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Vienstag 7. Dezember?92H

Unterhaltung unö AAissen

Die witzbolöe von Neu-Gibbon. Ii Von Jack London . Ich bin fast ängstlich, Sie in Ncu-Gibbon mit an Land zu nehmen," sagte David Gries.Erst als Sie und die Engländer mir freie Hand ließen und sich gar nicht mehr um den Ort kümmerten, konnte ich elwas erreichen." Wallenstein , der deutsche Regierungskommissar von Bougainoille, goß sich ein großes Glas Whiskysoda ein und lächelte. Wir ziehen den Hut vor Ihnen, Herr Gries," sagte er in voll- kommen reinem Englisch.Was Sie auf der Teufelsinscl erreicht haben, ist das reine Wunder. Und wir werden uns hüten, uns hin- einzumischen. Es ist wirklich eine Teufelsinsel, und der alte Koho ist der Oberteufel. Mit ihm konnten wir nie fertig werden. Er ist ein schrecklicher Lügner und dazu nicht dumm. Er ist ein schwarzer Napoleon, ein kopsjagender, menschenfressender Talleyrand . Ich brauche nur daran zu denken, wie der englische Kreuzer mich vor sechs Jahren auf der Insel an Land setzte. Die Nigger flohen natür- lich in den Busch; aber wir fanden verschiedene, die nicht imstande waren, zu fliehen und eine von ihnen war seine letzte Frau. Sie war seit zwei Tagen an einem Arm aufgehängt und der Sonne ausgesetzt gewesen. Wir schnitten ste ab. aber sie starb doch. Und drei andere Weiber waren bis zum Hals in den fließenden Strom gestellt worden; man hatte ihre Knochen zerbrochen und ihre Glieder zerschmettert es ist das ein Prozeß, der sie wohlschmecken- der machen soll. Es war noch etwas Leben in ihnen. Ihre Wider- ftandskraft ist ja wunderbar. Eine von ihnen, die älteste, lebte noch nach drei Tagen. Na ja, da haben Sie ein kleines Beispiel von der Lebensweise Kohos. Er ist ein wildes Aer. Es ist uns stets ein Rätsel gewesen, wie Sie es fertig gebracht haben, ihn zu zähmen." Daß er gezähmt ist, will ich nicht gerade behaupten," ant­wortete Gries.Obwohl er hin und wieder kockimt und einem aus der Hand frißt." Es ist jedenfalls mehr, als wir mit unseren Kreuzern erreicht haben. Weder die Deutschen noch die Engländer haben je auch nur einen Schimmer von ihm zu sehen bekommen. Sie waren der erste, der ihn gesehen hat." Nein, Mac Tavish war der erste," erklärte Gries. Ach, seiner entsinne ich mich noch gut des kleinen dürren Schotten!" Wallenstein nahm einen Schluck von seinem Whisky und fuhr fort:War das nicht der, den man den Lärmstiller nannte?" Gries nickte. Und es heißt, daß Sie ihm ein höheres Gehalt zahlen, als sowohl ich wie der englische Regierungskommissar erhalten." Ja, das wird wohl leider stimmen," räumte Gries ein.Und er ist es auch wert nehmen Sie's mir nicht übel. Ueberall, wo es Spektakel gibt, ist er da. Er ist der reine Zauberer. Er war es, der mir Zutritt auf Nell-Eibbon verschaffte. Augenblicklich ist er in Malaita , um eine Plantage für mich in Gang zu bringen." Die erste?" Ja, bis jetzt gibt«s ja noch nicht einmal eine Handelsstation in ganz Malaita . Wenn man Arbeiter dopt wirbt, muß man stets Deckungsboote benutzen und Stacheldraht ausspannen. Aber da ist die Plantage auf Neu-Gibbon! In einer halben Stunde sind wir da." Er reichte seinem Gast das Glas.Links vom Haufe sehen Sie die Bootsschuppen. Dahinter sind die Baracken. Und rechts sind die Kopraschnppen. Wir trocknen schon eine ganze Menge. Der alte Koho ist so zivilisiert geworden, daß er seine Leute Nüsse für uns einsammeln läßt. Da ist die Mündung des Stroms, in den die drei Weiber gestellt wurden, um mürbe zu werden." Die Wonder steuerte direkt auf den Ankerplatz zu. Sie hob und senkte sich über ganz glatten Wogen, hin und wieder wurde sie von einer von achtern gepackt. Es war gerade das Ende der Passat- zeit, und die Luft war schwer und dick von der tropischen Feuchtig- keit, während farbenreiche, formlose Wolkenmassen den Himmel über- zogen. Die unfreundliche Landschaft war ganz eingehüllt in. ge- waltig« Wolkenbänke und Staubwirbel, die von den Bcrgesgipfeln im Innern des Landes drohend überragt wurden. Auf einem Vor- gebirge spielte ein blendender Sonnenstreifen, über ein anderes, kaum eine Meile dahinter, schüttete eine Regenbö ihre Schauer von Wasser aus. Das war die feuchte, fruchtbare, wilde Insel Neu-Gibbon, die dreißig Meilen von Choiseul entsemt lag. Geographisch gehörte sie zum Salomonarchipel, in polirischer Beziehung stand sie halb unter englischer, halb unter deutscher Oberherrschaft: die Linie, die die Machtsphäre beider Reiche trennte, ging mitten durch die Insel, und sie stand daher unter der gemeinsamen Kontrolle beider Re- gierungskommissare. In Wirklichkeit stand diese Kontrolle jedoch nur auf den Papieren in den Bureaus der Kolonialämter. Eine wirk- liche Kontrolle gab es nicht und hatte es nicht gegeben. Die Trepang- fischer waren ihr in alten Tagen aus dem Wege gegangen. Die Sandelholzhändler hatten sie nach bitteren Erfahrungen aufgegeben. Die Werberschiffe hatten nie auch nur einen einzigen Arbeiter aus dieser Insel bekommen können, und nachdem der Schoner Dorset mit Mann und Maus hier vernichtet war, ließ man den Ort liegen. Später hatte eine deutsche Gesellschaft versucht, eine Kokos- plantage anzulegen, die man aber wieder aufgab, nachdem ver- schiedenen Verwaltern und einer Menge von Arbeitern die Köpfe abgehauen worden waren. Viermal hatten die Missionsgesellschaften den Versuch gemacht, die Insel auf friedlichem Wege zu erobern, und viermal waren sie, teils durch Krankheiten, teils durch Metzelelen wieder vertrieben worden. Wieder hatte man es mit Kreuzern so- wohl wie mit Güte versucht, immer vergebens. Stets hatten sich die Kannibalen in den Busch zurückgezogen, wo sie das Pfeifen der Granaten verlachten. Wenn die Kriegsschiffe fort waren, war es ihnen ein leichtes gewesen, ihre Grashütten wieder auszubauen. Neu-Gibbon war eine große Insel, hundertfünfzig Meilen lang und halb so breit. An der Luvseite war ihre Küste selsig und bot weder Einfahrt noch Ankerplätze. Sie wurde von Dutzenden kriege. rischer Stämme bewohnt, oder war es vielmehr gewesen, bis Koho, einem Kamehameha gleich, sich erhoben und den größten Teil durch Waffenmacht und kluge Politik zu einem Bund vereinigt hatte. Seine Politik, die darauf ausging, jeden Verkehr mit der weißen Raste zu unterbinden, war für sein Volk weise und nützlich gewesen, denn seit der letzte Kreuzer sich gezeigt Halle, durfte er ungestört regieren, bis David Gries und Mac Tavish, der Lärmstiller, auf dem einsamen Strand gelandet waren, wo sich einmal das deutsche Haus mit seinen Baracken und verschiedenen englischen Misfwns- Häusern befunden Holle . Jetzt folgten Kriege, falsche Friedensschlüsse und neue Kämpfe. Der kleine, dürre Schotte verstand sich ebensogut darauf, Spektakel zu machen, wie ihn zu dämpfen, und er begnügte sich nicht init der

Eroberung des Strandes, er importierte Buschmänner aus Malaita und drang auf Wildschweinswechseln bis tief in den Busch hinein. Er verbrannte die Dörfer, bis Koho müde wurde, sie wieder auf- zubauen, und»ahm Kohos ältesten Sohn gefangen, nur um den Häuptling zu zwingen, auf Verhandlungen cinzugehei,. Dann führte Mac Tavish sein System des Köpfetausches ein. Jeden Kopf seiner eignen Leute ließ er sich mit zehn Köpfen von Kohos Leuten bc- zahlen, lind als Koho begriffen hatte, daß der Schotte ein Mann von Wort war, wurde der erste wirkliche Friede geschlossen. In- zwischen hatte Mac Tavish Haus und Baracken bauen lasten, den Busch auf weite Strecken an der Küste gerodet und mit Pflanzen begonnen. Dann war er fortgeschickt worden, um einige Spektakel auf dem Tasman-Atoll zu dämpfen, wo eine Epidemie von schwarzen Masern ausgebrochen war, deren Ausgangspunkt nach der Be-

Deutsch-ruPsther Vaffenhanüel.

Auf Wieder, chauen, Herr Oberst, und grüsteu Sie die deutschen Kommunisten von mir!"

hauptung der Teusel-Teusel-Medizinrnänner Gries? Plantage war. Ein Jahr daraus wurde er wieder nach Neu-Gibbon gerufen, um den Eingeborenen die Köpfe zurechtzusetzen. Koho mußte zwei- hunderttausend Kokosnüsse Strafe bezahlen, und da hatte er»in- gesehen, daß es billiger war, Frieden zu halten und die Nüsse zu verkaufen. Außerdem begann das jugendliche Feuer in ihm zu er- löschen. Er wurde alt und hinkte stark, die Folge eines Lee-Enficld- Geschosses, das ihm den Schenkel durchbohrt hatte. * Ich kannte einmal einen Mann in Hawai, " sagte Gries,den Verwalter einer Zuckerplantoge, der stets einen Hammer und einen sechszölligen Nagel gebrauchte." Sie saßen auf der breiten Veranda des Hauses und sahen zu, wie der Verwalter der Neu-Gibbon-Plantage an einer ganzen Kompagnie von Kranken herumdokterte. Es waren Leute aus Neu- Georgien, und der Mann, den er unter den Fingern hatte, klagte über Zahnschmerzen. Worth hatte gerade einen mißglückten Ver- such gemacht. Er wischte sich mit der einen Hand den Schweiß von der Stirn und schwang in der anderen die Zange. Dann hat er wohl verschieden« Kiefer dabei zerbrochen," meinte er grimmig. Gries schüttelte den Kopf, Wallenstein lächelte und hob die Brauen. Durchaus nicht," erklärte Gries.Er versicherte, daß der Zahn stets auf den ersten Schlag draußen war," mischte Kapitän Ward sich ein.Der Alte gebrauchte stets einen Holzhammer und einen Marlspieker. Er schlug mit einem einzigen kleinen Schlage einen Zahn so geschickt heraus; daß nicht das kleinste Stückchen zurückblieb." Ich ziehe doch die Zange vor." murmelte Worth grimmig und setzte sie im Mutzde des Schwarzen an. Der Mann brüllte und fuhr hoch, als er zog.Helfen Sie mir, und halten Sic ihn nieder." bat der Verwalter.(Fortsetzung folgt.)

Der chemische Krieg. Von E. S i st u r a. In letzter Zeit konnte man wiederholt lesen, daß sich die Völker- bundsmächte mit dem Verbot des Giftgaskveges beschäftigen, und insbesondere die deutschen Sachverständigen sich für ein striktes Verbot einsetzen. Wenn auch die Bedeutung der Gaskampfwasfe für kommende Kriege weit überschätzt wird wenn von Zeit zu Zeit die phantasievollsten Nachrichten aus Amerika herüberkommen, nach denen die Bevölkerung einer Stadt mit wenigen Flugzeugboinben völlig vernichtet werden könnte, so verdient dsche-abscheuliche Kamps- Methode doch eine Schilderung, damit die Bestrebungen gegen den Gaskamps«ine Stütze finden. An Gaskampsstosfen stehen zirka 80 verschiedene Arten zur Verfügung/ die sich aber nur teilweise als wirksam genug erwiesen haben. Auf deutscher Seite verwendete man gegen Ende des Krieges drei Gasstofsgruppen: das sogenannte Blaukreuz. Grünkreuz und Gelbkreuz. Auch auf seilen unserer ehe- maligen Gegner gelangte» schließlich diese Stoffe zur Verwendung, doch drohte erst der Eintritt Amerikas in den Krieg der Entente auch darin eine Materialüberlegenhcit zu bringen. Das Blaukreuz ist noch das harmloseste der genannten Stoffe. Es wirkt in nicht zu großer Konzentration nicht tödlich und ruft nur Erbrechen, Kopfschmerzen, Atemnot und Körperschinerzen hervor, aber seine Bedeutung ist ja die, daß es durch die Atemeinsätze hindurchdringt und die Soldaten zwingt, in. qualvoller Atemnot die Maske hcrabzureißen und sich so der Einwirkung tödlidxer Gase ungeschützt preiszugeben.(Es sei erwähnt, daß es als Küstensperre in Verbindung mit Nebel zur Verwendung gelangen kann.) Die anderen Gase haben eine geradezu teuflische Wirkung. Als Beispiel sei nur erwähnt, daß bei dem Gasangriff auf die Hochfläche von Doberdo im Jahre 1916«in llalienisches Regiment allein 1300 Tote verlor. Damals handelte es sich noch um Ehlorgas, das aus Flaschen abgeblasen wurde. Die kampftcchnischcn Nachteile des

Settage ües vorwärts

Chlors liehen zum Gasschießen übergehen, und nun kam Grünkreuz in Anwendung. Die Wirkung dieses Gases ist furchtbar. �Der ihr Ausgesetzte erstickt in den meisten Fällen im Laufe von 2 6 Stunden, ohne daß es möglich ist, ihn zu retten. Der Engländer bezeichnet diesen Zustand,, bei den, die Lungen vom Blutplasma überschwemmt und gewaltig erweitert werden, alsErtrinken auf dem Trocknen". Was der zum Galgen Verurteilte in einigen Minuten überstanden hat, das muß der Grünkreuzvergistete stundenlang ertragen. Diese Gase wirken aber erst dann, wenn sie in die Atmungswege gelangen. Das Gelbkreuz wirkt schon, wenn es mit der Haut in Berührung kommt. Dos unsichtbare Gas zieht auf der Haut nach einiger Zeit Blasen, und in diesem Augenblick ist es schon in die Blutbahnen gelangt, sein Zerstörungswert anzurichten. Die normale Kleidung schützt nicht, sie oerwandelt sich sogar unter der Einwirkung des Gases in Senfpflaster, daher denn auch die davon betroffenen Soldaten auf der Flucht vor diesem Feinde häufig ihre Kleider abgerissen haben. Das Gelbkreuz vergiftet aus Wochen den Erdboden, es ver- seucht das Wasser und die Lebensmillel..Seine Wirkung soll angeblich von dem verbesserten englische» Pperit und dem amerikanischen Lewisit übertroffen werden, daß also der Stoff rascher und in geringeren Mengen wirkt.. Eine Beseitiguitg des verseuchenden Stoffes binnen einiger Minuten oder Stunden scheint zurzeit noch unmöglich: das Gebiet muß gesperrt und von Mannschaften, die Schutzanzüge tragen, mit Chlorkalk abgestreut werden. Um möglichst allen Soldaten und eventuell der Zivilbevölkerung einen Schutz zu geben, bemühen sich die Chemiker aller sogenannten Kulturnationen um die Herstellung eines leichten Schutzanzuges, der mindestens 3 5 Stnuden dichthalten soll. Von dem Resultat dieser Arbeiten verlautet natürlich recht wenig, doch ist es anscheinend in einigen Staaten geglückt, Kleiderstoffe entsprechend zu imprägnieren. Die nächsten Kriege der Zukunft werden voraussichtlich Bewe- gungskriege sein. Da die Truppen sich relativ rasch bewegen werden dem Motorwagen ist eine große Rolle zugewiesen, kann für die Front das Gasschießen nicht mehr die frühere Bedeu- tung haben. Man wird Flugzeuge und Lustschiffe einsetzen, die den Train, die schwere Artillerie und das Hinterland mit Gasbomben belegen werden. Besonders das Luftschiff, den: die besseren Abwurf- Vorrichtungen zur Verfügung stehen, dürfte die Wirkung gegen die Produktionszentren vorbehalten sein. Das Weltiilleresse für den Luftschiffbau, für Flughöhenrekorde und drahtlos gesteuerte Acro- plane wird aus obigen Darlegungen verständlich. Eine Bombe wiegt heute schon 3 Tonnen und mehr. Um einen Kubikmeter Luft zu verseuchen, genügen zirka 2 Milligramm. Es könnten also theoretisch SO 100 Bomben ganz Berlin verseuchen: in der Wirklichkeit wird sich das Gas stauen, immer aber einer großen Zahl Menschen den Tod bringen. Deutschland , dem die Möglichkeit genommen ist, Bombenflug- zeuge zu bauen, hat alle Veranlassung, die Verwendung der Kampf- gase zu bekämpfen. Aber wir sollten, unbekümmert um die Lage, aus rein menschlichen Gründen dem Gaskriege wie jedem anderen den Krieg ansagen. Dem Gaskampfe, der Verwendung von Flammenwerfern, von Whosphorbomben und motorischen Kampffahrzeugelt.

Wie schnell reagiert öer Mensch l Führen wir den Finger an eine zu heiße Tasse, so ziehen wir scheinbar sofort die Hand zurück, und wenn ein greller Lichtstrahl unser Auge trifft, dann schließt sich das Auge scheinbar gleichzeitig. Aber diese augenblickliche Reaktion ist wirklich nur scheinbar, denn es vergeht natürlich eine gewisse Zeit von dem Moment des Reizes bis zu unierer.- Reakisön. Früher hat man allgemein angenommen, �aß alle Nervenwirkungen auf geheimnisvollen Kräften beruhen, die sich mit»nelMicher Geschwindigkeit" ausbreiten, und daher kommt der sprichwörtliche Auedruckschnell wie ein Gedanke", wo- mit eine gar nicht meßbare Geschwindigkeit angedeutet werden soll. Tatsächlich aber läßt sich die Zeit, die zwischen einem Reflex und seiner Reaktion oerläuft, ganz genau messen. Es liegt diesem Vor- gang jedesmal ein sogenannterReslexbogen" zugrunde, der aus einem reizempfindenden und einem bewegnnasauslösenden Nerven besteht nebst einem dazwischen geschalteten Stück Zentralnervensystem, das die Erregung von der eisten Leitung auf die zweite überträgt. Die Erregung braucht also zum Durcheilen dieses Reflexbogens eine bestiminte Zeit, die man mit Hilfe eines Registrierinstrumentes messen kann. S. Hupser erinnert daran, daß der erste, der derartige Messungen vornahm, Helmholtz um die Mitte des vorigen Jahr- Hunderts war. Er wurde durch eine scheinbar gar nicht damit zu- sammenhängende Beobachtung daraus gebracht, sich mit der Schnelligkeit der Reaktion beim Menschen zu beschäftigen. Der Astronom Bcssel war nämlich daraus' aufmerksam geworden, daß von den Beobachtern individuell verschiedene' Angaben gemacht wur- den über die Zeit, zu der ein von mehreren betrachteter Stern das Fadenkreuz des Fernrohrs passiert haben sollte. Merkwürdiger- weise waren die Disserenzen stets die gleichen, und es war Helmhaitz' Genie, daß er schloß, es handle sich hier nicht um zufällige Be- obachtungefehler, sondern um eine Verschiedenheit in der Fortpslan- zung der Erregung bei den einzelnen Beobachtern. Aus diese Weise wurde diepersönliche Zeit" der Astronomen festgestellt, nach der jeder auf dem Wege vom Aua« zum Gehirn und von dort zur registrierenden Hand eine verschiedene Zeit braucht. Seitdem haben sich nun zahlreiche Forscher mit der Frage beschäftigt, wie schnell der Mensch reagiert. So fand der Physiologe Garten für den Reflex des Blinzelns auf Ltchtreiz eineReflex, wt" von 0,05 bis 0.2 Se­kunden, die sich wieder aus mehreren Einzelheiten zusammensetzt. Da ist einmal dieLeitungszeit", die während des Durchgangs der Erregung durch die zuführenden und abführenden Nerven verstreicht: sie beträgt etwa 0,01 Sekunde, und da die in Frage kommende Leitung" etwa 30 Zentimeter lang' ist, so legt die Erregung im Nerven 30 Meter pro Sekunde zurück; dann ist dieLatenzzeit" zu berücksichtigen, die in unserem Falle vergeht, ehe der Muskel auf die ihm zugesandte Nervenreizung antwortet, also che sich die Augen- lider schließen; diese betrögt 0,01 Sekunden: es bleibt also für die Umsetzunqszeit im engeren Sinne, während deren sich dieUm- schaltuna" im Zentralnervensystem vollzieht. 0.03 bis 0,018. Sekunden übrig. Das ist immerhin eine verhältnismäßig lange, sehr gut meß- bare Zeitspanne, so daß man jedenfalls nicht von einer unmeßbaren Gedankenschnelligkeit" reden kann, mit der sich die Vorgänge im Nervensystem abspielen.'> Der Blinddarm als Schwimmgürkel. Allen Nachstellungen zum Trotz breitet sich die Bisamratte mehr und mehr aus. War sie in den letzten Iahren von ihrem ursprünglichen Verbreitungsgebiet in Böhmen aus über den Bayerischen Wald bis nach Bamberg vor- gedrungen, so hat man in ollerjüngster Zeit Bisamratten sogar in der Umgebung von München angetroffen. Es ist also wohl anzu- nehmen, daß ihr« Verbreitung zunächst noch weiter fortschreitet. In derNatur" wird nun«in« bemerlenswerte Feststellung berichtet. Schon oft hat man bcobachlel, daß Bisamratten, die während des Schwimmens durch einen Schuß, also sehr rasch, getötet wurden, nicht untersanken, sondern auf der Wasseroberfläche schwimmend weiter- trieben. Auch an lebenden Bisamratten kann man dies« eigentümlich« Schwimmfähigkeit wahrnehmen. Wenn die Bisamratte sich ausruhen will, liegt sie gleichfalls platt ausgebreitet und regungslos auf dem Wasser, ohne daß sie untersinkt Dies« Schwimmsicherheit verdankt die Ratte nun merkwürdigenveise nur ihrem Blinddarm, der sehr stark entwickelt ist und sich infolge der im Verlauf des Verdauungs- Prozesses entstehenden Gärung in der Regel ganz prall mit. Gasen füllt. Dadurch aber wirkt er wie«in den Körper tragender Gas- ballon und befähigt die Bssamratt«, auf der Wasserfläche zu treiben, ohne unterzusinken.