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Nr. 567+43. Jahrgang

2. Beilage des Vorwärts

Um den neuen Stickstoffdünger.

Erklärungen des Stickstoffsyndikats.

Mittwoch abend gab das Stid staffsyndikat nähere Aus­cunft über das in letzter Zeit viel erörterte neue Düngemittel Nitro­phosta. Nitrophosta enthält rund 50 Proz. reine Pflanzennähr= stoffe. In der Hauptsache sind an dem neuen Dünger Stickstoff, wafferiösliche Phosphorsäure und Kali beteiligt. Es wird in zwei Sorten hergestellt. Der Unterschied besteht in der Verwendung des Ralis. Nitrophosfa 1 enthält ungefähr 21 Proz. Kali, Nitrophosta 2 rund 25 bis 26 Proz. Kali. Die zweite Sorte ist besonders für solche Kulturen bestimmt, die Kalifresser sind. Die Bestandteile liegen bei den beiden Sorten fest, es handelt sich also bei dem neuen Dünge­mittel nicht um einen Mischdünger, sondern um einen Volldünger. Vorläufig soll der neue Stoff in einem Umfange von 10 000 Tonnen pro Monat hergestellt werden. Man erwartet von ihm besonders eine starke Ausfuhr nach dem Ausland, insbe­fondere nach den Vereinigten Staaten  . In bezug auf den Streit zwischen dem Stickstoffsyndikat, dem Kalisyndikat und dem Klöckner­Konzern teilte Direktor Bueb( J. G. Farbenindustrie) u. a. folgendes mit: Die Kombination Rosterg- Klöckner( Wintershall- Klöckner  Werke) erzeugen nur einen Mischdünger, wie ihn bisher die Super­phosphatindustrie herstellt und wie er in Amerita seit langem ge­bräuchlich ist. Bezüglich des Mont Cenis Berfahrens Legt eine Herstellung von fünstlichem Stickstoff mit Hochdruck fynthese und mit Hilfe von Kokereigas   vor. Aehnliche Verfahren werden von ausländischen Stickſtoffabriken seit Jahren angewandt. fahren billi ger erzeugt, so muß sich die Stickstoffindustrie darauf

Direktor Bueb betonte nun: Wenn man mit dem Mont- Cenis- Ber­

einstellen und damit abfinden.

Weiter steigende Arbeitslosigkeit.

Die Zahl der unterstützten Erwerbslosen   ist Ende November nach den Berichten der Landesarbeitsämter nur noch im Rhein  land und in Westfalen zurüdgegangen, während in allen anderen Bezirken, auch in denen, die bisher noch Befferung melden konnten, wie Hamburg  , Berlin  , Freistaat und Provinz Sachsen  , Thüringen   und Südwestdeutschland  , eine mehr oder weniger starke Berschlechterung des Arbeitsmarktes feft zustellen ist.

Die Entwicklung der Aktienkurse. Nach dem Bericht der Commerz- und Privatbank über den Kursstand der an der Berliner Börse   notierten Aktien standen

Ende

( Ende

Ende November Ditober Dezemb. 25) 9,8 P103. 10,6 Proz.( 46,4 Proz.) 16,9 ( 27,7

unter 50 Broz. der Barität zwischen 50 u. 75 Proz. d. P. 75 u. 100

15,5

"

23,1

23,7

29,8

28,4

15,4

16,8

8,0

3,2

"

100 u. 150

150 u. 200

200 u. 250

B

über 250

2,0

1,8

"

( 16,1

( 8,7

( 1,1)

"

Gegenüber Ende Oktober zeigt die Entwicklung teine wesent­lichen Veränderungen. Die in der zweiten Hälfte des No­Dember einsetzende Unsicherheit an der Börse und die in den letzten Novembertagen erfolgten ziemlich heftigen Kursrüdgänge haben die Steigerungen der ersten Novemberhälfte fast aufgezehrt. Die eingetretenen Kursverluste fommen auch bei den höchstbewerteten Aktien deutlich zum Ausdruck. Dafür besserten sich etwas die Kurse für die zwischen 75 und 150 Proz. der Parität stehenden Aktien, was mit der verbesserten Lage der verarbeitenden Industrie im Zu­fammenhang stehen dürfte.

Donnerstag, 2. Dezember 1926

Tietz kauft Jandorf aus.

Der Kampf um den billigsten Einkauf.- 17000 Angestellte.

Im deutschen   Einzelhandel vollzieht sich seit einigen Monaten| daß die augenblicklich oder in absehbarer Zeit erforderlichen Mine. eine gewaltige Umstellung. Schon kürzlich wiesen wir in unserem nicht groß zu sein brauchen, wenn der Kaufvertrag einen lang= Artikel Wandlungen im Einzelhandel  " darauf hin, daß man die fristigen Ausgleich oder gar eine Beteiligung in der offenen Kundenkreditbewegung des Einzel- und Spezialhandels nur im Handelsgesellschaft vorsicht. 3usammenhang mit den Umschichtungen und Neuorien­tierungen der Warenhausgesellschaften betrachten dürfe. Beide Tendenzen können nur verstanden werden, wenn man sie unter den höheren Gesichtspunkten des erst jetzt zur letzten Ent fesselung gefommenen Kampfes um den Kunden und der Zurückführung des überstart entwickelten Warenverteilungs­apparats auf den durch die gesunkene Kaufkraft gebotenen Umfang begreift. Unter diesen Gesichtspunkten ist auch die durchaus über= raschend kommende und in ihrer Tragweite für den Berliner  Handel noch nicht zu übersehende Nachricht zu beurteilen, daß die Berliner   Warenhausfirma Hermann Tiez sämtliche Kaufhäuser der Firma Jandorf, darunter auch das Kaufhaus des Westens( Radewe) von der Familie Jandorf erworben hat.

Die

Die Absichten, die die Warenhausgesellschaft Hermann Tieh mit ihrem Kauf verfolgt, sind tlar. Sie gewähren aber auch einen tiefen Blick in die volkswirtschaftlichen Zusammenhänge, die mit den Wandlungen im fleinen und großen Spezialhandel zusammenhängen. Gewiß ist es der Kampf um den Kunden, durch den die Absatz-. basis immer größer, die an sich sehr hohen Spesen der Warenhäuser auf das einzelne verfaufte Stüd verringert. werden sollen. Aber den richtigen Weg weist erst der Blick auf die: Tatsache, daß die Warenhäuser immer mehr den Nachdruck auf konzentriertesten Masseneinkauf legen. Das ist auch für die Firma Tie charakteristisch, die erst fürzlich den Zusammen­schluß mit fast zwei Dugend Einkaufshäusern des M. Konizer­Konzerns vollzog. Es handelt sich heute nicht mehr darum, am Hermann Tietz   besaß bisher die drei großen Häuser in Bertauf, sondern am Eintauf möglichst viel zu der Leipziger Straße  , am Alexanderplatz   und in der Frankfurter   verdienen. Für den Verkauf sind die Preise durch die heftige Allee. Die Firma hat vor kurzer Zeit das Kaufhaus Stein Konturrenz um den Kunden bestimmt; auch für die Warenhäuser. in der Chauffe estraße erworben, das ab 1. Januar 1927 Und auch die Kunden kredit geschäfte, die Hermann Tiek betreibt, den Tietzschen Namen führen wird. Es hat jetzt sämtliche Jandorfschen können daran nicht viel ändern. Im Einkauf aber haben die Warenhäuser in der Großen Frankfurter Straße, in der Belle- großen Warenhäuser, besonders wenn sie sich noch zum Einkauf Alliance- Straße, am Kottbusser Damm, in der Brunnenstraße, in der vereinigen, gegenüber den Fabritanten fast ein Wilmersdorfer Straße Charlottenburg   und dazu das KdW. in der Monopol, bei dem fein Einzelhändler mehr mitkommt. Tauenzienstraße erworben. Sämtliche Jandorf- Häuser werden, Fabrikanten, die in der Regel mittelgroße Betriebe sind, werden unter Druck gesetzt, durch den Vorteil langfristiger Verträge und mit Ausnahme des KdW., das seinen populären Namen aus Geschäftsgründen behalten soll, ab 1. Januar 1927 den Namen selbständige Eingriffe der Warenhäuser selbst in die Kalkulation der Tieß führen. Erworben wurden zugleich sämtliche Grundstücke des Fabrikanten. Der den Fabrikanten entzogene Zwischengewinn Hauses Jandorf. Die Zahl der Angestellten wird in den zehn( die Fabrikanten ersparen allerdings Werbungskosten) fließt den Häusern die folossale Biffer von 17 000 faft erreichen. Mit dem Warenhäusern zu. Dazu kommt natürlich die Möglichkeit, und sie namen Jandorf zieht sich auch das Jandorfsche Privatist für den neuen Tietz- Konzern auch Absicht, die Kosten in der vermögen aus dem Warenhausgeschäft zurück. Mit zehn großen zentralen Verwaltung und Lagerhaltung herab­Barenhäusern in den voltsreichsten Stadtteilen wird die Firma zudrücken. So wird der große Absatz zum Mittel, das Ziel Tieg einen erheblichen Teil des Berliner   Massenabsatzes beherrschen. aber ist der massenhafte, billige Einkauf. In den wenigen Mitteilungen, die über die Tietzsche Expansion vorliegen, wird davon gesprochen, daß der Raufpreis zwischen 30 und 40 Millionen läge, und daß der Kauf aus amerikanischen  Geldern finanziert werde. So groß die Summe von 30 bis 40 Mil­lionen scheint, sie wird noch nicht ausreichen für die Grundstücke, Gebäude und Warenbestände. Ist das aber der Fall, dann dürfte die Firma Hermann Tieß, die eine offene Handelsgesellschaft und im Befit von wenigen Familienmitgliedern ist, den größten Waren­hausbetrieb nicht nur in Berlin  , sondern auch Deutschlands   dar­stellen. Auch die Behauptung, daß amerikanische   Gelder zum An­tauf bereitgestellt würden, soll nach unseren Informationen nicht ftimmen. Es wird im Zusammenhang mit dem Ankauf die Direktion der Deutschen Distontogesellschaft ge­nannt. So wird man darauf schließen dürfen, daß tatsächlich deutsche Gelder für die Vereinigung zur Verfügung stehen, außer den eigenen Mitteln der faufenden Firma, wobei zu beachten ist. Arbeitgebermacht.

Um die feit Jahresbeginn eingetretenen gewaltigen Veränderungen des Kursniveaus erkennbar zu machen, haben wir die Ziffern vom 31. Dezember 1925 in Klammern hinzugefügt. Danach hat in den elf Monaten seitdem die Zahl der an der Börse unter 100 Proz. bewerteten Unternehmungen fich von 90,2 a uf 49,8 Proz. verringert, die Zahl der über 100 Proz. be= werteten Unternehmungen mit 50,2 gegen 9,8 fast versechs= facht. Leider ist diese gewaltige Aufwertung der Kurse, wie wir schon immer betont haben, zum großen Teil spetulativ und vielfach nur der Kreditentziehung zu danken, die die privaten Banten zugunsten der Effettenspekulation gegenüber der Wirtschaft durch. führten.

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Höherer Rohgewinn bei kleinerem Umfah. Die Walzengießerei Kölsch Fölzer Werte A. G in Siegen verteilt wie im vorigen Jahre feine Dividende. Interessant aber ist ein Ber­gleich zwischen dem Umsatz, dem Rohgewinn und den all. gemeinen Handlungsunfosten einschl. Steuern der Firma:

.

Umsatz

"

Handlungs­untoften

Rohgewinn 0,4 Min. 0,5

In% des Umfages 91/

13

0,4 Min. 0,3

"

1924/25 4,2 Min. 1925/26. 3,8 Es fonnte also im abgelaufenen Geschäftsjahr der Rohge minn trop gesuntenen umsages absolut und relativ gesteigert werden. Die Gesellschaft bezeichnet den Auftragseingang als ungenügend. In den ersten Monaten des am 1. Juli beginnenden Geschäftsjahres ist eine Belebung des Geschäftes eingetreten.

Die Pläne zur Ferngasversorgung. Ueber die Ferngasversor gungspläne der Rohlenverwertungsgesellschat teiit uns unser Essener   Berichterstatter u. a. folgendes mit: Eine große Sammelleitung soll von Hamborn   nach Hamm   in westöstlicher Richtung durch den Kohlenbezirk laufen und das hoch­wertige Gas der einzelnen Zechen in sich aufnehmen. Ob eine eigene zentrale Roferei, vielleicht in der Gegend von Gelsenkirchen  , damit verbunden wird, ist noch micht bestimmt. Von der Sammelleitung Hamborn- Hamm werden am östlichen Ende etwa vier Haupt­stränge ausgehen, die über die dazwischenliegenden Hauptplätze nach Hamburg  , Berlin  , Leipzig   und München   führen. Ein Nebenstrang wird von Hamm   aus durch das Siegerland laufen und weiter südlich mit der nach München   gehenden Leitung zusammentreffen. Die Hauptstränge sind untereinander durch Quer­leitungen verbunden, soweit in den Zwischenräumen Abnehmer vor­handen sind. Aus den übrigen Kohlenrevieren sollen ebenfalls mit der Zeit Leitungen angeschlossen werden, um so einen Ausgleich in der Gasherstellung zu ermöglichen. Bom westlichen Ende der Sammelleitung aus wird später ein Strang die Verbindung mit dem Saargebiet herstellen. Zur Finanzierung, für die rund 100 Mil­lionen benötigt werden, ist Berbindung mit den Großbanken auf­genommen.

Starte Produktionssenkung in der amerikanischen   Automobilindu strie. Nach den Bekanntmachungen des amerikanischen   Wirtschafts­minifteriums wurden im Oktober 1926 in der Automobilindustrie 288 842 Perfonenkraftwagen produziert gegen 310 913 Wagen im September und 394 056 im Oktober des vorigen Jahres. Auch die Herstellung von Baftkraftwagen zeigt eine fast entsprechende Ber­minderung. In den ersten 10 Monaten d. 3. wurden 3 407 411 Berfonenkraftwagen und 428 931 Bastkraftwagen hergestellt.

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Die Tietzsche Konzentration ist ein Ausschnitt aus der allgemeinen Konzentration des Kapitals, die durch die Warenhäuser auch im Einzelhandel immer größere Fortschritte macht. Sie ist aber auch ein Stück erzwungene Rationali­sierung im großen, die in der ganzen Welt den Waren= handelsapparat auf diejenigen Ausmaße zurückschneidet, die durch die wahnwißigen Kriegs- und Inflationszerstörungen notwendig ge­worden sind. Da der Mittelstand weniger tauft, wirft sich alles auf den Konsum der breiten Massen. Wie Karstadt   in Neukölln baut, so fonzentriert Tiez den Massenkonsum in den übrigen volks= reichen Vierteln Berlins  ; nur eines der Tietz- Konzernhäuser steht in der Tauentienstraße. In erster Linie richtet sich die Konzen­tration natürlich gegen den Kleinhandel und die liefernden Fabri tanten. Aber auch die Arbeiterschaft wird die Augen offen halten müssen, und zwar nicht nur wegen der Zusammenballung der

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