der Verschickte von seiner Arbeit zu leben hat, fann in Italien oder in einer Kolonie liegen. Die Maßnahme ist anwendbar gegen alle, die ,, auf den Umsturz der nationalen Ordnung oder auf Behinderung der Aktion der staatlichen Behörden abzielende Handlungen begangen haben oder die Absicht geäußert, sie zu begehen". Hier haben wir natürlich mit einer rüdwirkenden Bestimmung zu tun, denn das Gesetz ist erst diefer Tage in Kraft getreten.. Unter den ersten Opfern befindet sich in Bia Reggio der kommunistische Abgeordnete Salavatori und der frühere liberale Abgeordnete Tullio Benedetti, in Aecuila ein Arzt Ippoliti und ein Kommunist de Rubois, beide wegen Beziehungen zu ausländischen Umstürzlern.
Große Freude herrscht heute in Faschistenkreisen auch darüber, daß man endlich durch unentwegte Spizelarbeit den früheren Abgeordneten Kapitän Giulietti hat verhaften können, den waderen Organisator der italienischen Seemannschaften, der von seinen Leuten beauftragt war, den Verbandsfonds von rund zehn Millionen Lire vor dem Rachen der Faschisten zu retten. Das ist ihm über drei Jahre gelungen, wie es ihm gelang, den zwei gegen ihn organisierten Mordversuchen zu entrinnen. Nun hat man ihn aber doch verraten und verhaftet. Um den Vorwand einer Antlage gegen den Mann zu finden, befchuldigt man ihn der Unterschlagung der Verbandsgelder. In Wahrheit war er ihr bestellter Hüter. Man zieht ihn vor Gericht, weil er feine Pflicht getan hat. Es ist eben eine gefährliche Sache, heute zehn Millionen Arbeitergelder ihren rechtmäßigen Befizern erhalten zu wollen.
Die Spigelei bringt heute Wunder zustande. Da waren die Bourbonen Waisenknaben dagegen. Die Spitzel fahren auf den Bahnen; viele sprechen deutsch , viele tschechisch. Wehe, wer ihnen ins Garn geht. Sie sind in den Hotels, in den Raffees, im Tram, in den Breffevereinen; fie fommen einem ins Haus mit gefälschten Empfehlungsschreiben. Durch sie hat der sonst so lärmende Italiener endlich gelernt, I eise zu sprechen; der sonst so höfliche und gastfreie, unhöflich und abweisend zu sein. Sie sind die geheime Polizei. Sie sind der Weg zum Zwangsdomizil..
Wie sie wüten!
Bei den Verwüstungen sind diesmal Werte von vielen Millionen zerstört worden. Der im Genueser Parteiblatt ,, Il Lavoro" an= gerichtete Schaden wird auf über drei Millionen Lire veranschlagt. In Treviso hat man die Privattiinit des republikanischen Abgeordneten Bergamo verwüstet und teilweise verbrannt. Bei dem wüsten Zerstörungswert tamen drei Patienten ums Leben; die Klinik beherbergte Stranke mit chirurgisch behandelter Lungentuberkulose, also die allerschwersten Fälle, Kranke, deren Kräftezustand diesem Nachspiel des Attentats nicht gewachsen war. Biele Hunderte von Leuten der Opposition find heute obdachlos, ihr Haus ist verbrannt oder geplündert, thre Werkstätten, ihre Bureaus, ihre Fabriken sind vernichtet.
Was seit dem 31. Oftober in Italien geschehen ist, das gräbt eine tiefe, a b grundtiefe Kluft zwischen Bürger und Bürger. Auf dem Markte von Treviso hat man einen republikanischen Fabritbesiger aufgehängt, und der junge Mann dankt ſein Leben nur dem Umstande, daß der Strid rib. Die Schlechtigteit des Materials, nicht die Güte der Menschen, hat ihn gerettet. In Mailand hat man den Sekretär der dortigen Arbeitstammer, Genoffen Brigatti, aus seiner Wohnung geholt, hat ihm die Augen verbunden, ihn dann in eine Grotte oder einen Steller geführt und„ Gericht" über ihn gehalten. Das Urteil lautete auf Erschießen in den Rüden. Dann hat man mit dem Opfer gespielt, wie die Raze mit der Maus, hat mehrmals die Vorbereitungen zur Hinrichtung" getroffen, um dann unseren Genoffen allein zu laffen, anderthalb volle Tage lang, im Dunkeln, ohne Nahrung, ohne Schutz gegen Kälte. Nachher haben die Wichte Brigatti mit Stockschlägen schwer verlegt und ihn auf der Straße liegen laffen. Heute ist er im Krankenhause.
Von Dr. Scharrenbroich- Baris.
Vor einiger Zeit wohnte ich der Einweihung eines jener fürchterlichen Künstlermonumente bei, mit denen nicht nur der Jardin De Luxembourg , sondern ganz Baris besät ist. Diesmal hat Maffe net dran glauben müssen, dem ich übrigens so etwas gönne. Ständig diese unvermeidliche Dame, die zu Füßen dieser Statuen zu stehen oder zu liegen pflegt und begeisterte Hingabe zum Ausdrud bringt. Diesmal ist sie zur Abwechslung nicht nacht, sondern in einer voltstümlichen Tracht und sieht aus wie Gretchen von Geunod. O, ihr Pfalzgrafen, Kurfürsten und Könige der Siegesallee , wieviel bürgerliche Verwandte habt ihr doch in dieser guten Stadt!
Es ist interessant festzustellen, auf welche Kategorie von Menschen sich diese Denkmäler beziehen. Die Schriftsteller marschieren an der Spize und die Sportleute kommen zulegt, als die Jüngsten: Schriftsteller 49, Gelehrte 44, Fürsten und Staatsmänner 32, Künstler 29, Goldaten 11, Musiker 8, Beamte und Philantropen 7, Automobilisten 2. Darunter nur 5 Frauen, wobei Jeanne d'Arc mehrmals genannt wird.
Das Fürchterlichste, was ich von Denkmalsfunst gesehen habe, sind die Grabmäler von O. Wilde auf dem Montmartre- Friedhof ( eine Art fliegender Engel im affyrischen Reliefftil von einem Herrn Epstein) und das ven Baudelaire auf dem Monparnasse Friedhof. Baudelaire liegt da auf seinem Grab in Lafen eingehüllt wie in einem Schwizraum bei Lahmann. Ueber ihm der Genius des Bösen, der aussieht wie ein Schüler, der endlich mal ernsthaft über sein Auffahthema nachdenkt( etwa„ Mein schönster Ferientag."). Uebrigens ist ja auch das von den Deutschen so oft aufgesuchte Grab mal von Heine nichts weniger als ein Kunstwert.
Der Geschmacksverfall in dieser Beziehung ist international, man beobachtet ihn auch in Italien . Und zwar sogar in den 3entren der Kulturstätten, die einen maßgebenden Einfluß ausüben sollten. So habe ich hier in der Akademie der schönen Künste folgendes gesehen. Dort befindet sich ein Hof mit Bogengängen im
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Wie wenig die sadistische Grausamkeit mit wirklicher Entrüftung zu tun hatte, sieht man am besten an der grauenhaften Behandlung, die der marimalistische Abgeordnete Nobili erfahren hat. In der Nacht vom 31. Oftober zum 1. November befand er sich in einem Landhause unweit von Todi ( Umbrien ). Um 2 Uhr wurde die Familie durch Klopfen geweckt: zwei Karabinieri fragten nach dem Abgeordneten und forderten ihn auf, ihnen in die Kaserne zu folgen. Nobili zögerte anfangs, weil er einen faschistischen Anschlag fürchtete, ließ sich aber schließlich durch die Uniform bestimmen, den Menschen zu folgen. Diese, die offenbar nur verkleidet waren, brachten ihn aufs offene Land und lieferten ihn dort sieben Individuen aus, die mit eisernen Stöden und Sandsäcken über ihn herfielen, Schließlich hörte Nobili, wie einer zum anderen sagte: Hole eine Bange, damit wir ihm die Fingernägel ausreißen. Darauf verfor er die Befinnung. Durch einen afuten Schmerz tam der Gemarterte wieder zu sich: einer seiner Peiniger hatte ihm die brennende 3igarette auf die Augen gehalten! Im Krankenhaus wurde der Abgeordnete zunächst wegen drohender Gehirnerschütterung behandelt und für die anderweitigen Berlegungen ein Krantenlager von 30 Tagen in Aussicht gestellt. Es ist noch ungewiß, ob ihm das Augenlicht erhalten bleibt. Trotzdem ist Mobili aus dem Krantenhause abgeholt und in das Gefängnis von Perugia übergeführt worden! Im übrigen: wie fann man den Geist, der die Repressalien diesmal beseelt hat, beffer fennzeichnen als durch den Hinweis, daß auch die Wohnung des von den Faschisten ermordeten Abgeordneten 2 mendola in diesen Tagen der Rache und Plünderungsorgien verwüstet worden ist? Man muß dankbar sein, daß die Leiche des edlen Mannes französische Erde deckt: sonst hätte das Lumpen pad auch Hand gelegt an die Gebeine...!
Die Blockade Italiens durch den Faschistenterror. Aus Mailand wird ums berichtet: Die Regierung hat bekannt geben laffen, daß alle nach Frankreich adressierten Brieffchaften von faschistischen Agenten geöffnet und kontrolliert werden. Ausländische Zeitungen, die sich mit dem Faschismus beschäftigen, werden an der Grenze beschlagnahmt. Daher erfährt das italienische Volt, nachdem man die freie Breffe in Italien unterbrückt hat, so gut wie gar nichts mehr. Alle italienischen Blätter find gezwungen, täglich einen großen Teil ihres Raumes übertriebenen Huldigungen für Mussolini und den Faschismus zur Verfügung zu stellen. Da aber Wirtschaftselend und Arbeitslosigkeit täglich steigen, nimmt auch die Banitstimmung der Bevölkerung zu. Die ausländischen Zeitungen, die den Faschis mus fritifieren, laufen insgeheim in Italien um und man zahlt bis zu 10 Lire für das Eremplar. Die Sondernummer des„ Simpliziffimus", die dem Faschismus gewidmet war, hat man sogar mit je 100 Lire bezahlt. Vor wenigen Tagen erst wurden an der franBösischen Grenze mehr als 3000 Nummern antifaschistischer Blätter beschlagnahmt. Eine Nummer der katholischen Brüsseler Zeitung ,, Ba libre Belgique", mit einer Betrachtung über die Lage in Italien , hat verschiedene Verhaftungen in Italien zur Folge gehabt.
fügung über das Eigentum und in die Vertragsfreiheit. Allerdings scheint man auf die staatliche Hilfe beim Wohnungsbau nicht verzichten zu wollen, denn es heißt ausdrücklich, daß die Frage der Finanzierung des Wohnungsbaues einer besonderen Beachtung bedürfe. Ebenso werden zur Regelung der Zuschüsse aus allgemeinen Mitteln noch besondere Vorschläge gemacht. Selbstverständlich lehnen die genannten Unternehmerverbände eine Umwandlung der Hauszinssteuer in eine öffentlich- rechtliche Rente ,, unter allen Umständen" ab. Die Forderung der Unternehmerverbände ist nicht neu, sie ist aber selten in so bestimmter Form erhoben worden wie diesmal. Das Wohnungsmangelgesez und damit die 3wangsbewirtschaftung der Wohnungen und gewerblichen Räume soll sofort beseitigt, die Angleichung der Mieten der alten an die der neuen Räume mit größter Beschleunigung fortgesetzt werden. Die Eingriffe in das freie Vertragsrecht zwischen Mieter und Vermieter sollen abgebaut werden. Allerdings betont selbst die vorliegende Entschließung, daß bei einem Ausgleich der Mieten zunächst in genügender Anzahl Wohnungen für die breiten Volksmassen erstellt werden müssen.
Das Programm der Unternehmer ist zugleich eine Antwort auf das gemeinnügige Wohnungsprogramm, das fürzlich von den freien Gewerkschaften formuliert worden ist. Dieselben Unternehmer, die fich gegen eine angemessene Erhöhung der Löhne und Gehälter nach Kräften träuben, schrecken nicht davor zurück, Forderungen aufzustellen, deren Erfüllung eine ungeheuerliche Belastung der Lebenshaltung der breiten Volksmassen bringen würde. Ihnen geht die Rente der Hausbesitzer über alles, selbst über die schweren sozialen und sittlichen Gefahren, die eine Beseitigung der Wohnungszwangswirtschaft und eine rapide Berteuerung der Mieten bei der gegenwärtigen Zeit der Arbeitslosigkeit nach sich ziehen müßten. Die Arbeiter= schaft muß daher gegen dieses Anfinnen der Unternehmerverbände schärfften Protest einlegen.
Uebrigens richtet sich auch diese Stellungnahme der Spizenverbände der Industrie gegen die Interessen des gewerblichen Mittelstandes, der neuerdings von den Rechtsparteien besonders umworben wird. Während man fürzlich bei der Kundgebung der Unternehmerverbände gegen die ,, falte Sozialisierung" die Interessen des gewerblichen und industriellen Mittelstandes vorschob, um den Kampf gegen die öffentliche Wirtschaftstätigkeit zu propagieren, zeigt sich hier deutlich, daß die Unternehmerverbände gar nicht daran denken, von sich aus den Wünschen der Kleingewerbetreibenden Rechnung zu tragen. Von der Mietpreissteigerung, die allein die Freigabe der gewerblichen Räume bewirken würde, wird zum Beispiel der Einzelhandel auf das schwerste betroffen. das dürfte auch der Grund dafür sein, daß die Hauptgemeinschaft des Deutschen Einzelhandels nicht zu den Unterzeichnern der Kundgebung gehört, obwohl sie fich sonst gern ebenso räuspert wie die Herren vom Großtapital. Besonders interessant ist es aber, daß der Reichsverband des deutschen Handwerfs fich von den Hausbesigerinteressen ins Schlepptau nehmen läßt, obwohl die in Mieträumen wohnenden großstädtischen Handwerfer auf die Dauer sicherlich bei einer Freigabe der Mieten mehr verlieren als Die Unternehmerverbände haben einen neuen Sturmgewinnen würden. Die Stellungnahme des Handwerks muß gegen die Wohnungszwangswirtschaft in- um fo mehr auffallen, als die Handwerkerorganisationen niezeniert. Der Centralverband des Deutschen Bant und mals fehlen, wenn vom Staat und Reich Unterſtügungen oder Banfiergewerbes, der Deutsche Industrie- und Kredite zur Förderung des Mittelstandes verlangt werden. handelstag, der Reichsverband des Deutschen Hand. Daher lohnt es sich schon, das Bedürfnis des Handwerks nach werts, der Reichsverband der Deutschen Industrie , der hohen Mieten für fünftige Fälle festzuhalten. Reichsverband der Deutschen Privatversicherung, die Bereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände und der Zentralverband des Deutschen Großhandels veröffentlichen eine gemeinsame Entschließung, in der furzer hand die Beseitigung ber 3 mangswirtschaft auf dem Gebiete des Wohnungswesens gefordert wird. Man bezeichnet die Bestimmungen über die Regelung der Wohnungswirtschaft als einen unerträglichen Eingriff in die freie Ber
Unternehmer für Mietensteigerung.
Bürgerliche ,, Mittelstandspolitik".
Dank allmählich durch besseres ersetzen. So etwas wie die neuen Bureauhäuser in Hamburg oder die modernen Landhaus oder auch Fabritbauten gibt es in Paris nicht.
Ja. nur ein Snob fann erkennen, daß es hier wie fast überall in der öffentlichen Kunst einen großen Verfall seit dem 19. Jahrhundert gibt. Um der Gerechtigkeit willen aber möchte ich zum Schluß fragen: Welches Bolt findet eine so großartige Geste wie das Grabmal des unbekannten Soldaten?
Winter in Dahlem . Der Botanische Garten ist im Winter auch an den Sonntagen von 10 Uhr vormittags bis zur Dimmerung geöffnet. Autobus 20 und Elektrische 77 halten unmittelbar vor einem Südtor. Die Besucher wenden sich fast alle sogleich den Barmhäusern zu. Wer den zu einem prächtigen Parke aufgewachsenen Garten durchwandert, hat ihn fast für sich allein. Er ist, auch im Winter, voller Reize. Da sind die Laubbäume, die entblättert das wundersam verzweigte Geäder ihrer Kronen zeigen, jede Baumart nach ihrer Weise, jede nach ihrem Stile, den weder Botaniker noch Künstler bisher genügend studiert und gewürdigt haben! Im Gelände der Nadelhölzer, denen die Gliederung in Stamm und Krone meistens fehlt und bei denen die Verzweigung fich nur von außen erraten läßt, feſſelt der wechselnde Umriß der ganzen Gestaltung und der Reichtum der Blattformen. Viele Nadelhölzer beginnen gleich vom Erdboden ab als Baum oder Strauch, bie untersten Aefte flach auf dem Boden gebreitet eine alte Urform des Pflanzenwuchses wird so bis heute von ihnen festgehalten. Von den schuppenartig dicht aneinander gelagerten Nadeln der 3npressen und Lebensbäume bis zu den fingerlangen mancher Kiefernarten finden sich alle Zwischenstufen.
An einer Wegkreuzung, dort wo das Nadelgehölz an den Laubholzbestand grenzt, stehen sich schräg gegenüber die Zeder vom Libanon( auf dem Schilde: Cedrus Libani) und der falifornische Mammutbaum( auf dem Schilde: Sequoia, auch Wellingtonia, be zeichnet), der in seiner Heimat die gewaltigsten und ältesten der noch lebenden Baumarten stellt. Wem das Glück eine Alpenfahrt vergönnt hat, tann wenige Schritte weiter am Wege die Zirbelfiefer ( Pinus Cembra ) begrüßen. Es wird ihn, besonders in den Berganlagen des Alpinums", auch sonst manches als bekannt anmuten: die die nächstjährigen Blüten schon als Endknospen der Aefte verraten. Und in den Voralpen" der Anlagen hat bereits die Nießwurz oder Weihnachtsrose ihre großen, weißrötlichen Blumen entfaltet, die im Winter, 3. B. bei Berchtesgaden , ganze Berghänge überblüht und Touristen lodt.
Die Gemeindewahlen in Schweden haben auch in den Provinzstädten der Sozialdemokratie große Erfolge gebracht. Sie hat zwar in Göteborg , Helsingborg und Malmö einige Mandate verforen, aber in 37 weiteren Provinzstädten im ganzen 87 neue Mandate erobert.
Macdonald und Clynes wurden zum Präsidenten bzw. Vizepräsidenten der parlamentarischen Arbeiterpartei wiedergewählt.
Blätter und Blüten sich entfalten, um wieder zu welfen und neuen Platz zu machen. Und lieber als unter den schönsten Verkehrsampeln mit all dem Wechsel ihrer Farbenfreudigkeit wandeln wir doch unter Palmen, sei es auch nur für ein Biertelstündchen! L. L.
Balladenabend. Im Bürgersaal des Rathauses veranstaltete die Bolfsbühne einen Rezitatiosabend. An Stelle des angekündigten Programms Grotestes und Graufiges in der Dichtung" las Nora Hepler Balladen alter und moderner Dichter. Das Programm umfaßte Goethe, Herder, Heine, Konrad Ferdinand Mener, Storm, Karl Hendell und Rainer Maria Rilfe mit manchen bereits zu oft gehörten Balladen wie etwa„ Die Wallfahrt nach Kevlar",„ Die Füße im Feuer“ oder„ Die Braut von Korinth ". Nora Zepler war am stärksten im Lyrischen und Volfshaften. Ganz ausgezeichnet gelang eine alte, bretonische Legende, aber hier wie auch im ,, Edward" und in Karl Hendells Dirne" zeigt sich Nora 3eplers Neigung, die einzelnen Personen zu scharf zu umreißen, sie zu stark schauspielerisch zu erfassen, die Dirne" streifte bereits das Kabarett, andrerseits entgeht Nora Bepler wiederum nicht der Gefahr, die Dichtung unnötigerweise zu dehnen und„ Die Braut von Korinth " z. B. zu weich und sentimental zu sprechen. Man vermißt die Steigerung im Tempo und Ausdruck. Alles deutet darauf hin, daß Nora Zepler eine sehr gute Interpretin Inrischer Gedichte ist, auch das Graufige muß ihr liegen. Deshalb vermittelten Storm manches so leise gesprochen, daß man selbst in den ersten Reihen nur und Rainer Maria Rilke die stärksten Eindrücke, allerdings murde schwer verstehen fonnte. Die gehämmerte und gedrängte Sprache Konrad Ferdinand Meyers verlangt jedoch einen Interpreten wie Roriner oder Deutsch . Uebrigens wäre zu empfehlen, daß während des Vortrages das Schreibmaschinengeflapper in den Nebenräumen eingestellt würde.
t.
Walther- Rathenau- Bortrag. Sbren legten diesjährigen Vortrag über Walther Rathenaus Reich der Seele" hält Etta Federn Kohlhaas heute abend 8 Uhr im Reichswirtschaftsrat, Bellevueftraße 15.
Der Defterreichisch- Deutsche Bolfsbund veranstaltet am Freitag, 8 Uhr, im Reichstagsgebäude einen Vortrag von Dr. Werner Leibbrand über„ Die soziale Mission Peter Roseggers". Daran schließt sich eine Vorlesung Semann Stienzls aus mundartlichen Dichtungen Roseggers. Der Eintritt ift frei!
florentinischen Renaissancestil. Unter den Bogen stehen Marmer Knieholzbüsche, verspätete zollange blaue Enzianblumen, Alpenrosen, 8. Dezember im Meistersaal einen Riederabend zur Laute mit vollständig
topien antiter Statuen. Der ganze Ort atmet heidnische Lebensfreude, und gerade ihn hat die Akademie ausersehen, ihre Toten zu
ehren, indem sie vor eine Wand mit den Namen der Toten einen Boilu aufstellte, dessen Kunstwert einen fläglichen Kontraft zu den Antiken darstellt. Man tönnte ebensogut die Benus von Milo in oder auf dem einer Seitennische der Notre Dame aufstellen oder auf dem Père Lachaise einen Bachus. Andererseits staunt man, daß ein so herrliches Denkmal wie der Balzac von Rodin Tenmodell geblieben ist.
Und die Architektur? Auch da zehren die Franzosen von ihrer Vergangenheit. Aber neuerdings, besonders bei den großen Wohnbauten und Hotels, verlassen sie den traditionellen Stil; was sie statt dessen geben, ist der charakterlose Kitsch, den wir nun Gott sei
gelbroten Kelche der Judenkirsche. In nächster Nähe chinesische Hinter dem japanischen Häuschen hunderte der aufgeblasenen, mispelsträucher mit Taufenden von erbsengroßen tiefroten Früchten. Rote Früchte auch an den Rosen und Stechpalmen. Wollige, lange Samenbüschel, wie Perücken, an Waldreben. Dann plöglich wieder Den eine unbefümmert um die Jahreszeit voll erblühte Staude. Winter hindurch ist dieser Garten nie frei von Blüten, es sei denn, daß der Schnee sie dem Auge entzieht. Wer mehr von ihnen fehen will, schließt mit einem Rundgang durch die Warmhäuser, in denen sich von Woche zu Woche das Bild ändert, weil immer neue
ganzen
Sven Scholander veranstaltet zum Besten der Hedwig- Brangel- Hilfe am neuem Programm.
Borträge. Sonnabend 7%, Uhr spricht in der Preußischen Alademie Thema: Streifzüge durch die Philofophie der Gegen
der Wissenschaften, Unter den Linden 88, Brof. Heinrich Maier über das
die Junge Bühne" findet nunmehr endgültig Sonntag, 11, Uhr, im wart. Eintrittskarten 2.- Mart; Stehpläge für Studierende 0,50 Mart. Die Vufführung der Krönung Richards III." von H. H. Jahnn durch heater am Schiffbauerdamm" statt.
Der Kuban Kofafen- Chor( Dirigent: S. Ignatieff) veranstaltet am 10. Dezember im Blüthner - Saal ein Stonzert mit neuem Programm. Gründung eines Zabat Forschungs- Instituts. Mit Unterstübung der Reichs- und Staatsbehörden ist in starlsrube die Gründung eines deutschen Tabak- Forschungs- Instituts vollzogen worden. Die badische Landmirtschaftsfammer hat ihm einen Bauplag und ein Versuchsfeld zur Ber fügung gestellt.