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§ür und gegen Sie viermachte- Konferenz. Bedenken in P«rris. Paris . 30. November.(Eigener Drahibericht.) In der in den letzten Togen viel erörterten Frage einer Konferenz der vier Außen- minister, die nach der Genfer Tagung des Völkerbundes stottfinfden seil, beschränkt sich die Pariser Presie nach wie vor darauf, die bierüber aus SJonbon und Rom vorliegenden Nachrichten wieder- zugeben, wonach diese Konferenz im Prinzip bereits beschlossen sei..uie jranzösische Presse verzichtet dennoch nicht auf chren bis- berigen Standpunkt, daß Frankreich an dem Zustandekommen einer solchen Konferenz nicht dasgeringsteInteresfe habe. Diese ablehnende Haltung findet sich vomQ U o d i e n* bis zum natio­nalistischenEcho de Paris". Di« Linksblätter betonen ins­besondere, daß eine solche Konferenz das Prestige Mussolinis zu einem besonders ungeeigneten Zeitpunkt völlig unnötig ver- stärken würde, und Musiolini lediglich eine Entscheidung über rein italienische imperialistische Eroberungsplän« erstrebe, die er gern auf Kosten Frankreichs verwirklichen möchte. Die bereits vor- l?andenen internationalen Schwierigkeiten, besonders das deutsch - sranzöstsche Problem, würden nur verwickelt und erschwert werden. In den Rechtsblättern wird brutal die Ansicht vertreten, daß Frankreich nicht daran denke, zu der Einberufung eines neuen ,L> b e r st e n Rates" seine Hand zu reichen, in dem es alle Aussichten habe, der schwächere zu sein. DerTemps " erklärt am Dienstag abend, daß entgegen den Londoner Nochrichten die Einberufung einer solchen Konferenz bisher in keiner Weife Gegenstand Narer Verhandlungen von Regierung zu Regierung gewesen sei. Es handle sich äugen- blicklich nur um ein« von interessierter Seite ausgehendeAn- rcgung". Wenn man auf italienischer Seite starken Wert auf ein Zustandekommen der Konferenz lege, so geschehe das nur deshalb, weil die faschistische Presse hier eine günstige Gelegenheit seh«, eine politische Gesamlaussprache anzuschneiden, wie Mussolini sie eifrig wünsche. Aber niemand habe für eine solche Konferenz auch nur den Schatten eines Pro- g r a m m e s, und man dürfe sich fragen, wie man sich unter diesen Umständen prakttsch das Zustandekommen der Konferenz vorstelle. Nichts wäre gesährücher, als ohne Programm und ohne genau zu wissen, was man wolle, an eine solche Konferenz heranzutreten. Es sei ja möglich, meint derTemps " zum Schluß, daß die bevor- stehenden Besprechungen zwischen Briand und Chamberlain in Paris und später in Gensgewisse Ideen" zutage fördern werden, die ein Interesse an einer Konferenz erhöhen könnten. Dazu müßt« aber vorher in Gens ein« Aussprach « zwischen Briand , Chamberlain und Mussolini stattfinden, und die Kon- ferenz selbst spätermit allen wünschenswerten Garantien" um- geben werden.' Die Ansicht desTemps ", daß noch nichts Bestimmtes über das Zustandekommen der Dierminister-Konferenz aus- gemacht sei, wird auch an offizieller Stelle in Paris bestätigt. * Es wird natürlich schwer für Deutschland sein, wenn sich Paris , London und Rom über das Prinzsix einer Viermächte- konferenz geeinigt haben, gegen deren Abhaltung Einspruch zu erheben. Unserer Meinung nach besteht zu einer solchen Konferenz kein zwingender Anlaß. In Wirklichkeit handelt es sich nur darum, daß Mussolini wieder einmal eine Z�olle in der Weltpolitik spielen will, um sein inner- politisches Pr»st i g e zu heben. Das ist ihm vor einem Inhr in Locarno vorbeigelungen, nun will er es m i t H i l f e Chamberlains wieder einmal versuchen. Chamberlain, der trotz allen gegenteuigen Behauptungen eine direkte deutsch -französische Verständigung ungern sieht, well sie der traditionellen Schiedsrichterstellung Englands auf dem Kon» tinent ein Ende machen würde, will mit Hilfe Italiens das Problem der europäischen Friedenssicherung wieder zu einer Angelegenheit aller Großmächte machen und ihm den vor- nehmlich deutsch -französischen Charakter nehmen, den es seit Thoiry angenommen hat. Mussolini hat nun Chamberlain vorgeschickt und Chamberlain hat sich gern vorschicken lassen. Der Einwand des nationalistischenEcho de Paris", daß Frankreich riskieren würde, auf einer solchen Konferenz isoliert zu sein, ist für uns kein Anlaß, die Viermächte- konferenz zu befürworten. Denn auf etwaige Helferdienste Mussolinis gegen Frankreich verzichten wir, weil sie un- ehrlich sind. Mussolini versucht fieberhaft, in Paris und in Berlin gleichzeitig feine Hilfe anzubieten. Dabei stellt er in Paris die Deutschen und in Berlin die Franzosen als diejenigen hin, die sich um seine Gunst bewerben. Dieses plumpe Doppelspiel ist am Quai d'Orsay und in der Wil - Helmstraße längst bekannt und die Angebote Mussolinis dürfen daher nicht ernst genommen werden. Darüber hinaus müssen wir die Frage aufwerfen: Wenn schon eine Konferenz der Außenminister geplant wird, die eine Fortsetzung der Besprechungen von Locarno dar- stellen soll, warum soll gerade Belgien ausgeschaltet werden? Ist Belgien nicht auch ein Teilhaber des Rhein- paktes, hat es nicht sowohl in Locarno wie auch später in Genf die wertvoll st en Vermittlerdien st e ge- leistet? Deutschland hat kein Interesse an einer Aus- fchaltung Belgiens und für die Sicherung des europäischen Friedens ist Ä a n d e r v e l d e ein wichtiger Faktor, der das Vertrauen von Millionen Menschen in allen Ländern be» sitzt, während Mussolini als Unruhestifter in a l l e n Ländern verachtet wird. Uebrigens wenn Italien besonderen Wert darauf legt, an einer europäischen Besprechung teilzunehmen, warum soll es sich nicht in Genf durch seinen üblichen Unterhändler S c i a l o j a vertreten lassen? Das ist wenigstens ein Mann, dem jeder Staatsmann ohne Unterschied der Weltanschauung bedenkenlos die Hand reichen kann. Und mit Scialoja könnte die Besprechung gleich in Genf stattfinden, während man sonst, um Mussolini zu treffen, mindestens bis in den Kanton Tessin fahren müßte. Denn es ist nicht angenehm, daß Mussolini sich nach Genf begeben wird, wo er sich wegen seiner Iugenderinnerungen und seiner durchaus unpolitischen Konflikte mit dem Strafgesetzbuch zweifellos ungern sehen lassen möchte. Ein« Besprechung auf italienischem Boden darf selbstverständlich nicht in Frage kommen. Der deussch-flnnische Handelsvertrag. Am 30. November wurden im Auswärtigen Amt in Berlin die Ratifikationsurkunden des vorläufigen deutsch -sinnischen Handelsabkommens zwischen dem Deutschen Reich und der Republik Finnland ausgetauscht. Das Ab- kommen tritt mit dem 30. Dezember 1S26 in Kraft. Ein Besuch. Des deutschen Exkaisers Bruder und Groß- admiral Heinrich besuchte den mexikanischen Staatspräsidenten Calles, der seme Sympathie sür die sozialdemokratische und frei- gewerkschaftliche Bewegung in Deutschland seinerzeit öffentlich und nachdrücklich bekundet bot. Ob nun Wilhelm nicht seinem Bruder droht« wird:Heinrich, mir graut vor Dir!"

Hegen öas Schunögefeh. Kttndgebung gegen die Kulturreaktiou.

Der Bezirksverband Berlin der Sozialdemokratischen Partei halle gestern zu einer öffentlichen Kundgebung gegen die Kulturreaktion in Deutschland aufgerufen. Im Saal des Lehrervereinshauses sprachen die Reichstagsabgeordneten Genossen Dr. L ö w e n st e i n, Genossin Dr. S t e g m a n n und Schreck zum Thema: Fort mit dem Schmutz- und Schundgesetz! Als erster Redner erläuterte Genosse Dr. Löwenstein den In- halt des Gesetzes. Gestern ist das Gesetz im Reichstag in zweiter Lesung abgelehnt worden. Die das Gesetz verteidigenden Blätter haben jetzt schon den Titel des Gesetzes geändert, weil sie sich selbst nicht sicher sind: sie haben ein.Lugendgesetz" daraus gemacht, um den Eindruck zu erwecken, als handele es sich um ein Schutzgesetz für die Jugend. Wir sind der Auffassung, daß die Jugend vor allem Wohnung, Bildung, Kultur nötig hat und daß sie sich dann selbst vor Schmutz und Schund zu schützen weiß. Nach dem Gesetzentwurf kann alles verboten werden, was die Behörden als Schund ansehen. Und zwar nicht nur für die Jugendlichen, sondern für alle. Im übrigen dürfen Schriften, die auf den Inder gesetzt sind, nicht im öffentlichen Verkehr ver- trieben werden. Vielmehr sollen solche Bücher und Schriften nur an Erwachsene über 18 Jahre auf Verlangen abgegeben werden körmen. Was soll mit dieser Vorschrift gesagt sein? Ist nicht eine Schmutzschrist für Erwachsene genau so gut Schmutz und Schund wie für Jugendliche? Was'sollen die Jugendlichen für eine Meinung haben von Erwachsenen, die lesen dürfen, was ihnen ver- boten ist? Schmutz ist Schmutz und Schund ist Schund I Diese Be- stimmung ist also eine sozialpädagogische Gefahr, aber tein Fort- schritt. Die gestrigen Abstimmungen im Reichstag haben ergeben, daß man noch nicht einmal weiß, wer der Prüfer, der Zensor sein soll. Die ungeheure Gefahr besteht darin, daß man schließlich die Vertreter der Kulturreaktion als Zensoren einsetzen wird, die dann dem Volke vorschreiben sollen, was es lesen darf. Unsere Proteste haben bisher schon vermocht, die Demokraten zu bestimmen, in ihren engeren Parteizirkeln das Gesetz abzulehnen. Dieser Ablehnung hat sich eine große Anzahl geistiger Verbände angeschlossen, sie haben vermocht, die Abneigung gegen das Gesetz bis in die Reihen der Volkspartei fortzupflanzen. Ein Dunkelkammerverfahren ist geplant, in dem unter Ausschluß der Oeffentlichkeit über Schriftenverbote verhandelt werden muß. Man will also Schriftstellern und Verlegern das Recht der öffenttichen Verteidigung nehm«. Dieses Ersetz ist ein Unglück für da, deutsche voll. Es bewahrt die Jugend nicht einmal vor den Schmökern, die millionenweise in Winkelläden angeboten werden. Treffen wird man die freiheitlichen Bücher, die sozialdemokratischen, kommu- nistischen, gewerkschaftlichen Schriften, von denen man vermutet, daß sieSchmutz" enthalten. Deshalb bedeutet das Gesetz auch eine politische Gefahr, der wir uns entgegenstemmen

müssen. Die einheilliche Gegnerschaft des deutschen Volkes wird dieses Schundgesetz verschwinden lassen.(Stürmischer Beisall!) Genossin Dr. Stegmann sprach über das Gesetz und die Kullur. Was ist Kultur? fragt- die Rednerin. Ist das eine Kultur, die sich besitzende Kreise mit chrem Gelds verschaffen können? Ist das Kultur, was man eitlerweise zur Schau trägt und jedem ausdrängt? Kultur ist Freiheit, ist Fortschritt, ist Gemeinschaftsgeist, ist Geist schlechthin. Die Befürworter des Gesetzes erkennen nicht die Herr- lichkeit der menschlichen Seele, wenn sie durch Gesetze die Seele vor Schund und Schmutz bewahren wollen. Auch auf einem Schmutz- Haufen kann eine schöne Blume wachsen. Deshalb soll man auch der menschlichen Seele zutrauen, zu entscheiden, wo sie gedeihen will und kann. So wie sich der Körper vor Schund in der Nahrung schützt, so soll man auch die Seele sich schütze» lassen. Unter dem Beifall der Versammlung erzählte Genossin Stegmann, wie die das Gesetz beratenden Reichstagsabgeordneten ausgelegte Schmutzschristen als in der Jugend von chnen selbst benutzte Schriften erkanitt haben und dennoch Reichstagsabgeordnete geworden sind! Der beste Schutz für die Jugend ist ihre Immunisierung vor Ansteckung. Schärfen wir das Urteil der Kinder und Jugendlichen, und sie werden selbst den Schund ablehnen!(Lebhafte Zustimmung.) Genosse Schreck führte aus: Immer, wenn die Jugend geschützt werden soll, wird sie mißhandell. Eine Jugend, die die junge deutsche Republik mit sozialem Inhalt erfüllen soll, muß Phantasie, Romantik, Begeisterung haben. Das Gesetz aber ist ein Drahtverhau gegen das Tasten und das Suchen nach Klarheit. Die Jugend hat ein Interesse daran, sich derjenigen Alten zu erinnern, die ihre eigene Jugend nicht vergessen haben. Es gibt heute weniger Verkehr mit Jndianerjchmökern als früher. Früher tauschte man Wildwestgeschichten aus, jetzt sind die Helden der Jugend die großen Sportleute. Damit fall nicht gesagt sein, daß dos erstrebenswert ist, aber ein Fortschritt ist es unzweifelhaft. In der freien Jugendorganisation wird sich die Jugend selbst Ersatz für Schund und Schmutz suchen. Warum sucht man nur immer Gesetze und Verordnungen zu erfinden, die die Jugend.sschützen" sollen, weshalb fördert man die Jugend nicht in posktivem Sinne? Weshalb verkürzt man nicht die Arbeitszeit der Jugend- lichen, um ihnen die Möglichkeit zu geben, in der Freizeit sich zu schulen, sich zu fördern? Weshalb fördert man nicht den großen, freien, sittlichen Gedanken, der in den A r b e i t e r t u r n- vereinen, in den Kulturorganisationen gepflegt wird? Nicht lumpige 400 000 Mark für die Bundesschule der Ar- beiterturner in Leipzig sind bei der Regierung aufzutreiben. Hier, wo man aus körperlicher Reinheit geistige Kraft entwickeln kann, versagt Regierung und Reichstag samt bürgerlicher Parteien. Da» Gesetz muß unmöglich gemacht werden.(Stürmischer Beifall.) Eine Diskussion fand nicht statt, Befürworter des Gesetzes meldeten sich trotz Aufforderung nicht zum Wort. Einstimmig wurde eine Entschließung angenommen, in der die sofortige Zurück- ziehung des Schundgesetzes gefordert wird.

Preußen unü üie Arbeitsbeschaffung. Ostfragen im Preußischen Landtag. Der Preußische Landtag trat am Dienstag, den 30. Ro- vember, wieder zusammen. Präsident Bartels gedachte zunächst der Opfer des Grubenunglücks auf der Zeche de Wendel und sprach den Hinterbliebenen das Beileid des Landtages, und für die Verletzten die Hoffnung auf baldige Wieder- genesung aus. In einer kurzen Ansprache beglückwünschte sodann der Präsident den deutschnationalen Fraktwnsvorsttzenden, Ab­geordneten Winckler, zu seinem 70. Geburtstag. Auf den Geschäftsordnungsantrag des Abg. Sobotta(Komm.), die Große Anfrage der Kommunisten betr. die Zunahme der Grubenunglücke auf die Tagesordnung zu setzen, erklärt der Präsident, daß die Regierung erst am nächsten Montag zur Be- antwortung bereit sei. Dann steht auch die sozialdemokratische An- frage über den gleichen Gegenstand auf der Tagesordnung. Ohne Debatte wird daraus der kommunistische Urantrag auf S t r a f v e r- folgung des Landsberger La n d g« r i chts d i r e k t o r s Weßling wegen gesetzwidriger Führung der Fememordprozesse dem Rechtsausschuß überwiesen. In der nun folgenden Beratung der Hauptausschußanträge über die Beteiligung von Ober- und Niederschlesien am Arbeitsbeschassungsprogramm de« Reiches spricht zunächst Abg. Conrad(Dnat.) für stärkere Berücksichtigung der beiden schlesischen Provinzen bei Notstandsarbeiten. Abg. Dr. Hamburger(Soz.) wies auf die Schwierig- leiten hin, in wenigen Iahren das wieder gut zu machen, was die Vorkriegsregierung gegenüber den Ostprovinzen versäumt hat. Mit dem sogenannten Sofortprogramm beginn« ein Zeitabschnitt praktischer Tätigkeit für den Osten, der nach den sozialdemokratischen Wünschen in möglichst kurzer Zeit für die Bevölkerung durch Tätigkeit aus dem Gebiete der Siedlung, des ver- stärkten Wohnungsbaues, der Förderung von Notstandsarbeiten sich auswirken solle. Vor allem die industriellen Gebiet« des Ostens, also von Ober- und Niederschlesien, müßten im Interesse der Linderung der Arbeitslosigkeit und der Verbesserung der ganz unzureichenden Wohnverhältnisse stärker be- rücksichtigt werden._ Abg. Frau Zigal(Z.) tritt für die Behebung der Wirtschaft. lichen Rot der Ostprooinzen durch staatliche Mahnahmen ein. Für das nach Osten verloren gegangene Absatzgebiet müsse Ersatz ge- schafft werden. Der mit Rußland abgeschlossene Handelsvertrog habe bis jetzt nur theoretische Bedeutung. Abg. Merker(Komm.) fordert Vorlegung einer Denkschrift über das Arbeitsbeschassungsprogramm., ,,« Abg. Melzenlhin(D. Vp.) begrüßt für seine Partei mit Genug- tuung, daß sich die Reichsregierung jetzt mehr als bisher um die Ostprovinzen bekümmern soll. Abg. Kleinmeier(Soz.): Wir im Westen sind gern bereit, den Osten in seiner Entwicklung zu fördern. Aber wir bitten um einiges Verständnis auch für die Spezialwünsche des Westens, die mit dem vorliegenden Arbeitsprogramm verbunden find. Die Kanalisierung von Mosel und Saar ist wohl das älteste der bisher nicht ausgeführten Programme. Dabei ist sie, ganz ab- gesehen von der verkehrstechnischen Bedeutung, sür die G e- winnung elektrischer Kraft für die Regierungsbezirke Coblcnz und Trier äußerst wichtig. Für den lange stiefmütterlich bedachten Westerwald liegen drei neue Cisenbahnbauprojekte vor, von denen die Sachverständigen das wichtigste heraussuchen sollen. Di« Debatte wird, nachdem noch zahlreiche Redner ihre Wünsche zum Arbeitsbeschaffungsprogramm vorgetragen haben, auf Mittwoch, 12 Uhr, vertagt. Außerdem stehen morgen Eingemeindungsfragcn in Oberschlesien zur Beratung. Der Arbeitsplan des Landtags. Der Aeltestenrat des Preußischen Landtages legte am Dienstag den Beratungsplan bis Weihnachten fest. In der Zeit bis zum 13. Dezember sollen«ine Reihe kleinerer Gesetz- entwürfe erledigt werden, so die Entwürfe über Aerzte- k a m m e r n und ärztliche Ehrengerichte und über die Notlage der rheinischen Notare. Am Mittwoch soll die Vorlage über die Neu- ordming der kommunalen Verfassung in der Provinz Oberschlesien zur zweiten und dritten Beratung gestellt werden._ Am 9. De. zember soll die Frage des Wohnungsbaues für 1327 das

Plenum beschästigen. Auch die Anträge über die Typhusepidemi« in Hannover stehen für diesen Tag an. Am 13. Dezember wird dann der preußische Finanzminister den Haushalt für 1927 einbringen. Man rechnet damit, daß die große politische Aussprache zum Etat bis zum 18. Dezember anhalten wird. Der Landtag will dann an diesem Tage in die Weihnachtsferien gehen, nachdem der Haushalt dem Hauptausschuß überwiesen ist, und zwar bis zum 18. Januar. Der Hauptausschuß soll zur Vorberatung des Haus- Haltes bereits acht Tage früher wieder zusammentreten. die sächsische Regierungsbildung gescheitert. Keine Regiernngsurehrhett. Die Haltung der Kommunisten. Dresden . 30. November.(Eigener Drahtbericht.) Im sächsischen Landtag begründete der Kommunist Böttcher den Antrag auf Haft» entlassung des Abgeordneten Ewert, der in das Verfahren gegen die kommunistische Zentrale oerwickell ist. Böttcher machte dabei gellend, daß die Berhaftung offenbar erfolgt sei, um die Mehr- heitsverhältnisse des sächsischen Landtages zu beeinflussen, denn Ewert fei erst zwei Tage vor der Wahl verhaftet worden, ob- gleich er bereits feit längerer Zeit in Berlin weilte. Da von der rechten Celle des Hauses Widerspruch gegen die sofortige Beratung des Antrages erhoben wurde, ging dieser an den Rechtsausschuß des Landtages. Dann kam man zur Wahl des Ministerpräsidenten. Abg. Genosse Abel schlug den früheren Kultusminister Reichstags- abgeordneten Hermann Fleißner als Ministerpräsidenten vor. Er oerwies auf das von der Sozialdemokratischen Partei verfochtene Aktionsprogramm. Der Kommunist Siewert erklärte, auf Grund der im Wahlausruf der Kommunistischen Partei enthallenen Forderung werde seine Partei für den sozialdemokrati- schen Ministerpräsidenten stimmen. Nach den üblichen Redensarten über die Diktatur des Proletariats führte er dann noch weiter aus, die Kommunistische Partei werde jeden ernsthaften Bor- stoß der Sozialdemokratie gegen den Kapitalismus unterstützen, das fei aber nicht gleichbedeutend mit der Verpflichtung, die sozialdemo- kratische Minderheitsregierung unter allen Umständen zu unterstützen. Auch im Falle der Bildung einer sozialdemokratischen Minderheitsregierung werde die KPD . den Kamps gegen die arbeiterfeindliche" Politik der Sozialdemokratie führen, sie wolle aber der Sozialdemokratischen Partei Gelegenheit geben, den wahren Charakter ihrer Politik vor der Arbeiterschaft zu enthüllen. Gegen eine Koalitionsregierung der Sozialdemokratie mit einer bürger­lichen Partei oder mit der ASP. würden die Kommunisten den schärfsten Kampf führen. Bei der Minlsterprästdentcnwahl wurden von 95 gültigen Stimmen 44 sozialistischeund kommunistische Stimmen r den Genossen Hermann F l e i ß n er abgegeben. Die übrigen Stimmen waren zersplittert. Zum Zustandekommen einer Wahl wäre die Mehrheit der abgegebenen Stimmen, also 4 8 not- wendig gewesen. Da keiner von den vorgeschlagenen Kandidaten 48 Stimmen erhiell, ist die Wahl eines Ministerpräsi- denken überhaupt als gescheitert anzusehen, so daß sie in der nächsten Sitzung von neuem vorgenommen werden muß. Die Sozialdemokraten und Kommunisten beantragten, die nächste Sitzung des Landtages schon am Donnerstag, den 2. De- zember, stattfinden zu lassen. Die Mehrheit des Landtages, be- stehend aus den bürgerlichen Parteien und den 4 Abgeordneten von der Alten Sozialdemokratischen Partei, beschloß jedoch, die nächste Sitzung erst auf Dienstag, den 7. Dezember, festzusetzen. Es ist vorläufig noch nicht abzusehen, ob am nächsten Dienstag die Wahl des Ministerpräsidenten, die eine Einigung der Parteien zur Vorbedingung hat, zustande kommen wird. Bis zur Bildung einer neuen Regierung bleibt noch die bisherige als Arbeitskabinett im Amt, obgleich sie ihre Aemter niedergelegt hat.

Dle griechische Regierung ist zurückgetreten, um die Bildung einer Koalitionsregierung zu ermöglichen.