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1. Beilage zumVomärts" Berliner Volksblatt. Ur. Ii) /'._ Sonnabend, den 34. Angnst 1893. 13. Jahrg. Mieder eine M nutee Vereidigung. B o ch u m, LI. August. DieZinul ist es kein böser Sozialdemokrat, sondern der strebaktcur der gut nationalliberalenHerner Zeitung", Herr C. Th. Kaltenberg, welcher der Ehre des vielgenannten Gendarmen Munter zu nahe getreten sein soll und der deshalb heute vor der Strafkammer erscheinen muß. Er hatte in einem am S. März d. I. in seiner Zeitung er- schienenen Artikel den damals noch in Bankau bei Herne statio- nirten berittenen Gendarmen Munter beschuldigt, an einem Abend auf der Bahnhofstraße zn Herne zwei handelnde Metzger- meisler ohne Veranlassung zum"Nachhausegehen aufgefordert und, trotzdem beide sofort Folge geleistet haben, de» Metzger- nieiüer Bernicke mit dem Säbel über den Rücken geschlagen zu habe». Die Schwester des Mißhandelten habe er, als sie dazwischentreten wollte, mit groben Worten ins Haus ver- wiesen, ebenso einem zusehenden Stuckateur mit Säbel- hieben gedroht. Am Schluß hieß es, daß Munter öfter des Abends mit ihren Frauen ruhig ihres Weges gehende Männer ohne Veranlassung angehalten und mit Schmähworten traktirt habe. In der heutigen Verhandlung führte Landgerichtsdirektor Pellin ghoff den Vorsitz, die Anklage vertrat der erste Staatsanwalt R u k s e r, als Verthcidiger sungirte Herr Rechts- anwalt Dr. R i e in c y e r- Essen. Der Angeklagte erklärt sich für nichtschuldig. Der Artikel entspreche der Wahrheit. Schon kurz nach erfolgter Stationirung Münter's in Baukau seien ihm Klagen über dessen Verhalten mitgetheilt worden. Er habe lange gezögert, diefelben zu ver- öffentlichen, aber als die Erbitterung in allen Kreisen der Herner Bevölkerung gegen Münlcr stieg, habe er es für seine moralische Verpflichtung gehalten, die Sache öffentlich zur Sprache zu bringen. Zeuge Metzgermeister Bernicke- Herne ist der in dem Artikel gemeinte Mißhandelte. Er erzählt: Ich war an dem betreffenden Abend zusammen mit dem Metzgermeister Landgraf von Bochum gekommen und unterhielt mit diesem und dem Wirthschaftsgehilfen Bredenbröker mich über geschäftliche Sachen. Da trat plötzlich Gendarm Münter heran und sagte, was wir da Skandal zu machen hätten. Ich sagte, wir machten keinen Skandal, sondern unterhielte» uns über Geschäfte. Vors.: Hatten Sie Differenzen miteinander? Bernicke: Rein. Staats- anwalt: War dem Zeugen Bredenbröker nicht ein Sack Kartosteln gestohlen worden? Börnicke: Rein; Münter hat nnch des Diebstahls angezeigt, aber die Untersuchung ist ein- gestellt worden. Staatsanwalt: Es ist angenommen worden, daß es sich um einen Scherz handelte. Vors.: Wußte Münter von der Sache? Bernicke: Nein; von den Kartoffeln konnte Münter noch nichts wissen. Der Angeklagte theilt mit, daß Bredenbröker der zukünftige Schivager des Zeugen ist. Bernicke bestätigt dies. Vors.: Was that Münter weiter? Bernicke: Er sagte:Ich fordere Sie auf, sofort auseinanderzugehen!" Ich sagte:Gewiß, ich wohne ja hier!" und drehte mich sofort um. Da zog Münter den Säbel und schlug mir über den Kopf. Vors.; Wie kam Münter denn dazu? Bernicke: Das weiß ich nicht. Vors.: War die Verhandlung mit Breden- bröcker sehr laut? Bernicke: Wir mögen wohl etwas laut gesprochen haben. Vors.: Wie war's denn mit dem Sack Kartoffeln? Bernicke: Metzger Landgraf und ich wollten uns einen Spaß machen und haben Bredenbröker den Sack in Riemke weggenommen. In Herne kam er zu uns und sagte mir:Warte, Wilhelm, jetzt weiß ich auch, wer den Sack Kartoffeln hat, der kostet jetzt das Doppelte." Ich sagte:Das schadet nichts, was er kostet, bezahle ich!" Staats- anwalt: Hat Bredenbröker Euch nicht schon in Ricnike nach dem Sacke gefragt und habt Ihr geantwortet, Ihr hättet ihn nicht? Bernicke: Nein. Vors.: Warf Bredenbröker Ihnen zuerst vor, Sie hätten den Sack gestohlen? Bernicke: Nein; er wußte davon ja garnichts. Vors.: Sprachen Sie denn nicht davon, als Münter herankam? V e r n i ck e: Nein, kurz vorher. Staatsanwalt: Habt Ihr Strafmandate erhalten? Bernicke: Jawohl. Ich habe aber Widerspruch erhoben und bis jetzt noch nichts weiter von der Sache gehört. Verth.: Hat Münter Sie mitI h r" an- geredet? Bernicke: Jawohl. Verth.: Ja, lassen Sie sich denn das gefallen? Fühlten Sie sich denn nicht beleidigt? Bernicke: Jawohl. Ich habe mich ja beschwert beim Gen- darmeriekommando, aber ich bin abgewiesen worden. Zeuge Stuckateur S ch n i t t k e r: Als ich aus der Wirlhschaft kam, hörte ich eine laute Stimme:Wenn ich sage, Sie verlassen den Platz, so verlassen Sie den Platz!" Ich wußte nicht, was das zu be- deuten hatte, wurde ängstlich und machte, daß ich wegkam. Was vorfiel, habe ich nicht gesehen. Vors.: Hat der Gendarm Sie mit dem Säbel bedroht? Sch n itt ke r: Nein. Vors.: Hat er Sie überhaupt bedroht? Schnittker: Nein. Verth.: Weshalb liefen Sie denn fort? Schnittker: Die drohenden Worte machten mich ängstlich. Ich ineinte, es könnte etivas absetzen.(Der Zeuge ist der in dem Artikel be- zeichnete Stuckateur, der mit Säbelhieben von Münter bedroht sein soll.) Zeugin Gretchen Bernicke, Schwester des Metzgers Bernicke, stand bei dem Vorfall in der Thür. Sie hörte draußen, wo ihr Bruder sich mit Bredenbröker über Geschäftssachen unterhielt, plößlich lautes Reden; trat heraus und hörte, wie Münter sagte:Verlassen Sie den Platz, zum 1., 2. und 3. Mal!" Ihr Bruder drehte sich um, in demselben Augenblicke zog Münter blank und schlug dem Bernicke über den Rücken. Sie trat an ihn heran und sagte:Lassen Sie doch meinen Bruder in Ruhe!" Er erwiderte:Scheren Sie sich sofort ins Haus!" Daraus ging sie auch ins Haus. Zeuge Wirthschaftsgehilfe Brede nbröker stellt den Vorfall wie Bernicke dar, nur erinnert er sich nicht der letzten Aufforde- rung, den Platz zu verlassen, sowie der voraufgegaugenen Reden Münters und Bernickes. Vors.: Unterhielten Sie sich laut? Zeuge Bredenbröker: Ja, wir waren wohl etwas laut. Vors.: Sie waren erregt? B.: Jawohl. Vors.: Sie sprachen von dem Sack Kartoffeln. Glaubten Sie, daß Ihnen derselbe ge stöhlen war? B.: Nein, ich dachte, Bernicke und Landgraf hätten sich einen Ulk gemacht. V orsitzender: Glaubten Sie gleich, daß ein Ulk vorlag? Wußten Sie denn, wer die Kartoffeln hatte? B.: Ja, ich sah sie auf Bernicke's Wagen liegen. Vorsitzender: Hat Münter etwas von den Kartoffeln gesagt? B.: Nein. Vors.: Haben Sie Anzeige wegen Diebstahls gemacht? B.: Nein. Gendarm Münter ist zwar mehrere Male bei mir gewesen und hat mir gedroht, wenn ich nicht so aussagte', wie er wollte, so wollte er ans Regiment schreiben, dann müßte ich wieder Soldat werden.(Ter Zeuge war damals wegen Kränklichkeit vom Militär zur Disposition beurlaubt.) Verth.: Was sollten Sie denn aussagen? Zeuge: Ich sollte Anzeige machen, daß Bernicke und Landgraf mir Kartoffeln gestohlen hätten. Etwa vier bis fünf Mal war Münter bei mir, zuletzt kam meine Mutter noch dazu und fragte ihn, ob er sie denn ernähren wolle. Er sagte, ich wäre ja krank und ich müßte dann trotzdem zum Regiment zurück. Vors.: Haben Sie dem Bernicke nicht, als Münter herantrat, vorgehalten, daß er ihnen die Kartoffeln weggenommen hätte? B.: Nein, das war etwa zwei Minuten vorher. Vors.: Sie sprachen doch sehr laut, könnte Münter es denn nicht von ferne gehört haben? B.: Das weiß ich nicht. Vors.: Haben Sie die Wegnahme der Kartoffeln gleich für Milien Scherz gehalten? B.: Ja, ich sagte zu Bernicke, das wäre kein schöner Streich von Ihnen, deshalb hätte ich weit umfahren müssen. Vors.: Wissen Sie, ob Bernicke nach der Aufforderung Münters aufgemuckt hat, etwas entgegnet hat? B.: Nein. Staatsanwalt: Hat Münter Sie oder Ihr gesagt? B.: Sie, glaubeich, genau weiß ich es nicht mehr. Staatsanwalt: Waren Sie angetrunken? B.: Nein. Staats anw.: Hatten Sie denn nichts getrunken? Zeuge: Doch, aber wir waren nicht angetrunken. Staats- anwalt: Sie waren doch den ganzen Tag auf der Geschäfts- reise gewesen? B.: Nein, nur den Nachmittag. Vors.: Hat der Gendarm gesagt, Sie sollten die Wagen wegbringen, dieselben ständen zu nahe oder auf dem Geleise der elektrischen Bahn? B.: Nein, das hat er erst gesagt, als er nachträglich in meinem Hause war. Da sagte er, wenn er jetzt Anzeige machte, bekäme ich auch eine Ordnungsstrafe. Ich habe aber keine bekommen. Verth.: Wußten Sie gleich, daß Sie den Sack Kartoffeln be- zahlt bekommen? B.: Ja! Verth.: Wie oft sind Sie dieser Sache wegen vernommen worden? B.: Ich bin 6 Mal zum Amt gerufen worden. Einmal habe ich ein Protokoll ab- gegeben, nachher habe ich gesagt, man solle mich in Ruhe lassen. Vcrtheidiger: Haben Sie der Sache wegen ein Straf- mandat erhalten? B.: Nein. Zeuge Gendarm Münter stellt den Vorfall folgendermaßen dar. Kurz vorher war durch die elektrische Bahn jemand über- fahren worden. Am Abend war es sehr dunkel, ich hielt es daher für meine Pflicht, die Strecke abzupatrouilliren, um Unglück zu verhüten. Plötzlich hörte ich Skandal und Leute, die an mir vorüber kamen, sagten:Da zanken sie sich um Kartoffeln" oder auch wohl, das weiß ich so genau nicht mehr,es seien Kartoffeln gestohlen". Als ich näher kam, sah ich Leute und Wagen ohne Laterne hart am und zum theil, glaube ich, auch aus dem Geleise der elektrischen Bahn stehen. Die Stelle ist dort sehr gefährlich, weil das Geleise eine scharfe Biegung macht. Ich mußte also die Leute veranlassen, schleunigst mit den Fuhrwerken den Platz zu räumen, um die Gefahr zu beseitigen. Ich forderte sie deshalb auf, den Platz sogleich zu verlassen. Bredenbröker und ebenfalls Landgraf gingen auch, Bernicke aber nahm die Front zu mir, ich wähnte mich angegriffen, zog deshalb blank und schlug aus Bernicke ein. Vors.: Weshalb wähnten Sie sich denn ange- griffen? Münter: Nach meiner Auffassung nahm Bernicke eine drohende Haltung an. Vors.: Woraus schlössen Sie das? Münter: Er nahm die Front zu mir und ich glaube sogar, er riß den Nock auf, als wollte er eine Waffe kriegen. Vors.: Stand er denn nicht mit dem Gesicht zu Ihnen ge- wendet? Münter: Ja. Vors.: Wie konnten Sie ihn denn da auf den Rücken schlagen? Münter: Als ich de» Säbel zog, drehte er sich um und lief weg. Da hatte ich den Säbel aber einmal und schlug zu.(Heiterkeit im Zuhörerrani». Der Vorsitzende verlangt Ruhe.) Vors.: Sie hatten schon ausgeholt, sonst hätten Sie doch nicht geschlagen, wenn Sie ge- sehen hätten, daß er weglies? Münter: Der Hieb ist mit Absicht geführt worden, ich hatte sogar die Absicht, den Man» festzunehmen. Vors.: Weshalb denn? Münter: Des Diebstahls wegen. Vors.: Wußten Sie denn, daß Bernicke und Landgraf die Leute waren, welche die Kartoffel» weg- genommen hatten? Münter: Nein, das wollte ich erst feststellen. Vors.: Haben Sie denn von den Kartoffeln überhaupt gesprochen? Münter: Nein, das that ich mit Absicht nicht, um jeder Verschleierung vorzubeugen. Als der Mann ins Haus lief, dachte ich, die Leute sind hier ansässig, da brauchst Du sie nicht gleich festzunehmen, willst es erst dem Kutscher melden, der soll entscheiden, wie die Sache gemacht werden soll. Vors.: Haben Sie das Fräulein Bernicke auch ins Hans geschickt? Hat sie Ihnen gesagt, Sie sollten ihren Bruder in'Ruhe lassen? Münter: Ja, sie hat noch mehr gesagt, mich beschimpft. Ich sagte, sie solle sich ins Hans machen. Hätte sie weiter skandalirt, so wäre ein Volksauflauf entstanden. Vors.: Zeuge Bernicke, standen die Wagen auf dem Geleise? Bernicke: Genau kann ich das nicht sagen. Vielleicht mit einem Rad. Vors.: Sagte der Gendarm, Sie sollten die Wagen fortschaffe»? Bernicke: Davon habe ich nichts ge> hört. Vors.: Zeuge Bredenbröker, haben Sie es gehört? Brede nbröker: Nein. Vors.: Zeuge Münter, haben Sie nicht aufgefordert, die Fuhrwerke zu entfernen? Münter: Ich habe die Leute aufgesordert, fortzugehen, sie waren ja Führer der Wagen. Vors.: Haben Sie nicht ge- sagt, man solle die Wagen fortbringen? Munter: Das muß ich dahingestellt sein lassen, ob ich das Wort Wagen ge- braucht habe. Jedenfalls war es mir zunächst um deren Eiit> fernung zu thun. Verth.:-Sagten die Leute, welche an Ihnen vorbeikamen, es werde um Kartoffeln gezankt oder, es seien Kartoffeln ge- stöhlen? M ü n t h e r(erregt): Das weiß ich nicht mehr. Um Worte geht's mir nicht. Gezankt oder auch gestohlen. Ich glaube, das letztere ist auch gesagt worden.- Vors.: Sie halten den Eindruck, es sei gestohlen worden? Münter: Ja. Verth.: Ich muß jetzt einige Fragen stellen, die nicht direkt diesen Vorfall berühren, sondern die Glaubwürdigkeit des Zeugen Münter beleuchten sollen. Zeuge Münter, haben Sie im Meineidsprozeß zu Essen, wo ich Zeuge war, mich beschuldigt, Zeugen beeinflußt zu haben? Haben Sie angegeben, daß Ihnen ein Gerichtsdiener das mitgetheilt habe und hat sich das nicht als unwahr herausgestellt? Munter: Das gehört doch gar nicht hierher. Verth.: Das geht Sie nichts an, sondern das hat das Gericht zu entscheiden. Münter: Herr Rechts- anwalt, das hat mit diesem Prozeß doch nichts zu thun. Vors.: Ich weiß auch nicht, was das zur Sache zu thun hat. V e r t h e i d i g e r: Es handelt sich für mich darum, die Glaubwürdigkeit Münter's zu beleuchten, was für den Prozeß sehr wichtig ist. Ich will feststellen, daß Münter unter Eid die Unwahrheit gesagt hat. Vorsitzender: Münter, Sie können die Antwort verweigern, wenn Sie sich durch dieselbe strafbar machen würden. Münter: Das gehört nicht in diesen Prozeß. Vors.: Wollen Sie die Frage beanstanden? Münter: Ja. Verth.: Dann bitte ich um Gerichts- beschluß. Ich werde noch mehr Fälle unter Beweis stellen. Es soll mir das dazu dienen, die Widersprüche Münter's mit den jetzigen Zeugen ins rechte Licht zu stellen. Staatsanwalt: Die Frage ist als unzulässig abzulehnen. Klarheit kann nicht ge- schaffen werden, da der Gerichlsdiener aus Essen nicht hier ist. Wahrscheinlich handelt es sich nur um ein Mißverständniß. Verth.: Münter soll selbst sagen, daß der Gerichtsdiener ihm nicht das Behauptete mitgetheilt habe. In Essen ist unter Er- regung des ganzen Publikums und des Gerichtshofes so ans- gesagt worden. Der Gerichtshof beschließt, die Frage abzulehnen, da sie mit der Sache nicht zusammenhänge und ferner ein Wider- spruch der Aussage Münter's mit denen der übrigen Zeugen nicht hervorgetreten sei. Auf Anregung des Vertheidigers fragt der V o r s i tz e n d e Münter, ob er den Bredenbröker zur An- zeige des Diebstahls durch Drohungen habe veranlassen wollen und hält ihm Bredcnbröker's Aussage hierüber vor. Münter: Das weiß ich nicht, dessen kann ich mich nicht entsinnen. Vors.: Kann es denn sein? Glauben Sie, daß es möglich ist? Münter: Nein, das glaube ich nicht, das kann ja gar nicht möglich sein. Vors.: Waren Sie öfter bei Bredenbröker? M ü n t e r: Ja, ich wollte den Dieb- stahl ermitteln. Vors.: Wußten Sie, daß Bredenbröker Soldat war? Münter: Nein, das habe ich erst nachher erfahren. V o r f.: Sie waren öfter dort? Münter: Ja, in dienstlichen Sachen, es ist ja eine Wirthschaft. Vors.: Da haben sie wohl mit Bredenbröker über den Diebstahl ge- sprachen. Können Sie dabei die Drohungen ausgestoßen haben? Münter: Ich glaube es nicht, daß ich es gelhan habe. Ich habe aber so viel Sachen. Jedenfalls handelte es sich nur um Feststellung der Thatsachen. Bredenbröker fing ja selbst von dem Diebstahl an. Vors.: Also genau wissen Sie es nicht? Münter: Nein, dessen entsinne ich mich nicht, eine genaue Aussage kann ich nicht machen. Verth.: Um die Erinnerungsfähigkeit des Zeugen zu zeigen, möchte ich folgende Fragen stellen: Zeuge Münter, sind Sie nicht in Essen im Meineidsprozeß gefragt worden, ob Sie vor einer halben Stunde auf dem 5korridor gesagt hätten:Die Sache steht glän- zend für mich!" und haben Sie da erklärt. Sie erinnerten sich dessen nicht? Münter: Herr Rechtsanwalt, das ist ebenso eine Frage wie vorher, die gehört nicht hierher. Vors.: Sie haben die Frage nicht zu beantworten. Der Gerichtshof lehnt sie ans denselben Gründen wie die vorige ab. Verth.: Dann muß ich den Antrag stellen, den Gerichtsdiener Freese aus Essen zu lade», um über die erste Sache zu bekunden. Staatsanwalt: Ich bitte, den Antrag abzulehnen. Die vorliegende Sache wird dadurch nicht aufgeklärt. Da zwischen der Aussage Münter's und derjenigen anderer glaubwürdiger Personen kein Widerspruch ist, so könnte der Antrag nur eine unnöthige Verschleppung der Sache herbeiführen. Verth.: Wenn man von dem alten menschlichen Grundsatze ausgeht: Wer ei»mal lügt, dem glaubt man nicht! so hat der Antrag große Bedeutung. Vors.: Was soll denn in der Aussage Münter's von den anderen Zeugen abweichen? V e r t h.: Er scheint doch zu glauben, er sei im Recht gewesen. Der Gerichtshof lehnt den Antrag als unerheblich ab. Vors.: Zeuge Bernicke, haben Sie Münter gegenüber eine drohende Haltung eingenommen? Bernicke: Nein, durchaus nicht. Vors.: Sie waren erregt, da können Sie doch wohl nur sagen, daß Sie sich nicht erinnern. Ber - nicke: Ich habe keinerlei drohende Haltung eingenommen. Vors.: Haben Sie den Nock oder die Weste ausgerissen? Bernicke: Nein. Vors.: Können Sie das so genau wissen? Bernicke: Das weiß ich ganz genau. Vors.: Zeuge Münter, Sie hören. Was sagen Sie dazu? Münter: Ich kann ja nicht genau behaupten, daß der Mann wirklich eine drohende Haltung annahm. Meiner Auffassung nach that er es. Ich sagte ja, ich wähnte mich angegriffen. Vors.: Also Sie können sich irren? Münter: Es ist meine Ansicht, ein Jrrthum ist nicht aus« geschlossen. Staatsanwalt: Zeuge Bernicke, weshalb sind Sie denn nicht gleich mit Bredenbröker und Landgraf fortgegangen? Wes- halb hatten Sie Widerworte? M ü nt e r(einfallend): Ja, er hatte allein das große Wort. Bernicke: Ich ging ja gleich. Als ich mich zum Gehen wandte, bekam ich ja den Schlag. Staatsanwalt: Aber Sie haben doch erst zu dem Gendarm gesprochen. Bernicke: Ich wollte ihm doch nur sagen, was los war. Münter: Er war der einzige, der das große Wort hatte. V e r t h.: Ich konstatire, daß sich hier bei der Frage der drohenden Haltung ein Widerspruch zwischen Münter und Bernicke ergiebt, ebenso bei der Darstellung der Behandiung der Gretchen Bernicke zwischen dieser und Münter. Zeuge A r n o l d i, Buchdruckereifaktor bei dem Angeklagten, hat an dem betreffenden Abend an seiner Wohnung den Münter laut rufen hören:Scheeren Sie sich hier weg!" Sehen konnte er nichts, erkannte den Münter an der Stimme und sagte zu seiner Frau: Da ist der lange Gustav wohl schon wieder am Wichsen. A n g e k l.: Der Zeuge soll bekunden, daß die Metzger nicht sehr laut gesprochen haben. Er hat in seiner Wohnung nichts davon gehört. Staatsanwalt; Daß laut gesprochen wurde, ist ja schon festgestellt. Es tritt die Mittagspause ein. Uin Vz4 Uhr nachmittags wird die Verhandlung wieder eröffnet. Zeuge Bergmann Hasenkämperhat eines Abends gesehen, wie Münter in der Nähe des Bahnhofs mehrere Personen visitirte. Einer sagte:Son Lumpenaas will mir revendiren?" Münter hörte das und schlug ihn mit dem Säbel. Später lief er hinter dem Mann her lind nahm ihn fest. Vors.: Schlug Münter mit dem blanken Degen oder niit der Scheide? Hasenkämper: Mit der blanken Klinge. Vors.: Einmal? Hasen» k ä m p e r: Mehrere Male. Vors.: Wohin denn? Hasen» k ä m p e r: Ueber den Rücken. Vors.: Lies der Mann, als er schlug, oder widersetzte er sich? Hasenkämper: Daß er sich widersetzte, habe ich nicht gesehen. Er stand. Vors.: Zeuge Münter, erinnern Sie sich des Falles? Münter: Mir steht so etwas vor. Es waren Schüsse in der Nähe von der Heydtstraße gefallen und ich revidirte Verdächtige nach Revolvern. A n g e k l.: Heydtstraße und Bahnhos liegen doch etwa 8 Minuten auseinander. Das ist doch sehr unwahr- scheinlich.(Vorsitzender zuckt die Achseln.) Es schwebt mir so vor, daß ich einen durchgehauen habe. Der hat wohl eine drohende Haltung eingenommen. Ich glaube, ich habe ihn auch arretirt. Er muß sich wohl schuldig gefühlt haben, denn sonst hätte er sich doch wegen Freiheitsberaubung beschwert. Zeuge Schloffer Heuser: Ich ging eines Abends kurz vor Neujahr, aus dem Gesangverein kommend, an der Ecke des Markt- Platzes vorbei. Ich sah da einige bekannte Gendarmen stehen und sagte guten Abend. Wenige Augenblicke hinterher wurde mir von Munter nachgerufen(mit schnarrender Stimme):Warten Sie mal! Kommen Sie mal her! Haben Sie einen Revolver bei sich?" Ich sagte nein.Zeigen Sie mal her!" Münter visitirte mich und dann konnte ich gehen. Vors.: Hat er Sie beschimpft? Heuser: Nein. Vors.: Haben Sie kurz vorher Schüsse gehört? Heuser: Nein. Vors.: Waren Sie denn schon lange auf der Straße? Heuser: Nein. Vors.: Zeuge Münter, was sage» Sie dazu? Münter: Ob das so gewesen ist, kann ich nicht genau mehr sagen. Jeden- falls habe ich Veranlassung gehabt, den Mann zu vifltiren. Entweder ist er mir verdächtig vorgekommen, oder aus Requisition der Polizei. Wir sind vom Amte ja angewiesen, alle Verdächtigen zu revidiren. Verth.: Also Sie sind angewiesen, jeden, der Ihnen ver« dächtig erscheint, anzuhalten und zu revidiren? Münter: Nein, so allgemein nicht. Wer uns sonst als verdächtig bekannt ist. V e r t h.: Wie lautet denn die Anweisung? Münter: Es ist keine Anweisung. Bei den Beamtenkonserenzen ist gesagt worden, wir sollten scharfes Augenmerk auf die jungen Burschen besonders halten, die nur Waffen bei sich tragen. Die lernt man ja bald kennen. Verth.: War Ihnen denn dieser Mann be- kannt? Münter: In der Dunkelheit konnte ich ihn doch nicht