Nr. 538+43. Jahrgang
2. Beilage des Vorwärts
Die Schützer des Privateigentums.
Randbemerkungen zur Kundgebung der Unternehmerverbände.
Die Unternehmerspizzen der deutschen Wirtschaft sind neuerdings von einer beängstigenden Krankheit, dem Resolutionis. mus, befallen worden. Schon auf der Dresdner Tagung wurde angefündigt, daß die Unternehmer gegen die öffent. liche Hand Sturm laufen wollten, das war Anfang September. Nach einer inneren Vorbereitung von siebenzig Tagen( im Zeitalter der Rationalisierung!) ist das Wert gelungen. Wir ver. stehen die Schwierigkeiten, die aus dem Wege geräumt werden mußten. Es galt
die widerstrebendsten Infereffen wenigftens für vierundzwanzig Stunden auf eine Plattform zu bringen. Grundfäßlich ist zu betonen, daß sowohl die Industrie wie der Handel, die Landwirtschaft, die Banten und das Handwerk während der jüngst vergangenen zehn Jahre sich fortgesetzt darüber beschwert haben, daß ihnen die öffentliche Hand immer noch nicht genug gebe. Wenn man oberflächlich sein wollte, tönnte man annehmen, daß der Protest gegen jene Hand heute deswegen zustande gekommen ist, weil sie nach Auffassung der Nehmenden jezt nicht mehr mit Beihilfen, verlorenen Krediten, Subventionen und Rettungsfonds gefüllt ist. Aber die Ursachen zur Komponierung des Maiſenchores gegen die falte Sozialisierung" liegen tiefer. Die Unternehmer beginnen endlich einzusehen, daß sie der deutschen Birtschaft immer noch nicht auf die Beine geholfen haben. Sie haben sich in ihrer Mehrheit nur noch nicht zu der Erkenntnis hindurchgerungen, daß ein erheblicher Teil der Schuld bei ihnen selbst liegt. Deswegen stecken sie den Kopf in Refolutionen und behaupten, der Vater Staat sei an allem schuld. Von unserer Seite sei zur Erkenntnis der wirklichen Fehler, die die Schüßer des Privateigentums" begangen haben, nachfolgend einiges beigetragen.
Herr Duisberg, der mächtige Herr der gewaltigen J. G.- Farbenindustrie, hat in seiner Protefteröffnungsrede betont, daß es nicht in erster Linie die großen Unternehmungen seien, die unter der sogenannten falten Sozialisierung leiden, sondern der industrielle mittelstand und das deutsche Hand wert. Dazu muß man die Tatsachen vergleichen! 3n feiner anderen Industrie ist wie in Deutschland der industrielle mittelstand so radikal und so rüdsichtslos auf dem Ausfierbeetat gefegt worden. wie dort, wo der Chemietrust herrscht. Von der Holzverkohlung bis zur Farben und zur Lackindustrie schreitet der Chemietrust rücksichtslos über den industriellen Mittelstand hinweg. Zum Teil fann er er dies nur deswegen, weil ihm leider der Staat und das Reich in allzu großer Harmlosigkeit unendlich weite Monopolmacht gewährt haben. Es wird immer wieder vergessen, daß die J. G.- Farbenindustrie" heute das nicht wäre, was sie ist, wenn ihr nicht die größten chemischen Betriebe Dom Reich in den Schoß gelegt worden wären. Hat das Handwert völlig vergessen, wie es sonst über die Monopole der chemischen Großindustrie mit Recht tlagt, wissen tie Drogisten und Apotheten plöglich nicht mehr, daß ihnen von den gleichen Großintereffenten rücksichtslos die Preise oufottroniert werden? Ist die Preisgeschichte des Salvarfans wirt lich ein industrielles Ruhmesblatt. Hat feinen dieser Vorstandsleute das Fell gejudt, als ausgerechnet Herr Duisberg von der Er haltung des industriellen Mittelstandes und des Handwerts sprach? Hat sich feiner baran erinnert, daß gerade bem industriellen Mittelstand im besonderen durch die Kommunen, die doch auch ein Stüd der öffentlichen Hand find, überall geholfen worden ist, daß sich dieses Wohlwollen gar nicht so selten sogar in Bürg schaften und Krediten vergegenständlicht hat?
Der Herr Generaldirektor und frühere Unterstaatssekretär Dr. Toepffer hat als Präsident der Industrie- und Handels fammer Stettin gegen die öffentliche Bau- und Wohnungswirtschaft eine Attade geritten. Darauf braucht hier nicht geantwortet zu werden. Das eben veröffentlichte Bau- und Wohnungsprogramm der gewerkschaftlichen Spitzenverbände ist die Antwort auf jene Borwürfe. Hier sei nur unterstrichen, daß ein Mann, der selber cin Dugend fetter Aufsichtsratsposten befigt, es gewagt hat, gegen Stadtverordnete und Stadträte, die in öffentlichen fommu nalen Unternehmungen figen, den Vorwurf der Tan tiemensucht zu erheben. Bei diesem Vorwurf ist das ent fcheidende falsch, denn die Vertreter öffentlicher Unternehmungen er halten Tantiemen, wie sie in der Pripatindustrie üblich find, über haupt nicht. Da Herr Fromein traditionell alles mitunterchreibt, was die Unternehmer unterschreiben, ob nun Hugenberg, jener aus dem Zigmann Prozeß bekannt gewordene Michel- Raulino ober Silverberg feinen Namen neben ihm jest, so ist es auch nicht
zu verwundern, daß er diesmal ebenfalls eine Rede gehalten hat. Herr Fromein beklagte sich darüber, daß der Staat die guten Sitten seines Beamtentörpers gefährde, weil fie, die die Hoheitsrechte des Staates zu vertreten haben, zugleich in die Aufsichtsräte staatlicher Aktiengesellschaften entfandt würden. Weiter Parteien staat zu nennen und dann hinzuzufügen, wagte er, dem parlamentarisch- demokratischen Staat von heute einen daß man Rritit. am heutigen Staat zu üben oder ein Werturteil ihn nicht mißverstehen solle, es liege ihm nichts ferner, als eine über ihn abzugeben! Nein, es lag Herrn Fromein nichts ferner, wenn er auch dann wieder behauptete. daß im demokratisch- parlamentarischen Staat die Hand, die die Wirtschaft führe, immer schwanken werde.
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Herr Fromein ist Teilhaber der Firma Gebrüder Fromein, Elberfeld . Der Frowein- Konzern oder richtiger, bie Familie Fromein beherrscht einen Riesentreis deutscher textil industrieller Unternehmungen. Herr Frowein hat noch nie ein Wort gegen die wirtschaftsgefährliche Sinnlosigkeit der Unternehmerwirtschaft der deutschen Textilindustrie gefunden. Kaum in einem anderen Industriezweig hat die Qualifitation des Unternehmertums so bedentlich gelitten wie in der Textilbranche, in feinem anderen Industriezweig ist das Konventionen- und Kartellunwesen so weit verbreitet. Die Not unserer Textilindustrie ist zum erheblichen Teile dadurch erst möglich geworden, daß sein Unternehmertum für die allgemeinen volts wirtschaftlichen Notwendigkeiten fein Berständnis gehabt hat. Eben jetzt wieder wird bekannt, daß die Affäre des bekannten Textile industriellen Kaufmann ein typischer Kutister- Skandal sei. Wird doch mitgeteilt, daß in der Kaufmannschen Buchhalterei Renn pferde über Wohlfahrtskonto und Brillanten über handlungsuntoften fonto gegangen jeien. Und das Bolt wundert sich, daß die Textilwirtschaft nicht in Ordnung kommt! Herr Fromein sollte doch erst einmal beweisen, was seine Organisation für die Gesundung der Lertilwirt schaft, zur
Ausmerzung fachfremder und unfähiger Unternehmer, zur Bekämpfung der egoistischen und volkswirtschaftlich ruinöfen Preispolitik turzsichtiger Textilindustrieller getan hat, ob er ich auch nur einmal gegen die Rohstofffpekulation gewandt hat, die in seinem Gewerbe üblich geworden ist. Erst dann, wenn er in seinem eigenen Hause gefehrt hat, besteht für ihn das Recht, vor der Türe der Gemeinschaft nach Ordnung zu sehen.
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Am unterhaltsamsten ist für den Kenner der Berhältnisse die Rede, die der Geschäftsinhaber der Discontogefell. schaft, Dr. Mosier, gegen den Staat gehalten hat. Die Discontogesellschaft ist ja nicht nur mit den großen Stinnes Irrtümern verknüpft, sie gehört auch nicht zuletzt zu den Bank. instituten, die es immer wieder mit viel Erfolg verstanden haben, die öffentliche Hand für sich zu nugen. Es fei hier nur an die Abwälzung der Russentrebite erinnert, bei denen man das Geschäft machen wollte, während die öffentliche Hand das Geld zu geben hat. Auch sonst hat es gerade die Discontogesellschaft verstanden, nicht gerade Not zu leiden. Sie wird in der Wirtschafts geschichte unserer Zeit als Beweis für die rücksichtslosen Methoden weiter leben, die vom Finanztapital angewandt worden sind, um die Industrieherrschaft, bie ihm in der Inflationszeit verloren gegangen war, wieder zu gewinnen.
Der industrielle Mittelstand steht feit zwei Jahren bettelnd vor den Türen der Großbanken,
Sonntag, 14. November 1926
scheinlich auch Leute, die erst vor turzem öffentlich gegen die Erstickungsmethoden gegenüber jeder selbständigen Regung im Rohleneinzelhandel, wie fie vom Großhandel gepflegt werden, begründete Klage erhoben haben.
Wo aller Egoismus beisammen ist, da darf die Landwirtschaft mit ihrem Kampf gegen die Kleinsiedlung nicht fehlen. Der Freiherr von Kerderind zur Borg zitierte nicht nur Rautsty, er schloß auch mit der geiftvollen Behauptung. daß die Landwirtschaft Seite an Seite mit den anderen Wirtschafts ständen in dem Kampfe vorangehe, der geführt werde, um den Begriff des Eigentums, diesen Eckstein der abend. ländischen Kultur, durch das Chaos unserer Tage hindurch an das Ufer der kommenden Epoche zu retten".
Dieser Eckstein", den der Freiherr von Kerderind zu Borg mit den anderen Führern der Unternehmerspizenverbände an das der Egoismus des unbeschränkten Profits. Ufer einer fommenden Epoche" retten möchte, ist nichts anderes als
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liche Hand von der Mehrheit des Voltes zur AbEs tann nicht scharf genug betont werden, daß die öffentwehr gezwungen wurde, weil sich weite Kreise des deut schen Unternehmertums als unfähig erwiesen haben, über ihrem eigenen kleinlichen Vorteil das Wohl des ganzen zu sehen. An diesem Tatbestand ändern freundliche Bekenntnisse zum gegen= wärtigen Staat nur sehr wenig. Solange das deutsche Unternehmertum glaubt, durch niedrige Löhne. lange Arbeitszeit und hohe Preise nicht nur die sinnlosesten Leitungskosten zu deden, sondern auch dem deutschen Bolte ihre wirtschaftlichen Kurzfichtigkeiten oftronieren zu können, folange wird der demokratischparlamentarische Staat die Pflicht haben, seine Hand schüßend über die Armen zu halten. Nach unserer Auffassung ist er dabei auch nicht immer glücklich gewesen, er hat häufig zu wenig getan und hat so manches Mal an falscher Stelle zugefaßt. Aber im ganzen wäre ohne sein Eingreifen die deutsche Wirtschaft heute soweit ruiniert, daß die Spigenverbände nicht einmal mehr das Geld ruiniert, daß die Spitzenverbände nicht einmal mehr das Geld hätten, um Zusammenfünfte zu veranstalten, in denen der Schuz des Privateigentums vertreten wird.
Biele deutsche Unternehmer, haben sich als Schüßer des ihnen anvertrauten Privateigentums nicht bewährt. Im Gegenteil: Das Privateigentum ist durch seine jezigen Berteidiger am häufigsten geschädigt worden. wollen, ihnen war nichts an der Annexion Belgiens gelegen! Und Die Arbeiter haben nicht das Erzbecken von Longwy erobern als der Krieg zu Ende war, haben die Arbeiter schon Verständigung gepredigt, als eine ganze Reihe jener Herren, die heute sich in das Gewand des Anflägers hüllen, noch an tein internationales Manifest unter dem Motto„ Handel ist fein Krieg!" auch nur dachten. Etwas mehr Selbsterkenntnis und mehr Erinnerung an die eigenen Fehler wäre auch bei den Unternehmern recht nützlich. Wann tommt die Kundgebung der Spigenver bände der Unternehmer, die Richtlinien für die Reform des deutschen Unternehmertums öffentlicht? Kurt Heinig .
Deta
Kritische Lage am Berliner Arbeitsmarkt. Nur unwesentlicher Rückgang der Arbeitslosigkeit. betrachtet, weist wiederum einen Rüdgang der Erwerbs Die Lage des Arbeitsmarttes, rein zahlenmäßig lofenziffer auf. Bei einem Bestande von 229 267 Personen an Arbeitsuchenden ist der Rüdgang mit 1400 Personen in der legten Woche, allerdings namentlich im Vergleich zu den Borwochen, troß erhöhter Gestellung von Notstandsarbeitern als recht gering auf- und absteigenden Kurve zu rechnen ist, so wird in Anbetracht zu bezeichnen. Wenn auch auf dem Arbeitsmarkt immer mit einer des hohen Standes der Arbeitslosigkeit gegenüber der gleichen Zeit des Vorjahres ein recht tiefer Stand der Beschäftigungsmöglichkeiten und damit zugleich die unsichere Lage, in der sich die Wirtschaft noch befindet, gekennzeichnet. Hierbei soll nicht verfannt werden, daß bestimmte Berufszweige, wie das Spinnstoffgewerbe und die Konfettion, noch gut be schäftigt sind, das Handels- und Vervielfältigungsgewerbe noch größere Einstellungen vornahm und die MusikWas soll man sagen, wenn Vertreter des Groß instrumenten- und Verpadungsindustrie eine leichte Behandels sich darüber beflagen, daß ihnen die öffentliche Hand lebung aufweist. Diese Erscheinungen können jedoch nicht als bestimKonkurrenz mache, während sie selbst auf den dunklen mender Faktor für eine günstige Entwicklung des Arbeitsmarktes Blättern der Kartellgerichtsentscheidungen wegen ihres sinnlosen, polfswirtschaftlich gefährlichen Terrors immer wieder gewertet werden, die gewisse Kreise aus dem Anziehen der Börsenverzeichnet werden müssen! Ausgerechnet darüber wagt man zu furfe für Effekten und bestimmte Industriepapiere herleiten, Bielflagen, daß der preußische Staat in bas Kohlenge. mehr sind die bezeichneten Erscheinungen auf dem Arbeitemarkt, schäft eindringe. Vor dem Mann, der diese Klage führte, faßen soweit zu übersehen ist, als Saisoncharatter zu bewerten. Bertreter des Einzelhandels und des Handwerks! Saßen wahr| Bemerkenswert ist auch, daß die alljährlich eingetretenen Kräfte
während man in den Direktionszimmern dieser Institute weniger an Rationalisierung der Wirtschaft, dafür aber um so mehr an große Attientransaktionen denkt, um die eigne Macht zu erweitern. Welche Kräfte sind es denn, die seit Jahren die Spanne zwischen dem Soll. und habenzins unfinnig hoch halten, das Interesse an einem hohen Binsfuß pflegen? Die öffentliche Hand, die doch wahrlich gerade den Banten gegenüber offen genug gemejen ist, war aus Abwehr gezwungen, hier attiv einzugreifen.
Bubiköpfe dürfen rauchen!
Massary Serle 4s Massary, Delft
GOLD UND PURPUR MDST
UND MOST
Massary, Ritter 63
GOLD UND SEIDEN MDST
AUCH BENTZÜCKENDEN WEIHNACHTSGESCHENKPACKUNGEN
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5,
Es kleidet sie gut.
Allerdings: der Frauenmund liebt nichts Herbes. Hat sich doch auch der Geschmack des mánnlichen Rauchers gewandelt.
Selten noch wird eine schwere, vollwurzige Zigarette verlangt. Ganz mild, leicht und suß aromatisch muß die Gegenwartszigarette sein. Herrlich treffen den Zeitgeschmack die SRASSARY- Marken. Fragen Sie, verehrter Bubikopf, den Gatten, den Freund Aber auch Ihr Empfinden wird Sie richtig leiten:
Urteilen Sie selbst!