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noch lebenden Mitglieder des früheren Siebenerausschuffes Graf von Westarp, Reichsminister Dr. Stresemann, Herr von Payer und Abg. Scheidemann aufgefordert worden, an der Sigung teilzunehmen und gegebenenfalls als Zeugen gehört zu werden. Herr von Payer hat mitgeteilt, daß er an der ersten Sigung des Siebenerausschusses nicht teilgenommen hat, son­dern Herr Dr. Wiemer, der an seiner Stelle heute als etwa zu vernehmender Benge erschienen ist.

Michaelis hat das Wort.

Nun erhält Herr Dr. Michaelis das Bort. Er macht den Cindruck eines subalternen Beamten, der noch heute nicht recht weiß, wieso er eigentlich in die höchste Beamtenstelle des Deutschen Reiches gelangen fonnie. Und im Saale fragt man sich allgemein, auf Grund welcher Verdienste dieser Mann noch heute eine Pension von 27 600 Mark im Jahre beziehen darf. Der Zeuge Dr. Michaelis führt folgendes aus:

Die Frage, warum dem Siebenerausschuß des Reichstags die Antwort an Nuntius Pacelli vom 24. Geptember 1917 nicht vor­gelegt wurde, ist, wie nach dem Gutachten von Dr. Bredt ohne weiteres anzunehmen ist, darum an mich gestellt worden, weil man in dem Gutachten des Dr. Bredt die Auffaffung vertreten sieht, daß die Antwort, die dem Nuntius Pacelli gegeben worden ist, der offiziellen Antwort, die mit Zustimmung des Siebener­ausschusses dem Papst gegeben wurde, widerspricht.

Dr. Bredt hat gesagt, in dieser Antwort läge eine ausdrückliche Ablehnung der Erklärung über Belgien , ein glattes Nein.

Ich erkläre unter Eid, daß es uns fern gelegen hat, in diesem Schreiben ein glattes Rein auszusprechen oder ausbrüd­lich eine Erklärung über Belgien abzulehnen. Ich habe in llebereinstimmung mit Herrn v. Kühlmann den Versuch gemacht, einen unbedingt fachverständigen Mann über die Aus­legung gerade dieser Note an Pacelli zu hören. Professor Meinecke hat sich uns zur Verfügung gestellt. Mich hat nun Professor Meine de ermächtigt, über diesen Bunft zu erklären ich darf auch das verlesen

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das Schreiben an Nuntius Pacelli ist falsch gedeutet. Nicht ein glattes Nein, sondern ein bedingtes Ja wäre aus ihm herauszuhören."

Warum werde der Ausschuß nicht unterrichtet?

Wenn es sich um ein glattes Mein nicht handelt, dann ist die Behauptung schon halb widerlegt, daß die Antwort etwas anderes enthielte als die offizielle Antwort der Papstnote. Die Bapstnote ist vom Siebenerausschuß eingehend in zwei Eikungen beraten worden. Es wurden in diesen Sizungen scharf zwei Gegenfäße betont. Die einen mofiten, daß unbedingt glatt schon heute gesagt wurde: Wir verzichten auf Belgien . Auf der anderen Seite fam im Anschluß an die Ausführungen der Regierung die Auffaffung zum Ausdruck: Wir halten fest daran, daß wir Belgien nicht annettieren wollen; aber es zu sagen, bevor die Situation nach irgendeiner Richtung hin geflärt ist, ob ein derartiges Aufgeben eines wichtigen Fattors in unserer ganzen Bolitit für die Friedenssache nüßlich sein würde, wurde abgelehnt. Es wurde mit fünf gegen zwei Stimmen beschlossen, die Frage der Friedens­regelung dadurch nur anzuschneiden, daß man sich allgemein auf die Friedensresolution des Juli 1917 bezng, in der befanntlich stand, daß wir Annettienen nicht machen wollen, daß man aber im übrigen darauf verzichten wollte, über Belgien zu sprechen. Wenn feststeht, daß in dem Brief an Nuntius Bacelli nicht eine andere Sinie gezogen wurde, wie sie in der Antwort an den Bapst gezogen und innegehalten worden ist, dann fag nach unserer Melaung fein Grund vor, diesen Brief an den Munitus Pacelli dem Siebenerausschuß vorzulegen. Der Brief des Nuntius war ein vertraulicher Brief an den Reichs­fanzler. Er ging neben der offiziellen Aftion des Bapstes einher. Er wollte eine spezielle Erklärung über Belgien ertrahieren. Er hatte ein Material, das, wie sich nachher herausgestellt hat, von ihm überschäßt worden ist als ein wichtiges Moment für die Friedensbereitschaft, und darum mollte er mit diesem Material uns veranlaffen, eine Erflärung über Belgien abzugeben, die hinaus­laufen sollte auf eine glatte llebergabe. Auch hier war es wieder aus denselben Gründen uns verfagt, eine andere Antwort zu geben, als fie ihm gegeben worden ist. Es schwebten damals auf Grund dieser Mitteilung Bacellis vertrauliche Berhandlungen, cb wirklich in England eine Friedensgeneigtheit vorhanden fei oder nicht.

Er zeigte sich, daß die Friedensfühler, die ausgestreckt waren, nicht verfolgbar waren und darum war es unbedingt erforderlich,

Jeßner.

Bon Mar Hogdorf.

Die Mucker rotten fich zusammen, um Leopold Jeßner , dem Intendanten des Staatstheaters, an den Leib zu rücken. Man will das Parlament aufwiegeln, damit einem ernften Staatsbürger, einem pflichtbewußten Theaterleiter und einem Künstler von inten­fivster Begabung die Lust an der Arbeit verekelt wird. Nun, Jehner ist Manns genug, um sich selber zu wehren. Aber in diesem Augen­blic, da wieder einmal das wahre Verdienst durch hinterliftige Barteienflüngel ausgestrichen werden soll, ist es Zeit, sich neben den

Angegriffenen, neben den Angepöbelten zu stellen.

Als das Königliche Hoftheater in Berlin zum Staatstheater wurde, und der gräfliche Generalintendant Hülsen ganz manierlich in die Bersenfung hineinstieg, fam Leopold Jeßner ( nach einem Intermezzo) in das Haus am Gendarmenmarkt. Die Männer, die damals seine Berufung empfahlen und durchsetzten, wußten ganz genau, daß Jeßner fein Höfling und fein Bewunderer des Sonnen fönigs Wilhelm war. Jeßner hatte den Kampf gegen die Inten dantenwirtschaft an allen deutschen Hoftheatern im ersten Gliede mitgefämpft. Er hatte noch im Ohr, was Wilhelm II. bei feinem zehnjährigen Regierungsjubiläum auspojaunte, daß das fönigliche Theater ein Werkzeug des Monarchen sein sollte. Jeßners Ideal war allerdings das Staatstheater als Theater des ganzen deutschen Bolkes, Und da sich bei ihm Gesinnung mit Begabung deckte, so war er der richtige Mann am richtigen Platz.

Er fam als Republikaner, das ist unbestritten. Aber er fam als Künstler, das ist ebenso unbestritten. Er hatte als Republikaner das Recht zum freien Befennen seiner Weltanschauung. Er hatte als fünstlerischer Leiter des Staatstheaters die absolute Pflicht, einen Kunststil und eine Literaturrichtung zu begraben, die Deutschlands beste Köpfe schon als vergreift und verknöchert, ja fogar als lächer: lich entlaivt hatten. Es war seine Pflicht, den faulen, der Kunst besonders gefährlichen Burgfrieden zu brechen, mit dem die ver schlagenen und vor den Kopf gefchlagenen Kunststrategen ganz Deutschland seit den glorreichen Tagen von 1914 beglückt hatten. Er mußte das Königliche Schauspielhaus, in dem die Kammer herren und die Kamarilla regiert hatten, lüften, damit es würdig werbe, ein Staatstheater zu heißen. Hätte er diefe Hoffmung, die man in ihn gefekt hatte, enttäuscht, es wäre Pflicht gewesen, ihn sofort wegzujagen.

Die Arbeit wurde ihm schwer genug. Zunächst einige Stücke, die aufzubrauchen waren, weil noch Aufführungsverträge aus der faiserlichen Epoche vorlagen. Dann aber durfte er aufatmen. Und nur ein Narr wird behaupten, daß er fein ruhiger Reformator, sondern nur ein leichtfertiger Revolutionär gewesen ist. Es sprach aus der ganzen künstlerischen Arbeit Jeßners stets die Methode, aber auch die Kühnheit, Jeßner zeigte, daß er fein lauwarmer Idealist

daß wir bie Starte in der Hand behielten. Wir wollten Belgien [ nicht annettieren,

aber wir wollten für die Verhandlungen dieses Fauffpfand nicht aus der Hand geben.

Der Herr Abg. Dr. Bredt behauptet, ich hätte fogar die Politik des Kaisers tontertariert. Der Kaiser als Oberster Heerführer und im Hinblick auf sein Heer und seine Marine war sehr schwer zu bewegen, auf das zu verzichten, worum, wie er sich ausdrückte, bei Stagerrat gekämpft worden ist. Daß das geschehen ist, schreibe ich mir zu.

Ein Brief Wilhelms aus Doorn.

Auch hier habe ich ein Beweismittel, das wohl schlagend ist. Der Raiser hat selbst zu dieser Sache das Wort ergriffen und mir einen Brief am 17. vorigen Monats geschrieben, der folgenden Wortlaut hat:

Kann man einen Menschen, tann man einen Mann, fann man einen verantwortlichen Leiter des Schicksals seines Volkes mehr fränken, als wenn man sagt: Er hat Sorge um sein Amt, das ihm die Oberste Heeresleitung unter Umständen nimmt, und hat deshalb mit Erfolg den Frieden sabotiert?( Abg. Dr. Bredt: Das steht nicht darin.) Hiergegen verwahre ich mich vor dieser hohen Versammlung, vor der ganzen Welt!

Die zweite Frage lautet, warum die Einwendungen, die die Kurie gegen den Entwurf der Papstnote vorgebracht hat, nicht zur Kenntnis des Siebenerausschusses gekommen sind. Heute ist richtig durch den Borfizenden als Feststellung des Ausschusses fon­statiert worden, daß hiergegen schwerwiegende Bedenten erhoben worden sind, und der Nuntius die Meinung zum Ausdruck gebracht hat, daß badurch die Friedensattion des Papstes illusorisch werde. Er fragt sich, warum diese Einwände nicht zur Kennt nis des Siebenerausschusses getommen sind und nicht eine erneute Sigung dieses Ausschusses stattgefunden hat. Hierzu möchte ich generell folgendes sagen:

haben wir es nicht für nötig gehalten, fie dem Siebenerausschuß noch einmal zu geben. Benn Sie meinen, daß das ein Fehler war, so ist es Sache des Ausschusses, das zu rügen. Wir haben nach bestem Wissen und nach unseren Pflichten gehandelt.

In der Presse habe ich zu meiner Verwunderung gelesen, daß die Borgänge bei den Bersuchen der päpstlichen Friedens- worfen war, den Widerspruch des Papstes bzw. des Nuntius Pacelli Ich erkläre: Wir wußten, daß die Antwortnote, wie sie ent­vermittelung während Ihrer Reichsfanzlerzeit im Jahre 1917 er­neut die öffentliche Meinung erregen und daß die Erörterungen hervorrufen würde. Sie widersprach seiner Anregung. Wir wußten zu lebhaften Angriffen gegen die Politit der damaligen Reichs- das, erwarteten es und waren davon nicht überrascht. Im Hinblic regierung geführt haben. Die Angriffe werden damit begründet, auf die unendlichen Schwierigkeiten, die es bot, die Note überhaupt daß Sie damals im Widerspruch mit meinen In zustande zu bringen, tentionen gehandelt hätten, daß Sie insbesondere hing sichtlich ihrer Erklärung über Belgien durch den Brief an Nuntius Pacelli vom 24. September 1917 meinen Absichten ent gegengehandelt hätten, ein Brief, von dem ich nichts gewußt hätte. Nachdem ich mich über diese Angelegenheit genau unterrichtet und mir auch alle darauf bezüglichen Dokumente habe vorlegen lassen, sehe ich mich veranlaßt, zur Feststellung der geschichtlichen Wahrheit folgendes Ihnen mitzuteilen: Ich erinnere mich unserer Unterredung über den Brief des Nuntius Pacelli vom 30. August, die am 1. September abends oder morgens vor dem Kronrat stattgefunden hat, genau. Ich habe meine schweren Bedenten nicht verhehlt, die ich vor meinem Bolfe trug, wenn ich nach den unnergänglichen Leistungen von Heer und Marine ben ehrenvollen Besiz Belgiens aufzugeben mich entschloß, falls mir bis Ende 1917 zum Frieden fämen. Ich konnte mich jedoch ihren Gründen nicht versagen und stimmte im Kronrat der Aufgabe Belgiens 3 u.

Aber ich mußte felbstverständlich an den völligen und end­gültigen Verzicht auf Belgien Bedingungen fnüpfen, die ich im Interesse des Friedens in der Zukunft für unbedingt er­forderlich hielt. In diesem Sinne war Jhr Brief an Pacelli Dom 24. September verfaßt.

Er entsprach in seiner Zielfehung durchaus meiner Auffassung, die in ihm enthaltene Wendung so liegt der Grund keineswegs darin..." mußte bei redlichem Willen zur Verständigung so ge­deutet werden, daß eine endgültige Freigabe Belgiens durch den Brief nicht ausgeschloffen sein sollte.

Sie sollte nur nicht bedingungslos erfolgen.

Der Brief widersprach somit nicht der offiziellen Antwort auf die Bapstnote. Auch heute noch bin ich der Meinung, daß es unverantwortlich gewesen wäre, im voraus einen glatten Berzicht auf Belgien , an deffen endgültige Freigabe ich mich durch meine Erklärung im Kronrat gebunden halten wollte, auszusprechen, ohne bei den erhofften Friedensverhandlungen Sicherungen zu erhalten, die ich zum Wohle meines Boltes für unbedingt erforderlich hielt. Ich hoffe, durch diese Darlegung nicht nur zur Klärung dieser Streifrage beizutragen, sondern auch zu beweisen, daß ich nur das Wohl meines Boltes im Auge hatte. Ich ermächtige Gie, von diesem meinen Brief den Gebrauch zu machen, den Sie im Inter cffe der Sache für gut und notwendig halten."

Auch der zweite Bunft, die Behauptung, ich hätte gegen die Bolitif des Kaisers gehandelt, dürfte damit widerlegt sein.

un der dritte Bunft. Es ist behauptet worden, ich hätte dadurch, daß ich den Brief an den Nuntius Bacelli schrieb, der Politik des Kaisers enigegengehandelt, weil ich abhängig gewesen wäre von der Obersten Heeresleitung. Wenn ich den Wünschen der Oberften Heeresleitung, die gegen einen völligen Berzicht auf Belgien gerichtet waren, nicht folgte, dann würde die Folge gewesen sein, daß ich auch meinen Kanzlerposten verlassen mußte. Und aus dieser Erwägung heraus soll ich den Bapstfrieden vereitelt haben.

war, er bewährte fich durchaus als überlegter und mutiger Praktiker. Er ersetzte die Theaterspielerei durch das Theaterspiel. Mit dem, mas er zeigte, mußte man sich oft kritisch auseinandersetzen. Oft roar der Angriff aus fünstlerischen Motiven notwendig. Ueberblickt man jedoch die Gesamtarbeit, die in sieben Jahren geleistet wurde, dann ist nur etwas Imponierendes festzustellen. Jeßner tam zu dann ist nur etwas Imponierendes festzustellen. Jeßner tam zu einer Zeit des literarischen und theatralischen Wirrwarrs, der wiederum nur eine Spiegelung des politischen und sozialen Wirr warrs gewesen ist. Es gelang ihm trogdem, den Geist der Theater­funst, der nicht minder als die Geldwährung der Inflation verfallen war, wiederum zu stabilisieren. Selbst die vielumstrittenen Staffifer­Inszenierungen Jeßners fie leben im Gedächtnis aller, die sie faben, als etwas Großartiges fort. Alles das war Mut, Talent, aufopfernder Fanatismus für das lebendige Theater im Ge­lungenen und auch im Berfehlten.

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Es tommen die Unten und quafen, wie herrlich es z. B. war, als Mattowsty noch auf der Bühne des Königlichen Hoftheaters stand. Und sie vergessen, oder vielmehr sie wollen verschleiern, daß dieses und jenes Genie zu jenen Zeiten einsam und verloren zwischen ben greulichsten Kulissen stand. In einer Zeit, da Otto Brahm und Mar Reinhardt das fubtilfte Ensemblespiel ausgebildet hatten, standen auf der Bühne des Königlichen Schauspielhauses nur wenige Ausnahmeerscheinungen. Das meiste war Durchschnitt, von Durch Schnittsregiffeuren nach längst abgenutzten Rezepten gegängelt. In einer Zeit aber, ba in Berlin bas Ensemblespiel verfallen und ver ludert war, hat Jchner als erster wieder das neue Ensemble zu fammengeführt. Ja, er hat alte Schauspieler, die innerhalb des Ja, er hat alte Schauspieler, die innerhalb des alten Hoftheaters verfümmern mußten, mit neuer Jugend be: fchenft, fraft seiner fünftlerischen Intelligens.

Man wirft Jeßner vor, daß er experimentiert und mit dem Gelbe der Steuerzahler experimentiert. Täte er es nicht, fröche oder raste er nur auf der seit Jahrzehnten gefurchten Wegftrede weiter, man würde ihm vorwerfen, daß er ein Reaktionär des Theaters ist. All dieser Streit ist lächerlich, er ist nur Barteien- und Klüngelstreit. Man schimpft Jeßner und meint ganz etwas anderes. Man tut so, als wenn man Jeßner fortefeln molle und men will in Wirklichkeit dem deutschen Steuerzahler, der ein Recht auf die Kunst, besonders auf die Freiheit der Kunst hat, die Freude an feinen legitiment Rechten nereteln.

Das darf nicht gelingen! Wir werden mit Jeßner wahrscheinlich noch oft ftreiten. Aber heute müffen wir für ihn streiten.

Meiseken." Im Theater in der Klosterstraße fpielten sich die vier Atte der ihn schen Komödie wieder einmal zur herzlichen Freude der Zuschauer ab. Marie Borchardt perftand in dem famosen Zusammenspiel des Ensembles ihre Bombenrolle als Gastwirtin Selma Karchow in dem branden­burgischen Dorfe Müdenwalde saftig hinzulegen. Ihr Selbst vertrauen und ihre Gerissenheit maten ebenso glaubwürdig wie die Naivität, mit der sie für das seit vier Jahren begrabene Groß­

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Fragen an Michaelis.

Nach furzer Geschäftsordnungsdebatte erhielt Genoffe Scheides mann das Wort. Er richtet an Michaelis folgende Fragen: Ist es dem Zeugen bekannt, daß der Vorschlag, einen Friedens schritt des Papstes anzuregen, vom Kaiser ausgegangen ist und zwar nach einer Unterredung mit dem Nuntius Pacelli, und daß der Kaiser gesagt hat, man dürfe es nicht allein der Sozial­bemotratie überlassen, für den Frieden zu arbeiten? Wenn das feststeht, wie ist es zu erklären, daß der Kaiser, nachdem die Friedensnote des Papstes gekommen und auch von Amerika und England beantwortet worden ist, der damalige Kanzler Michaelis gesagt hat, er behandele diese Dinge dilatorisch, es tomme jetzt darauf an, die Schuid an dem Nicht zustande­tommen des Friedens auf die Gegner abzuwälzen und sie ins Unrecht zu setzen.

Michaelis antwortet ausweichend.

Die Rolle Westarps.

Die Fragestellung an Herrn Dr. Michaelis zog sich bis zum Schluß der heutigen Sitzung hin. Es ergaben sich noch weitere sehr bemerkenswerte Einzelheiten. So hörte man, daß Herr Dr. Michaelis

den Grafen Westarp zu der damaligen Zeit zur Obersten Heeresleitung entfandt hat.

Genosse Dittmann stellte schließlich noch feft, daß Graf Westarp, der damalige Führer der Konservativen, und der heutige Führer der Deutschnationalen , eines der Hindernisse auf dem Wege zum Frieden gewesen ist. Graf Westarp glaubte diese Feststellung mit der Bemerkung abtun zu tönnen, die öffentliche Bernehmung des Herrn Dr. Michaelis fei nur agitatorischen 3meden erfolgt, um sie gegen ihn ausnügen zu fönnen.

Gegen 2 Uhr vertagte sich der Ausschuß auf Mittwoch vor­mittag 10 Uhr mit der Tagesordnung: Vernehmung des früheren Staatssekretärs v. Kühlmann.

Der gewefene deutschösterreichische Finanzminister Dr. Ahrer. erscheint in der Boftfparfaffenfache belastet und sollte vom parlamen Man tele­tarischen Untersuchungsausschuß vernommen werden. graphierte ihm die Vorladung nach Amerita. Er hat jegt geant­tommen tönne, aber bereit sei, formulierte Fragen dem Konsul wortet, daß er dort eine neue Eristenz führe und nicht zu beantworten.

Wechsel im Transferausschuß. An die Stelle des bisherigen bela gischen Mitgliedes des Transferausschusses beim Reparationsagenten, René Tilmont, ist der frühere belgische Finanzminister Janssen getreten, der dem Transferausschuß früher schon einmal angehört hat.

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väteren die Rente des Berliner Fabritantensohnes Bosteimann ( Mar Bing) weiter beziehen möchte. Der war fast ein wenig zu gentmäßig angetan oder war es die Selma, die an Boll­blütigkeit des Besten vielleicht zu viel tat?, aber schließlich glaubte führung gebührt mohl Friedrich Wilhelm Kaiser als Gast­man ihm sein Schwerenötertechtelmechtel gern. Der Preis der Auf­wirt Starchow mit der bescheidenen Aufgabe, die gutmütige, von seiner wenn nicht besseren, so doch robusteren Ehehälfte leicht herum­gefchwentte Schlafmüge darzustellen. Trautichold als Meiselen einte das findisch Groteske und charakteristisch Rührende des hin­fälligen Greises. Reister und Käte Schlägel führten als Ackerbürger und Tochter ihren Erpressungsversuch an dem Gast­wirtspaar mit gefälliger Derbheit durch. Gille als Halunke, Rechtsfanatiker und Referendar und Gall wiß als verbummelter, versöhnender und philosophischer Assessor entfesselten gar bei offener Szene Beifall, Der Abend war auch für die Zuschauer ein herz­hafter Genuß, die sich über den bürgerlichen Charakter der Komödie flar sind, sich aber ihre Theaterfreude vom Milieubewußtsein nicht trüben lassen.

Stadt München die Lenbach- Billa und Galerie fäuflich erworben. Ein Münchener Museumsneubau, Bor einiger Zeit hat die bleiben sollen, so ist geplant, die städtischen Bestände an Gemälden Da diese Gebäude möglichst im ursprünglichen Zustande erhalten und sonstigen Kunstwerten in einer besonderen Galerie unterzu bringen, die neben dem Lenbach- Hause im gleichen Florentiner Billenstil erbaut werden soll. Der Bau erhält eine Länge von 75 Meter. Aufnahme finden werden darin nur Werte von Münchener Künstlern oder solche, die in München wirken oder gewirkt haben. Auch eine graphische Sammlung ist vorgesehen. Die Baufosten belaufen sich auf über 600 000 m.

Beihnachten zu einem Gastspiel in Berlin ein. Die Berliner Beranstal Paul Brauns Marionetten- Theater Mündjener Künstler trifft nog bor tungen finden in der Berliner Sezelffion am Kurfürstendamm 232 statt. Mittwoch gibt es eine Schülervorstellung um 3 und 5 Uhr im Theater an der Lügoftraße."

Ein Opferlag zugunsten nolleidender Bühnentäaftler wird am giveiter, Weihnachtsfeiertag veranstaltet. In allen Theatern Berlins und des Reiches wird zu jedem Billet für die Abendvorstellung ein Zuschlag von 20 i. ichait Deutscher Bühnen- Angehörigen"," Deutscher Chorfänger- und Ballett erhoben. Die eingehenden Beträge werden unter die Berbände: Genoffer Verband und Deutscher Bühnen- Berein" verteilt.

Ein türkischer Shylod. In einer Adrianopeler Bibliothel wurde eine Handschrift gefunden, die eine Geschichte, betitelt Der Richter von Homs " enthält, in der das Shylodmotiv bereits behandelt wird. Der Finder, Prof. Ignaz Kunos ist der Ansicht, daß diese Schrift aus dem Anfang des 14. Jahrhunderts stammt.

Ein Forschungsinstitut für fuftit ift dem Phyfilakschen Institut der Londoner Universität angegliedert worden. Das Inftitut ſoll u. a. bei Neubauten von Stonzerthäusern usw. entscheidende Richtlinien ausarbeiten beftekende offentliche Versammlungsräume und Konzertsale nach Vor­und baupolizeiliche Gutachten abgeben. Eventuell sollen auch später bereits ichlägen des Instituts, soweit das wünschenswert erscheint, ausgebaut werden.