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Stingl verbietet die Reichsfarben!
Poftminister und Fridericus- Marke.
Wir erhalten folgende Zuschrift: In der letzten Nummer des Amtsblattes des Reichs post ministeriums ist folgende Verfügung zu lesen:
,, Der Beschluß der 1. Straffanumer des Landgerichts München I vom 1. Mai 1926 wird aufgehoben und der Antrag vom 15. Januar 1926 auf Wiederaufnahme des durch rechtsfräftiges Urteil des Bolksgerichts für den Landgerichtsbezirk München vom 20. Oftober 1922 beschlossenen Verfahrens gegen Fechenbach insoweit als zulässig und begründet erklärt, als Fechenbach wegen vollendeten Landesverrats, verübt durch Veröffentlichung des sogenannten Ritter- Telegramms, verurteilt ist. Zu diesem Teil des Urteils wird die Wiederaufnahme des Berfahrens und die Erneuerung der Hauptverhandlung an= geordnet. Im übrigen wird die sofortige Beschwerde als unbegründet verworfen. Die Kosten des Wiederaufnahmeverfahrens werden zu einem Drittel dem Angeklagten Fechenbach, zu zwei Drittel der bayerischen Staatstaffe auferlegt."
flachen Lande aber offen abstimmen läßt. Von den| Aber Graf Bethlen will aus Gründen der auswärtigen Bo-| erhob. Der nach Anhörung des Oberreichsanwalts am 1. November 245 Abgeordneten werden nur 46 in geheimer, 199 aber litik eine durch ein Parlament verschleierte Dittatur gefaßte Beschluß des Reichsgerichts, 5. Straffenat, hat folgenden in offener Abstimmung gewählt. Am 8. Dezember haben und er holt sich in diesem Wahlkampf das Feigenblatt Wortlaut: beginnen, am 15. Dezember enden die Wahlen. Am ersten dafür. Wahltag wählen 95 Bezirke, in denen offen abgestimmt wird und wo jede oppositionelle Wahlarbeit unmöglich ge= macht ist, die Verwaltungsbehörden die zumeist einstimmige" Wahl der Regierungskandidaten durchzusehen haben. Unter dem Eindruck dieser Wahl" ergebnisse, die das flache Land, soweit es oppositionell gesinnt ist, ent mutigen sollen, stimmen am zweiten Wahltag 97 weitere Wahlbezirke offen ab. Erst nachdem 193 Wahlbezirke mit offener Abstimmung gesprochen und die ,, moralische" und politische Wirfung dieser Entscheidung sich ausgewirkt hat, kommen in den legten drei Tagen, vom 12. bis 15. Dezember, die Wahlbezirke mit geheimer Abstimmung daran. All dies erscheint als ganz gefeßlich; begründet wird es damit, daß die be= waffnete Macht nicht genügend groß sei, die ,, Wahlfreiheit" am selben Tag für das ganze Land zu sichern; in Wirklichkeit ist es aber die schlimmste Vergewaltigung der Wählerschaft. Diese ist durch das Wahlgefeh schon an sich arg gelichtet: vier Volksschulklassen, zweijährige Seßhaftigkeit, 24. Lebensjahr bei den Männern, sechs Volksschulklassen und 30 Jahre bei den Frauen sind die wesentlichsten Wahlrechtserfordernisse, die aber durch ein verwickeltes System von administrativen Schüßengrabenverhauen und Wolfsgruben noch entwertet werden. Mit dem Ergebnis, daß von den 4,074 476 Bierundzwanzigjährigen nur insgesamt 2331 958 den Wahlrechtsanspruch haben. Praktisch dürfte ta um die Hälfte der 24jährigen wahlberechtigt sein.
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Sogar die Wahlberechtigten fernzuhalten, ist die Aufgabe der weiteren Wahlvorschriften und vor allem der Verwaltungspraxis, die selbst in Rumänien ihresgleichen faum finden dürfte. Zum Beispiel: in der Wahlbewegung dürfen weder Tert noch Bilderplakate verwendet werden. In Flugschriften darf nur die Tatsache, daß eine Wählerversammlung abgehalten wird, Ort und Zeit und der Referent angegeben werden. Plakate, die außerdem die Aufforderung enthielten: ,, Erscheint in Massen", wurden ebenso fonfis ziert wie solche mit der Unterschrift: Mit sozialistischem Gruß". Acht Tage vor dem Wahltag muß jede Wahlbewegung aufhören, feine Versammlungen mehr, feine Aufrufe mehr, außer in den Zeitungen. In diesem Finish arbeitet nur der amtliche Wahlapparat, fließt Wein und Schnaps und gehen die Massenverhaftungen der oppofitionellen Kandidaten, Vertrauensmänner und Wahlwerber vor sich. Von der politischen Aufklärung gesäubert, von Alkohol benebelt, vom Regierungsterror eingeschüchtert, wird dann das Stimmvieh von den Gendarmen und Großgrundbesitzern zur Abstimmung" esfortiert.
Seit einiger Zeit werden Brieffendungen zur Postbeförderung eingeliefert, bei denen in der rechten oberen Ede der Aufschriftmarke ein Riebezettel angebracht ist, der ein weißes Mittelstück in der Größe einer Freimarke mit farbiger um= rahmung zeigt. Auf dieses Mittelstück ist die Freimarke geflebt, so daß sie in der Umrahmung erscheint. Es wird darauf hingewiesen, daß Aufklebungen dieser Art, auch wenn sie sich an einer anderen Stelle der Aufschriftseite be: finden, gegen§ 2, I der Postordnung verstoßen, und daher nicht erlaubt sind. Ueberhaupt muß es als unzulässig bezeichnet mit werden, die Freimarken gleich wo fie angebracht sind einer farbigen Umrahmung zu umgeben, weil die Umrahmung geeignet ist, das Anbringen der Stempelabdrücke zu beeinträchtigen. Die Postanstalten werden angewiesen, Sendungen, die den bestehenden Bestimmungen zuwider mit Aufflebungen versehen sind, von der Postbeförderung auszuschließen."
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In der Zusammenfaffung der 44 Seiten langen Begründung des vorstehenden Beschlusses wird ausdrücklich festgestellt, daß die Berurteilung Fechenbachs wegen Veröffentlichung des RitterTelegramms 3 u Unrecht erfolgt ist.
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Arbeitsplan des Reichstags.
Der Aeltestenrat des Reichstags traf in der gestrigen Sigung die Dispositionen für die Plenarberatungen diefer Woche. Bem Dienstag ab soll der Nachtragsetat weiter beraten werden und zwar die Spezialetats für das Verkehrsministerium mit Ausnahme der Wasserstraßenangelegenheiten, für die besetzten Gebiete, für das Ernährungsministerium und für das Reichsministerium des Innern. Sodann soll eventuell das Jugendschußgefeß in dritter Lesung und noch eine Vorlage über die Arbeitslofen fürsorge beraten werden. Der Sonnabend und die ersten Tage der nächsten Woche bis zum 8. Dezember bleiben von Plenarfizungen frei.
Auf gut Deutsch heißt das folgendes: Briefe, die eine fchwarzrotgoldene Umrahmung um die Fridericusmarte tragen, werden nicht befördert. Aber nicht genug mit dieser Anordnung, die sich mit einer bureaukratischen Auslegung der Postordnung zur Not begründen läßt, wird das Aufkleben von Reichsfarben auch an andrer Stelle des Brief umschlages verboten! Die Reichsfarben find also für den Postverkehr gefährlicher als die vielen Wohlfahrtsmarken, die die Post nicht nur nicht verbietet sondern zum Teil selbst vertreibt. Das ist ein Schlag ins Gesicht aller Republikaner. Die Postbehörde, die das Reichsmonopol für die BriefDer Landtag tritt am Dienstag, den 30. November, wiederum beförderung besitzt, schließt die kenntlich gemachten Briefe der zusammen, um noch eine Reihe von Vollsizungen vor den WeihRepublikaner von der Postbeförderung aus. Hier kommt der nachtsferien abzuhalten. Auf der Tagesordnung der ersten Sigung rücksichtslose Autokrat zum Vorschein, der Postminister Stingl in steht eine große Anfrage der Kommunisten, die sich gegen den Vor= Wirklichkeit ist, worüber auch seine jovialen Gesten nie hinweg- iigenden des Landsberger Schwurgerichtes richtet. täuschen können. Außerdem stehen fleine Vorlagen zur Verhandlung.
Wo bleibt hier die so oft von ihm verlangte Rücksicht nahme auf die Kundschaft?" Was nützen alle Höflichkeitserlasse an die Beamten, wenn der Minister selbst von einer nicht zu überbietenden Rücksichtslosigkeit gegen einen großen Teil des Postpublikums ist?
Zusammentritt des Landtags.
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Wer hat's befohlen?
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Hammelsprung. Die Linke marschiert zur Ja- Türe rechts, die Rechte zur Nein- Türe links. Mittwegs stehen Oberfohren und Im übrigen ist darauf hinzuweisen, daß dieser Erlaß in wesent- Freytagh- Loringhoven in ein Gespräch vertieft. Sie lichen Teilen der Postordnung widerspricht. Das linte machen gar feine Anstalten einzutreten und fich zählen zu lassen. Da Drittel der Anschriftseite eines Briefes fann zu Qui fommt wie ein Schäferhund, der die Herde umkreist, der alte Geflebungen verwandt werden. Die Bost begeht also einen Rechtsheimrat Schulz Bromberg, und bis weit hinein in die Reihen bruch, wenn sie Briefe nicht befördert, auf denen links oben der vorbeiziehenden Sozialdemokraten hallt folgendes Gespräch: nicht, wie sonst üblich rechts, die. Fridericusmarte mit Schwarzrot. Schultz Bromberg: Na los, los! Macht doch!" gold umklebt ist. Die Republikaner werden sich danach zu richten Oberfohren:„ Ja doch, ja doch! Wir kommen ja schon." haben. Freytagh Loringhoven: bea „ Wer hat's fohlen? Der Graf? Oder nur der Geheimrat?" So geschehen Montag, den 29. November 1926, 5 Uhr nachmittags, in den Wandelgängen des Reichstags.
Revision des Fechenbach- Urteils.
Gegen baherische Ablehnung vom Reichsgericht angeordnet!
In den Städten mit geheimer Abstimmung weist der bewundernswerte Heldenmut der sozialde mokratischen Arbeiter diese Wahlmacher in gewisse Schranken. Aber wo die Sozialdemokratische Partei den. Versuch macht, an die Arbeiter der großen Betriebe außerhalb der Städte heranzukommen, das gilt vor allem für die Bergarbeiter, oder wo sie sich sogar an die landwirtschaftlichen Arbeiter wendet, dort wird ihr noch schärfer begegnet als den Bauern oder anderen Oppositionsparteien. Diese Wahltämpfe außerhalb der Städte sind Werte wirklichen Heldenmuts und Opferfinnes. Tausende unserer Vertrauensmänner, die Unterschriften für einen sozialdemokratischen Kandidaten sammelten, ſigen in den Dorfgefängnissen, Hunderte haben München , 29. November. ( Eigener Drahtbericht.) Der Reichstag schon ihre Arbeitsstellen verloren, sind aus der Heimstätte ver- hat seinerzeit die Revisionsmöglichkeit gegen Urteile der bayerischen trieben. Diese braven und unerschütterlichen Kämpfer aus der Volksgerichte beschlossen. Daraufhin hat Genosse Felix Fechenbach Masse, die unbekannten Soldaten des Klassentampfes ver- fofort beim zuständigen Landgericht München die Wiederauf dienen es, daß das internationale Proletariat ihren Helden- nahme jenes Verfahrens beantragt, in dem er wegen angeblichen fampf mit Sympathie und Solidarität begleitet. Landesverrats zu der ungeheuerlichen Strafe von 10 Jahren Zucht haus verurteilt worden war. Am 1. Mai wurde Fechenbachs Antrag vom Bandgericht abgelehnt, worauf Rechtsanwalt Dr. Hirschberg als Verteidiger Fechenbachs sofort Beschwerde beim Reichsgericht
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Ein fonservatives Blatt, Magyarsag", das Organ des Grafen Andrassy, fragt angesichts aller dieser Vorgänge, ob die Methode Mussolinis nicht ehrlicher sei.
Palucca.
Dritte Tanzmatinee der Boltsbühne.
Es war der bisherige Gipfelpunkt dieser Tanzsaison. Der große Raum des Theaters am Bülomplag bis auf den letzten Siz gefüllt und Beifallstürme, wie man sie hier faum je
erlebt hat.
Woher kommt die beispiellose Volkstümlichkeit der Balucca? Ihre Kunst ist spröde. Abstrakter Stil von einer Linienſtrenge, die jedes ornamentale Element ebenso ablehnt, wie ihr Konzeffionen ans Publikum fern liegen. Und doch ist das Publikum vom ersten Augenblick an im Bamme dieser Kunst. Ihre Bewegungsrhythmen schwingen in jeder Seele mit. Unwiderstehlich. Man erlebt etwas absolut Neues und hat doch das Gefühl, nur das klar und bewußt gestaltet zu sehen, was traumhaft und unbewußt im tiefsten Innern eines Jeden schlummerte. Es ist die einzigartige Persönlichkeit, die naturwüchige Kraft und die ernste Redlichkeit der Künstlerin, die dieses Wunder vollbringen. Die Balucca lebt in ihren Tänzen. Sie erlebt jedes Formdetail aufs neue in dem Augenblic, wo sie es gestaltet. Alles erscheint gewachsen, nichts gemacht. Eine ans Wunderbare grenzende Technik erlaubt, jeden Ausdruck spielend zu geben. Aber auch diese Technik erscheint nicht als etwas Erarbeitetes, mit schwerer Mühe Erworbenes, sondern als Angeborenes, zum natürlichen Wesen dieser Persönlichkeit Gehörendes. So entsteht der Eindruck: was die Palucca als Tänzerin gestaltet, das ist sie als Mensch. Sie spielt uns nichts vor. Sie lebt sich aus, unbekümmert um uns. Und hat eine unbändige Freude an diesem Leben und Sichausleben. Ihr Stil vervielfältigt sich in den Mädchen ihrer Tanz gruppe. Es find darunter sehr verschiedene tänzerische Individualitäten und künstlerische Qualitäten, aber es lebt in allen der gleiche Geist. Die Technik namentlich die Beintechnik schlecht hin vollkommen. Das Zusammenarbeiten bewundernswert. Und nirgends merkbarer Drill, überall fühlbar: Naturwüchsige Freude am Schaffen. Palucca- Geist.
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Außer den Gruppentänzen fahen wir vier Einzeltänze der Palucca. Bekannte Meisterleistungen:„ Start betont"," Glanz voll"( vielleicht ihr schönster Tanz),„ Tanz zur Trommel" und in der Ausführung diesmal nicht ganz sattelfest Mit Schwung". Zwei Duette:" Wuchtig" von Margot Blant und Lotte Goslar mit prachtvollem Elan und schöner Erattheit getanzt, und in sauberem, linienfeinem Parallelismus das technisch sehr schwierige, fanfte, zögernde, in eine leise, halb hingebende, halb fragende Bewegung ausklingende Berhalten" der Blant und Palucca. 3wei Trios, die die Palucca mit der Blank und der Goslar tanzte:" Tanzlieder" und und der Goslar tanzte:„ Tanzlieder" und in Rompofition und Ausführung nach meinem Geschmack die wertvollste Gabe der Matinee Bewegt", mit einer Rhythmit, die den Zuschauer bis in die Behenspitzen elektrisiert und unvergeßlich bleibt. Das Quartett Beherrscht" von der Balucca, Blant, Goslar und Liselore Bergmann gebracht, in seinen etwas stereotyp wiederholten anschwellenden und plötzlich abbrechenden Bewegungsreihen äußerlich wirksam, aber weniger empfunden als verstandesmäßig konstruiert, und der interessante und wohlgelungene Verfuch der Else Baros, einen der beliebtesten Balucca- Tänze Leicht" mit hochtänzerischen Mitteln zu gestalten, vervollständigten das sehr reichhaltige Programm.
Die Begeisterung des Publikums stieg mit jeder Darbietung. Immer wieder mußten die Künstlerinnen auf der Bühne erscheinen und zum Schluß ruhte man nicht, bis die Palucca noch einmal in der kleinen Tür des Eisernen Vorhanges fich zeigte.
John Schitowsti.
Chemie, Technik und Weltgeschichte.
Ueber dieses Thema sprach Prof. Binz in der Festsizung des Märkischen Bezirksvereins des Vereins Deutscher Che miter. Man fonnte einen tiefen bewußten Blick in den zu sammenhang des Weltgeschehens mit den allgemeinen durch den Stand der Technik bedingten Wirtschafts- und Kulturverhältnissen erwarten. Aber Professor Binz ist nur Chemfer, nicht Volkswirts schaftler, und so wurde der Vortrag nur unbewußt in seinem größten Teil zu einer Bekräftigung der in den Kreisen, denen Herr Binz angehört, so arg verschrienen, von Mary begründeten sogenannten materialistischen Geschichtsauffassung.
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Herr Hugenberg schäumt vor Wut über die Haltung des Herrn Mahraun , des Hochschulmeisters des Jungdeutschen Ordens , der sich gegen den Wahnwig der nationalistischen Desperados gewandt hat. Er glaubt, Herrn Mahraun diskreditieren zu fönnen, indem er der Deffentlichkeit mitteilt, daß sich Mahraun im Jahre 1925 bei einer Bant, in der Hugenberg ausschlaggebenden Einfluß hatte, um einen gebedten Kredit von 30 000 Mart für die Zeitung„ Der Jungdeutſche " beworben habe. Es handelt sich um ein normales Kreditgeschäft. Es ist nicht ersichtlich, wie dieses Kreditansuchen Herrn Mahraun politisch diskreditieren könnte. Die Veröffentlichung Hugenbergs zeigt nur die wahre Gesinnung dieses Mannes.
lichen Dekonomen längst als irrig erkannte Lehre, da mit der Volksvermehrung, nicht mit der Volksverminderung die Möglichkeit zur Erhöhung der Kultur und des allgemeinen Wohlstandes steigt. Der Mensch unterscheidet sich ja dadurch vom Tier, daß er schöpferisch bestimmend in den Gang der Natur eingreift.
Weiter zeigte der Redner, weichen gewaltigen Anstoß zum großen Teil durch Napoleons Initiative und Organisationskunst die festländische Industrie durch den Anbau des Rübenzuckers, der den englischen Kolonialzucker verdrängte, und durch die Schaffung der Textilindustrie mit Hilfe des Anbaues von Krapp erhielt. Ganz ähnlich wie die Kontinentalsperre wirfte der Weltkrieg, der neben manchen wertlosen Erfindungen den künstlichen Dünger aus Luftstick= stoff brachte, ferner die steigende Verwendung des Aluminiums und die Gewinnung von Treiböl aus Kohle. Freilich sind die Bölker in ihrem Rohstoffbezug durch die gesamte Entwicklung voneinander abhängig geworden, und das hat zu einem feineswegs friedlichen, unerträglichen Wettkampf geführt. In absehbarer Zeit werden die wichtigsten Rohstoffe erschöpft sein und verfiegen, und diese alle Kulturvölker weißer Raffe in gleichem Maße bedrohende Gefahr wird sie, nicht aus schwächlichem Pazifismus, sondern aus schicksalverbindender Notwendigkeit zu gemeinsamer Ueberwindung dieser Gefahr und ihrer Folgen zusammenführen, oder die Bestimmung des Laufes der Weltgeschichte wird auf die farbigen Raffen übergehen, die in den Tropen von beständig im Sonnenschein nachwachsenden Dingen leben können.
Einstweilen freilich sieht es nicht so aus, als ob die weiße Raffe dieser drohenden Götterdämmerung Europas erliegen würde. Chemie und Technik haben schon vieles geschaffen, die schon genannte Stickstoffgewinnung aus Luft, der Erdölgewinnung aus Kohle, die Verwandlung von Wasserstoff in Helium sind nur wenige Beispiele dafür. Binz schloß mit dem Hinweis berechtigten Stolzes, daß gerade in Deutschland in den schlimmsten Zeiten seiner Geschichte Werte an Wissen und können geschaffen worden sind, die als günstiges Vorzeichen für die Zukunft gelten können.
Deutsche Opernuraufführung in Dresden . Die Leitung der Dresdener Staatsoper hat jetzt ein Jugendwerk Cheru binis," Don Pistacchi, der dreifache Verlobte", in einer Bühnenbearbeitung von Hans Teßmer zur deutschen Uraufführung gebracht. Die Handlung, die Dramatisierung einer Anekdote, ist unterhaltsam genug, um die zahlreichen unwahrscheinlichkeiten übersehen zu lassen. Generalintendant Dr. Reuder, der die Spielleitung selbst führte, hatte für das alte Wert einen der EntFeinheit der Musik annahm, hat er der neuentdeckten Oper einen mit Rapellmeister Rutschbach, der sich mit größter Liebe und herzlichen Beifall gesichert.
Der Tanz der Balucca ist reinste Raumgestaltung im Sinne Labans. Wenn die Gruppe zum Einleitungstanz aufmarschiert, hat man den Eindruck: fie retognosziert das Terrain. In strammen Der Vortragende zeigte, wie die Verwendung der Steinkohle rhythmischen Schritten, in Armschwüngen, in geraden und ge- und die ständig fich folgenden Erfindungen, von Artwrights Spinnschlängelten, parallel laufenden und fich freuzenden Linien durch- maschine zur Dampfmaschine und zum Leuchtgas , in England den mißt sie absuchend den Raum. Wenn im Sertett Tanzlied", in ungeheuren industriellen Aufschwung schuf, durch den England seine Glieder und Gruppen teilweise faft zu Einzeltänzen zerfiattern, zu einem großen Teil als weltgeschichtliche Tragödie wegen der den tänzerischen Formen", in den Tanzrhythmen" geschlossene Weltmachtstellung erhielt. Diesen Fortschritt bezeichnete er mit Rechtstehungszeit entsprechenden äußeren Rahmen geschaffen. Zusammen nach allen Richtungen schreiten, laufen, hüpfen, wirbeln und dann gleichzeitigen Zunahme der Armut mit ihrem Hunger und Elend. wie ein plötzlich fich bildender Kristall zu überraschend neuer einheitls Ursache erkannte er freilich nicht das kapitalistische Wirtschaftslicher Form geballt erscheinen, dann entsteht in uns das Gefühl, system, sondern mit dem alten Pfarrer Malthus die fortschreitende rhythmisch gegliederter, gestaffelter Raumgestaltung und-auflösung. Bolksvermehrung, mit der die Vermehrung der Nahrungsmittel nicht Die ganze Bühne ist beherrscht von dem Wogen einer Bewegung, Schritt halten könne, so daß es ein von Gott gewollter Zustand sei, die in tausend Abwandlungen immer nur dem einen Ziele dient: daß stets eine Anzahl Menschen als überzählig durch Hunger, Krieg Raumbeherrschung. Dieses Ziel ist das letzte und höchste des und Krankheit zugrunde gehen muß- eine unter Umständen für die modernen Tanzes, und es wird in den Tänzen der Balucca und glücklichen Besitzenden sehr gefährliche Lehre, da sie die„ Ueberihrer Gruppe flar und konsequent, ohne Umwege und ohne ver- zähligen" dazu anreizen kann, einmal die anderen als überzählig zierende Schnörkel erreicht. zu betrachten und totzuschlagen, Uebrigens eine auch von bürger
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Ter Kunstfalon Hirzel- Spanier, Schillstraße 5 eröffnete eine Ausstellung von Aquarellen und Delgemälden von Lenigret Mallmiş.
furt a. M. iit jekt zum erstenmal auch die auswärtige Politif als HauptAuswärtige Polifit als Prüfungsfach? An der Universität in Frank prüfungsfach für das staatswissenschaftliche Dottoreramen eingeführt worden. Es wäre unbedingt wünschenswert, wenn im staatswissenschaftlichen Lehrblan aller deutschen Universitäten die große Wichtigkeit der auswärtigen Politik gebührend berücksichtigt würde.