so daß ich 107,25 Zlt. ausgezahlt erhalte. Jetzt beginnt nun das
Trauerspiel der Verteilung dieses Restes, also: Miete........... M. 18,75 Gas ca. 3-4 M........ 4— Feuerung........... 6,20 Leitung m. Lachen linls u. Frauenwelt, 5.60 Parlei............ 1,20 Reichsbanner.......... 0,50 Gewerkschaft.......... 2.25 Verbrennung.......... 0,60 Lebensversicherung........ 3,03 Möbelrate........... 23,— Kleiderrate......... 12,—
M. 84,35 Selbst von dem nun verbleibenden Rest sind noch kleine Ver- pslichtungen abzudecken und die Fortsetzung ist, weiter Schulden machen. Keiner wird behaupten wollen, daß, wenn ich getrost die Möbel und Kleiderrate zu dein verbleibenden Rest von 22,85 M. binzuzähle, daß 57,80 M. etwa eine Existenz bieten. Auch die Dienstschuldenobzüg« von 35 M. ändern daran nichts, um zu bs. weisen, daß auch ein Geld von 02,80 M. kein menschenwürdiges Dasein verbürgt._ das aufgeklärte Zeitalter. Der Mann kann zaubern... Di« feindlichen Parteien treten in den Potsdamer Strafkammer- saai«in. Priuatkiänger Landwirt Paul Lös« au» Bevgholz bei Potsdam und die Vekliagt« Frau des Büdners Markgraf. Frau Markgraf ist seinerzeit vom Amtsgericht Potsdam zu 20 Mark Geldstrafe verurteilt worden, weil sie in bezug auf den Prioatklöger behauptet haben soll, daß dieser hexen könne urtd ihr Vieh und chos verhext habe. Gegen dos Urteil hat Frau Markgraf Berufung «Ingelegt. Vor Eintritt in die Verhandlung versucht der Vorsttzende zu ver- mittel».„Wollen Sie sich nicht lieber einigen, Frau Markgraf und die Beleidigung zurücknehmen? Frau Markgraf :„Ick nehme nichts zurück, der Mann kann hexen, und wenn ich det sag«, i» et keen« Beleidigung. Ganz Bergholz wees et, daß er hexen kann. Im Gesetzbuch steht drin, du sollst nich zaubern, aber der Mann, hoher Berichtshof, hat mich mein« vier Kühe im Stall behext. Sie geben keenen Tropfen Milch nich. Der Mann kann zaubern, ick Hab mir vorn Spiegel gestellt, und da stand er als Hexenmeister vor mich." Vorsitzender:„Aber Frau Markgraf , Sie machen sich durch die Verhandlung unnötige Kosten, nehmen Sie doch die Hexerei zurück." Frau Markgraf :„Wat, zahlen soll ick for die Verhandlung, wo doch die Kühe ihre Milch verhext is. Er hat sa selbst gesagt, daß er hexen kann. Den ganzen Nutzen nimmt uns der Mann weg. Er ha: uns so behext, daß wir hinten rau» gehen müssen aus unserem Grund und Boden." Borsitzender:„Frau Markgraf, es gibt doch kein« Hexerei, ersparen Sie sich die 20 Mark und nehmen Sie dl, Beleidigung zurück." Frau Markgraf :„20 Mark zahl ick sowteso nich, wo die Milch von meine Kühe oerzaubert is. In de Bibel, hoher Gertchtshof, steht..." Vorsitzender dazwischen fahrend:„Entweder wir verhandeln oder Sie nehmen die Beleidigung zurück." Frau Markgraf wirst ihren Mantel auf den Stuhl und geht zum Richtertisch.„Ja denken Sie nur, Herr Richter, wenn er Ihnen wollt behexen, denn Hexenmeister is der Mann." Nun greift der Ehemann Märtgrof dazwischen.„Meine Frau nimmt die Be- leidiguna zurück, aber mit das Meh stimmt die Sache nich, Herr Richter. Frau Markgraf üd«rnlmmt sämtlich« Kosten. Aus dem Gerichtstorridor meint sie ganz verstört:„Wenn det Gericht man wüßt«, daß er mich ooch die Ferkels behext hat. dann braucht ich keene Kosten nich zu zahlen." Aufgeklärtes 20. Jahrhundert... Der Gattenmsrö in öer Mulackstraße. Borchcrt stellt steh der Polizei. Am Donnerstag berichteten wir von einem Verbreche» i» der Mulackstraße 35. Dort hatte der Händler B o r ch e r t seine 28ISHrlge Ehefrau Frieda, geb. Rennemann, bei dem ihm bekannten Händler Otto Berndt in klasranti ertappt und niedergeschossen. Der Liebhaber flüchtete. Borchert sucht« nach vollbrachter Tat das Weite. Trotz eifriger und umfangreicher Fahndungen gelang es den Beamten der Kriminalpolizei nicht, den Täter zu ermitteln. Auch einige Razzien, die in Lokalen, in denen Borchert zu verkehren pflegte, unternommen wurden, verliefen ergebnislos. Am Sonnabend aber kurz nach 6 Uhr stellte sich Borchert, wie er durch seinen Rechtsanwalt Dr. Frey hatte ankündigen lassen, der Kriminalpolizei. Er fuhr zu- sammen mit Dr. F. in einer Kraftdroschke vor und wurde von den Kommissaren der Mordkommission Werneburg und E r d m a n n eingehend'vernommen. Das Ergebnis der Vernehmung deckt sich zum größten Teil mit der bereits am Donnerstag von uns wieder- gegebenen Darstellung. Er fand, wie wir schon berichteten, seine Frau bei dem Liebhaber unter dem Bett ver st eckt, zog sie !>ervor und schlug auf sie ein. Er will nicht die Absicht gehabt haben, eine Frau zu töten, sondern er wollte ihr nur einen tüchtigen Denk- zellel erteilen. Dann übermannte ihn aber doch die Wut und er gab aus dem Revolver, den er einem Bekannten fort- genommen hatte, drei Schüsse auf seine Frau ab, die alle tödlich wirkten. Nach der Tat Irrte er in der Gegend umher und hielt sich vorborgen, um sich der Verhaftung zu entziehen. Er begab sich zu seinen, Rechtsanwalt, dem er sich offenbarte und der ihm riet, sich der Kriminalpolizü zu stellen. Wo er sich in der Zeit von Donners- tag bis Mtern aufgehalten hat. und wer ihm Unterschlupf gewährt hat, darüKr verweigert er jede Auskunft.
Wenn einer nicht genug kriegen kann. Rur zu oft erscheinen in der letzten Zeit Beamte vor Gericht. Um so übler ist es, wenn sie durch unbegründete Verdächtigungen verletzt werden. Das sollte der Kaufmann D. aus Frankfurt a. d. O. am eigenen Leibe zu spürren bekommen. Er hatte sich eine Steuer- Hinterziehung zuschulden kommen lassen. Das Finanzamt legte ihm eineStrafcvonlO 000 M t. auf. Das erschien dem Kauf- mann zuviel. Er verhandelte mit dem zuständigen Beamten und siehe da: die hohe Geldstrafe schmolz auf 1000 M. zusammen. Auch dies schien dem Kaufmann zu viel. Aus der großen Differenz zwischen der ersten und zweiten Summe glaubte er eine Andeutung heraus- lesen zu dürfen, als wolle der Beamte irgendeinen Nutzen für sich haben. So schrieb er einen Brief an dessen Borgesetzten, in dem er gegen den Beamten Beschuldigungen aussprach. Das Ende vom Liede war«in Verfuhren wegen wissentlich falscher Anschuldigung und Verleumdung. Das Urteil der ersten Instanz lautete auf 9 Monat« Gefängnis. Aller- dings ein hartes Urteil. Die Berufungsinstanz sah die Sache milder an. Sie hielt dem Angeklagten u. ci. den Umstand zugute, daß er nun erklärte, nichts von seiner Anschuldigung aufrechthalten zu können. Das neue Urteil hieß sechs Monat« Gefängnis. Ueber Be- währunqsfrist soll der Richter erster Instanz zu entscheiden haben. Wäre«ine höhere Geldstrafe in diesem Falle nicht eher am Platze gewesen? Und wäre es nicht richtiger gewesen, wenn das Finanz- amt die Geldstraf« für die Steuerhinterziehung von vornherein in angemesseneren Grenzen gehalten hätte? Dam, wäre alles weitere unterblieben.
die Reichsbannerwerbung. Eine Rede des Genossen Otto Brau«. Der Kreisoerein Zehlendors des Reichsbanners Schwarz-Rot-Lold feierte am Sonnabend das Fest seiner Bannernaglung, das«ine be- sondere Bedeutung erhielt durch die Festansprach«, die der preußische Ministerpräsident Otto Braun als Zehlendorfer Einwohner übernommen hatte. Der Ministerpräsident führte aus: Das Reichsbanner ist eine der am heißesten umstrittenen Erscheinungen des öffentlichen Lebens. Das beweist nicht nur die hohe Bedeutung dieser Organisation, es beweist auch, daß sie notwendig ist. Allerdings meint der«in« Teil seiner Kritiker, diese Organisation sei überflüssig und dt« anderen er- klären sie für nichts weiter als einen Kriegerverein. Es sollte in einem gesunden Volke zwar ein« Organisation, die sich den Schutz der Nation zum Ziele setzt, gar nicht notwendig sein. Solange aber Verbände und Bünde vorhanden sind, die angeblich nur die neu« Flagge bekämpfen, in Wirtlichkeit aber die neue Staatssorm. solang« wird auch eine Organisation wie das Reichsbanner nicht zu misten sein. Und wenn wir schon«in Kriegerverein sein sollen, d. h. also «in Verein ehemaliger Kriegsteilnehmer, dann ist es doch gewiß besser ein Verein zu sein, der die republikanische Staatsform schützt, als«in Verein mit den Tendenzen der alten Monarchie. Außerdem wird sich diese Organisation immer gegen neu« Krieg« einsetzen. Wir wollen die Verständigung mit anderen Völkern. Es ist deshalb notwendig, daß auch die Jugend mit republikanischem Gel st« erfüllt wird. Das geschieht dm Reichsbanner. Wenn es uns so gelingt, die überwiegend« Meng« der Bevölkerung mit republikanischem Geist« zu erfüllen, dam, brauchen wir auch nicht so nervös fein, wenn sich hier und da monarchistische Bestrebungen bemerkbar machen. Di« Hohenzollern werden niemals zurückkehren, wenn der starke geschlossene Wille der Bevölkerung, wie«r sich auch im Reichsbanner manifestiert, sich dagegen stemmt. Die Ausführungen des Ministerpräsidenten wurden vielfach von Beifall unterbrochen und der Redner war zum Schluß Gegenstand einer begeisterten Huldigung. Alfred Beierl« sprach packend und hinreißend neben anderem auch den Hymnus„S ch wa r z- rotgold" von Ludwig Lessen. Stadtrat Genosse Matern fand anfeuernde Wort« wi Namen unserer Partei. Das Fest nahm einen in jeder Beziehung schönen Verlauf, so daß der Werbezweck vollkommen erreicht war. Der Kreisverein Eharlottenburg veranstaltete am Donnerstag einen Fackelzug durch den Norden und Westen Chor- lottenburgs. Am Gustav-Ädolf-Platz hielt der Kreisflihrer Kam. Holze eine Ansprache und forderte die Versammelten auf, in das Reichsbanner einzutreten. Aus dem Reichsbanner sei der Ersatz der Reichswehr zu nehmen.— Bisher wurden 110 Neuaufnahmen gemeldet. Eine Reih« von Kreisen veranstalteten Kundgebungen in geschlossenen Räumen, zu denen besonders die Anhänger der drei republikanischen Parteien eingeladen waren. Im Bezirk Kreuz- b e r g sprachen im dicht besetzten Saal in Nahes Festsälen Gen. Robert Breuer und Abgeordneter Dr. Grzimek . Der Kreisverein Spandau veranstaltete am Freitag in der Markthalle eine Kundgebung, in der Reichstagsabqeordneter Gen. Künstler und Otto N u s ch k e sprachen. Die Versammlung war sehr gut be- sucht. Am Sonnabend veranstalteten die Kreisvereine Kreuz- b e r g und Neukölln einen Fackelzug. Trotz de» regnerischen Wetters waren die Straßenkundgebungen ausgezeichnet besucht. Der flreisverein W i l m e rs d o r f durchzog vom Sportplatz am Seepark die Straßen seines Bezirks. In einer Schlußkundgebung sprach Landtagsabgeordneter Riedel. Läßt sich auch Im Augen- blick noch nicht feststellen, wieviel Ausnahmen gemacht und wieviel Abonnenten der Reichsbannerzeitung gewonnen worden sind, so ist doch schon feststehend, daß die Anzahl der neugewonnenen Mitkämpfer sehr weit in die Hunderte gehen wird. Einzelne Kreis- vereine haben schon bi» zum Donnerstag und Freitag bis zu 300 Ausnahmen zählen können. heute republikanisches Volksfest. Heute nachmittag um 8 Uhr beginnt da» republikanische Volk»- fest, das das Reichsbanner als Abschluß seiner Werbewoche in der neuen Funkhall« amKalserdamm veranstaltet. Das Programm des Volksfestes umfaßt Rezitationen und Gesangsoor- träge, Konzert, Sportveranstaltungen und Tanz. Dem Bolksfeft voraus geht ein A u s m a r s ch des Reichsbanners im Berliner Westen. Die einzelnen Abteilungen treten dazu um 12sb Uhr am Bahnhof Zoo , Bahnhof Savignyplatz und Bahnhof Wilmersdorf- Friedenau an, von wo aus der Weitermarsch nach dem Fehr- bellinerPlatz erfolgt, auf dem um 1 Uhr eine große öffentlich« Kundgebung stattfindet, wo Reichstagsprästdent L ö b e spricht. Im Anschluß daran findet«in Umzug durch die Hauptstraßen Wilmers- dorfs und Charlottenburgs statt, der aus dem Platz vor der großen Funkhalle endet. Hier weiht Reichstagsabgeordneter Genosse Franz Künstler einige Fahnen westlicher Abteilungen des Reichsbanners.
Der Rundfunk sollte nicht Programme zusammenstellen, die in einem Gartenetablissement, in dem Familien Kasse« kochen dürfen, vielleicht am Platze wären. Dies berücksichtigt kann man sagen, daß die halbe Stunde bei Ehrlich am Nachmittag voll- kommen überflüssig war. Die humoristischen Vorträge mögen viel- leicht ganz anspruchslosen Gemütern gefallen haben, doch die Schau- spielerporträts waren in jeder Beziehung verfehlt. Gerade Moisst, Bassermann und Pallenberg sind so leicht zu imitieren, daß die Porträts, die ein Vortragender gibt, ganz außerordentlich treffend fein müssen» wenn sie wirken sollen. Kein Mensch kann die» aber von Ehrlich» Bemühungen behaupten. Das darausfolgende Nach- mittagskonzert mit dem Bassisten Theodor H i« b e r brachte nur Dinge, die einmal modern waren, als der Großvater die Groß- mutier nahm. Auch Gustav Hochstädter könnte einmal längere Zeit in Urlaub gehen. Die Witze und Derschen , die den Titel „Heiteres vom Tags" tragen, sind so harmlos und kindlich ge- worden, daß man darüber in tiefe Melancholie verfällt. Am Abend dann die Operette„Frau L u n a" von Paul Linke , der jetzt 60 Jahre alt geworden ist. Sie war vor längerer Zeit einmal die große Attraktion des Apollo-Theater» und verliert auch heut« nicht ihre zündend« Wirkung. Linke hat viel komponiert, aber niemals wieder hat er die„Frau Luna erreicht. Die modern« Operette hat ja andere Takte, andere Tänze und Schlager. Aber ein Walzer wie der„Schlösser, die im Monde liegen", der auch heute noch viel gespielt wird, erinnert In seiner Erfindung beinahe an Kompo- stttonen von Waldteufel oder Strauß. Die Aufführung unter des Komponisten Leitung gestattete sich zu einem großen Vergnügen für die Zuhörer. An sich ist jede Uebertragung einer Operette, deren Wirkung auf Situationskomik beruht, problematisch. Aber wenn man hiervon absieht, muß man tatsächlich sagen, daß»Frau Luna " eine der besten Uebertragungen der Funkstund« war.
ZW dem Einmarsch de» Reichsbanner» in die Funkhalle beginnt da« Volksfest. Eintrittskarten sind an ollen Reichsbannerstellen(zum Preis« von 90 Pf.) und an der Tageskasse(zum Preise von 1,20 M.) erhältlich.______ �Revolte" in Moabit . Ucbcrfall auf Gefangnisbeamte. lieber eine„Gefangenenrevolte" in Moabit erfahren wie folgendes: In dem Prozeß gegen S l i w i n s k i und W e g e n e r, die des Totschlages an dem Nachtwächter in Hoppegarten . B u ch h o l tz, angeklagt waren, wurde auch eine Anzahl von Gefangenen als Zeugen vernommen. In der Hauptsache waren es Leute, die sich in der Abtellung für geistig Minderwertige befinden. Etwa gegen 3 Uhr wurden diese sieben bis acht_ Gefangenen nach ihrer Vernehmung in Begleitung nur eines Gesängnisbeamten zu den Zellen zurückgeführt, die sich im Erdgeschoß des Gerichtsgebäudes direkt an dieses anschließen. Ganz unerwartet fielen nun die Ge- fangenen, unter denen sich auch der im Fememordprozeß Panier zum Tode verurteilte und erst vor wenigen Tagen zur Zuchthaus- strafe begnadigte Unterossizier Stein befand, über den Gefängnis- bcamten her und versuchten, ihm die Schlüssel zu ent- reißen. Wer hierbei den Rädelsführer spielle, ob und wann die ganze Sache verabredet worden war, steht im Augenblick noch nicht fest. Der Beamte setzte sich jedoch energisch zur Wehr, und es gelang ihm, Hilfe herbeizurufen. Die herbeigeeilten Gesängnisbeamten und Justizwachtmeister konnten ohne viel Mühe die Gefangenen in die Zellen hineinbringen. So war die ganze„Revolte" in wenigen Augenblicken erledigt. Der Strasanstalts- direktor, der verständigerweise diese„Meuterei" weder von straf- rechtlicher noch von disziplinarischer Seite besonders tragisch zu nehmen geneigt ist und ste als Widersetzlichkeit bezeichnet, erklärte auf eine Anfrage, daß man sich wohl mit einer Disziplinar- strafe begnügen würde, schon au» dem Grunde, da es sich in der Hauptsache um geistig minderwertige Gefangene handele. — Zur Sache selbst wäre soviel zu sagen: Die Angelegenheit hätte tragisch werden können, wenn die Gefangenen dem Beamten irgendwie eine schwere Körperverletzung zugefügt hätten, oder wenn die herbeigeeilten Beamten nicht umsichtig genug vorgegangen wären. Hoffentlich zieht man aus diesem Vorfall die Lehre, daß eine so große Anzahl von Gefangenen von mehr alseinem Gefängnis- beamten begleitet werden muß. Insbesondere, wenn unter ihnen sich «In zum Tode verurteilter und dazu noch so brutaler Mensch wie der Feme -Unterofsizier Stein befindet, der ja doch nichts zu ver- lieren hat, jedoch bei einem geglückten Ausbruch hoffen komtte, mit Hilfe seiner guten Freunde für längere Zeit aus dem Bereiche der Behörden zu verschwinden. Diesen Wunsch darf allein schon im Interesse der Gesängnisbeamten ausgesprochen werden, deren Dienst ja an und für sich nicht ganz ungefährlich ist.
Diebe im Reichswehrministerium. Der Tresor mit den Gcheimakte»! Ein Einbruch, der wohl noch weitere Kreise ziehen dürft«, da d>« Täter e» ohne Zweifel auf ein gewisses Aktenmaterial im Reichs- wehrministsrium abgesehen hatten, beschäftigt augenblicklich die Ber - liner Kriminalpolizei. Gegen 3 Uhr nachts drangen Diebe mtt Hilfe einer Leiter in das sogenannt« Amt der Reichswehr in der Leipziger Straße 5—7 ein. Sie wurden jedoch durch einen Wächter gestört und vermochten zu entkommen. Wir erfahren darüber folgende Einzelheiten: Im Haufe der Reichobebörde in der L e i p z i g e r S t r a ß e be. finden sich auch mehrere Abteilungen des Reichswehrmmisteriunrs/ so das Heeresoerwaltungsamt, Heereswaffenamt, die Sanltäts. und Veterinärinspettion und schließlich das Heeresunterkunftsamt. Gegen 3 Uhr nachts bemerkte nun ein Wächter, der alle Stunden die Kontrolluhren auf den Gängen und in einzelnen Zimmern zu stecken hat, ein verdächtiges Geräusch in dem Zimmer eines Referenten. Er schlug Lärm und benachricbtigte außerdem die Polizei, die sofort ein Uederfallkommando entsanote. Beim Eintreffen der Beamten hatten die Täter— es handelt sich vermutlich uin 2— 3 Mann— jedoch das Weite gesucht. Da sofort klar war, daß man es nicht mit einem gewöhnlichen Einbruch zu tun hatte, bei dem es den Dieben auf Geld oder Wertsachen ankam, wurde die Kriminalpolizei benach- richtigt, die mehrere Vertreter an Ort und Stelle sandte, um nach Möglichkeit Spuren entdecken zu können. Bei der Untersuchung stellte sich heraus, daß die Einbrecher mit Hilf« einer Leiter aus dem Garten, der nach der Prinz-Albrecht-Straß« zugeht, in das Gebäude eingedrungen waren. Sie hatten zunächst die Botenmeifterei hsim- gesucht und dort den Schreibtisch eines Sekretärs geöffnet, doch hat es den Anschein, al» ob dieser Einbruch lediglich vorgetäuscht worden ist, um die wirklichen Motiv« zu verbergen. In diesem Schreibtisch befanden sich gewöhnlich nur Marken im Betrag« von noch nicht 100 M. und Geldbeträge von durchschnittlich nicht mehr als 30—10 M. Dann drangen die Diebe weiter vor und öffneten in der Abteilung für Heeresunterkunft das Zimmer eines Referenten, der gewisse Akten zu bearbeiten hat, deren Inhalt auch den Beamten der Behörde nicht ohne weiteres zugänglich ist. Der Referent pflegt jeden Abend das Material in den Tresor zu schließen, um es vor unberechtigten Zugriffen zu schützen. Die Diebe müssen offenbar einen Helfer gehabt haben, der in dieser Abteilung des Reichswehr - ministenums außerordentlich gut Bescheid weiß. Bis zur Stunde ist es noch nicht gelungen, eine sichere Spur der Töter zu erlangen.
Ein schwerer Zusammenstoß zwischen einem Straßen- bahnzug der Linie 7 4E und einem Autobus der Linie 1 ereignete sich gestern nachmittag gegen 6 Uhr an der Ecke Potsdamer Straße , und Königin-Augusta-Allc« in der Röhe der Potsdamer Brücke. Beide Fahrzeuge prallten mit so großer Wucht zusammen, daß sämtliche Fensterscheiben in Trümmer gingen. Der Fahrgäste bemächtigte sich eine begreifliche Erregung. Viele wurden von ihren Sitzen geschleudert und zogen sich Q u e t- schungen und Hautabschürfungen zu. Ueber den richtigen Berliner in allen Lebenslagen und Lebens- alkera sprach Dr. Siegfried Mauerman» in der Urania . Der Vor» tragende ist durch seine Sprachforschungen und Dialettstudien weiten Kreisen bekannt. Die Art, wie er sein nicht ganz leicht zu gestallendes Thema behandelte, war sowohl unterhaltend als lehr- reich. Auf humorvolle Weise, durch eine gute Mimik unterstützt, zeichnete er die verschiedenen Berliner Typen aller Gesellschaft»- schichten. Er ließ den echten Berliner wieder lebendig werden, der tn keiner Lebenslage den Humor verliert. Daß zu diesem äußerst anertennenswerten Bortrag, der durch schöne Lichtbilder illustriert war. so wenige Hörer erschienen waren, ist außerordenllich zu bedauern. Vielleicht entschließt sich Dr. Mauermann, der Sonntag noch einmal sprechen wird, im ernsten Teil seiner Bortrages noch einige» über sein« Dialektstudien, die er diesmal nur oberflächlich streifen tonnte, zu erzählen. Im Interesse der Volkskunde wäre dies sehr zu begrüßen. Der geplonle Ankauf von Düppel-vrellinden ist schon für die nächste Stadtoerodnetensigung, die am Donnerstag um Uhr stattfindet, auf die Tagesordnung gesetzt. Den Stadt- oerordneten Ist die Magistratsvorlage zugegangen.