Unmögliche Verwendung von Reichsgeldern
Gefährliche Wege der Subventionspolitik.
In dem sogenannten Sofortprogramm der Reichsregierung, bem zufolge im Nachtragshaushalt für die Ostgebiete 32 Millionen Mart nachgefordert worden sind, findet sich ein Posten von 5 Millio= nen Mart für Erleichterung der Krebitnotlage der ostpreußischen Landwirtschaft. Die Reichsregierung hat zu diesem Poften feine näheren Erläuterungen für notwendig gehalten. Aus einer Bekanntmachung der Ostpreußischen Landschaft erfieht man jetzt den Berwendungszwed dieser 5 Millionen. Es heißt in dieser Bekanntmachung wörtlich: Um aber bereits jezt die Zinslast abzubürden, sind mit Hilfe Don Reichsmitteln folgende Maßnahmen getroffen und werden hiermit bekanntgegeben:
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Bayerns Willkür gegen Reichsrecht.
Potemkin- Interpellation im Reichstag.
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Nicht dieser Film gefährdet die öffentliche Ordnung, fondern das Treiben folcher reaktionärer Beamten! Wir fragen nunmehr die Reichsregierung ausdrücklich, ob sie die Sabotierung der Reichsgesehe durch Bayern und Württemberg dulden will. Sie hat die Pflicht, alles zu tun, um die Aufführungen des Films ficherzustellen. Der Reichsinnenminister muß auf die Frage antworten, ob er sich dem reaktionären Treiben gegen den Film unterwerfen will. Die Republik aber wird sich durchsetzen, mögen diese Treibereien fommen, woher sie wollen.( Lebhafter Beifall bei den Sozialdemokraten.) Reichsinnenminister Dr. Külz:
Der Reichstag behandelte gestern bei dem Nachtrag zum| Regierung geradezu aufgeputscht, ihre reaktionären Ernährungsetat zunächst Anregungen lokaler Natur und ging dann Maßnahmen zu treffen. zum Nachtragsetat des Innenministeriums über. Die Beratung ist mit der sozialdemokratischen Interpellation über das Verbot des Potemkin- Films in Bayern und Württemberg verbunden. Den Bericht über die Ausschußverhandlungen gibt Abgeordneter Schreiber( 3.). Der Ausschuß empfiehlt in einer Entschließung, die Reichsregierung zu ersuchen, in eine Nachprüfung der wirtschaftlichen Lage der gealterten deutschen Geistes: L. 1. Für die Landwirte, welche eine Schuld in zehnpro- arbeiter einzutreten, in den Haushaltsplan für das Rechnungszentigen Pfandbriefen aufgenommen und die Pfand- jahr 1927 einen namhaften Betrag zur Behebung besonderer Not briefe verkauft haben, wird der Zinsendienst für den Zinsstände in der deutschen Kunst einzusetzen und darauf hinzuwirken, termin des 15. September 1926 von 10 Proz. auf 8 Proz. her daß die Länder die gegenwärtig bestehende Mannigfaltigkeit der Lehrpläne für die höheren Schulen mindern. Ferner abgesett foll die Reichsregierung erfucht werden, dem Haushaltsausschuß sobald als möglich eine Zusammenstellung aller zurzeit in Borbereitung befindlichen Gefeße vorzulegen.
2. Für die achtprozentigen Pfandbriefe wird für den gleichen Termin der Zinsendienst von 8 Proz. auf 7 Broz. herabgefeßt, fomeit die Schuldner die Pfandbriefe verkauft haben.
3. Sind Zinsen bereits in höherem Betrage gezahlt, so wird der überschießende Teil gutgeschrieben.
4. Für die zehnprozentigen Pfandbriefe wird die gleiche Ermäßigung wie zum 15. September 1926 auch für den 15. März 1927 erfolgen.
II. Es wird darauf verwiesen, daß eine weitere Entlastung der Schuldner durch Erlaß der Herbstrate der Rentenbantgrundschuldzinsen, wie bereits in der Bekanntmachung der Landschaft vom 1. Oftober 1926 angekündigt, erfolgt." Damit sind die Gerüchte, die früher dementiert wurden, beftätigt. Damit ist gleichzeitig auch der Berwendungszweck der 5 Millionen Mart des Nachtragetats getlärt. Diese Maßnahmen fordern die schärfste Kritik heraus. Nicht nur Ostpreußen hat einen Umlauf in zehnprozentigen Pfandbriefen, sondern auch eine Reihe anderer provinzieller Landschaftsbanken, und zwar entfallen von cinem Umlauf von rund 225 Millionen 87 auf Ostpreußen , 83 auf Sachsen und 55 auf Schleswig- Holstein . Aehnliche Maß nahmen bei den zehnprozentigen landschaftlichen Pfandbriefen würden also allein mehr als das Eineinhalbfache der an Ostpreußen gespendeten Summe beanspruchen. Würden überall die zehn- und acht prozentigen Pfandbriefe nicht nur der Landschaften, sondern auch der sonstigen hypotheten banten, also vor allem die Pfandbriefe, die zum Zweck der Finanzierung des Wohnungsbaues ausgegeben worden sind, gleiche Vergünstigungen erhalten, so würden sich außerordentlich hohe Summen ergeben. Das gleiche gilt für den Erlaß der Rentenbankzinsen, die im Reich jährlich 120 Millionen, an einem Zinstermin also 60 Millionen Mart betragen.
Zweifellos werden jetzt die anderen ähnlich interessierten Kreise für sich das gleiche fordern. Dabei ist schon heute die ostpreußische Landwirtschaft mannigfach bevorzugt, fo z. B. bei der Aufbringung der Kosten für die Landwirtschaftskammern. Wie ungerecht in dem Ostprogramm nach der Vorlage der Reichsregie rung die Mittel verteilt werden sollten, zeigt die folgende Aufstellung deutlich, in der der Versuch gemacht worden ist, soweit es die Borlagen gestatten, die Berteilung der bewilligten Mittel auf bie ein zelnen Provinzen ziffernmäßig flarzustellen. Es betragen Sauptunterstützungs Bevölkerung Reichszuschuß empfänger pro Ropt Mart
Ostpreußen
auf 1000 Einwohner
in
am 15. 9. 26 am- 1. 10. 26
5,4
5,0
in 1000 2275
5,70
8,6
1,8
888
4.50
12,8
11,5
1373
3,70
17,8
16,4
8159
0,75
Grenzmart
Dberschlesien.
Niederschlesien
Bie man sieht, find andere Landesteile durchaus im Recht, menn fie angesichts der Krise in den einzelnen Gebieten sich gegenüber Ostpreußen benachteiligt glauben. Der jegt in Ostpreußen beschrittene Weg zur Kredithilfe für die Landwirtschaft ist deshalb ganz besonders gefährlich, weil ja die Herabsetzung der Zinsen von Landschaftspfandbriefen den Landwirten zugute tommt ohne Rücksicht darauf, ob es sich um Groß oder Kleinbetriebe, um schlecht oder gut bewirtschaftete Güter, um vorsichtige oder leicht schlecht oder gut bewirtschaftete Güter, um vorsichtige oder leicht fertige Kreditnehmer handelt. Im Gegenteil, diejenigen Landwirte, die sich 1924/25 leichtfertig verschuldet haben, haben von der Aktion der Reichsregierung den größten Nußen. Wir hätten gegen die Berwendung von 5 Millionen Mart für die oft preußische Landwirtschaft nichts einzuwenden, wenn die Gewähr dafür gegeben wäre, daß sie wirklich unverschuldet notleiben ben Landwirten zugute fämen, besonders wenn die arg bedrängte und von den landwirtschaftlichen Kreditgebern start vernachlässigte Bauernschaft einen wesentlichen Anteil an der Hilfsaktion hätte. Das was hier gemacht wurde, entspricht den Forderungen nach einer produktionsfördernden Agrarpolitik durchaus nicht. Hingegen reizt die fchematische Vergünstigung für verschuldete Betriebe die Organisation anderer Gebietsteile direkt dazu auf, ähnliche For derungen zu stellen. Deshalb sollte man endlich mit der wahllosen Verschleuderung von Reichsmitteln für derartige Hilfsattionen aufhören und statt dessen in größerem Maße Mittel für wirkliche Produktionsförderung freimcchen.
Kampf gegen die Krankenkassen.
Der bedrohte Unternehmerprofit. Dem Reichstage liegen Anträge von der Deutschen Boltspartei und der Wirtschaftlichen Bereinigung vor, die von der Reichsregierung die Einbringung eines Gefeßes zur Menderung der Reichsversicherungsordnung verlangen, das den Krantenfassen die Möglichkeit nehmen soll, durch eigene Fabrikations- oder gewerbliche Unternehmungen oder Beteiligung an solchen für eine bessere und billigere Heilmittel belieferung der Krankenkassenmitglieder zu sorgen. Es ist ein durchsichtiger Kampf, der hier gegen die vom Hauptverband deutscher Krankenkassen geschaffenen Selbsthilfeeinrichtungen zur höheren Ehre des Unternehmerprofits geführt wird. Das Ganze paßt vorzüglich in den Kampf gegen die Sozialversicherung. Sonst werden die Unternehmer nicht müde, über mangelnde Selbsthilfe zu jammern. Hier, wo es in zwedentsprechender Weise geschieht, erhebt sich sofort ein Geschrei über„ Sozialisierung des Gesundheitswesens", weil der Unternehmerprofit den Krantentassen mitgliedern zugute tommt. Auf diesem Gebiete darf nach Meinung der Unternehmer, die sonst den Mund nicht voll genug nehmen fönnen, nicht gespart werden.
Reichsregierung und Reichstag haben alle Ursache, diesen Unternehmerforderungen mit Nachdruck entgegenzutreten und die Selbsthilfeeinrichtungen der Krankenversicherung zu fördern.
Reichsregierung und Kruppkredit. Das Reichstabinett befaßte fich mit dem in ben legten Tagen eingegangenen Kreditgefuch der Firma Krupp in Effen. Die Reichsregierung fah in der Gewährung einer Reichsanleihe aus grundsäglichen Erwägungen teine brauchbare Lösung zur Beseitigung der offensichtlich besonders starten Rotlage. Jedoch wird die Reichsregierung durch die zu ständigen Refforts mit der Firma Krupp und der Stadt Essen wegen anderer Hilfsmaßnahmen sofort in Berbindung treten,
Abg. Crispien( Soz.):
Während der Debatte über das Schund- und Schmutzgesetz hat der Reichsinnenminister behauptet, das Lichtfpielgefet beweise, daß die Befürchtungen vor einer politischen Zensur unbegründet wären. Ich will nicht darauf eingehen, welchen Leidensweg der Potemkin- Film zurückgelegt hat, bis er zur Prüfstelle tam und wie er abgeändert wurde, bis er zur Vorführung zugelaffen worden ist. Aber neuerdings geschieht es immer häufiger, daß Filme, die die 3enfur paffiert haben, trotzdem von irgendwelcher Candesregieung verboten werden und daß die Reichsstellen bei der Zurüdweifung folcher Uebergriffe der Landesstellen verjagen.( Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) In neuerer Zeit sind häufiger Versuche gemacht worden, Filme zu schaffen, die dem Empfinden der arbeitenden Bevölkerung entsprechen. Die Filme, die sich mit titschigen Dingen befaffen, finden überwiegend den Beifall der Prüfstelle. Anders aber geht es mit den Filmen, die sich mit den Bestrebungen der Arbeiterbewegung beschäftigen, ihnen werden große Schwierigkeiten gemacht.
Zu diesen Filmen gehört auch der Potemtin- Film, der eine ganz eigenartige Geschichte hinter sich hat. Der fünstlerische Wert dieses Films ist von feiner Seite bestritten worden, er stellt geradezu eine Spitzenleistung dar, er enthält ein geschichtliches Ereignis, eine Episode aus der großen russischen Revolution. Es wird darin zum Ausdrud gebracht, daß jede Macht, die sich auf Gewalt stüßt, auch Gegenbewegungen auslöst.
Es ist ein Unfinn, zu behaupten, daß dieser Film eine bolichewistische Aktion darstelle. Der Kampf gegen den Zarismus ift nicht nur von den Arbeitern, sondern auch von großen Tellen des ruffischen Bürgertums geführt worden.
Es handelt sich also hier um einen Film von großem künstlerischem Wert mit hohen sittlichen Gehalt. Dieser Film ist zuerst von der Prüfstelle verboten worden. Auf eine Beschwerde der Herfteller hat ihn dann die Oberprüfstelle zugelaffen. Es wurde dann auf Antrag von Thüringen ein neues Verfahren eingeleitet und unter dem Borsiz des Oberregierungsrats Seger ist jetzt dieser Film von derselben Oberprüfstelle verboten worden.( Hört! hört!) Man tann nur annehmen, daß Herr Seger irgendwelchen reaktionären Treibereien unterlegen ist. Der Film wurde mun geändert, erneut vorgelegt und wiederum zugelaffen. Einen Einspruch dagegen lehnt die Oberprüfstelle ab, nur Jugendliche sollten von der Vorführung ausgefchloffen sein. Troßdem wird in Bayern das Berbot aufrechterhalten. In der Begründung des Berbots wird gefagt, wenn auch nicht unmittelbar ein Aufstand zu befürchten sei, fo fei doch anzunehmen, daß zu irgendeiner Zeit fich irgendwo etwas begeben fönne, was gegen die Staatsordnung verstoße, und deshalb müffe man gegen den Film vorgehen.
Das Reichswehrminifterium erklärt, daß der Film gegen den Autoritätsbegriff der alten Armee verfioße, die Reichswehr aber habe die Aufgabe, diesen Autoritätsbegriff auf sich zu übertragen. ( Hört, hört!)
Der preußische Bertreter in der Prüfstelle hat sich darauf berufen tönnen, daß der Film in Preußen mehr als 10 000 mal aufgeführt worden ist, ohne daß ein einziges Mal auch nur die ist. geringste Störung der staatlichen Ordnung eingetreten iff. Selbst in Thüringen , wo die Regierung gegen den Film ist, hat sich nig Die geringste Störung ereignet. Gegenüber dem ,, Autoritätsbegriff" des Vertreters der Reichswehr erflären wir: Die alte Armee war ein Instrument des alten lassen staats, mit ihrem Rafernendrill, mit ihrem Radavergehorsam. Diefes alte Militärsystem ist ohne jeden Ruhm zusammengebrochen. Die Republit bagegen ist aufgebaut worden auf der Grundlage politischer Freiheit und diese Republit braucht teine Armee mit dem alten Autoritätsbegriff".( Sehr richtig b. d. Soz.)
Wir lehnen die Begründung des Reichswehrminifteriums ab, wir wollen den Ausbau aller Einrichtungen des jetzigen Staatswefens in republikanischem Geifte.( Sehr richtig bei den Sozialdemokr.) Eigenartige Methoden werden in Württemberg gegen den Potemfin- Film angewandt. Troßdem der Film zum zweitenmal frei gegeben worden war, hat der württembergische Innenminister Bolz felbft ausgeführt, er habe den Oberämtern anheimgegeben, ent fprechend" zu handeln und sie dabei auf die agitatorische Wirkung des Films aufmertfam gemacht. Diese Anweisung ist nichts anderes als eine Aufmunterung an die politischen Behörden, den Film zu verbieten. Formell besteht zwar in Württemberg fein Verbot, aber durch ein hinterhältiges Verfahren wird das Berbot doch praktisch durchgeführt.( Sehr wahr b. d. Soz.) Als die örtliche Polizei in einem einzigen Ort in ganz Württemberg die Aufführung zuließ, ohne daß es dabei zu irgendeiner Störung gefommen wäre, ist er vom Stuttgarter Polizeipräsidium beim Minister des Innern angezeigt worden.( Hört, hört!) Herr Sülz täte beffer baran, gegen die per steckten Methoden vorzugehen, als sie durch diplomatische Erklärungen zu decken. Der württembergische Innenminister habe sein Vorgehen liche die ruffische Revolution. Aber hat nicht jedes Bolt feine revolutio dadurch zu rechtfertigen gesucht, daß er behauptete, der Film verherr näre Tradition, hat nicht auch das Bürgertum seine große revolutionäre Geschichte, die nicht aus der Welt verboten werden kann? Ein Bolt, das eine Revolution erlebt hat, muß sich auch zu seinen revolutio. nären Traditionen bekennen. Herr Sülz wäre heute nicht Minister, wenn Deutschland nicht feine revolutionäre Geschichte hätte. ( Sehr wahr!) Herr Bolz hat gesagt, er habe fein Reichsgefeß mit seinem Vorgehen verlegt. Das ist eine offenbare Verhöhnung des Reichs, die wir nicht hinnehmen dürfen. Er fann allerdings auch anders handeln als bei diesem Film. Als Herr Hitler eine Bersammlung veranstalten wollte, hat er dafür gesorgt, daß fie nicht gestört werden konnte. Wenn Herr Bolz für diesen Film Störungen befürchtet hätte, dann standen ihm boch die gleichen möglich feiten zur Verfügung, um die Staatsordnung zu schüßen. Es steht fest, daß fein Film aus polifischen Gründen verboten werden darf. Um so schärfer müssen wir deshalb die Einmischung des Reichswehrministeriums in diese Angelegenheit zurückweisen. Es wird doch wohl den Reichswehroffizieren nicht darum zu tun sein, fich mit den Schandtaten des alten Jarismus zu folidarifieren. Die preußische Regierung hat sich bei dieser Gelegenheit als eine beffere Schüßerin der Reichsgefeße gezeigt als die Reichsregierung. Cine außerordentliche reaktionäre Rolle haben in dieser Angelegenheit der Reichskommissar Rünger und der Oberregierungsrat Mühleifen gespielt. Herr Mühleifen hat felbst erklärt, daß er die Candesregierungen informiert habe.( hört, hört!) Wie fehen diese Informationen aus? Wo nimmt er das Recht her, die Länder auf feine Weise zu informieren. Er hat die württembergische
Die in der Interpellation erörterten Borgänge bedürfen sorgfältigster Brüfung durch die Reichsregierung.( Lebhafte Rufe links: Es wird endlich Zeit!) Wir haben uns mit der bayerischen und württembergischen Regierung ins Benehmen gefeßt. Die Antwort der württembergischen Regierung steht zurzeit noch aus.( Die Sozialdemokraten weisen auf den Sentrumsabgeordneten Bolz und rufen: Da fikt ja der zuständige württembergische Innenminifter!) Sowie diese Antwort vorliegt, bin ich bereit, die Interpellation inhaltlich zu beantworten.( Laute Rufe links: Was hat denn Bayern geantwortet? Warum schweigen Sie über Bayern ? Er hat Angst vor Bayern !)
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Abg. Dr. Philipp( Dnat.) erflärt, er fenne persönlich den Potemtin- Film nicht, aber wenn durch ihn tatsächlich die alte Autorität im Heere gefährdet werde, dann sei das Berbot gerechtfertigt. Die Interpellation beweise nur, wie notwendig eine Revision der Verfassungsbestimmungen sei, die das Verhält nis zwischen Reich und Ländern regeln. Der Redner fragt die Regierung, wann sie das Reichsschulgesetz vorlegen wolle. Die Frage sei längst spruchreif. Die Mehrheit des Volkes verlange die Berankerung der christlichen Bekenntnisschule in einem Reichsschulgesetz.
Wir verfennen nicht die Schwierigkeiten, die Dr. Külz dadurch gemacht werden, daß die Demokraten immer im letzten Moment ausbrechen. Der Minister fann ein großer Mann in Deutsch land werden, wenn( die letzten Worte gehen unter im fchallenden Gelächter der Linken)
Wenn die Reichsregierung die alte Forderung des Reichsschulgesetzes nicht schnell erfüllt, dann muß an die leßte Instanz, an das deutsche Bolt mit dem Mittel des Voltsentscheides appelliert werden.
Reichsinnenminiffer Dr. Külz:
Der Entwurf des Reichsschul gesetzes ist im Reichss ministerium des Innern fertiggestellt. Einzelheiten aus feinem
Inhalt mitzuteilen, ſehe ich mich solange nicht in der Lage, als er nicht Gegenstand der Beschlußfaffung im Kabinett gewesen ist. Wie bisher, so wird auch fünftig das Reichsminifterium des Innern diese gesetzgeberische Materie mit der Beschleunigung, aber auch mit der Sorgfalt behandeln, die ihr bei ihrer Dringlichkeit und bei ihrer weittragenden Bedeutung zufommen. Abg. Torgler( Komm.): Die Antwort des Ministers auf die Potemkin- Interpellation war ein startes Stüd. Die Wizblätter sind vielleicht auf falscher Tährte, wenn sie den Minifter nur als den harmlosen Normalbürger hinstellen. Gewiß, fo wie Dr. Külz stellen sich die Courths Mahler und die Marlitt einen deutschen Minister vor, aber dadurch darf sich niemand täuschen lassen über die Gefährlichkeit dieses Ministers und seiner Politik. Dieser angeblich demokratische Minister ist der beste Selfer der Deutschnationalen.
W
Abg. Rheinländer( 3.): Das Zentrum habe sich immer mit größtem Eifer für die schleunige Berabschiedung eines Reichsschulgefeßes eingesetzt. Der neuerliche Eifer der Deutschnatio nalen mede aber den Berdacht, als ob es ihnen nicht bloß um die Sache zu tun sei, sondern auch um gewisse Barteiziele.
Abg. Mayer- Franten( Komm.) führt Beschwerde darüber, daß in Bayern die Versammlungstätigkeit der Kommunistischen Partei unterbrüdt merde, und verlangt vom Reichsinnenminister, daß er für den Schuß der verfassungsrechtlichen Freiheiten auch gegenüber der bayerischen Regierung forge.
Abg. Landsberg( Soz.)
weift darauf hin, daß der Reichsinnenminister bereits über das notwendige Material zum Berbot des Potemtin- Films verfüge, er habe nicht warten brauchen, bis es vollständig fei, um hier eine Erklärung abgeben zu fönnen. Es sei doch nicht zu bestreiten, daß die Oberprüfftelle den Film freigegeben hat und daß Bayern und Württem berg bagegen angegangen seien. Die erneute Anrufung der Oberprüfstelle ist doch das flare 3ugeständnis, daß die Regierungen dieser beiden Länder nicht die Befugnis hatten, das Rollen dieses Films zu verbieten, sonst wäre die Anrufung der Obersten Prüfstelle finnlos, und Sinnlosigkeiten traue ich der baye rischen Regierung nicht zu.( Heiterkeit.) Tatbestand ist, daß trozz der Freigabe des Films die bayerische Regierung das Verbot auf rechterhält und die württembergische Regierung ein moderiertes Berbot erläßt.
Dazu müssen Sie, Herr Minister, Sellung nehmen. Ich weise darauf hin, daß Herr Bolz Mitglied dieses Hauses ist, er hätte also heute genug Gelegenheit gehabt, Sie über die Sachlage zu informieren. Außerdem hat er doch in der Sitzung des Württembergischen Landtages Dom 29. Oftober d. 3. sein Verbot begründet. Also auch ohne besonderen Schriftwechsel können Sie über seine Gründe unterrichtet sein.
Sie mußten reden, Herr Miniffer, denn das hier eine ungeheuerliche Gefahr für die Reichsverfaffung entsteht, wenn Sie als deren berufener Hüter nicht gegen die Berstöße einschreiten, ist flar. Wir haben es hier mit einem bewußten Verstoß gegen die Grundlage der Reichsverfaffung zu fun.( Sehr richtig.) Ich mute Ihnen nicht zu, eine Reichseretution gegen Bayern einzuleiten, aber was Sie tun mußten, das war mit flaren bas Reichsrecht verlegt hat, und zwar bewußt verlegt hat. ort en zu erklären, daß die bayerische Regierung Sie mußten Anlaß nehmen, gegen ein solches Verhalten der Regierung eines Landes hier zu protestieren. Mit aller Deutlichfeit ftelle ich feft, das Recht ist in Deutschland verlegt worden, Sie haben die Pflicht, heute hierzu Stellung zu nehmen.( Beifall bei ben Goz.)
eine einheitliche Handlung darstellen, und daß er erst erklärte dazu, daß die Vorkommnisse in Bayern und Württemberg Stellung dazu nehmen könne, wenn das abfchließende Material vorliege. In Württemberg schwebe noch ein Berwaltungsgerichtsverfahren, das noch nicht in letter Instanz erledigt fei.( Burufe.) Er erfläre offen, daß ein generelles Berbot des Films mit den Reichsgesehen nicht vereinbar sei.( Burufe links: Nur ein generelles Verbot?) Die bayerische Regierung habe erklärt, daß sie mur in Ausübung der ihr zutommenden gefeßlichen Rechte gehandelt habe, als sie für die Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung gesorgt habe. Zunächst müsse es ber bayerischen Regierung überlassen werden, zu prüfen, ob die unteren Behörden bei der Ausübung dieses Rechtes nicht zu weit gegangen seien.( Lebh. Burufe links.)
Damit schließt die allgemeine Aussprache. In der Einzeldebatte wird auf Antrag des Abg. Schmidt( Dem.) der vom Ausschuß gestrichene Betrag von 35 000 Mart zur Förderung der Beamtenerholungsheime wieder hergestellt. Gegen 6% Uhr vertagt sich das Haus auf Donnerstag nachmittag 3 Uhr: Nachtragsetat( Auswärtiges Amt , DAZ."- Affäre).