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Soldatenmißhandlungen.

Unhaltbare Zustände in der Reichswehr  .

Von Franz Künstler, M. d. R.

Vor einigen Tagen wurde bekannt, daß in dem vorpommerschen Städtchen Demmin   ein Reichswehrsoldat vom 6. Reiterregiment fünf Revolverschüsse auf einen Unterwachtmeister abgab. Der Unter­wachtmeister wurde schwer verlegt, der Soldat wurde festgenommen. Die Schüsse von Demmin   erhellen bligartig die Verhält­niffe in der Reichswehr  .

Die Meldungen von menschen unwürdiger Behand lung der Soldaten, von Gelbstmorden verzweifelter Mann­schaften wollen nicht verstummen. Troz aller Versprechungen und Zusicherungen des Reichswehrministers bei den Etatsdebatten, nehmen die Soldatenmißhandlungen in der Reichswehr   zu. Die Republikaner   haben alle Veranlassung, diesen Zuständen in der Reichswehr   die größte Aufmerksamkeit zu schenken. Die deutsche Republik würde das Ansehen eines Kulturstaates einbüßen, wenn

sie verabsäumte, offen und rücksichtslos gegen die Auswüchse des Borkriegsmilitarismus anzufämpfen.

In den pommerichen Garnisonen der Reichswehr   sind die Soldatenmißhandlungen häufiger als anderswo. Aus Demmin  , Neustettin   und Stargard   kommen lebhafte Klagen ver­zweifelter Soldaten. Alle Klagen und Beschwerden klingen dahin

aus: Wenn diese Behandlung anhält, dann mache ich diesem Leben ein Ende! Das Soldatenleben ist nicht mehr zu ertragen!"

Die fortgefeßte Reihe von Mißhandlungen, denen die Mann­schaften vielfach unterworfen find, machen den Dienst zur Hölle. Schimpfworte und Schläge stehen als pädagogische Erziehungsmittel bei vielen Vorgesetzten in hohem Kurs. Als Krumm stiebel", " Schlipsträger"," Bollwertslaster" usw. werden die Soldaten der deutschen   Republit angesprochen. Die in der Reichs­ wehr   eintretenden jungen Männer verlieren sehr bald die Liebe zum Soldatenberuf. Ein Empfang, wie er neu eintretenden Frei­willigen bei einer Kompagnie des Infanterieregiments Nr. 4 durch Unteroffiziere bereitet wurde, zeigt, nach welcher Rich­tung hin Erziehungsarbeit" geleistet wird.

Unteroffizier R.: Sind Stettiner unter euch?" Soldat Grähn meldet sich und bejaht, daß er aus Stettin   sei. Darauf Unteroffizier R.: Richtig, wieder so ein Kerl dabei. Früher am Bollwerk gestanden und auf die Reichswehr   ge­spuckt, und heute sind sie zufrieden, daß sie bei uns find. Euch Brüder fennt man ja. Na, warten Sie, Sie sollen mein besonderer Freund

werden."

Im Verein mit anderen Unteroffizieren löfte dieser Unter­offizier. sein Versprechen ein. Der Soldat Grähn aus Stettin  will dem elenden Dasein freiwillig ein Ende machen. Der Selbst. morb wird vereitelt. Die schifanöse Behandlung geht weiter. Grähn wird fahnenflüchtig und strafbar.

Die aus den königlichen Kasernen der Vorfriegszeit her be­kannten Kommandos ertönen: Unter die Betten!" Marsch, marsch!" ,, Auf die Betten"" Auf die Spinden

Sigt eine Nase nicht vorschriftsmäßig gerade über der Knopf­reihe, wird sie durch ziehen an Ohren und Nase an die richtige Stelle gebracht. Ein Soldat erhält einen Schlag ins Gesicht, und er hat acht Tage ein blaues Auge. Ein Unteroffizier fragte die Soldaten:" Was kannst du?" Und die Antwort hatte zu lauten: Berpflegung empfangen, Kommißbrot fressen, Bettwäsche dreckig machen, Speckerbsen verschlucken und Korporäle ärgern!"

Beftärft werden die Unteroffiziere in ihrem Vorgehen, wenn Offiziere, wie zum Beispiel der Beutnant Scholz beim Infan= terieregiment Nr. 4, erklärt: Ich mache die Unter­offiziere verantwortlich. Schleifen Sie die Leute. Die Verantwortung übernehme ich, ich, der Leutnant Scholz!" Und der Erfolg solcher Anweisungen? Ein Unteroffizier bestellt seine Korporalschaft zum Griffe floppen, auf die Stube. Als Anzug befahl er: Unterjacke, Drillichjace, Tuch rod, Mantel, Kopfschützer, Handschuhe und Stahlhelm. Vor dem rotglühenden eisernen Ofen mußten die Soldaten Aufstellung nehmen, er einem Schüßen Salis gebroht: Ich haue Ihnen eins in die Freffe", und außerdem den Schüßen im Hemd mit Marsch, marsch" auf den Flur jagen wollte, wegen Bedrohung und Ueberschreitung der Dienstgewalt mit fünf Tagen gelindem Arrest bestraft. Die mißhandelten Soldaten waren so eingeschüchtert, daß sie nicht einmal den Mut aufbringen konnten, Meldung zu erstatten.

Ein anderer Unteroffizier wurde wegen untergebenenmißhand­

lung mit nur zwei Tagen gelindem Arrest bestraft. Nicht selten wurden Unteroffiziere troß ihrer Arreststrafen zum Unter­feldwebel befördert.

Die Soldaten fliehen der Qual, werden fahnenflüchtig, bestraft. Die Beiniger aber, in den feltensten Fällen zur Berantwortung ge. zogen, haben vielfach ganz geringe Strafen davongetragen. In der republikanischen Reichswehr   muß der Grundsatz befolgt werden, daß ein Vorgesetzter, der sich auch nur die kleinste Mißhandlung gegen seine Untergebenen zuschulden kommen läßt, sofort zu ent­laffen sei. Die Reichswehr   und ihre verantwortliche Leitung kann dadurch nur an Ansehen gewinnen. Herr Dr. Geßler mag endlich dafür Sorge tragen, daß durchgreifende Maßnahmen gegen die Leuteschinder getroffen werden. Es ist gerade im Intereffe der Reichswehr   zu wünschen, daß bei den nächsten Etatdebatten im Reichstag das Kapitel Soldatenmißhandlungen nicht wieder zur Debatte steht.

200 000 neue Wohnungen? Vorschläge für Preußen.

Die sozialdemokratische Landtagsfraktion hat zur Förderung des Wohnungsbaues im Jahre 1927 einen Urantrag eingebracht, der die Bereitstellung höherer Mittel sowie eine beière Ausnutzung des verfügbaren Kapitals und der Bauzeit verlangt, damit 1927 in Preußen in indestens 200000 Wohnungen erbaut werden können. Die Fraktion macht zur Erreichung dieses 3wedes folgende Vorschläge: Beträchtliche Er höhung der aus der Hauszinssteuer dem Wohnungsbau zufließenden Mittel, Bereitstellung von Mitteln zur Gewährung billiger Bujaz hypotheken oder zur Zinsermäßigung für erste Hypotheken durch die Remmunalverbände, Gewährung von Hypothefendarlehen aus öffentlichen Mitteln nur für Wohnungen bis höchstens 100 Quadrat meter Wohnfläche und bei diefen nur für 75 Quadratmeter Wohn­fläche, Bevorzugung des gemeinnügigen Wohnungsbaues be: Ver­gebung von Hypotheken aus öffentlichen Mitteln und Begünstigung der planmäßigen Errichtung von Großfiedlungen, Ausgabe der ministeriellen Richtlinien und Grundsätze für die Bergebung von Hypotheken aus öffentlichen Mitteln noch vor Ablauf des Jahres 1926 und schließlich frühzeitige Berteilung der verfügbaren Mittel durch die Kommunalverbände, damit bei Beginn offenen. Wetters die Bautätigkeit sofort einfeßen fann.

08.2

mind

Die Lockspitzelpolitik Mussolinis.

Amtliche französische   Schritte in Rom. and

Paris  , 6. November.  ( Eigener Drahtbericht.) Nach den bis­herigen Ergebnissen der polizeilichen Untersuchung gegen Ricciotti Garibaldi   fann es schon jetzt feinem Zweifel mehr unterliegen, daß es sich um eine von den zuständigen Stellen in Rom   eingeleitete politische machination handelt, die in der Geschichte ihres­

gleichen sucht. Die Machthaber in Rom   haben diesen Garibaldi nicht nur dazu benutzt, die ins Ausland geflüchteten Gegner des Faschismus in die Hände der italienischen Polizei zu spielen; seine Aufgabe, für die er mit 500 000 Lire bezahlt worden ist, war vielmehr, auf französischem Boden Komplotte gegen Mussolini   zu organisieren, zu spielen. Die angeblichen Verschwörungen, die Mussolini   bei jeder um so der italienischen Politik Waffen gegen Frankreich   in die Hände Gelegenheit als Vorwand dienten, die öffentliche Meinung gegen Frankreich   aufzupeitschen, waren von niemand anderem inszeniert als feinen eigenen Spigeln und komplicen, und ihr Zwed ins Unrecht zu setzen in der Hoffnung, ihr auf diese Weise die von war offensichtlich der, die französische   Regierung vor der ganzen Welt Italien   geforderten kolonialen Zugeständnisse abringen zu können. Auch die katalonische Verschwörung",

die sich übrigens mehr und mehr als das recht harmlose Unternehmen einer Handvoll romantischer Abenteurer erweist, war das Wert der italienischen Polizei und ihrer Helfershelfer. Sie ist von Garibaldi  und dem in der vergangenen Woche von den französischen   Behörden aus Nizza   ausgewiesenen Direktor der politischen Polizei in Rom   in­fzeniert worden mit dem offensichtlichen Ziele, die Beziehungen zwischen Paris   und Madrid   zu trüben und Spanien  , wo die Be­geisterung für das mit Italien   abgeschlossene Mittelmeerbündnis fehr schnell erfaltet war, nochmals der italienischen Außenpolitik dienstbar zu machen.

In Frankreich  , wo die verständliche Erregung über diese, alle bis­herigen Schandtaten des Faschismus in den Schatten stellende Methode außerordentlich scharfe Formen annimmt, scheint man entschlossen, der von Mussolini   gewollten Entwicklung der Dinge

nicht länger mit verschränkten Armen zuzusehen. Der von dem franzöfifchen Botschafter in Rom   neuerdings unternommene Schritt, der nach dem offiziellen Rommuniqué lediglich im Zusammenhang mit den jüngsten Zwischenfällen in Tripolis   und Ventimiglia bestanden haben soll, dürfte, wenn wir recht unterrichtet find, in erster Linie die Affäre Garibaldi   und ihre politischen Konsequenzen zum Gegenstand gehabt haben. Selbst Blätter, die bis zuletzt den Gedanken einer weitgehenden Ver­ständigung mit Italien  , um den Preis schwerster französischer Opfer, das Wort geredet haben, rücken heute sehr entschieden von Mussolini  und seiner Politik ab und erklären unter den obwaltenden Um­ständen eine italienisch- französische Annäherung für unmöglich.

Sozialistische Interpellation in der Kammer. Paris  , 6 November.( Eigener Drahtbericht.) Der sozialistische Abg. Frot fündigt eine Interpellation über die letzten französisch italienischen   Zwischenfälle an. Frot verlangt gleichzeitig von der Regierung Auskunft, welche Maßnahmen sie zu ergreifen gedente,

Revolutions- Gedenkfeiern

Heute, Sonntag, den 7. November: Johannisthal  : 7 Uhr im Kinosaal von Botha, Stubenrauchstraße. Ansprache: Wilhelm Landa. Rinovorstellung: Das Licht im Osten" nebst Beiprogramm. Achtung! Um 5% Uhr Antreten im Bürgergarten zum Fackelzug durch den Ort und die Siedlung. Kino, Tanz und Steuer 75 Pf.

Um Montag, den 8. November: Baumschulenweg  : 7% Uhr in der Aula des Lyzeums, Baumschulen straße. Ansprache: Genosse Schiller- Göttingen, M. d. R.

Am Dienstag, den 9. November: Mitte: 7% Uhr in den Sophiensälen, Sophienstr. 17/18. Ansprache: Genoffe Stelling.

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Tiergarten: 8 Uhr in den Arminiusfälen, Bremer Str. 73. Gefangs vorträge und Ansprache: Siegfried Aufhäuser  , M. d. R. 8. Abteilung: 8 Uhr im Nationalhof, Bülowstr. 37. Ansprache: Felix Fechenbach  . Die Bezirksführer laden ein. Wedding  : 7% Uhr in den Pharusfälen, Müllerstr. 142. Ansprache: Kurt Heinig  . Prenzlauer Berg  : 8 Uhr in den Brachtsälen am Märchenbrunnen, Am Friedrichshain( früher Schweizergarten). Gesangsvorträge des Männergesangvereins Prenzlauer Berg  ". Ansprache: Her­ mann Lüdemann  , M. d. L. Der Eintritt ist für Mitglieder und deren Angehörige frei.

Kreuzberg  : 7 Uhr in der Bockbrauerei, Fidicinstr. 2/3. Ansprache: Otto Meier  , M. d. L.

Charlottenburg und Wilmersdorf  : Gemeinsame Revolutionsfeier 8 Uhr in den Spichernsälen, Spichernstr. 3, in Wilmersdorf  . An Sprache: Artur Crispien, M. d. R.- Musif- und Gesangsvorträge, Rezitationen. Karten a 30 Pf. find bei den Abteilungs- und Schöneberg  - Friedenau  : 8 Uhr in der Schloßbrauerei Schöneberg  , Gruppenleitern zu haben. Hauptstr. 123. Mitwirkende: Der Junge Thor, Rezitationen: Erich Beinert, Sprechchor der SAJ. Groß- Berlin. Ansprache: Erich Kuttner  , M. d. L. Unkostenbeitrag 25 Pf. Steglig: 8 Uhr im Lyzeum Steglig, Rothenburger Straße. Mit wirkende: Gemischter Chor Groß- Berlin unter Leitung von Jajcha Horenstein. Franz Fischer: Rezitationen. Ansprache: Clara Bohm­Schuch, M. d. R. Eintritt 75 Pf. Tempelhof- Mariendorf- Marienfelde- Lichtenrade: 7% Uhr im Fest faal des Gymnasiums Tempelhof  , Kaiserin- Augusta- Straße. Mit­wirkende: Ansprache: Albin Saenger- München, M. d. R., Re­

gitationen: Albert Florath   vom Staatstheater, Paul Friedrich und Helmuth Methner von der Hochschule für Kirchenmusit, Klavier Bioline, Volkschor Tempelhof- Marienfelde, Sängerchor Tempel hof, Arbeitergefangverein Marienfelde. Eintrittspreis 80 Pf. Neukölln: 7% Uhr im Städtischen Lichtspielhaus, Bergstr. 147. Im Vorverkauf 50 Pf. Arbeitslose Genoffen haben freien Eintritt. Ansprache: Paul Herz, M. d. R., Gesang der Neuköllner Lieder­tafel, Rezitationen: Wolfgang Heinz   vom Staatstheater. Kaulsdorf  : 7% Uhr im Lokal von Esserich, Frankfurter Str. 55. Ansprache: Bezirksverordneter Karl Litte. Lichtenberg  : Uhr im Cäcilien- Lyzeum, Rathausstraße.

Mit­

wirkende: das Liebermann- Trio, Rezitationen: Theo Maret. An­Sprache: Dr. Rudolf Breitscheid  , M. d. R. Eintritt 50 Pf. Weißenfee: Uhr in der Aula des Realgymnafiums, Woeld. promenade 37. Ansprache: Pfarrer Bleier. Pankow  : 7% Uhr in der Aula des Lygeums, Görschstraße. Mit­

wirkende: Gefangverein Pantom und Niederschönhausen  , Jung sozialisten. Rezitationen. Ansprache: Bernhard Göring  . Buch: 8 Uhr im Lokal Göpfert, am Bahnhof. Ansprache: Stadt­verordneter Hermann Lempert.

Mit einem Oberhaus gefegnet wird jeßt Horthy  - Ungarn  . Da Reinidendorf: 8 Uhr in den Hubertus Festsälen, Provinzstraße, am paßt so etwas auch hin. Bahnhof Schönholz. Ansprache: Rudolf Wissell  , M. d. N.

Bölterrechts zu sichern, die die Ausdehnung der neuen italieni­um französische   Staatsangehörige gegen die Verlegung des schen Ausnahmegeseze auf Ausländer darstelle.

Ricciotti Garibaldis   Opfer.

Madrid  , 6. November.  ( EP.) Die Polizei hat in Barcelona  zahlreiche Haussuchungen bei den katalonischen Separatisten vor­genommen. Zwei Separatisten wurden verhaftet. Außerdem find eine Reihe von Grenzwächtern, die Saparatisten durch. marschieren ließen, verhaftet worden.

Mussolinier raus!

Demonstration in Wien  .

Wien  , 6. november.( Eigener Drahtbericht.) Der inzwischen zum Unterstaatssekretär Mussolinis ernannte italienische Profeffor Bobrero wollte heute abend hier einen Vortrag über die Auf­bauarbeit" des Faschismus halten. Jm Saal erschienen auch etwa hundert Sozialdemokraten, die den Redner mit stürmischen an­dauernden Rufen Hoch Matteotti  !" empfingen und dann die Internationale fangen, bis der Faschist darauf verzichtete, feinen Vortrag zu halten, womit die Versammlung ihr Ende erreichte. Der Faschismus als Erpresser. Druckmittel gegen Journalisten.

Drohung mit dem Hunger wendet der Faschismus nunmehr auch gegen Chiaffo, 6. November.  ( Eigener Drahtbericht.). Erpressung durch die Journalisten an. Die frühere Breffevereinigung für die Lombardei  , die auf einen Federstrich des Präfekten   hin faschistisch geworden ist, hat dieser Tage ihre Mitglieder, die nach dem Gesetz in den Berufslisten eingeschrieben sein müssen, aufgefordert, eine Erklärung zu unterschreiben, in der sie sich für die sogenannten ,, nationalen Direktive n" ausfprechen. Die Weigerung dieser Erklärung ist gleichbedeutend mit Nichteintragung in der Berufsliste und diefes bedeutet den Ausschluß vom Beruf, für die meisten also den Hunger.

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Es ist dieselbe Methode, mit der man feinerzeit die sogenannten faschistischen Gewerkschaften" ins Leben hat rufen können, die heute, wie ihr Präsident, der frühere Revolutionär Rossoni  , behauptet, bis zu fast drei Millionen Arbeiter und Angestellte zählen. Und mit derselben Methode wird es auch möglich, daß die offiziöse faschistische Presse sich mit der Erklärung in die Brust werfen fann, 20 Millionen Italiener hätten sich aus vollem Herzen und mit begeisterter Zustim mung hinter die Ruchlosigkeiten des faschistischen Regimes gestellt.

Faschistenspitzel in Berlin  !

Wie uns zuverlässig bekannt wird, find in Berlin   eine Anzahl verdächtiger Italiener eingetroffen, die man für Spizel der Faschistenpolizei zu halten allen Grund hat. Die hier lebenden anständigen Italiener feien zu größter Vorsicht gegenüber diesen angenehmen Sendlingen aus ihrer gefnechteten Heimat ermahnt!

Justiz und Verwaltung.

Was sich deutschnationale Richter leisten. Steffin, 5. November.  ( Eigener Drahtbericht.) Bom Einzel­richter des Stettiner Amtsgerichts wurde am Donnerstag der sozial. demokratische Polizeipräsident Fenner in einer Privatklagefache au 50 M. Geldstrafe oder fünf Tagen Gefängnis verurteilt, weil er in einem von den vorgesetzten Dienstbehörden angeforderten Gu achten über die Qualifitation eines deutschnationalen Hafenpolizeioberfetretärs beleidigende Ausdrüde gebraucht haben soll. Der Sekretär, dem tatsächlich verfehlungen nachgewiesen worden sind, hat nach Einsichtnahme in feine Personalatten Privattlage angeftrengt, die vom Amtsgericht nationalen Richtern befeßte Beschlußtammer zunächst abgewiesen wurde. Eine mit drei deutsch­leitete aber später das Verfahren ein. Die Hauptverhandlung fand am Donnerstag statt und endete mit der Verurteilung des Polizei­präsidenten. Ein Standal ersten Ranges!

O dieser Wilhelm!

Oder das bersalzene Mittagessen.

Die Neue Leipziger Zeitung" erzählt folgende Geschichte aus Doorn  :

,, Oldenburg- Januschau   stattete Wilhelm II.   einen Besuch ab und wurde bei dieser Gelegenheit zum Mittagessen ein. geladen, wie dies mit allen von fernher eingetroffenen Gästen geschieht. Während man auf die Meldung des Hofmarschalls, daß angerichtet sei, wartete, entspann sich ein politisches Gespräch, lich, daß Hindenburg   troß seines hohen Alters das Amt des in dessen Verlauf Oldenburg   meinte, es sei doch sehr verdienst­Reichspräsidenten übernommen habe. Darauf rief der Er­Raiser: 3hr seid alle Berräter!" ging hinaus und ließ das gemeinsame mittagessen absagen."

Eine vorbildliche Kirchengemeinde. Fest in Treue zu SEINEM Hause.

Im Kirchlichen Wochenblatt für die Evangelischen Gemeinden des Landes Jülich  " entdeckt die Frankfurter Zeitung  " einen Jubi läumsbericht der Kirchengemeinde Jüchen   und in ihm dieses Aller. höchste Telegramm:

Ich habe mit großem Interesse aus Ihrem Bericht die Ge­schichte der alt ehrwürdigen Kirche in Jüchen   vernommen, ebenso wie Ich mit Freude Ihre Versicherung entgegennahm, daß die Gemeinde in vorbildlicher Treue dessen gedenkt, was Mein Haus in fünfhundertjähriger Geschichte für Preußen und Deutsch­ land   getan hat. Ich danke Ihnen für diese zum Ausdruck ge­brachte Gesinnung und sende Ihnen und der Gemeinde beften Gruß und Glückwunsch zur 250. Jahresfeier Ihres Gotteshauses. gez.: Wilhelm I. R. Womit deutlich zum Ausdrud gebracht wird, daß die evangelische Kirche im Jülicher   Land und auch wohl anderswo nichts anderes sein will als eine Kaiser- Wilhelm- Gedächtniskirche  , die auf die Zugehörigkeit von Republikanern feinen Wert legt.

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Im übrigen ist nicht auszudenken, was der Imperator Reg, der Kaiser und König wohl alles zusammentelegraphieren würde, wenn er die Vorteile des billigen Inlandstarifs für Telegramme ge­nießen tönnte.