, und wir haben wieder einen neuen Stubenten von Brag. Freilich die Urheberrechte lassen nicht mit sich spaßen. Die
D.
Beilage des Vorwärts
„ Die Erbin des Holzkönigs."
( Tauenhienpalast.)
Ein Holzhändler von echt amerikanischer Filmbrutalität will zwei reiche Erben, ein junges Mädchen und einen jungen Mann, betrügen. Beide bekämpfen erfolgreich den Schuft und werden obendrein ein Ehepaar. Damit dieser segenannte glückliche Abschluß erzielt wird, muß man Zeuge schier endloser Prügeleien sein. Dazwischen gibt es prächtige Landschaftsaufnahmen und Bilder aus dem Holzfällerleben, das uns nicht mehr unbekannt ist, aber stets intereffant bleibt. Doch sind die Arbeiter selbst mehr als merkwürdig geschildert, sie sind immer bereit, Mord und Totschlag für den Unternehmer zu begehen. Trotzdem kann man mit Brutalität allein schließlich nicht einen ganzen Film ausfüllen, es gehört unbedingt noch eine regelrechte Sensation dazu. Die fezt mit dem Frühling und der Schneeschmelze ein. Da wird im Holzfällerlager der Staudamm zerstochen und die Stämme treten ihre wilde Fahrt an, die die Konkurrenz durch Berschüttung des Zuftroms gemalt. Hier sprengt die eine Partei, dort sam hindern mill. sprengt die andere Partei, an den Ufern prügeln sich die Arbeiter, Werksleiter unternehmen tollkühne Kanufahrten, Liebende geraten in Berzweiflung und zu guter Letzt finden fich alle Hauptatteure im reißenden. Waffer inmitten der BaumDie Amerikaner nehmen diese Borgänge bitter Stämme wieder. ernst, doch erzielen sie trotz aller Anstrengungen lezten Endes nur den Eindruck einer Plantschwiese. Gespielt wird unter Irwin Willats Regie so, als eb der Regisseur einen Marionettenfilm aufleben lassen wollte. Jack Holt , Billie Dove , Montagne Love, sie alle sind Menschen mit Puppengesichtern, Menschen mit hölzernen Bewegungen, man sieht im Geifte die Strippe, an der sie hin- und hergezogen werden.
Kampf der Geschlechter." ( Marmorhaus.)
e. b.
Man dentt an Ibsen oder gar an Strindberg, wenn man den Titel erfährt und macht sich auf einen psychologischen Film gefaßt. Ja, warum sollte nicht auch Strindberg verfilmt werden! Dem Film ist alles erlaubt, wenn ein könner dahinter steht. Aber dieser deutschspanische Film hat mit dem Thema nichts zu tun. Eine junge Deutsche, natürlich adlig und Medizinstudentin, geht als Erzieherin nach Spanien , weil ihr Vater in Geldaffären verwickelt ist und in Untersuchungshaft gerät. Ja, in Spanien , da herricht noch, wenn wir Marie Luise Droops Geschichte glauben sollen, der absolute Mann, der von Frauenemanzipation und selbständigem Beruf der Frau nichts wissen will, der sich freilich auch im Stierfampf als meister erweist. Der Herr der Schöpfung ist ein Marquese, der auf einem uralt romantischen Felsschloß wohnt, und dort die junge Deutsche bald tirre macht. Der weitere Lauf der Handlung ist nach Granada verlegt, und so ist wenigstens Gelegenheit geboten, schöne Stadt und Landschaftsbilder vorzuführen. Das alte Felsennest Monrada", wo die Handlung begann, und jetzt die Alhambra mit hren mannigfachen Ein- und Ausblicken find zweifellos das Beste am Film, denn der weitere Verlauf der Angelegenheit vermag nicht zu feffeln. Daß Aud Egede Niffen als blonde germanische Frau fich gegen die Tyrannei ihres spanischen Eheherrn, den Gaidoroff mimisch gut darstellt, auflehnt, ist nicht weiter ernst zu nehmen, denn zum Schluß befehrt sie sich doch zum alten ehemännlichen 3deal. Borher aber muß man recht häßliche und titschige Szenten in Kauf nehmen, die hart bis an den Rand der Lächerlichkeit führen.
Rüffen ist keine Günd'." ( Primus- Palaft.)
Unter diesem Titel präsentiert sich ein reizender Film für anspruchslose Leute, die noch immer für Wien , Militär und fesche Romtessen schwärmen, die fich nedischerweise für Dienstmädchen ausgeben. Daß die Komtessin den Rittmeister angelt, versteht sich ganz von selbst, versetzt aber dennoch alle, die ihren Geschmack an Ritschliteratur haben,
Eine neun Weihnachtbendum für Kinder ein führte die Régie mit richtigem Berfiändnis für den Luft
Erik
in 12 Bildern von,
Charell und Hans Bodenstedt In der Hauptrolle: ALFRED BRAUN
mit dem Ensemble des Großen Schauspielhauses und 1. Vorstellung: Connorbed, den 6. November, 4 Uhat Folgende Vorstellungen: Mittwoch, donneeltag, Sonnabend jeder Woche PREISE DER PLATZE RANG 1,-- I. RANG 1,50 PARKETT 2,50
wielen neuen Attraktioun
TRANG-50M BALKON 2- M. PARKETTLOGEN 3,50M RANGLOGEN 3- KLUBSESSEL 3,50
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spielton und das Milieu des Film- Wiens. Damit aber nicht nur die fein Lächelnden, sondern auch die derben Lacher auf ihre Kosten tommen, sette er die dementsprechenden Schlaglichter auf, wozu ihm die Figuren der liebestollen, ältlichen Miß. der ahnensüchtigen Engrosschlächterin, des geschäftstüchtigen Berficherungsagenten sowie des um sein Leben allzu besorgten Generals Anlaß boten. Die fchöne Xenia Desni fah wieder fabelhaft aus, und dieses gute Aussehen vor der Kamera verstanden Photograph und Regiffeur in ausreichendem Maße für den Film zu benußen. Livio Pava. eine schauspielerisch leichte Leistung, durch diesen Darsteller verso
nelli spielte den üblichen uniformierten Liebhaber, der, obwohl mehrte Geltung betam, da er fich jo gans als Bollblutmensch gab.
Alle anderen Darsteller waren gute Typen. Die Manuskriptschreiber und Lustspielregisseure sollten aber endlich einmal sich von Wien und vom Militär lösen und andere Interessengebiete suchen. e. b.
7231 222
SKEER
Maßst 1: 145
40 20 30 40 30 Meter
LUX- WERKE BERLIN- TEMPELHOF