führt. Die Einberufung nichtständiger Mitglieder für ein- zelne Sitzungen oder Verhandlungsgegenstände bezieht sich einmal auf einzelne Personen, zum anderen auf die Vertreter bestimmter Verstände. Diese Verbände müssen bei der Kon- stituierung in einer beim Reichswirtschastsrat geführten Liste verzeichnet fein. Die ständigen Mitglieder werden für sechs Jahre einberufen, alle drei Jahre scheidet die Hälfte nach näheren Bestimmungen der Geschäftsordnung aus. Be- nennungskörpsr für die Arbeitnehmer sind die Spitzen der freien, christlichen und Hirsch-Dunckcrschen G e w e r k- s ch a f t c n der Arbeiter und Angestellten. Gegenüber dem Referentenentwurf ist zwar eine Ver- besserung eingetreten, da zuerst vier Abteilungen vorgesehen waren. Aber auch jetzt noch wird die P a r i t ä t zwischen der Arbeitgeber- und der Arbeitnehmerabteilung zuungunsten der letzteren beeinträchtigt, indem die Abteilung III über- wiegend Unternehmervertretcr in sich schließt. Die Abtei- lung III umsaht freie Berufe, Städteoertreter, Genossen- schafts-, Pressevertreter usw., wie auch Persönlichkeiten, die teils vom Rcichsrat» teils von der Regierung ernannt werden. Unter den Benennungskörperschaften für die einzelnen Gruppen der Abteilung III sind zahlreiche Verbände, die als Arbeitgeberverbände angewrochen werden müsien. Es wird deshalb die Aufgabe des Verfassungsausschusses sein müssen. die Zusammensetzung der Abteilung III so zu ändern, daß ihre Neutralität möglichst gewährleistet wird. Als Hauptausschllsse sind vorgesehen: ein wirtschafts- politischer, ein sozialpolitischer und ein finanzpolitischer Aus- schuß. Die Hauptausschüsse bestehen aus 21 ständigen Mitgliedern» wobei die Zuziehung von höchstens 9 nichtständigen Mitgliedern beschlossen werden kann. Eine besonders wichtige Rolle wird im künftigen Reichswirtschaftsrat der E r m i t t- lungsausschuß spielen. Auch hier werden aber Hinsicht- lich der Zusammensetzung und der Befugnisse Aenderungen der Regierungsvorlage notwendig sein. Immerhin ist' es wesentlich, daß das Enqueterecht des Reichswirtschaftsrates nunmehr in der Gesetzgebung verankert wird. Von geringerer Bedeutung ist im endgültigen Reichswirtschastsrat die P l e n a r o e rs a m m l u n g, die aus den ständigen Mit- gliedern besteht, jedoch nur zusammentritt, wenn der Vor- stand ihre Einberufung mit Zweidrittelmehrheit beschließt, zwei Drittel der ständigen Mitglieder es beantragen oder die Rcichsregierung es verlangt. Es entspricht auch der Auf- sassung der Gewerkschaften, daß eine sachliche Gutachtertätig- keit nur im Rahmen der Ausschüsse möglich ist. ftus üem Gesetzentwurf. Tie Verteilung der Sitze im Reichswirtschaftsrat. Der endgültige Rcichswirtschaftsrat soll 123 ständig« Mitglieder umfassen, und zivar oerteilen sie sich folgendermaßen: Abteilung I.(Arbeitgeber): Dreizehn Vertreter der Land- Wirtschaft, zwei vom Reichslandbund,(obgleich dieser eine rein politische Organisation ist), vier Vertreter der Bauernorganisationen. Zehn Vertreter der I n d u st r i e, vier vom H a n d w e r t, fünf vom Handel, vier aus dem Bant- und Ver- sicherungswesen, fünf Vertreter des Verkehrs. Abteilung II.(Arbeitnehmer): Insgesamt 41, die von dem Allgemeinen Deutschen Oewerkslftastsbuird. der AsA, den christlichen Gewerkschaften, dem Gesamtverband Deutscher Angestelltengewerkschaften, dem Verband Deutscher Gewerk- mlreine und dem GDA. zu benennen sind. Unter den Arbeiter- Vertretern müssen sich mindestens acht Vertreter der Land- und Forstwirtschast und ein Vertreter der Heimarbeit be- finden. Abteilung III.(Verbraucher, freie Berufe usw.): Acht Ver- trcter der Städte, drei der öffentlich-rechtlichen Ver- s i ch c r u n g s- und Kreditanstalten, drei Vertreter der Konsumgenossenschaften, darunter nur einer vom Zentralverband Deutscher Konsumvereine, sechs Vertreter der landwirtschaftlichen und gewerblichen Genossenschaften, zwei Vertreter der Tagcspressc, zwei Vertreter der Be-
Herbstausstellung öer Akademie. Es ist nicht angenehm, immer dasselbe sagen zu müssen. Aber die Akademieausstellungen zwingen dazu ebenso wie die Moabiter und die der Sezession. Ist es so schwer, 61)0 Kunstwerke zu organischer Uebersichtlichkeit zu bringen? Justi hat es mit seiner Eorinlh-Ausstcllung bewiesen, und Sandkuhl zeigt es in der Jury- freien, wie maus machen muh. Aber dieses verworrene, jeden Sinnes bare Durcheinander, das die zwölf Säle der Akademie wieder füllt, nötigt zuni Protest. Irgendein Prinzip muß der Hängung doch zugrunve'liegen. Aber es ist unmöglich, es herauszufinden, wenn das Zusammengehörige in allen Ecken zerstreut und sogar die zwei vdcr drei Bilder eines Malers in ebensoviel Säle placiert werden. Dekorative Rücksichten? Kirchner nimmt symmetrisch die Wände rechts und links vom Eingang ein, Licbermann die Mitte ocs Ehren- saales, beiderseits von ihm sieht man je einen halben Hllbner und Rohlfs sich nach Vereinigung sehnen. Das sind so die Ideen der Hängekommission. Am meisten leiden darunter die Künstler, die wirklich ihr Bestes tun, um Niveau in die Akademie zu bringen. Ganz bestimmt sind sehr viele gute und manche sehr gute Kunstwerke darunter, Skulpturen nicht minder wie Zeichnungen und Aquarelle. Aber sie werden um alle Wirkung gebracht durch den Mangel an System, niit dem sie gezeigt werden. Nimmt nian die beiden Sonder- t ollektionen aus, den Cingangssaal mit den meisterlichen Skulpturen und Zeichnungen von Edwin Schorfs— das Erlebnis dieser Schau— den etwas dunklen Saal, in dem Hans Poelzig seine farbigen Theater- und Filmentwürse von herrlich barocker Phantastik zeigt, so bleibt fast nichts aus dem Gemengsel haften. Denn zu dein Mangel an Organisation kommt noch der Mangel einer künstlerischen Idee: es ist alles da, und es sind alle da, mit vielen, meist mit ein paar Kosthäppchen, und einer tritt in dem Gedränge immer gleich allen anderen aus die Zehen. Man erfährt, was wir alles an tüchtigen und originellen Kerlen auf Lager haben. Aber man hat keine rechte Freude daran. Unter den vielen guten Landschastsaguarellen, die, wie fast inimer, dominieren, ragen hervor Ulrich H ü b n e r, der einen hohen Grad aquorellistscher Feinheit erreicht hat, und Seewold, der von seiner Manier wegstrcbt und immer stärker das erringt, was man Haltung oder Stil nennt. Von den Realisten erfreut wieder Charlotte Berend durch Aufrichtigkeit und eine gute Palette heller Farben: es wäre an der Zeit, dieser Künstlerin in einer Gesamtschau Gelegenheit zur Rechenschaft über ihr Können zu geben. Orlik, Käthe Kollwitz, Heinrich Schwarz sind auf ihrer Höhe; sie enttäuschen nie. Liebermann und S v o g t treten zurück. Die alte Garde der Ausdruckskunst hat in E. L. Kirchner ihr Haupt entsandt: er wirkt in Aquarell und Graphik weit über- zeugender als in der Gcmäldeschau bei Cassirer , die ihn auf einen Tiefpunkt angelangt zeigt. Alfred Kubin ist ganz vortresflich, W a s k e schwankend, P e ch s! e i n und R o h l s s s sind schwach ver- treten. Die großen Glasfensterkartons von Pechstein sind aus- .'unchmen: mit eminentem Können verbindet er Vorsicht und Gefülst für die Wirkungen des Materials. Bon den Veristen zeigt Otto D i x ältere gute Zeichnungen,
amtenschaft und drei Vertreter der freien Berufe. Dazu kommen acht vom R e i chs r a t zu ernennende Persönlich- leiten aus der Wirtschaft, ein Vertreter des Auslands- d e u t j ch t u m s und acht von der Reichsregierung benannte Vertreter der Wirtschast. Die Reichsregierung sieht den Gesetzentwurf deshalb als dring- lich an, iveil die Schaffung des Unterbaues für den Reichswirtschafts- rat, wie er ursprünglich vorgesehen war, noch einige Zeit in An- spruch nehmen wird. Di« Handels-, Gewerbckammem usw. unterstehen nämlich heute der Landesgesetzgebung. Ihre Ab- änderung kann nur durch ein zusammenfassendes Reichsgesetz durch- geführt werden._
Der Schrecken öer Monarchisten. O Sber diese Hohenzvllern! Das Treiben der Zollernsprößlinge bereitet jetzt sogar den eingefleischten Monarchisten moralisches Leibweh. So ist in der gut monarchistischen„Politischen Wochenschrift" ein wahres Klagelied über das Betragen der Sprößlinge Wilhelms zu finden: „Möge die altpreußische Pflichterfüllung, die mit dem Rainen Potsdam unlöslich verknüpft ist, unser deutsches Volk immer mehr durchdringen..." Die E n k e l n ziehen es vor, lieber hübsch« W o r t e zu schreiben, als d u r ch i h r L e b e n die großen Traditionen einer Familie zu erholten. Es ist, als ob ein Dämon die lebenden Hohenzollern triebe, die Erinnerung an die unsterblichen Verdienste ihrer Ahnen in einem in Wahrheit so monarchistischen Volke wie dem deutschen zu verlöschen. Man wird für kavaliersmäßigen Leichtsinn jugendlicher Prinzen zu guten Zeiten des Vaterlandes Entschuldigung finden: aus dem Prinzen Heinz ist noch immer«in großer König izeinrich geworden— aber, und dies muß offen ausgesprochen werden, von den Söhnen des Kaisers ist keiner mehr in dem Alter, daß er auf leichtes Uebersehen seiner Leichtsinnigkeiten und Leichtfertigkeiten zu rechnen halte. Männer müssen für ihre Taten einstehen. Außerdem Ist das Land, das nicht ohne Verschulden ihres Baters in unerhörtes Unglück und nie stillbarc Trauer kam, nicht in der Stimmung und nicht in der Möglichkeit, die Lzandlungen von Angehörigen der ehemals regierenden Familie der Hohenzollern mit liebenswürdigem Lächeln zu quittieren.... Für Männer, denen das Glück ihres Lebens zer- brachen ist, kann nichts peinlicher sein, schmerzlicher und aufreizender. als zu leseu, wie der Kronprinz seine Rächte beim Sechstogerennen verbringt, wie er sich dort wie ein junger Husarenleutnant benimmt. der er nun schon einige zwanzig Dahre nicht mehr ist....— Der Kronprinz hat erklärt, er wolle als Privatmann in Deutschland leben. Aber, wenn er so leben will, wie er es zu wünschen scheint, und wie er in der Tat lebt, dann wäre es gut, den Namen Hohen- zollern vorher abzulegen....! Aber der Sechstagefreund aus Oels ist es nicht allein, der die Kopfschmerzen der Monarchisten hervorruft, auch der Zigaretten-Oskar und der abgehalfterte„Herren- meister" der Johanniter, Eitel Friedrich , machen ihnen schwere Sorgen. Wie soll man auch mit schweren Gesinnungsopfern eine so unmögliche Sache, wie die Monarchie, vertreten, wenn die Monarchensprößlinge— ohne den Schutz der Majestäts- beleidigungsparagraphen— sich selbst unmöglich machen?
Der verwanüelte ßreptagh. Tie„Teutsche Zeitung" erkennt ih» nicht wieder. Die„Deutsche Zeitung" traut ihren Ohren nicht. Unmöglich zu fassen, daß ihr Freytagh-Loringhoven, ihr schwung- voller Leitartikler, eine so waschlappig« Rede geHallen haben soll, wie sie heilte morgen in allen Blättern steht und von der sie selber sagen muß, daß sie„alles andere als eine Fanfare" war. Aber schließlich gibt es auch für dieses Rätsel eine Lösung: Doch es war wohl kaum Frhr. v. Frextagh-Loringhooen, sondern„der deutschnationale Redne r". Oder viel-
G. Groß einige der großen neueren Aquarelle mit verwaschener Farbe, Uebergangsprodukte. F r i t s ch ist anspruchsvoll, aber nicht zulänglich, Wilhelm Schmidt zumindest mit einer auherordent- lichen Blumenzcichnung gut, glänzend L a ch n i t vertreten: er steht schon jetzt in der ersten Reihe des-Nachwuchses, ein Könner von hohem Rang. Zu den schönsten Blättern in der Akademie gehören die sorgfältigen Federzeichnungen Hermann Hubers und d>c Porträts von R. Grohmann. Wie einfach groß und überzeugend wirken Großmanns Köpfe gegenüber den Kunstgcwerblichkeiten von G u l b r a n s s o n. Th. Th. Heine scheint ebenso auf der Höhe mit dem zugespitzten Apercus seiner Aquarelle wie sein Berliner Antipode H. Z i l l e. Der Münchcner aus Sachsen besitzt die beißeiidl Satire, der Berliner den versöhnenden Humor: jeder auf seinem Platz. Vortreffliche Skulpturen fallen in nicht geringer Zahl auf. Wir notieren anmutige Figuren von L. Keller, Thiele, Wenck , Heim-Wcntscher, Sintenis, Gruson, Vre- l i n g und vor allem B e r g c r aus guter Dresdner Schule. Starke Tierplastiken von Alexander Fischer, voll ungewöhnlicher Vitalität, an Chinesisches aus der Hanzeit erinnernd. Beim Ausgang nimmt man wieder den größten Eindruck der Ausstellung mit: die geschlossene und mächtige Persönlichkeit des Bildhauers E d w i n S ch a r s f. Dr. P a u l F. S ch m i d t.
von öen Tanzbühnen. Helga Nor mann im Blüthner -Saal. Vor drei Jahren: Uebles Debüt. Vor einem Jahr: Der junge Phönix cnt- schwebt dem Kitsche. Jetzt: Eine reife, etivas baumfleckige Edel- srucht. Brillante Technik, der alles gelingt. Ehrliches, vornehmes Ikunstwollen. Starke, echt tänzerische Begabung. Die letzten Spuren natiiralistischer Pantomimik ausgetilgt. Und doch: tiefste Wirkung bleibt noch aus.'Aktion der Hände und Arme, Stöße der Schultern und des Beckens überhitzt. Den Kompositionen mangelt Stufung und Steigerung. Ein ununterbrochenes Fortissimo, das auf die Dauer abstumpft. Das nicht packt, weil es mehr gewollt energisch als naturwüchsig temperamentvoll erscheint. Das oft etwas Demon- strierendes, Lehrhaftes hat. Man merkt die Absicht. Man spürt den zielklaren Kunstvefttand und vermißt die naiv schassende Seele. Aber— wir wollen nicht mäkeln und nörgeln. Dieweil wir nicht viele Tänzerinnen dieses künstlerischen Formats und dieser Nobtess« besitzen. Der Weg geht aufwärts, darum: Heil und Sieg! Im Neuen Theater am Zoo ein Gastspiel der Kammer- Tanzbühne Laban. Die Tan,zballade„N a r r e n s p i e g e l". Musik von L i s z t, Choreoqrapbie von Rudolf Laban ging in Szene. Bier kurze Aufzüge. Kein Gipfclweik des großen Tanz- dichters. Eine Füll« wundervoller Einzelheiten, namentlich im dritten Akt. Glänzende tänzerische Leistungen der Ru t h L ö ß« r und des Hermann Robst. Aber kein starker Gesamteindruck. Woran liegt es? Ich glaube, zunächst an der stilistischen Unsicher. heil, die de» pantomimischen und ballettmäßigen Faktoren eine zu breite Enisaltung gestattet. Dann aber, und das scheint mir die Hauptsache, am mangelnden Sinn für die Elcmcntarrtedingungen äußerer Bühnenwirkung. Laban weiß mit seinen Schätzen szenisch nicht hauszuhalten. Ein großer kostbarer Aufwand wird nutzlos
leicht noch richtiger: der Redner, der nach seinem Fraktionskolltgei, Hoctzsch zu sprechen hatte. Eine Fraktion kann sich nicht noch vier- undzwanzig Stunden desavouieren, und so mag es begreiflich sein in gewissem Sinne, daß man Herrn v. Freytogh(wie dies offen- sichtlich der Fall war) eine gebundene Marschroute gab: aber mußte es so kommen, daß der Weg in dieser Richtung fest- gelegt wurde?— Zweifellos nicht: und ebenso zweifellos ist es, daß sich dies nicht noch einmal wiederholen darf. Indes die„Deutsche Zeitung" diesen Warnruf ausstößt, droht nach ihrem eigenen Bericht noch Schlimmeres. Die Deutschnationalen wollen sich nämlich bei der Abstimmung über den völkischen Miß- iranensantrag gegen Stresemann der Simme enthalten!
Mahraun gegen Geßler. Eine neue Erklärung deS Jungdeutschen Ordens . Die Leitung des Iungdcutfchen Ordens veröffentlicht heute folgend« Erklärung gegen Gehler: „Die gestrige Erklärung des Reichswehrministers Dr. Geßler ist in vielen Punkten irreführend. Am 23. November 1926 behauptete er, die Denkschrift spräche sich über Strettigkeiten zwischen vaterländischen Verbänden aus. G e st e r n gibt er im wesentlichen die Richtigkeit der Angaben des Hochmeisters zu, versucht aber, den Kern der Frage zu verschieben. Er sagt:„Wehren muß ich mich dagegen, daß Mahraun es so darstellt, als ob er mich über die Vorgänge von 1921 jetzt im Jahre 1926 noch informieren muh." Er bezieht sich dann auf die Angelegenheit des Generals v. W a t t e r. Hierzu ist festzustellen, daß erstens die Denkschrift die Tätigkeit des Generals v. Waller nur mit wenigen Zeilen erwähnt, lediglich, uni darzutun, daß den in der Denkschrift geschilderten Plänen größte Beachtung zu schenken fei, daß zweitens nicht die Tätigkeit des Generals v. W a t t e r im Jahre 192l, sondern im Jahre 1923 geschildert worden ist. Die Denkschrift behandelt lediglich und ausschließlich B«- strebungen. die im Iahre192S und 1926 vorhanden waren, teilweise auch noch vorhanden sind, und die aus ein aktives Vorgehen gegen Frankreich im Bunde mit Sowjet- rußland zielen. Die Richtigkeit der Bel�ruptung des Ministers, er habe die Denkschrift nicht angefordert, müssen wir bestreiten. Wir verstehen, daß nach Bekanntgabe der Denkschrift dcreil Erörterung dem Mini st er unbequem ist. Wir verstehen aber nicht, warum er das Bekanntwerden nicht ver- hindert hat. An der Erörterung der Denkschrift in der Oeffent- lichkeit haben wir kein Interesie. Wir müssen jedoch dagegen Ler- Währung einlegen, daß über den Inhalt unrichtige An- gaben gemacht werden." Tie Denkschrift und daS Innenministerium. Wie uns von maßgebender Stelle auf das bestimmtest« erklärt wird, ist die Behauptung u n r i ch t i g, der General Hast« hob« seiner- zeit im Auftrage Geßlers dem preußischen Innenminister S« v« r i n g den Inholtder Mahraunschen Denkschrift zur Kenntnis gebracht. Tatsächlich ist diese Denkschrift dem preußischen Ministerium des Innern, dem die Ueberwochung illegaler Organisationen und ge- setzwidriger Organisationstätigkeit in Preußen obliegi, weder schriftlich noch mündlich in amtlicher Weis« zur Kenntnis gebracht worden.
Ein neuer Zoll potemkin. Wieder einmal Bayern gegen die Reichsfilmstelle. In Berlin wird seit einiger Zeit der von der Treumann-Lorsem Gesellschaft vertriebene russische Film„Der schwarze Sonn- t a g" aufgeführt, nachdem er der Filmprüfstelle vorgelegen hat. Diese hat die Aufführung ohne jede Kürzung freigegeben. Als nun gestern in München die Uraufführung dieses Films erfolgen sollte, oeibot die Polizeidirektion den Film, obgleich sie dafür gar nicht zuständig ist, solange keine Gesährdnung der ösfent- lichen Sicherheit nachgewiesen werden kann.
vertan. Effekt« verpuffen, weil sie teils nicht bühnengerecht vor- bereitet, teils nicht ausgenutzt werden. In dem, was Not tut, im künstlerisch Lebensnotwendigen überragt Laban alle Mitstrebenden. Felsblöckc schleudert er beiseite und macht den Weg frei zur höchsten Höhe. Dann stolpert er über ein paar winzige Unebenheiten, die er in großzügiger Achtlosigkeit übersah, und bringt sich und sein Wert um den Erfolg. Jeder Schmicrenregisseur könnte diesen Großen lehren. Eine Tragödie des schaffenden Genies. _ John S ch i t o w s k i. Eine neue Tal der Jungen Generation. In den drei Iahren ihres Bestehens hat die Gemeinschaft für neue Theaterkultur, die .�jungc Generation", meistens Stücke aufgeführt, deren Lcbensunsähigkeit sich sogleich herausstellte. Sic hat kritiklos in den vorhandenen Wust der Dramenliterotur gegriffen und damit den Beweis erbracht, daß der Bereinigung ein Kopf fehlt. Jetzt hat die Junge Generation sogar eine eigene Bühne im Theater in der Lützowstraße gegründet. Ein zweckloses Bemühen. Wir wußten auch so. daß die Gemeinschaft keine Daseinsberechtigung hat. Für die gestrige Eröffnungsvorstellung hatte man„T l a o i g o" ausgesucht, Goethes mattes Trauerspiel aus seiner Jugend, von dem sein Zeitgenosse Johann Heinrich Merck schon damals sagte: „Solch einen Quark mußt du künftig nicht mehr schreiben, das können die anderen auch." Unter der Regie von Karl Marin Horbach wurde die Tragödie mit rollendem Pathos im Stil vor- märzlicher Bühnenkunst gespielt. Franz Berisch versuchte ver- zweifett als Clavigo schmachtend einen zweiten Moissi hinzulegen.« Fritz Ritter saßt« den Carlos komisch auf. Er machte den Eindruck eines pathetischen Jockeis. Abgesehen von Per Schwenzen und Gusta Karma war die Aufführung einfach undiskutabel. In den ersten beiden Akten sah der„Clavigo " aus wie eine Posse, und es drohte die Vorstellung im Gelächter der Zu- schauer unterzugehen. Was„Clavigo " mit Bersuchsbühn« und Junger Generation zu tun hat, bleibt das Rätsel der anonymen Hintermänner dieser Gemeinschaft. dgr. Die Orska. Wir haben Frau Marie Orska lange nicht mehr gesehen. Run tritt sie wieder in den K a m m e r s p i e l e n auf. Sie spielt die Dame Charlotte in der entzückenden Lustspielnichtigkeit „Karussell" von V e r n e u i l. Sie hat den zahlenden Lieb- haber und den nur genießenden Anbeter am Arm und an der Ras« herumzuführen. Sie hat zu lügen, ja, sich aus einem ganzen Laby- rinth der Lüge herauszuwinden und die Vernunft vollkommen auf den Kopf zu stellen. Wir bewundern dies« Komödiantin, die gar keine anderen Mittel besitzt als ihre eigene Natur, die sich kaum verwandeln kann, und die trotzdem das Parkett festhält, sobald sie auf die Bühne kommt. Frau Orska hat kaum noch die Gesetze der deutschen «vprache gelernt. Nichtsdestoweniger wird ihr harter Akzent und das Geplauder und Geplätschcr, das minutenlang nicht einmal verständlich ist, zum ftunststil. Man muß ihr dieses sehr große Kompliment machen. Dann wiederum ihr Lochen, Ihr Zwitschern und einige Pieps- und Ouietschangewobnheiten, die darum unnach- ahmlich sind, weil Frau Orska sie zur höchsten Virtuosität entwickelt hat. Die Orska kitzelt die Damen und Herren im Parkett aus jeder Schläfrigkeit auf. Sie ist ein prächtiges Wiederbelebungsmittel für Menschen, die den Appetit aus die Freude schon etwas verlöre,