Daß solche Mißstände, nachdem ste erkannt sind, nicht an- dauern dürfen, ist klar. Es handelt sich hier, ganz abgesehen von der Frage der Unantastbarkeit der Verwaltung, um ungeheure Millionenbeträge, selbst wenn man absieht von jener in 1924 an die Ruhrkohle A.-tZ. in größter Heimlichkeit geleistete Subvention von allein 715 Millionen Mark. In drei umfassenden Anträgen hat die sozialdemotra- tische Reichstagsfraktion die Voraussetzungen umschrieben und die Wege aufgezeigt, die dazu führen würden, die Frage der Reichssubventionen an die Wirtschaft auf«ine andere und bessere Basis zu stellen als bisher. Die Anträge sind an einen Unterausschuß des Haushaltsausschusses gewiesen, der seine Arbeiten alsbald aufnehmen wird. Unsere Fraktion wird ihre ganze Kraft daran setzen, mit den jetzigen Mißständen, die kaum noch von irgendeiner Partei beschönigt werden, auf- zuräumen.
Der Zwang zur Liebe. Oder das deutschnationale Schild«. Die„Nationalliberale Korrespondenz" veröffentlicht einen satirischen Aufsatz, in dem sie die deutschnationale Fraktion wegen ihrer formellen Zustimmung zum sozialdemokratischen Antrag auf Erhöhung der Erwerbslosenunterstützung von 30 Proz. und überhaupt wegen ihrer neuen Taktik als die „Fraktion Schilda" verspottet. Auf der anderen Seite aber gibt man die Hoffnung, mit diese? Taktik zum Ziel, das heißt in die Regierung zu kommen, nicht auf. So zieht die„Deutsche Tageszeitung" aus den letzten Reichstagssitzungen die folgende Lehre: Wenn die Regierungsparteien eigensinnig weiter darauf be- harren, in der Minderheit zu bleiben, statt mit denen zusammen- zuarbeiten, mit denen man zusammenarbeiten kann, nämlich der Rechten, dann werden sie sich nicht wundern dürfen, wenn man sie zur besseren Einsicht zwingt. Die Deutschnationalen sind einmal auf dem Wege des Handels in die Regierung gekommen, indem sie 50 Proz. ihrer Stimmen für die„Dawes-Versklavung" verkauften, um vier Ministerportefeuilles zu erlangen. Diesmal versuchen ste es mit dem Mittel der Erpressung. Sie fragen bei ihren Abstimmungen nicht, wiö sie Ergebnisse zustande bringen können, die dem Volke nach ihrer Ansicht nützlich sind, sondern sie versuchen die Resultate so zu gestalten, daß den Regie- mngsparteien die größten Verlegenheiten daraus erwachsen. Wenn sich die Regierungsparteien durch solche Methoden kirre machen ließen, würde si c es nicht besser verdienen. Einst- weilen scheint aber ihre Neigung dazu nicht übermäßig groß zu sein, wie der Artikel der„Nationalliberalen Korrespondenz" beweist._
Die sächsische Regierungsfrage. Tie Sozialdemokratie ergreift die Initiative. Dresden . 10. November.(Eigener Drahtberlcht. Am Montag fand eine gemeinsame Sitzung der Landesinstanzen der Sozialdemokratischen Partei und der s o z i a l d e m o- tratischen Landtagsfraktion statt, in der folgender Be- schluß gefaßt wurde: Die Sozialdemokratische Partei bekundet ihren ernsten Willen, den Versuch zur Bildung einer Regierung zu machen und wird als stärkste Partei die Initiative ergreifen, indem sie ein Regierungsprogramm ausstellen und einen geeigneten Kandidaten für das Amt des M i n i st e rp rä fi- beuten vorschlagen wird. Die Sozialdemokratische Partei fordert die sofortige Einberufung des Landtages, sobald das amtliche Wahl. resultat festgestellt Ist. Tie Stellung der Kommunisten. Dresden , 10. November. (Eigener Drahtbericht.) Das Organ der Chemnitzer Kommunistischen Partei,„Der Kämpfer", das Ursprung-
vor öer Rückziehung Üer Kontrolle? Uebergang an den Völkerbund bevorstehend. Paris , 10. November. (Eigener Drahkberichl.) Außenminister Briand hat am Dienstag nachmittag den englischen Bolschaster und den Präsidenten der Interalliierten Militärkontrollkommissiou, General Walch, empfangen. Der„Pettt Paristen" glaubt zu wissen, daß die Unterredungen mit der Abrüstung Deutschlands zusammen- hingen. Seit der Zusammenkunft von Thoiry habe Deutschland un- zweifelhaft einen guten willen in der Abrüstung an den Tag gelegt. In Berlin wünsche man seil langem, die Kontrollkommission durch eine Kontrolle des Völkerbundes erseht zu sehen. Das Blatt behauplek, daß, obwohl gewisse Einzelsragen der deutschen Entwaffnung noch nichl geregelt seien, dem Wunsch der deutschen Reichsregierung in allerkürzester Zeit entsprochen und dle Interalliierte Kontrollkommission durch eine..Ileberwachungv- kommission" de» Völkerbundes erseht werden wird. Vor kurzem habe Stresemann den Wunsch ausgedrückk. daß diese Angelegenheit vor dem Zusammentritt des Völkerbundes Anfang Dezember geregell fei. Auch diesem Wunsche werde von den alliierten Regierungen nach Möglichkeit entsprochen werden. poincare verlangt unbeöingtes vertrauen. Paris , 10. November. (Eigener Drahtbericht.) Di« Kammer wird am Freitag zusammentreten und am Sonnabend sofort mit der Be- ratung des Haushaltsplanes beginnen. Die Regierung Poincare wird die einfache Vertagung sämtlicher Interpellationen verlangen und gleichzeitig die Kammer aussondern, ohne Aussprache die 44 Verord- nungen, die Porncarö auf Grund des Ermächtigungsgesetzes erlassen hat, und die zum Teil durchgreifende Verwaltungsmaßnahmen zur Folge hatten, zu genehmigen. * Die Mitteilung des französischen Blattes, daß die Reichs- regierung mit Nachdruck auf die endliche Auflösung der Militärkontrolle hinarbeite, dürfte zutreffen. Ob der Kampf um ihre Aufrechterhaltung innerhalb der französischen Regie- rung bereits beendet ist, steht dahin. Die Bestrebungen, Deutschland dauernd unter interalliierte Kontrolle zu halten, sind um so unberechtigter, als die Kontrolle ja nicht über- Haupt aufhört, sondern an den Völkerbund übergeht. Es wird die wichtigste Aufgabe der nächsten Ratssitzungen sein, über den Umfang und die Art der Durchführung dieser internationalen Kontrolle eine Verständigung herbei- zuführen.
lich so tat, als ob die Kommunistische Partei eine sozialdemokratisch« Minderheitsregierung unterstützen würde, erklärt jetzt, daß die Unterstützung einer solchen Minderheitsregie- rung nicht in Frage käme, weil diese Regierung von der Alten Sozialdemokratischen Partei Sachsens abhängig fein und so eine Art ver st eckte Koalitionsregierung darstellen würde. Das Blatt spricht in den üblichen Phrasen von dem außerparlamentarischen Kampf, der gegen den Landtag geführt werden müßte, und fordert die baldige Beseitigung des gegenwärtigen Landtages. Der Prozeß gegen öie Zentrale üer KPD . Ter GeschäftsordnungSauSschust berät. Der Geschäftsordnungsousschuß des Reichtages be- fchäftigte sich in seiner heutigen Sitzung in der Hauptfachs mit dem Antrage der Kommuni st en auf Einstellung eines Verfahrens wegen Hochverrats gegen sechs kam- munistifche Abgeordnet«. Di« Anklage stammt bereits aus dem Iah« 1V24. Als Berichterstatter wies Abg. Landsberg in einer glänzenden Rede nach, daß es im Interesse der Gesamtheit gelegen hätte, auch dieses Verfahren durch die Amnestie ver- schwinden zu lassen. Er beantragte Einstellung des Verfahrens.
Der Oberreichsanwalt Dr. Werner wünscht« die Durchführung der Anklage, ebenso die Abgg. kahl und Hampe. Die Sitzung wurde abgebrochen und wird morgen fortgesetzt werden.
Rückzug üer Draunschweiger Rusitz . Tas Urteil gegen Tr. Stoelzel revidiert.— Wieder- aufnähme beantragt. Der Landesschulrat Dr. Stoelzel in Braunschweig ist be- kanntlich vom Landgericht Braunschweig zu einer G e f ä n g- nisstrafe von einem Monat verurtellt worden, weil er dadurch einen Betrug begangen haben sollte, daß er auf Dienst- fahrten d r i t t e r K l a s s e g e f a h r e n ist und z w e i t e r K l a s s e liquidiert hat. Das Urteil ist nunmehr durch Anordnung des braunschweigischen Staatsministeriums in eins Geldbuße von 100 M. un, gewandelt worden. Das Staatsministerium er- kennt offenbar selbst an, daß es sich um ein Tendenzurteil handelt, welches der Revision bedarf. Dr. Stoelzel hat übrigens unbeschadet dieses Gnadsnaktes die Wiederaufnahme des Verfahrens beantragt, weil seiner Ansicht nach verschiedene Belastungszeugen unter Verletzung ihrer Eides- Pflicht falsche Angaben gemacht haben. Es ist zu wünschen, daß dieses Wiederaufnahmeverfahren zur völligen Rehabilttiereung dieses so arg verfolgten Opfers der politischen Justiz führ
Erwerbslosenfragen in Rußland « Te» Kommunisten ins Stammbuch. Das Mitteilungsblatt der KPD. -Opposition veröffentlicht folgende Notiz des„Trud", des offiziellen russischen Gewerk- schaftsblattes, vom 7. Oktober: Am 6. Oktober war von Gewerffchaftsseite ein« Versammlung der Arbeitslosen der Moskauer Textilindustrie einberufen. Der Bericht lautet: „Nur 230 Arbeitslos« von den 9000 der Moskauer Textilindustrie erschienen auf dem Meeting, das bereits zweimal einberufen war, aber wegen mangelnder Beteiligung verschoben werden mußt«. Wie soll man solche Indifferenz erklären? Im Verlaufe der Aussprache, aber besonders bei den Unter- Haltungen in den Gängen, erklärten di« Arbeitslosen ihre Abgestumpft- Hess damit, daß sie jegliche Hoffnung verloren hätten, von den Gewerkschasten irgendwelche Hilfe zu erhalten.«Man hat uns«inen Haufen schöner Parolen gegeben, aber man hat nichts für uns getan"— erklärte ihr Vertreter Uwanow. Ein Arbeitsloser, der auf Verlangen der Versammlung mehrfach das Wort nehmen mußte, war jedesmal Gegenstand stürmischer Um- jubelung. Er klagte unsere Wirtfchaftsbehörden an. die fremden De - vssen sinnlos zu oerschleudern, indem ste In Europa Luxusautomobile. Taxameterdroschken und Autobusse kauften, während zu gleicher Zeit unsere Texttlmdustri« aus Mangel an Hans stillgelegt werde. Er ver- langte, di« hohen Gehälter der qualifizierten Arbeiter(Spezis) und des Verwaltungsapparats so herabzusetzen, daß dadurch auf der anderen Seit« die Arbeitslosenunterstützung auf 50 Rubel erhöht werden könne. Dies« einsälttge und gemeingefährliche Demagogie wurde von den Arbeitslosen ,mt Begeisterung aufgenomnnm. Arbeitslose, di« ver- suchten, ein« andere Auffassung vorzutragen, wurden mit„Nieder" angeschrien und gezwungen, die Rednerbühn« zu oerlassen." Die Zahl der Arbeiter in den Staatsbetrieben betrug in diesem Sommer 1909 024, die der Erwerbslosen am 1. August 1040300._ Englischer Erfolg gegen russisches Ausgreifen. Der groß- britannisch« Abgesandte Lord Irvin hat mit dem Emir von Afghanistan eine Uebereinkunft getroffen, die geeignet ist, den Ein- fluß Sowjetrußlands in Afghanistan wesentlich einzuschränken: Eng- lands Iahreszahlungen sollen nicht unerheblich erhöht, dem Emir Flugzeug« und Tanks unentgeltlich geliefert werden. Der Emir soll wirsschaftliche Zugeständnisse gemacht haben.
�lt-Serliner Kunst. Inder Bildnissammlung der Nationalgaleri« (Am Schinkelplatz) ist eine Kollektion von All-Berliner Kunst, aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, ausgestellt. Nicht für all- zulange Zeit: es verlohnt sich, diese ausgezeichnete, von Prof. M a ck o w s k t Mit großer Kenntnis und Geschmack zusammen- gebrachte Schau sich anzusehen. Sie ist für jedermann ergötzlich und interessant, für den Kenner und Liebhaber Alt-Berlins ganz be- sonders, und ste hat das Verdienst, daß aus privater Verborgenheit Schätze ans Licht geholt worden sind, die bisher auch dem schärfsten Spüffinnn entgangen sind. Namentlich kann man von Blechen, Gärtner, Schinkel, Graeb und Brücke ebenso anziehendes wie kunsthiftorisch wichtiges Unbekannte finden, und sogar neue Namen sind zu entdecken: der ironische Maler reizender Spießer» Unfälle Rentzell, Hasenpflug, Schilderer von Straßen und Bauten im Geiste Gärtners und der Krügerschüler C l s h o l tz. Eine rückblickende Ausstellung wie diese, die auf schon bekannte oder halbbekannte Kunst sich bezieht und sie ergänzen will, muß, um allgemein anziehend zu sein, nach beiden Richtungen wirken: nach der Seite des Inhalts wie des künstlerischen Reizes. Beides erfüllt diese wahrhaft anmutige Schau in einem Grade, daß ste wie eine Neuoffenbarung erscheint. Aussehen und Menschen des vor- inärzllchen Bertin erscheinen hier in einer Fülle und mit einer Genauigkeit der Wiedergabe, daß mau fast wider Willen in die Lebendigkeit des längst Vergangenen hineingezogen wird. Woher stammt eigentlich unsere halbsentimentale, halb � wohlbegründete Vorliebe für das Biedermeierliche? Ist es nicht die phrasenlose Treue und Sachlichkeit, mit der uns die Künstler jene Zeit geschildert haben, verbunden mit einem schmerzlich süßen Gefühl von Erhaben- helt im Romantischen ihrer besten Geister, die uns anziehen und - sie uns wesensverwandt erscheinen lassen? Beides wirkt sich praktisch aus in den Möbeln und Gebrauchsstücken der Epoche, mit denen sich einzurichten geradezu Mod« wurde, und die nachzuahmen unsere Innenkunst sich nicht für zu gut fand. Ob auch die Mode vorüber- geht: dos Echte der Biedermeierzeit bleibt uns in seder Gestatt er- halten, mag es in der Literatur sich spezifisch berlinisch geben wie E. Th. A. Hosfmann, W. Alexis und Glaßbrenner, mag es mann- mental in Schinkel» Schlösiern. Museen und Häusern den all- gemeinen Verfall überdauern oder in Bildern von Krüger, Gärtner. Hosemann, Menzel als ein lebendiges Spiegel. bid dw Daseins sich un» unvergessen einprägen. Alles spricht zu un» mit dem Nachdruck einer wahren, längst entschwundenen Kultur- blüte, der letzten, die uns vor dem Einbruch der Gninderzeit und ihrer kulturellen Verwüstungen beschieden war. Wenn wir heute mit der Sehnsucht nach Wiedererhebung un» nach dem nächst Ver- wandten umschauen, dos uns aufrichten könnte, so ist es die Zeit und die Kultur des Vormärz . Damit ist nicht gesagt, daß wir uns diese Vergangenheit etwa zurückwünschen. Gott bewahre uns vor den politischen und geistigen Zuständen aus der Herrschaft der Friedrich Wilhelme III und IV! Verglichen mit der Geducktheit jener finsteren Jahrzehnte, leben wir ja noch in unbändiger Freiheit. Es handelt sich vielmehr um Güter privater Natur, die uns die Entwicklung de» Kapital ismUH ge-
nommen hat: um den Genuß unverdorbener Lebensverhällniffe, um das Verständnis guter Bücher, um Erhebung durch die Kunst, die in vielerlei Gestalt bis in die letzten Winkel des Daseins eindrang. Diese Einheit des Kulturwillens und der Fähigkeit, das Leben von materieller wie geistiger Seite unverbildet zu genießen, spricht uns immer wieder überraschend und neiderweckend aus den Dar- stellungen der Künstler an. Dies ist es, was jeden angeht und eine solche Schau am Ende beglückend macht auch für den Widerstreben- den: daß der Abglanz des Lebens selber einen unverlierbaren Wert darstellt: daß Erinnerung der bessere Teil unseres Bewußtseins ist, und die Kunst und diese Erinnerung in einer unvergleichlich starken und wertvollen Form darbietet. In unserem Fall handelt es sich um Ansichten aus Alt-Berlin, die entschwunden oder ge- schändet sind, um Szenen des entzückend simplen und komischen Lebens, dessen Harmlosigkeit uns verloren ist: um Abbilder be- deutender oder gewöhnlicher Persönlichkeiten, deren Wert in der Ueberzeugungskraft ihrer Darstellung liegt. Und endlich um das kostbare Gut des Idealismus, der auch in jener recht beschränkten und durchaus materiellen Epoche der kleinen Spießbürger, sich in Gestalten wie Blechen und Schinkel über das Alltagsniveau zu tragischer Höhe erhebt. Zuletzt aber Handeft es sich um die Einsicht in die überragende Hoheit der künstlerischen Form. Hat man sich In alle Geaobenheiten ausgiebig vertieft, so wird für den Empfindlichen als Resultat die klare Anmut und Ueberlegenhelt dieser Kunst sich ergeben, dle ein oft bi» zum Schein der Banalität abgedämpftes Empfinden des Romantischen ist. Die ungemein deutliche und widerspruchslose Art der Maleret und Zeichnung, die kühle Objektivität der Linie und der glänzenden Färbung, die aus fast allen diesen Werken spricht: sie ,st Ergebnis der deutschen Romantik, die das Ungewöhnliche suchte und den Zauber des Gewöhnlichen fand. Und eben diese Klarheit bis ins letzte hinein, diese Sauberkeit der Darstellung, gleichwie die düstere oder sonnige Phantastik der Schwärmer von der Art Blechens: sie steht uns nahe wie kaum etwas anderes. Dr. Paul F. Schmidt.
Joseph Schwarz gestorben. Schon lange war es Eingeweihten bekannt, daß ein tückisches, unaufhaltsames Leiden den berühmten Bariton ergriffen Halle. Jetzt kommt die Trauerkunde, daß er nach einer Operation, von der man noch wenn auch nicht Heilung, so doch Besserung seiner Krankheit erhoffte, verschieden ist. Die ganze musikalische Welt wird erschüttert die Kunde von dem frühen Tode des gefeierten Sängers vernehmen. Denn Joseph Schwarz hat in Europa wie in Amerika seine Künstlerlorbeeren ge- erntet. Man jubelte ihm in New Aork zu, wenn er ol» Gast an der Metropolitan-Oper oder in Konzerten austrat, und man wog seine Sttmme mit Gold auf. Von den zahlreichen deutschen Musikern, die„drüben" enthustostischen Beifall fanden, war Schwarz sicher einer der populärsten. In den letzten Jahren teilte er seine Tätigkeit zwiscben Amerika und Deutschland , nachdem er seinen festen Vertrag mit der Per- Ii« ex Oper gelöst hatte, Jahrelang war er hier der gefeierte
Liebling der Berliner und, um der Wahrheit die Ehre zu geben�dcr Berlinerinnen gewesen. Denn Schwarz wirkte nicht nur als Sä»- ger, sondern er war auch mit seltenen Ausnahmen ein ausgezeich- neter Darsteller der Rollen. Seine Haupterfolge bot ihm die italienische Oper, und als Rigoletto wird er unvergessen bleiben. Hier goß er soviel edles Pathos in Spiel und Gesang, ersüllte Verdis Musik mit solcher Fülle tiefen Gefühls und echten Schmerzes, daß er die Zuschauer bis in« Innerste erschütterte. Schwarz war Sänger italienischer Schulung. Er verfügte über ein Bclcanto, wie es heute nur selten anzutreffen ist. Seine Stimme war von einer Weichheit und Schmiegsamkeit und dabei von einer Ausdruckskraft, über die nur der geborene Künstler ge- bietet. Alle Nuancen der Empfindung vermochte sie auszudrücken. Dabei gestaltete sich der Ton immer edler und freier, wurde immer klingender und seelenvoller. Vielleicht war es schon das Zeichen der Krankheit, das der Stimme in der letzten Zeit feinen Stempel aufprägte und ihr die letzte, erschütternde Vollendung gab. Schwarz ist nur 45 Jahre alt geworden. Er war Deutschrusse, in Riga geboren. Seine ersten Erfolge fand er an der Wiener Bolksoper. Von dort holte ihn Mahler an die Wiener Hosoper, an der er längere Zeit wirkte, bi» er an die Berliner Oper über- siedelte. Schwarz war amerikaniscber Staatsangehöriger geworden, hatte ober seinen ständigen Wohnsitz in Baden-Baden . Run Ist er tot. Wir leben heute rasch, und wir haben ein kurzes Gedächtnis. Aber Joseph Schwarz wird so schnell nicht ver- gessen werden. Denn er gehörte zu jenen Künstlern, die einmalig, unersetzlich sind.____ Trübe E. Schulz. Sind Tränen giftig? Ein dänischer Arzt, Dr. Linhol, widere spricht nach einer eingehenden Untersuchung der landläufigen Art� ficht, daß die menschlichen Tränen nur Wasser und ein wen!« Chlorit enthalten. Er hat festgestellt daß unter den salzhaltigen Beimengungen auch ein noch nicht naher bestimmtes Element ent- halten sei. das als Antiseptikon wirkt, aber im allgemeinen als Gift anzusprechen sei. Es töte zahlreiche Bakterien und wirke in- fektionsverhindernd auf die äußeren Augenränder.— Bekanntlich hat schon vor fast hundert Jahren Heinrich Heine die Feststellung gemacht:„Mich hat dos unglückselige Weib vergiftet mit ihren Tränen."____ kwwboldl- tiochschule. Dr. 39. Ivrcmke bilt am 13., abend» 8 Udr, Dorotbeenstr. 13, einen Vortrag mit Lichtbildern In leichtverständlichem Englisch über„A Visit to the United States ". Eintrittspreis: 0,75 Mark und 1 Mark. Erfelge be» deutschen Funk-Sprachunlerrichs» Der Unterricht in Eng- lisch und Svanisch. der aus der deutschen Welle(KoiiigSwuslei, hausen 1300) durch daS Zentralinllrtut sür Erziehung und Unterricht erteilt wird, hat, belonder» auch im Ausland, grohen Anklang gesunden, sodah man sich entitfilossen bat, ihn vom 1. Dezember ad von den frühen NachmittagS- stunden in die Abendstunden zu verlegen. Amerikanische Sullurpropagauda am Ralka». Die Gesellschaft.American Echool» in the Near Orient", die schon jetzt in Bulgarien drei, in Kanitan- ttnopel zwei Mittelschulen unterhält, beabsichtigt einen weiteren Ausbau ihrer propagandistischen Kullurarbeit Zunächst sollen zwei Internate in der Siähe von Sofia errichtet werden; mit der türkischen Regieruno wird wegen der Hergabe von Grundstücken und Baumaterialien verhandelt.